Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BP.2017.42 (Hauptverfahren: BB.2017.135)

Verfügung vom 23. August 2017 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Andreas J. Keller, Referent, Gerichtsschreiberin Patricia Gehrig

Parteien

A. AG, vertreten durch die Rechtsanwälte Andreas Länzlinger und Pascal Hachem, Beschwerdeführerin/Gesuchstellerin

gegen

1. Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin/Gesuchsgegnerin

2. Kantonales Zwangsmassnahmengericht, Vorinstanz

Gegenstand

Aufschiebende Wirkung (Art. 387
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 387 Aufschiebende Wirkung - Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz.
StPO)

Der Referent hält fest, dass:

- anlässlich der Hausdurchsuchung vom 27. März 2017 am Wohnort von B. die Bundeskriminalpolizei (nachfolgend „BKP“) im Auftrag der Bundesanwaltschaft (nachfolgend „BA“) u.a. einen Laptop Lenovo ThinkPad X240 (Ass.-Nr. 01.07.001, nachfolgend „Laptop“) sowie ein iPhone 6S (Ass. Ass.-Nr. 01.07.002, nachfolgend „iPhone“) sicherstellte (act. 1.7);

- der Laptop und das iPhone im Eigentum des ehemaligen Arbeitgebers von B., der A. AG, stehen soll (act. 1, S. 6);

- das Kantonale Zwangsmassnahmengericht Bern (nachfolgend „KZMG-BE“) im Rahmen des Entsiegelungsverfahrens mit Entscheid vom 17. Mai 2017 die Aushändigung des Laptops und des iPhones an B. nach Ablauf der Rechtsmittelfrist verfügte (act. 1.2);

- mit Beschlagnahmebefehl vom 1. Juni 2017 die BA u.a. verfügte, dass der Laptop und das iPhone nach Eintritt der Rechtskraft des Entscheids des KZMG-BE vom 17. Mai 2017 an die BA herauszugeben seien (act. 1.9);

- das KZMG-BE daraufhin am 2. Juni 2017 an die BA gelangte und um Präzisierung bzw. Ergänzung des Beschlagnahmebefehls vom 1. Juni 2017 bat, da nach dessen Erachten der Eindruck entstehen könnte, dass eine direkte Rückgabe der sichergestellten Datenträger vom KZMG-BE an die BA ohne vorgängige Löschung der darauf vorhandenen Daten im Ergebnis zu einer Umgehung des Zwecks der Siegelung oder vielmehr des Entsiegelungsverfahrens führe, weil der Bundesanwaltschaft dadurch wieder die untriagierte Gesamtheit der Daten zugänglich gemachte würde (act. 1.10);

- die BA am 12. Juni 2017 den Beschlagnahmebefehl vom 1. Juni 2017 ersetzte und ergänzte bzw. präzisierte, dass die Gerätschaften nach Eintritt der Rechtskraft des Entscheids des KZMG-BE vom 17. Mai 2017 der BKP, Abteilung Forensik und Informatik, zu übergeben seien zur Löschung der darauf vorhandenen Daten; ausserdem die Daten B. auf einem separaten Datenträger auszuhändigen seien (act. 1.12);

- eine vorgesehene Besprechung zwischen B., der A. AG und der BA abgesagt wurde, weil „kein Verhandlungsspielraum“ in Bezug auf die Geräte bestehe (act. 1.14);

- die BA am 10. August 2017 die mit Beschlagnahmebefehl vom 12. Juni 2017 erfolgte Beschlagnahme aufhob und verfügte, dass mit dem Laptop und dem iPhone gemäss Entscheid des KZMG-BE vom 17. Mai 2017 zu verfahren sei; weil gemäss Schreiben der BA an die Rechtsanwälte der A. AG vom 10. August 2017 die Löschung der Daten gemäss BKP nicht möglich sei und die Geräte demnach nicht wie vorgesehen beschlagnahmt werden konnten; die BA auch darauf hinwies, dass die A. AG gegen die Löschung der Daten opponiert habe, und dass mit Rückgabe der Geräte an die A. AG weder B., noch das KZMG-BE einverstanden seien (act. 1.2);

- die A. AG und die C. AG der BA am 11. August 2017 der BA mitteilten, dass sich die A. AG einverstanden erklärt, dass das iPhone vernichtet und der Laptop nach Löschung der Daten an die A. AG herausgegeben wird (act. 1.19);

- die A. AG mit Beschwerde vom 16. August 2017 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts gelangte, und unter anderem den prozessualen Antrag stellte, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen sei und das KZMG-BE anzuweisen sei, den Laptop und das iPhone für die Dauer der aufschiebenden Wirkung zu verwahren (act. 1, S. 2);

- die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts am 17. August 2017 der Beschwerde die superprovisorische aufschiebende Wirkung erteilte; gleichzeitig B. und der BA die Gelegenheit gab, bis zum 22. August 2017 dazu Stellung zu nehmen (BP.2017.42, act. 2);

- die BA mit Schreiben vom 22. August 2017 auf eine Stellungnahme verzichtete (BP.2017.42, act. 3); B. sich innert Frist nicht vernehmen liess;

- zwischenzeitlich die A. AG und B. in Kontakt getreten sind, und es sich abzeichnet, dass nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht wird, da im Schreiben der A. AG an die BA vom 21. August 2017 festgehalten wird, dass die A. AG und B. gemeinsam zustimmen, der BKP einen Vernichtungs- und Löschauftrag zu erteilen (act. 8); B. dies mit Schreiben vom 21. August 2017 an die BA bestätigt (act. 9.1).

Der Referent zieht in Erwägung, dass:

- der Beschwerde, abweichende Bestimmungen der StPO oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Beschwerdekammer vorbehalten, keine aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 387
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 387 Aufschiebende Wirkung - Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz.
StPO);

- der Verfahrensleitung bei ihrem Entscheid ein weiter Ermessensspielraum zusteht, sie dabei aber sicherzustellen hat, dass ihr Entscheid das Beschwerderecht nicht seines Inhalts beraubt und insbesondere den Rechtsstreit nicht gegenstandslos werden lässt (Urteil des Bundesgerichts 1B_271/2013 vom 3. Oktober 2013, E. 2.1);

- die Gesuchstellerin zur Begründung ihres Gesuchs darlegen muss, dass sie ohne Gewährung der aufschiebenden Wirkung einen nicht wieder gutzumachenden bzw. zumindest einen nur schwer wieder gutzumachenden Nachteil zu erleiden droht (vgl. u. a. die Verfügung des Bundesstrafgerichts BP.2014.56 vom 15. Oktober 2014 m.w.H.);

- eine Rückgabe der umstrittenen Gegenstände während des hängigen Beschwerdeverfahrens an B. den Ausgang des Beschwerdeverfahrens seines Inhalts beraubte;

- es deshalb nach dem Festgehaltenen zweckmässig erscheint, den Laptop und das iPhone weiterhin beim KZMG-BE zu verwahren, bis entweder zwischen den Parteien eine einvernehmliche Lösung über die Gerätschaften getroffen oder über die Beschwerde entschieden worden ist;

- das Gesuch nach dem Gesagten gutzuheissen ist und die aufschiebende Wirkung erteilt wird;

- die Kosten dieser Verfügung bei der Hauptsache verbleiben.

und verfügt:

1. Der Beschwerde vom 16. August 2017 wird die aufschiebende Wirkung erteilt.

2. Die Gegenstände Laptop Lenovo ThinkPad X240 (Ass.-Nr. 01.07.001) sowie iPhone 6S (Ass. Ass.-Nr. 01.07.002) sind weiterhin beim KZMG-BE zu verwahren.

3. Die Kosten dieser Verfügung verbleiben bei der Hauptsache.

Bellinzona, 23. August 2017

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Referent: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- Rechtsanwälte Andreas Länzlinger und Pascal Hachem

- Kantonales Zwangsmassnahmengericht

- Bundesanwaltschaft

- Rechtsvertreterin von B.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BP.2017.42
Datum : 23. August 2017
Publiziert : 02. Dezember 2017
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Aufschiebende Wirkung (Art. 387 StPO).


Gesetzesregister
StPO: 387
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 387 Aufschiebende Wirkung - Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes oder Anordnungen der Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz.
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