Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
2A.533/2006 /bie
Urteil vom 22. November 2006
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.
Parteien
A.X.________,
B.X.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Josef Jacober,
gegen
Justiz- und Polizeidepartement des Kantons
St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen.
Gegenstand
Widerruf der Niederlassungsbewilligung
von B.X.________,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 6. Juli 2006.
Sachverhalt:
A.
Der mazedonische Staatsangehörige A.X.________ (geb. 1953), welcher in der Schweiz die Niederlassungsbewilligung besitzt, stellte am 14. Januar 2003 für seine Ehefrau und seinen jüngsten Sohn B.X.________ (geb. 3. Dezember 1988) ein Familiennachzugsgesuch. Seine beiden älteren Kinder (geb. 1981 und 1982) waren zu diesem Zeitpunkt bereits volljährig. Das Ausländeramt des Kantons St. Gallen entsprach dem Nachzugsgesuch, worauf Ehefrau und Sohn am 18. April 2003 in die Schweiz einreisten. Der Ehefrau wurde eine Aufenthaltsbewilligung erteilt, der Sohn B.X.________ erhielt die Niederlassungsbewilligung. Die Schule absolvierte er weiterhin in seiner Heimat Mazedonien und verbrachte die Schulferien jeweils bei seinen Eltern in der Schweiz. Für das Schuljahr 2003/2004 kehrte er für rund drei Monate und für das Schuljahr 2004/2005 zweimal für rund drei bis vier Monate nach C.________ zurück. Seit dem 1. August 2005 besucht er den Unterricht als Vorlehrling am Berufsbildungszentrum D.________. Eigenen Angaben zufolge hat er im August 2006 eine Dachdeckerlehre begonnen, welche bis Ende Juli 2009 dauern wird.
B.
Mit Verfügung vom 28. September 2005 widerrief das Ausländeramt des Kantons St. Gallen die Niederlassungsbewilligung von B.X.________ und forderte ihn auf, die Schweiz bis zum 9. Dezember 2005 zu verlassen. Zur Begründung führte das Amt im Wesentlichen aus, die fragliche Bewilligung sei durch unwahre Angaben erwirkt worden. Der Auslandaufenthalt des Sohnes sei durch dessen Besuchsaufenthalte in der Schweiz nicht unterbrochen worden und es sei ihm zuzumuten, weiterhin in seinem Heimatland zu leben.
Ein gegen diese Verfügung erhobener Rekurs beim Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen blieb erfolglos, und mit Urteil vom 6. Juli 2006 wies das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen eine gegen den Departementsentscheid vom 6. März 2006 gerichtete Beschwerde ebenfalls ab.
C.
Mit gemeinsamer Eingabe vom 13. September 2006 führen A.X.________ und B.X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 6. Juli 2006 aufzuheben und vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung für B.X.________ abzusehen.
Das Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und das Bundesamt für Migration stellen denselben Antrag.
D.
Mit Verfügung vom 29. September 2006 hat der Abteilungspräsident der Beschwerde - antragsgemäss - aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Auf dem Gebiete der Fremdenpolizei ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3
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1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a
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1.3 Das Bundesgericht wendet im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1
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2.
2.1 Dem vorliegenden Fall liegt ein Familiennachzugsgesuch des Ehemannes für die Ehefrau und den Sohn zugrunde, welches nach den Grundsätzen für zusammenlebende Eltern zu beurteilen war: Nach der Rechtsprechung ist der nachträgliche Familiennachzug von minderjährigen Kindern durch Eltern, die sich beide in der Schweiz niedergelassen haben und einen gemeinsamen ehelichen Haushalt führen, möglich, ohne dass besondere stichhaltige Gründe die verzögerte Geltendmachung des Nachzugsrechtes rechtfertigen müssen. Innerhalb der allgemeinen Schranken von Art. 17 Abs. 2
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2.2 Gemäss Art. 17 Abs. 2
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2.3 Die Niederlassungsbewilligung erlischt u.a. durch Abmeldung oder wenn sich der Ausländer während sechs Monaten tatsächlich im Ausland aufhält (Art. 9 Abs. 3 lit. c
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2.4 Seitens der kantonalen Behörden wird nicht etwa behauptet, dass die Niederlassungsbewilligung von B.X.________ gestützt auf Art. 9 Abs. 3 lit. c
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2.5 Nach der Rechtsprechung steht der Umstand, dass ein nachgezogenes Kind eine Schule im Ausland besucht, der Erteilung bzw. Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung nicht notwendigerweise entgegen (vgl. Urteile 2A.377/1998 vom 1. März 1999, 2A.66/2000 vom 26. Juli 2000). Das Gesetz kennt kein Gültigkeitserfordernis, wonach der Bestand der Niederlassungsbewilligung davon abhängt, dass der Ausländer sich überwiegend oder gar ständig in der Schweiz aufhält. Dies gilt grundsätzlich auch für den Nachzug der Kinder, insofern freilich mit der Einschränkung, dass diese mit den Eltern zusammenwohnen müssen, damit ihnen überhaupt eine Bewilligung erteilt wird (vgl. E. 2.2). Die einmal erstattete Niederlassungsbewilligung ist vom Zeitpunkt der Erteilung bzw. von einem allenfalls ausdrücklich genannten Anfangszeitpunkt an gültig. Ihre Gültigkeit hängt nicht vom tatsächlichen Aufenthalt in der Schweiz ab. Sie wird hingegen durch das Vorliegen eines Beendigungsgrundes in Frage gestellt (Urteil 2A.377/1998 vom 1. März 1999, E. 3a).
2.6 Ausschlaggebend erscheint vorliegend, dass mit der Erteilung der Niederlassungsbewilligung an den damals 14½-jährigen Sohn B.X.________ zugleich dessen Mutter in die Schweiz übergesiedelt war, was dafür spricht, dass sich damit der Lebensmittelpunkt auch des Sohnes in die Schweiz verlegt hatte, wobei dieser in der Folge jeweils seine Ferien bzw. die grössere Zeit des Jahres bei den Eltern verbrachte. Das Erfordernis des "Zusammenwohnens" mit den Eltern (Art. 17 Abs. 2
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Beschwerde), seit dem Alter von 16½ Jahren, auch faktisch dauernd aufhält und inzwischen eine Vorlehre abgeschlossen bzw. eine Lehre begonnen hat.
2.7 Wohl hätte im gestellten Familiennachzugsgesuch auf die beabsichtigte Fortsetzung des Schulbesuches im Heimatland korrekterweise hingewiesen werden müssen, sofern der entsprechende Entscheid seitens der Eltern damals bereits gefällt war. Doch hätte dies dem Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung nach dem Gesagten nicht entgegengestanden. Auch rückblickend betrachtet kann nicht von einer missbräuchlichen Geltendmachung des Nachzugsrechtes (vgl. E. 2.1) gesprochen werden.
3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich demnach als begründet und ist gutzuheissen.
Hebt das Bundesgericht die angefochtene Verfügung auf, so entscheidet es selbst in der Sache oder weist diese zu neuer Beurteilung zurück (vgl. Art. 114 Abs. 1
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Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 6. Juli 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur Neuverlegung der Verfahrens- und Parteikosten des kantonalen Verfahrens an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton St. Gallen hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Justiz- und Polizeidepartement und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. November 2006
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident:
Der Gerichtsschreiber: