Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung V

E-1488/2020

Urteil vom 22. März 2023

Richterin Barbara Balmelli (Vorsitz),

Richterin Claudia Cotting-Schalch,

Richter Lorenz Noli,
Besetzung
Richterin Roswitha Petry,

Richterin Gabriela Freihofer,

Gerichtsschreiber Olivier Gloor.

A._______, geboren am (...),

Syrien,

Parteien vertreten durch Caroline Schönholzer,

Rechtsschutz für Asylsuchende - Bundesasylzentrum

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung

Gegenstand (Dublin-Verfahren);

Verfügung des SEM vom 2. März 2020 / N (...).

Sachverhalt:

A.

A.a Der Beschwerdeführer suchte am 29. März 2019 in der Schweiz um Asyl nach. Weil er gemäss der Eurodac-Datenbank am 19. Februar 2019 bereits in Kroatien registriert worden war, ersuchte die Vorinstanz die kroatische Dublin-Unit um Übernahme des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung) (ABl. L 180/31 vom 29.6.2013; nachfolgend: Dublin-III-VO). Die kroatischen Behörden stimmten der Übernahme des Beschwerdeführers zu.

A.b Im Rahmen des rechtlichen Gehörs vom 17. April 2019 zur möglichen Zuständigkeit Kroatiens für die Durchführung seines Asylverfahrens erklärte der Beschwerdeführer, er habe 18 Mal vergeblich versucht, nach Kroatien einzureisen. In Kroatien habe er Misshandlungen durch die dortige Polizei erfahren. Er sei geschlagen worden und habe sich vor ihnen ausziehen müssen, wobei seine Kleider verbrannt worden seien und er sich um neue habe bemühen müssen. Auch die Natels seien zerstört worden. In der Haft habe er weder Essen noch Trinken erhalten. Die kroatische Polizei habe ihn jeweils mit Tränengas besprüht und in einem geschlossenen Fahrzeug an die Grenze zu Bosnien-Herzegowina zurückgeführt. Beim 19. Mal sei ihm die Einreise nach Kroatien gelungen. Er habe jedoch kein Asylgesuch gestellt und sei weitergereist.

A.c Am 6. Juni 2019 trat das SEM auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete die Überstellung nach Kroatien an.

A.d Die dagegen erhobene Beschwerde vom 17. Juni 2019 hiess das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil E-3078/2019 vom 12. Juli 2019 gut, hob die angefochtene Verfügung wegen unvollständiger Sachverhaltsfeststellung, der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Untersuchungsgrundsatzes auf und wies die Sache zur vollständigen und richtigen Sachverhaltsermittlung sowie Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.

B.

B.a Mit Verfügung vom 8. August 2019 trat das SEM erneut auf das Asylgesuch nicht ein, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete die Überstellung nach Kroatien an.

B.b Die dagegen erhobene Beschwerde vom 19. August 2019 hiess das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil E-4211/2019 vom 9. Dezember 2019 wiederum gut, hob den angefochtenen Entscheid erneut auf und wies die Sache zur vollständigen Sachverhaltsfeststellung und Neubeurteilung erneut an das SEM zurück. Die Vorinstanz habe nicht geprüft, ob das kroatische Asylsystem allenfalls systembedingte Schwachstellen aufweise und eine Auseinandersetzung mit der vorliegenden Berichterstattung über die Pushback-Problematik an den kroatischen Aussengrenzen sei unterblieben. Angesichts des Vorgehens der kroatischen Polizei- und Grenzbehörden an den Aussengrenzen wäre eine vertiefte Abklärung notwendig gewesen. Das SEM habe ferner die individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers in Hinblick auf eine mögliche Unzulässigkeit oder Unzumutbarkeit der Überstellung nach Kroatien nicht geprüft.

C.

Am 2. März 2020 trat die Vorinstanz zum dritten Mal auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein, verfügte wiederum die Überstellung nach Kroatien, händigte dem Beschwerdeführer die editionspflichtigen Akten aus und stellte fest, einer allfälligen Beschwerde komme keine aufschiebende Wirkung zu.

D.
Mit Eingabe vom 12. März 2020 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid und beantragt, das SEM sei anzuweisen, auf das Asylgesuch einzutreten, eventualiter sei die Sache zur vollständigen Feststellung des Sachverhalts und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei das SEM anzuhalten, von den kroatischen Behörden individuelle Zusicherungen betreffend seinen Zugang zum Asylverfahren, adäquate medizinische Versorgung sowie Unterbringung einzuholen. In prozessualer Hinsicht beantragt er die Gewährung der aufschiebenden Wirkung sowie das Absehen von jeglichen Vollzugshandlungen, bis über die Beschwerde entschieden sei. Schliesslich beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung inklusive Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.

E.
Am 16. März 2020 setzte die damals zuständige Instruktionsrichterin im Rahmen einer superprovisorischen Massnahme den Vollzug vorübergehend aus.

F.
Mit Zwischenverfügung 28. April 2020 gewährte die Instruktionsrichterin der Beschwerde die aufschiebende Wirkung, hiess das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gut und lud die Vorinstanz zur Vernehmlassung ein.

G.
Die Vorinstanz beantragt in der Vernehmlassung vom 11. Mai 2020 unter Beilage der Botschaftsantwort vom 19. November 2019 (anonymisiert) weiterhin die Abweisung der Beschwerde.

H.
In der Replik vom 29. Mai 2020 hält der Beschwerdeführer an seinen Ausführungen fest.

I.
Mit Eingabe vom 30. Dezember 2021 stellt der Beschwerdeführer, unter Hinweis auf die bisherige Verfahrensdauer, den Antrag auf Selbsteintritt der Schweizer Behörden auf sein Asylgesuch.

J.
Die bisher vorsitzende Richterin sowie die zugeteilte Gerichtschreiberin wurden aufgrund Pensionierung per 31. Dezember 2021 beziehungsweise Funktionswechsel per 1. Januar 2022 durch Instruktionsrichterin und Vorsitzende Barbara Balmelli beziehungsweise Gerichtschreiber Olivier Gloor ersetzt.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 31 Grundsatz - Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196819 über das Verwaltungsverfahren (VwVG).
VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 5 - 1 Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
1    Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
a  Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten;
b  Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten;
c  Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren.
2    Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).25
3    Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen.
VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 33 Vorinstanzen - Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen:
a  des Bundesrates und der Organe der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals einschliesslich der Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung;
b  des Bundesrates betreffend:
b1  die Amtsenthebung eines Mitgliedes des Bankrats, des Direktoriums oder eines Stellvertreters oder einer Stellvertreterin nach dem Nationalbankgesetz vom 3. Oktober 200325,
b2  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitgliedes der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors durch den Verwaltungsrat nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 200726,
b3  die Sperrung von Vermögenswerten gestützt auf das Bundesgesetz vom 18. Dezember 201528 über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen,
b4  das Verbot von Tätigkeiten nach dem NDG30,
c  des Bundesstrafgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cbis  des Bundespatentgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cquater  des Bundesanwaltes oder der Bundesanwältin auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses der von ihm oder ihr gewählten Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie des Personals der Bundesanwaltschaft;
cquinquies  der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses ihres Sekretariats;
cter  der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses der von der Vereinigten Bundesversammlung gewählten Mitglieder der Bundesanwaltschaft;
d  der Bundeskanzlei, der Departemente und der ihnen unterstellten oder administrativ zugeordneten Dienststellen der Bundesverwaltung;
e  der Anstalten und Betriebe des Bundes;
f  der eidgenössischen Kommissionen;
g  der Schiedsgerichte auf Grund öffentlich-rechtlicher Verträge des Bundes, seiner Anstalten und Betriebe;
h  der Instanzen oder Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung, die in Erfüllung ihnen übertragener öffentlich-rechtlicher Aufgaben des Bundes verfügen;
i  kantonaler Instanzen, soweit ein Bundesgesetz gegen ihre Verfügungen die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vorsieht.
VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 32 Ausnahmen - 1 Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
1    Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Verfügungen auf dem Gebiet der inneren und äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Verfügungen betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie Volkswahlen und -abstimmungen;
c  Verfügungen über leistungsabhängige Lohnanteile des Bundespersonals, soweit sie nicht die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
d  ...
e  Verfügungen auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
e1  Rahmenbewilligungen von Kernanlagen,
e2  die Genehmigung des Entsorgungsprogramms,
e3  den Verschluss von geologischen Tiefenlagern,
e4  den Entsorgungsnachweis;
f  Verfügungen über die Erteilung oder Ausdehnung von Infrastrukturkonzessionen für Eisenbahnen;
g  Verfügungen der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen;
h  Verfügungen über die Erteilung von Konzessionen für Spielbanken;
i  Verfügungen über die Erteilung, Änderung oder Erneuerung der Konzession für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG);
j  Verfügungen über die Beitragsberechtigung einer Hochschule oder einer anderen Institution des Hochschulbereichs.
2    Die Beschwerde ist auch unzulässig gegen:
a  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Einsprache oder durch Beschwerde an eine Behörde im Sinne von Artikel 33 Buchstaben c-f anfechtbar sind;
b  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Beschwerde an eine kantonale Behörde anfechtbar sind.
VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005367 Beschwerde geführt werden.
AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 83 Ausnahmen - Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Entscheide auf dem Gebiet der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Entscheide über die ordentliche Einbürgerung;
c  Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend:
c1  die Einreise,
c2  Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt,
c3  die vorläufige Aufnahme,
c4  die Ausweisung gestützt auf Artikel 121 Absatz 2 der Bundesverfassung und die Wegweisung,
c5  Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen,
c6  die Verlängerung der Grenzgängerbewilligung, den Kantonswechsel, den Stellenwechsel von Personen mit Grenzgängerbewilligung sowie die Erteilung von Reisepapieren an schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer;
d  Entscheide auf dem Gebiet des Asyls, die:
d1  vom Bundesverwaltungsgericht getroffen worden sind, ausser sie betreffen Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen,
d2  von einer kantonalen Vorinstanz getroffen worden sind und eine Bewilligung betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt;
e  Entscheide über die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern oder von Bundespersonal;
f  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen, wenn:
fbis  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Verfügungen nach Artikel 32i des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 200964;
f1  sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts, der Bundesanwaltschaft sowie der oberen kantonalen Gerichtsinstanzen, oder
f2  der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert nach Artikel 52 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang 4 Ziffer 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 201962 über das öffentliche Beschaffungswesen nicht erreicht;
g  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse, wenn sie eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, nicht aber die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
h  Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe, mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen;
i  Entscheide auf dem Gebiet des Militär-, Zivil- und Zivilschutzdienstes;
j  Entscheide auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung, die bei schweren Mangellagen getroffen worden sind;
k  Entscheide betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht;
l  Entscheide über die Zollveranlagung, wenn diese auf Grund der Tarifierung oder des Gewichts der Ware erfolgt;
m  Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben; in Abweichung davon ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt;
n  Entscheide auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
n1  das Erfordernis einer Freigabe oder der Änderung einer Bewilligung oder Verfügung,
n2  die Genehmigung eines Plans für Rückstellungen für die vor Ausserbetriebnahme einer Kernanlage anfallenden Entsorgungskosten,
n3  Freigaben;
o  Entscheide über die Typengenehmigung von Fahrzeugen auf dem Gebiet des Strassenverkehrs;
p  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Fernmeldeverkehrs, des Radios und des Fernsehens sowie der Post betreffend:69
p1  Konzessionen, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren,
p2  Streitigkeiten nach Artikel 11a des Fernmeldegesetzes vom 30. April 199770,
p3  Streitigkeiten nach Artikel 8 des Postgesetzes vom 17. Dezember 201072;
q  Entscheide auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin betreffend:
q1  die Aufnahme in die Warteliste,
q2  die Zuteilung von Organen;
r  Entscheide auf dem Gebiet der Krankenversicherung, die das Bundesverwaltungsgericht gestützt auf Artikel 3473 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200574 (VGG) getroffen hat;
s  Entscheide auf dem Gebiet der Landwirtschaft betreffend:
s1  ...
s2  die Abgrenzung der Zonen im Rahmen des Produktionskatasters;
t  Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung;
u  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (Art. 125-141 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 201577);
v  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden in der innerstaatlichen Amts- und Rechtshilfe;
w  Entscheide auf dem Gebiet des Elektrizitätsrechts betreffend die Plangenehmigung von Starkstromanlagen und Schwachstromanlagen und die Entscheide auf diesem Gebiet betreffend Enteignung der für den Bau oder Betrieb solcher Anlagen notwendigen Rechte, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt;
x  Entscheide betreffend die Gewährung von Solidaritätsbeiträgen nach dem Bundesgesetz vom 30. September 201681 über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, ausser wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt;
y  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in Verständigungsverfahren zur Vermeidung einer den anwendbaren internationalen Abkommen im Steuerbereich nicht entsprechenden Besteuerung;
z  Entscheide betreffend die in Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe b des Energiegesetzes vom 30. September 201684 genannten Baubewilligungen und notwendigerweise damit zusammenhängenden in der Kompetenz der Kantone liegenden Bewilligungen für Windenergieanlagen von nationalem Interesse, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
BGG). Eine solche Ausnahme im Sinne von Art. 83 Bst. d Ziff. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 83 Ausnahmen - Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Entscheide auf dem Gebiet der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Entscheide über die ordentliche Einbürgerung;
c  Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend:
c1  die Einreise,
c2  Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt,
c3  die vorläufige Aufnahme,
c4  die Ausweisung gestützt auf Artikel 121 Absatz 2 der Bundesverfassung und die Wegweisung,
c5  Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen,
c6  die Verlängerung der Grenzgängerbewilligung, den Kantonswechsel, den Stellenwechsel von Personen mit Grenzgängerbewilligung sowie die Erteilung von Reisepapieren an schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer;
d  Entscheide auf dem Gebiet des Asyls, die:
d1  vom Bundesverwaltungsgericht getroffen worden sind, ausser sie betreffen Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen,
d2  von einer kantonalen Vorinstanz getroffen worden sind und eine Bewilligung betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt;
e  Entscheide über die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern oder von Bundespersonal;
f  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen, wenn:
fbis  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Verfügungen nach Artikel 32i des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 200964;
f1  sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts, der Bundesanwaltschaft sowie der oberen kantonalen Gerichtsinstanzen, oder
f2  der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert nach Artikel 52 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang 4 Ziffer 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 201962 über das öffentliche Beschaffungswesen nicht erreicht;
g  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse, wenn sie eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, nicht aber die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
h  Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe, mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen;
i  Entscheide auf dem Gebiet des Militär-, Zivil- und Zivilschutzdienstes;
j  Entscheide auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung, die bei schweren Mangellagen getroffen worden sind;
k  Entscheide betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht;
l  Entscheide über die Zollveranlagung, wenn diese auf Grund der Tarifierung oder des Gewichts der Ware erfolgt;
m  Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben; in Abweichung davon ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt;
n  Entscheide auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
n1  das Erfordernis einer Freigabe oder der Änderung einer Bewilligung oder Verfügung,
n2  die Genehmigung eines Plans für Rückstellungen für die vor Ausserbetriebnahme einer Kernanlage anfallenden Entsorgungskosten,
n3  Freigaben;
o  Entscheide über die Typengenehmigung von Fahrzeugen auf dem Gebiet des Strassenverkehrs;
p  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Fernmeldeverkehrs, des Radios und des Fernsehens sowie der Post betreffend:69
p1  Konzessionen, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren,
p2  Streitigkeiten nach Artikel 11a des Fernmeldegesetzes vom 30. April 199770,
p3  Streitigkeiten nach Artikel 8 des Postgesetzes vom 17. Dezember 201072;
q  Entscheide auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin betreffend:
q1  die Aufnahme in die Warteliste,
q2  die Zuteilung von Organen;
r  Entscheide auf dem Gebiet der Krankenversicherung, die das Bundesverwaltungsgericht gestützt auf Artikel 3473 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200574 (VGG) getroffen hat;
s  Entscheide auf dem Gebiet der Landwirtschaft betreffend:
s1  ...
s2  die Abgrenzung der Zonen im Rahmen des Produktionskatasters;
t  Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung;
u  Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (Art. 125-141 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 201577);
v  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden in der innerstaatlichen Amts- und Rechtshilfe;
w  Entscheide auf dem Gebiet des Elektrizitätsrechts betreffend die Plangenehmigung von Starkstromanlagen und Schwachstromanlagen und die Entscheide auf diesem Gebiet betreffend Enteignung der für den Bau oder Betrieb solcher Anlagen notwendigen Rechte, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt;
x  Entscheide betreffend die Gewährung von Solidaritätsbeiträgen nach dem Bundesgesetz vom 30. September 201681 über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, ausser wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt;
y  Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in Verständigungsverfahren zur Vermeidung einer den anwendbaren internationalen Abkommen im Steuerbereich nicht entsprechenden Besteuerung;
z  Entscheide betreffend die in Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe b des Energiegesetzes vom 30. September 201684 genannten Baubewilligungen und notwendigerweise damit zusammenhängenden in der Kompetenz der Kantone liegenden Bewilligungen für Windenergieanlagen von nationalem Interesse, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt.
BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.

1.2 Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG und dem VGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG56, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
VGG und Art. 6
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6 Verfahrensgrundsätze - Verfahren richten sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196810 (VwVG), dem Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 200511 und dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200512, soweit das vorliegende Gesetz nichts anderes bestimmt.
AsylG).

1.3 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht worden. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005367 Beschwerde geführt werden.
und Art. 108 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 108 Beschwerdefristen - 1 Im beschleunigten Verfahren ist die Beschwerde gegen einen Entscheid nach Artikel 31a Absatz 4 innerhalb von sieben Arbeitstagen, gegen Zwischenverfügungen innerhalb von fünf Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen.
1    Im beschleunigten Verfahren ist die Beschwerde gegen einen Entscheid nach Artikel 31a Absatz 4 innerhalb von sieben Arbeitstagen, gegen Zwischenverfügungen innerhalb von fünf Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen.
2    Im erweiterten Verfahren ist die Beschwerde gegen einen Entscheid nach Artikel 31a Absatz 4 innerhalb von 30 Tagen, bei Zwischenverfügungen innerhalb von zehn Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen.
3    Die Beschwerde gegen Nichteintretensentscheide sowie gegen Entscheide nach Artikel 23 Absatz 1 und Artikel 40 in Verbindung mit Artikel 6a Absatz 2 Buchstabe a ist innerhalb von fünf Arbeitstagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen.
4    Die Verweigerung der Einreise nach Artikel 22 Absatz 2 kann bis zum Zeitpunkt der Eröffnung einer Verfügung nach Artikel 23 Absatz 1 angefochten werden.
5    Die Überprüfung der Rechtmässigkeit und der Angemessenheit der Zuweisung eines Aufenthaltsortes am Flughafen oder an einem anderen geeigneten Ort nach Artikel 22 Absätze 3 und 4 kann jederzeit mittels Beschwerde beantragt werden.
6    In den übrigen Fällen beträgt die Beschwerdefrist 30 Tage seit Eröffnung der Verfügung.
7    Per Telefax übermittelte Rechtsschriften gelten als rechtsgültig eingereicht, wenn sie innert Frist beim Bundesverwaltungsgericht eintreffen und mittels Nachreichung des unterschriebenen Originals nach den Regeln gemäss Artikel 52 Absätze 2 und 3 VwVG375 verbessert werden.
AsylG; Art. 48 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 48 - 1 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;
b  durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und
c  ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.
2    Zur Beschwerde berechtigt sind ferner Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt.
sowie Art. 52 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 52 - 1 Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat.
1    Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat.
2    Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht oder lassen die Begehren des Beschwerdeführers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so räumt die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Verbesserung ein.
3    Sie verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Beschwerde nicht einzutreten.
VwVG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

1.4 Dieses Urteil ergeht in Anwendung von Art. 21 Abs. 2
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 21 Besetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in der Regel in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen (Spruchkörper).
1    Die Abteilungen entscheiden in der Regel in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen (Spruchkörper).
2    Sie entscheiden in Fünferbesetzung, wenn der Präsident beziehungsweise die Präsidentin dies im Interesse der Rechtsfortbildung oder der Einheit der Rechtsprechung anordnet.
VGG i.V.m. Art. 32 Abs. 2
SR 173.320.1 Geschäftsreglement vom 17. April 2008 für das Bundesverwaltungsgericht (VGR)
VGR Art. 32 Bildung der Spruchkörper - 1 Das zweite und das dritte Mitglied des Spruchkörpers werden sinngemäss nach Artikel 31 Absätze 2-5 bestimmt.31
1    Das zweite und das dritte Mitglied des Spruchkörpers werden sinngemäss nach Artikel 31 Absätze 2-5 bestimmt.31
2    Solange das Urteil noch nicht zustande gekommen ist, kann jedes Mitglied des Spruchkörpers beantragen, dass das Urteil in Fünferbesetzung zu fällen sei. Sofern der Kammerpräsident oder die Kammerpräsidentin nicht gleichzeitig Abteilungspräsident oder Abteilungspräsidentin ist, leitet er oder sie den Antrag nach Anhörung des Instruktionsrichters oder der Instruktionsrichterin mit der eigenen Empfehlung an den Abteilungspräsidenten oder die Abteilungspräsidentin zur Entscheidung gemäss Artikel 21 Absatz 2 VGG.
3    Die Fünferbesetzung besteht aus:
a  den drei Mitgliedern des ordentlichen Spruchkörpers;
b  dem Präsidenten oder der Präsidentin der zuständigen Kammer oder dem oder der zuständigen Fachgebietsverantwortlichen, falls er oder sie nicht bereits zum ordentlichen Spruchkörper gehört;
c  dem Abteilungspräsidenten oder der Abteilungspräsidentin und allenfalls dem Fachgebietskoordinator oder der Fachgebietskoordinatorin, sofern er oder sie nicht bereits zum ordentlichen Spruchkörper gehört und sofern dies gemäss Abteilungspraxis vorgesehen ist; das weitere Mitglied oder die zwei weiteren Mitglieder des Spruchkörpers werden sinngemäss nach Artikel 31 Absätze 2-5 bestimmt.
3bis    Die Abteilungen können abteilungsübergreifende Spruchkörper bilden, insbesondere:
a  soweit die Rechtsfrage die jeweils gemeinsamen Rechtsgebiete betrifft;
b  wenn für die Rechtsfrage das Fachwissen einer anderen Abteilung notwendig ist;
c  bei einer Aushilfe von Richtern und Richterinnen in anderen Abteilungen zur Ausgleichung der Geschäftslast.34
4    ...35
5    Erfordert es das Rechtsgebiet, kann die Abteilung bestimmen, dass die Dreierbesetzung aus mindestens zwei Mitgliedern besteht, deren Muttersprache der Verfahrenssprache entspricht.36
und 3
SR 173.320.1 Geschäftsreglement vom 17. April 2008 für das Bundesverwaltungsgericht (VGR)
VGR Art. 32 Bildung der Spruchkörper - 1 Das zweite und das dritte Mitglied des Spruchkörpers werden sinngemäss nach Artikel 31 Absätze 2-5 bestimmt.31
1    Das zweite und das dritte Mitglied des Spruchkörpers werden sinngemäss nach Artikel 31 Absätze 2-5 bestimmt.31
2    Solange das Urteil noch nicht zustande gekommen ist, kann jedes Mitglied des Spruchkörpers beantragen, dass das Urteil in Fünferbesetzung zu fällen sei. Sofern der Kammerpräsident oder die Kammerpräsidentin nicht gleichzeitig Abteilungspräsident oder Abteilungspräsidentin ist, leitet er oder sie den Antrag nach Anhörung des Instruktionsrichters oder der Instruktionsrichterin mit der eigenen Empfehlung an den Abteilungspräsidenten oder die Abteilungspräsidentin zur Entscheidung gemäss Artikel 21 Absatz 2 VGG.
3    Die Fünferbesetzung besteht aus:
a  den drei Mitgliedern des ordentlichen Spruchkörpers;
b  dem Präsidenten oder der Präsidentin der zuständigen Kammer oder dem oder der zuständigen Fachgebietsverantwortlichen, falls er oder sie nicht bereits zum ordentlichen Spruchkörper gehört;
c  dem Abteilungspräsidenten oder der Abteilungspräsidentin und allenfalls dem Fachgebietskoordinator oder der Fachgebietskoordinatorin, sofern er oder sie nicht bereits zum ordentlichen Spruchkörper gehört und sofern dies gemäss Abteilungspraxis vorgesehen ist; das weitere Mitglied oder die zwei weiteren Mitglieder des Spruchkörpers werden sinngemäss nach Artikel 31 Absätze 2-5 bestimmt.
3bis    Die Abteilungen können abteilungsübergreifende Spruchkörper bilden, insbesondere:
a  soweit die Rechtsfrage die jeweils gemeinsamen Rechtsgebiete betrifft;
b  wenn für die Rechtsfrage das Fachwissen einer anderen Abteilung notwendig ist;
c  bei einer Aushilfe von Richtern und Richterinnen in anderen Abteilungen zur Ausgleichung der Geschäftslast.34
4    ...35
5    Erfordert es das Rechtsgebiet, kann die Abteilung bestimmen, dass die Dreierbesetzung aus mindestens zwei Mitgliedern besteht, deren Muttersprache der Verfahrenssprache entspricht.36
des Geschäftsreglements vom 17. April 2008 für das Bundesverwaltungsgericht (VGR, SR 173.320.1) in Besetzung mit fünf Richterinnen beziehungsweise Richtern. Die Frage der Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen vor dem Hintergrund der Pushback-Problematik (vgl. E. 9.5) bildete Gegenstand eines Koordinationsverfahrens der vereinigten Richterschaft der Abteilungen IV, V und VI des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 25
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 25 Praxisänderung und Präjudiz - 1 Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt.
1    Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt.
2    Hat eine Abteilung eine Rechtsfrage zu entscheiden, die mehrere Abteilungen betrifft, so holt sie die Zustimmung der Vereinigung aller betroffenen Abteilungen ein, sofern sie dies für die Rechtsfortbildung oder die Einheit der Rechtsprechung für angezeigt hält.
3    Beschlüsse der Vereinigung der betroffenen Abteilungen sind gültig, wenn an der Sitzung oder am Zirkulationsverfahren mindestens zwei Drittel der Richter und Richterinnen jeder betroffenen Abteilung teilnehmen. Der Beschluss wird ohne Parteiverhandlung gefasst und ist für die Antrag stellende Abteilung bei der Beurteilung des Streitfalles verbindlich.
VGG).

2.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 106 Beschwerdegründe - 1 Mit der Beschwerde kann gerügt werden:
1    Mit der Beschwerde kann gerügt werden:
a  Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Missbrauch und Überschreitung des Ermessens;
b  unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts;
c  ...
2    Artikel 27 Absatz 3 und Artikel 68 Absatz 2 bleiben vorbehalten.
AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob das SEM zu Recht auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist und seine Überstellung nach Kroatien angeordnet hat (vgl. BVGE 2017 VI/5 E. 3.1; 2012/4 E. 2.2, je m.w.H.) oder ob Gründe vorliegen, welche das SEM zur Behandlung des Asylantrags des Beschwerdeführers verpflichten könnten.

Die grundsätzliche Zuständigkeit Kroatiens für die Durchführung des Asylverfahrens bildet nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (vgl. Urteil des BVGer E-3078/2019 vom 12. Juli 2019 E. 5.1).

4.

Auf Asylgesuche wird in der Regel nicht eingetreten, wenn Asylsuchende in einen Drittstaat ausreisen können, der für die Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist (Art. 31a Abs. 1 Bst. b
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 31a Entscheide des SEM - 1 Das SEM tritt in der Regel auf Asylgesuche nicht ein, wenn Asylsuchende:
1    Das SEM tritt in der Regel auf Asylgesuche nicht ein, wenn Asylsuchende:
a  in einen sicheren Drittstaat nach Artikel 6a Absatz 2 Buchstabe b zurückkehren können, in welchem sie sich vorher aufgehalten haben;
b  in einen Drittstaat ausreisen können, welcher für die Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist;
c  in einen Drittstaat zurückkehren können, in welchem sie sich vorher aufgehalten haben;
d  in einen Drittstaat weiterreisen können, für welchen sie ein Visum besitzen und in welchem sie um Schutz nachsuchen können;
e  in einen Drittstaat weiterreisen können, in dem Personen, zu denen sie enge Beziehungen haben, oder nahe Angehörige leben;
f  nach Artikel 31b in ihren Heimat- oder Herkunftsstaat weggewiesen werden können.
2    Absatz 1 Buchstaben c-e findet keine Anwendung, wenn Hinweise bestehen, dass im Einzelfall im Drittstaat kein effektiver Schutz vor Rückschiebung nach Artikel 5 Absatz 1 besteht.
3    Das SEM tritt auf ein Gesuch nicht ein, welches die Voraussetzungen von Artikel 18 nicht erfüllt. Dies gilt namentlich, wenn das Asylgesuch ausschliesslich aus wirtschaftlichen oder medizinischen Gründen eingereicht wird.
4    In den übrigen Fällen lehnt das SEM das Asylgesuch ab, wenn die Flüchtlingseigenschaft weder bewiesen noch glaubhaft gemacht worden ist oder ein Asylausschlussgrund nach den Artikeln 53 und 54 vorliegt.101
AsylG). Zur Bestimmung des staatsvertraglich zuständigen Staates prüft das SEM die Zuständigkeitskriterien gemäss Dublin-III-VO. Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Asylantrag gestellt wird (Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO).

5.

5.1 Die Vorinstanz führte in der angefochtenen Verfügung vom 2. März 2020 aus, sie habe über die Schweizer Botschaft abklären lassen, ob und inwiefern Dublin-Rückkehrer von der Pushback-Problematik betroffen seien. Nebst der Konsultation von öffentlich zugänglichen Quellen seien persönliche Gespräche mit Vertretern des kroatischen Innenministeriums geführt worden, mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sowie mit der Ombudsstelle der Republik Kroatien. Die kroatischen Behörden würden seit geraumer Zeit von zahlreichen Organisationen dahingehend kritisiert, Migrantinnen und Migranten keine Möglichkeit zur Einreichung eines Asylgesuchs zu bieten und sie ohne individuelle Prüfung der Fluchtgründe sowie teilweise unter Anwendung von Gewalt unter anderem nach Bosnien-Herzegowina zurückführen (sog. Pushbacks). Den vorliegenden Hinweisen zufolge seien von der Problematik mehrheitlich Personen betroffen, welche in Kroatien illegal einreisten und in diesem Zusammenhang von den kroatischen Polizei- und Grenzbehörden angehalten würden. Dabei würden sie sich keine Fingerabdrücke abnehmen lassen wollen, da sie nicht an einem Asylverfahren in Kroatien interessiert seien und weiterreisen wollten. Die geschilderte Problematik im kroatischen Grenzgebiet könne nicht mit Rückführungen nach Kroatien gestützt auf die Dublin-III-VO in Verbindung gebracht werden. Dublin-Rückkehrer würden ausnahmslos nach Zagreb überstellt, wo sie Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asyl- und Wegweisungsverfahren mit wirksamen Beschwerdemöglichkeiten hätten. Es gebe keine Hinweise, dass Dublin-Rückkehrern eine Kettenabschiebung oder systematische Gewalt seitens der kroatischen Behörden drohe. Diese Einschätzung werde von den zuständigen Behörden in Deutschland und Österreich geteilt. Zudem seien seitens der Europäischen Kommission bis dato keine Massnahmen ergriffen worden. Die Abklärungen durch die Botschaft hätten weiter ergeben, dass Dublin-Rückkehrende eine angemessene Unterkunft, sozialstaatliche Unterstützung sowie eine Arbeitserlaubnis erhalten würden. In Kroatien würden demnach keine systemischen Mängel im Aufnahme- und Asylsystem vorliegen, weshalb es auch nicht angezeigt sei, individuelle Zusicherungen einzuholen. Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sei sodann nicht derart problematisch, als dass darin ein Überstellungshindernis zu erkennen sei; zudem verfüge Kroatien über ein funktionierendes Gesundheitssystem, zu welchem der Beschwerdeführer Zugang habe. Schliesslich würden keine Gründe vorliegen, welche die Anwendung der Souveränitätsklausel rechtfertigen würden.

5.2 In der Rechtsmitteleingabe führt der Beschwerdeführer aus, die grundsätzlich geltende Vermutung, wonach Kroatien bei der Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens die aus dem Völkerrecht fliessenden Verpflichtungen respektiere, sei in seinem Fall widerlegt worden. Er habe glaubhaft darlegen können, dass er unmenschliche und entwürdigende Behandlung durch die kroatischen Behörden erfahren habe. Er sei 18 Mal an die bosnische Grenze zurückgeführt worden, wobei er erniedrigend behandelt und misshandelt worden sei. Ihm sei in der Vergangenheit der Zugang zum Asylverfahren systematisch und auf unmenschliche Weise verwehrt worden, indem er Gewalt und Rücktransporte nach Bosnien-Herzegowina erlebt habe. Es sei nicht auszuschliessen, dass er bei einer Rücküberstellung nach Kroatien wieder Ähnliches erleben werde. Drohe, wie vorliegend, ein Verstoss gegen übergeordnetes Recht, bestehe ein Rechtsanspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Schliesslich sei ein Selbsteintritt auch aufgrund des bisherigen Verfahrensverlaufs angezeigt.

5.3 In der Vernehmlassung führt die Vorinstanz unter Hinweis auf ihre Darlegungen in der angefochtenen Verfügung aus, die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Dublin-III-VO und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung) (ABl. L 180/1 vom 29.6.2013; nachfolgend: Eurodac-Verordnung) verpflichte die kroatischen Behörden, alle Personen zu registrieren, welche illegal die Aussengrenze des Dublin-Raumes überschreiten würden. Der Beschwerdeführer sei registriert worden, entsprechend hätten die kroatischen Behörden auch seiner Rückübernahme zugestimmt. Kroatien habe die Asylgründe des Beschwerdeführers zu prüfen.

Sodann setze sich das Update des «Asylum Information Database (AIDA) Country Reports Croatia» des Europäischen Flüchtlingsrats ECRE von Ende April 2020 eingehend mit der Pushback-Problematik auseinander und gehe davon aus, dass Dublin-Rückkehrer in Kroatien ohne weiteres Zugang zum Asylverfahren hätten, sofern sie bereit seien, das dortige Asylverfahren unter Angabe ihrer wahren Identität zu durchlaufen. Es würden keine Hinweise auf systemische Schwachstellen im kroatischen Asylsystem vorliegen. Das dokumentierte Fehlverhalten der Polizei- und Grenzbehörden sei allein diesen anzulasten und lasse keinen Schluss auf ein generelles Fehlverhalten der kroatischen Asylbehörden zu, mithin sei dieses nicht weiter zu analysieren. Der Beschwerdeführer habe kein konkretes Risiko dargetan, weshalb ihm nach der Rücküberstellung in Kroatien der Zugang zum Asylverfahren verweigert werden sollte. Den Akten seien auch keine Hinweise zu entnehmen, dass Kroatien das Non-Refoulement-Gebot missachten würde. Schliesslich sei die Gesundheitsversorgung des Beschwerdeführers gesichert.

5.4 In der Replik weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Vorinstanz weiterhin die Verantwortung für das Verhalten der kroatischen Polizei- und Grenzbehörden von der Verantwortung des kroatischen Staates abgrenze. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz gehe aus der Botschaftsabklärung hervor, dass der Zugang zum Asylverfahren nur eingeschränkt möglich sei. Sodann habe er seine traumatisierenden Erlebnisse glaubhaft geschildert. Seine Vorbringen würden sich mit den Schilderungen unzähliger Asylsuchender decken.

6.

Besteht aufgrund systemischer Schwachstellen im Asylwesen des ursprünglich als zuständig erkannten Mitgliedstaates die erhebliche Gefahr, der Antragsteller werde bei einer Überstellung einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung ausgesetzt, wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zuständig, soweit nach den Regeln der Dublin-III-VO kein anderer zuständiger Mitgliedstaat bestimmt werden kann (Art. 3 Abs. 2 Unterabsätze 2 und 3 Dublin-III-VO).

7.

7.1 Die kroatischen Behörden haben sich gestützt auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin-III-VO als für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig erklärt. Der Beschwerdeführer macht - insbesondere unter Verweis auf seine Erlebnisse sowie auf die allgemeine Situation in Kroatien - geltend, eine Überstellung dorthin sei rechtswidrig.

7.2 Bevor nachfolgend die sich seit längerer Zeit häufenden Berichte über Pushback-Aktionen in Kroatien und der Zugang zum dortigen Asylverfahren behandelt werden, soll vorab auf die damit zusammenhängenden Grundsätze betreffend die Erlaubnis, sich auf fremdem Staatsgebiet aufzuhalten, eingegangen werden. Weiter soll der Begriff der Kollektivausweisung, welcher in formeller Hinsicht nicht Teil des Schweizerischen Flüchtlingsrechts darstellt, näher beleuchtet werden, da er in der Diskussion um Pushbacks eine zentrale Rolle einnimmt.

7.3 Aufgrund ihrer Souveränität können Staaten grundsätzlich frei bestimmen, wer sich auf ihrem Staatsgebiet aufhalten darf und wer nicht. Namentlich haben ausländische Personen, welche nicht einem Schengen- oder Dublin-Staat angehören, ihre Anwesenheit im Dublin-Raum migrationsrechtlich regeln zu lassen beziehungsweise müssen sie sich auf einen dafür vorgesehenen Aufenthaltsstatus stützen können (vgl. für die Schweiz: Spescha/Bölzli/de Weck/Priuli, Handbuch zum Migrationsrecht, 4. Aufl. 2020, S. 155). Die Einreise ist für nicht freizügigkeitsberechtigte Personen an diverse Voraussetzungen geknüpft, namentlich an den Besitz von Reisepapieren, das Vorhandensein von finanziellen Mitteln und das Benutzen der zugelassenen Grenzübergangsstellen während der Verkehrsstunden (vgl. Art. 5
IR 0.813.151.4 Vereinbarung vom 5. Oktober 2015 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Zulassungsverfahren für Biozidprodukte gemäss der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten
EU Art. 5 Amtsgeheimnis und Vertraulichkeit - 1 Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Beauftragten der AS, der Beurteilungsstellen und des AU sind bei der Ausführung dieser Vereinbarung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses verpflichtet.
1    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Beauftragten der AS, der Beurteilungsstellen und des AU sind bei der Ausführung dieser Vereinbarung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses verpflichtet.
2    Angaben, die gemäss Verordnung (EU) Nr. 528/2012 ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis darstellen oder deren Offenlegung die Privatsphäre oder die Sicherheit der betroffenen Person gefährden, werden vertraulich behandelt.
3    Angaben aus Anträgen, die in einem anderen Vertragsstaat des EWR-Abkommens eingereicht wurden, sind vertraulich zu behandeln, wenn die Stelle, die den Antrag entgegengenommen hat, diese Angaben als vertraulich gekennzeichnet hat.
und Art. 6
IR 0.813.151.4 Vereinbarung vom 5. Oktober 2015 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Zulassungsverfahren für Biozidprodukte gemäss der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten
EU Art. 6 Anwendung und Auslegung der Vereinbarung - Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung und Auslegung dieser Vereinbarung werden durch die beiden Vertragsparteien auf diplomatischem Weg geklärt.
der Verordnung [EU] 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen [nachfolgend: Schengener Grenzkodex oder SGK]). Einreisen und Aufenthalte von Drittstaatsangehörigen, welche sich nicht auf die entsprechenden Voraussetzungen stützen können, sind grundsätzlich illegal beziehungsweise rechtswidrig und es steht dem betreffenden Staat frei, die sich illegal aufhaltende Person von seinem Staatsgebiet - unter Beachtung des Völkerrechts - wegzuweisen (zum Begriff des illegalen Aufenthalts vgl. unter anderem Art. 3 Ziff. 2 der Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger [nachfolgend: Rückführungsrichtlinie]).

Das Flüchtlingsrecht durchbricht diese von der Staatssouveränität getragenen Mechanismen insofern, als es den Aufenthalt von Flüchtlingen beziehungsweise von Asylgesuchstellenden auch ohne entsprechende Bewilligung beziehungsweise trotz Fehlens oder Nichtbeachtens der Einreisevoraussetzungen legitimiert (vgl. u.a. der in Art. 14 Abs. 1 des Schengener Grenzkodex enthaltene Vorbehalt sowie das in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes [Neufassung, nachfolgend: Asylverfahrensrichtlinie] statuierte Bleiberecht der Asylantragstellenden; ferner Art. 31 Abs. 1
IR 0.142.30 Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (mit Anhang)
FK Art. 31 Flüchtlinge, die sich unrechtmässig im Aufnahmeland aufhalten - 1. Die vertragsschliessenden Staaten ergreifen wegen illegaler Einreise oder unrechtmässigen Aufenthalts keine Strafmassnahmen gegen Flüchtlinge, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, wo ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Artikel 1 bedroht war und sofern sie sich unverzüglich den Behörden stellen und triftige Gründe für ihre illegale Einreise oder Anwesenheit darlegen.
1    Die vertragsschliessenden Staaten ergreifen wegen illegaler Einreise oder unrechtmässigen Aufenthalts keine Strafmassnahmen gegen Flüchtlinge, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, wo ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Artikel 1 bedroht war und sofern sie sich unverzüglich den Behörden stellen und triftige Gründe für ihre illegale Einreise oder Anwesenheit darlegen.
2    Die vertragsschliessenden Staaten schränken die Bewegungsfreiheit dieser Flüchtlinge nur soweit notwendig ein. Solche Beschränkungen sollen nur solange bestehen, bis die Rechtsstellung der Flüchtlinge im Aufnahmeland geregelt ist oder bis sie die Einreiseerlaubnis in ein anderes Land erhalten haben. Die vertragsschliessenden Staaten gewähren solchen Flüchtlingen eine angemessene Frist und alle erforderlichen Erleichterungen, damit sie die Einreisebewilligung in ein anderes Land erhalten.
des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge [FK, SR 0.142.30] und der für das Schweizerische Asylverfahren geltende Art. 42
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG). In diesem Sinne kann in der Beantragung von Asyl ein Rechtfertigungsgrund für die ursprünglich illegale Einreise oder den illegalen Aufenthalt respektive ein provisorischer Schutz vor Rückschiebung erblickt werden (vgl. Raffaella Massara, in: Handbuch zum Asyl- und Wegweisungsverfahren, 3. Aufl. 2021, S. 83 sowie Spescha/Bölzli/deWeck/Priuli, a.a.O. S. 421). Die (nachträgliche) Legitimierung einer ursprünglich rechtswidrigen Einreise beziehungsweise eines rechtswidrigen Aufenthaltes setzt freilich voraus, dass die betreffende Person um internationalen Schutz respektive Asyl ersucht, andernfalls ihr Aufenthalt als illegal zu betrachten und damit wiederum die Ausweisung aus dem Staatsgebiet gerechtfertigt ist (vgl. Ulrich Koehler, Praxiskommentar zum Europäischen Asylzuständigkeitssystem, 2018, S. 218; Sarah Progin-Theuerkauf: Grenzen des Verbots von Kollektivausweisungen, sui generis 2020, S. 314, abrufbar unter https://suigeneris-verlag.ch/img/uploads/articles/oa-pdf-grenzen-des-verbots-von-kollektivausweisungen-1597673618.pdf; abgerufen am 16.02.2023).

7.4 Die einleitende Darlegung dieser für das Migrations- und Flüchtlingsrecht elementaren Grundsätze erscheint insbesondere vor dem Hintergrund geboten, weil der Begriff Pushback in erster Linie einen Sachverhalt beschreibt, nämlich die Rückführung eines Drittstaatangehörigen an die beziehungsweise dessen Abweisung an der Grenze, wobei jedoch die Meinungen in Bezug auf deren rechtliche Einordnung bisweilen auseinandergehen. Dies namentlich bei der Frage, ob Pushbacks pauschal als illegal zu qualifizieren sind oder nicht (anschaulich: Matthias Lehnert; Pushbacks sind illegal - und zwar immer, 13. Mai 2021, https://verfassungsblog.de/pushbacks/ sowie Daniel Thym "Pushbacks" in der Ägäis, Frankfurter Allgemeine, 7. April 2021, https://www.faz.net/aktuell/politik/staat-und-recht/pushbacks-in-der-aegaeis-17282003.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2; beide abgerufen am 16.02.2023).

Es kann in diesem Zusammenhang vorab festgehalten werden, dass eine Abweisung an der beziehungsweise eine Rückschaffung an die Landesgrenze prinzipiell nur dann einen "illegalen" Pushback darstellt, falls die gesuchstellende Person um internationalen Schutz ersuchte beziehungsweise zu ersuchen beabsichtigte und/oder sie die Wegweisung einer ernsthaften Gefahr der Verletzung ihrer aus dem Refoulement-Verbot fliessenden Rechte aussetzt (zum in diesem Zusammenhang zu beachtenden Kollektivausweisungsverbot vgl. nachfolgend E. 7.6).

7.5 Als Zwischenbemerkung ist darauf hinzuweisen, dass sich auch die Schweizer Behörden mit Konstellationen und Fragen der Transitmigration auseinanderzusetzen haben. Gemäss Berichten häufen sich Fälle, in welchen über die österreichische Grenze kommende Migrierende die Schweiz als Transitland benutzen, mit dem Ziel, ihre Gesuche in anderen Dublin-Mitgliedstaaten zu stellen, insbesondere in Frankreich und Grossbritannien. Solche Personen, welche in der Schweiz kein Asyl beantragen, werden unter Ansetzung einer kurzen Frist des Landes verwiesen (vgl. Nachtrag zur Medienkonferenz "Migrationslage Ost", 17.11.2021, abrufbar unter https://www.sg.ch/news/sgch_allgemein/2021/11/st-gallen--nachtrag-zur-medienkonferenz--migrationslage-ost--.html; abgerufen am 16.02.2023; NZZ am Sonntag, 9. Januar 2022, Schweizer Flüchtlingsroute wird immer beliebter]).

7.6 Weiter ist vorauszuschicken, dass sich im Zusammenhang mit der Diskussion um Pushbacks oftmals gleichzeitig die Problematik der Kollektivausweisungen stellt, welche gemäss Art. 4
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 4 Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit - (1) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
a  eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;
b  eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
c  eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
d  eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.
des vierten Zusatzprotokolls zur Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) sowie Art. 19 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2000/Abl. C 364/1; nachfolgend EU-Grundrechtscharta) verboten sind. Das Verbot verfolgt im Wesentlichen das Ziel, einer im Rahmen von Gruppenabschiebungen auszuschaffenden Person die Möglichkeit zu geben, individuelle Gründe vorzubringen, welche im Lichte der Garantien der EMRK und der EU-Grundrechtscharta gegen eine Rückführung sprechen, wobei überwiegend das Refoulement-Verbot im Vordergrund stehen dürfte. Damit soll letztendlich sichergestellt werden, dass bei gleichzeitiger Ausweisung mehrerer Personen die individuelle Situation der oder des Einzelnen berücksichtigt wird. Dabei ist nicht erforderlich, dass tatsächlich ein (weiteres) Konventionsrecht verletzt wird; bereits die Ausweisung mehrerer Personen ohne Berücksichtigung deren individuellen Situation ist verboten (vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [EGMR] N.D. und N.T. gegen Spanien vom 13. Februar 2020 [GK], 8675/15 und 8697/1, § 194 ff.; Sarah Progin-Theuerkauf, a.a.O., S. 310 f.).

Es ist in diesem Zusammenhang sodann festzuhalten, dass die Schweiz - zum Beispiel im Gegensatz zu Kroatien - das vierte Zusatzprotokoll weder unterzeichnet noch ratifiziert hat. Dies befreit die Schweizer Behörden allerdings nicht davon, bei Rückführungsakten das Refoulement-Verbot (Art. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 3 Verbot der Folter - Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
EMRK) zu beachten (vgl. auch Schweizerisches Kompetenzzentrum für Menschenrechte [SKMR]: Handbuch Migrationsrecht Schweiz, Europa- und bundesrechtliche Grundlagen des schweizerischen Asyl- und Ausländerrechts, 2015, S. 132; ferner Art. 13 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 [SR 0.103.2; UNO-Pakt II], welcher für sich rechtmässig aufhaltende migrierende Personen gewisse Verfahrensrechte im Zusammenhang mit der Ausweisung verankert). Dass die Schweiz diesbezüglich nicht das exakt gleiche Schutzniveau garantiert, hat im vorliegenden Kontext indes keine praktischen Auswirkungen, da bei Dublin-Überstellungen die Prüfung möglicher Überstellungshindernisse, namentlich die Frage, ob die Gefahr der Verletzung des menschenrechtlichen Refoulement-Verbots besteht (durch die Überstellung in den Zielstaat beziehungsweise durch die Gefahr allfälliger Kettenabschiebung, vgl. Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO), stets Bestandteil des Verfahrens bildet (vgl. u.a. auch das sogenannte "Dublin-Gespräch" [Art. 5 Abs. 1 Dublin-VO-III], anlässlich welchem dem Gesuchsteller praxisgemäss Gelegenheit eingeräumt wird, Einwände gegen die geplante Überstellung in den Zielstaat vorzubringen).

8.
Das Bundesverwaltungsgericht erinnert im Zusammenhang mit den Beschwerdevorbringen daran, dass sich die Mitgliedstaaten grundsätzlich auf die Vermutung verlassen können, dass die am gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Menschenrechte beachten, und sie dürfen insoweit Vertrauen ineinander haben (vgl. dazu BVGE 2010/45 E. 7.4 f.; ausserdem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union [EuGH] vom 21. Dezember 2011 in den verbundenen Rechtssachen C-411/10 [N. S./Secretary of State for the Home Department] und C-493/10 [M. E. u.a. /Refugee Applications Commissioner, Minister for Justice, Equality and Law Reform], Rn. 78 ff.; vgl. ferner Erwägung 3 der DubIin-III-VO sowie Ulrich Koehler, a.a.O., Einführung S. 26, N 9). Wenn jedoch systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen ernstlichen Anlass zur Annahme geben, die asylsuchende Person laufe Gefahr, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden, ist der zuständigkeitsprüfende Mitgliedstaat gehalten, sie nicht an den als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen (Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO).

9.

9.1 Im Zusammenhang mit dem Dublin-Mitgliedstaat Kroatien häufen sich seit geraumer Zeit Vorwürfe, wonach die kroatischen Behörden Asylsuchenden den Zugang zum Asylverfahren verweigern und sie bereits an der Grenze abweisen oder in unzulässiger Weise an die Grenzen zu Bosnien-Herzegowina und Serbien zurückschaffen würden. Dabei sollen die kroatischen Behörden auch exzessive Gewalt anwenden. Kroatien selber dementiert die Vorwürfe, unter anderem mit der Begründung, es führe keine illegalen Pushbacks durch, sondern würde die illegale Migration bekämpfen (vgl. SRF Tagesschau, Kroatiens Präsidentin Grabar-Kitarovi zur Balkanroute, 9. Juli 2019; https://www.srf.ch/play/tv/-/video/-?urn=urn:srf:video:68ae3d79-230b-4af6-a318-717b9aa8a514, abgerufen am 16.02.2023).

9.2 Gemäss den "Periodic data collection on the migration situation in the EU" der European Union Agency for Fundamental Rights (FRA) von Februar bis November 2018, welche sich unter anderem auf Berichte des UNHCR, der kroatischen Ombudsperson sowie des Croatian Law Center stützen, würden Migrierende an die serbische sowie bosnische Grenze zurückgeschafft, teilweise unter Anwendung exzessiver Gewalt, ohne dass diesen die Möglichkeit eingeräumt werde, in Kroatien ein Asylgesuch zu stellen. Aufgrund der standardisierten Formulierung der Ausschaffungsentscheide sei ferner zu vermuten, dass keine Auseinandersetzung mit der individuellen Situation der Migrierenden stattfinde. Aus dem Bericht vom November 2018 geht hervor, dass das UNHCR, der europäische Rat sowie Mitglieder des europäischen Parlaments Kroatien aufforderten, die damals seit über zwei Jahren bestandenen Vorwürfe betreffend Kollektivausweisung und exzessive Gewaltanwendung durch die Behörden zu untersuchen (die einzelnen Berichte sind abrufbar unter https://fra.europa.eu/de [Suchfelder: Products / Publications: Periodic updates / Series; Land: Kroatien]); abgerufen am 16.02.2023).

Laut dem Bericht von Amnesty International vom 13. März 2019, welcher auf Untersuchungen vom Juni 2018 bis Januar 2019 basiert, hätten beinahe sämtliche der befragten Personen erklärt, dass sie von den kroatischen Behörden - teilweise wiederholt - ausgeschafft worden seien, ohne dass in diesem Zusammenhang ein angemessenes Verfahren durchgeführt worden sei und ohne dass ihre Asylgesuche registriert worden wären. Ein Drittel der Befragten habe Misshandlungen und Gewalt erlitten, welche unter anderem darin bestanden habe, dass die Betroffenen angeschrien, geschlagen, ohne Zugang zu Wasser oder Nahrung stundenlang eingesperrt, ihnen wärmende Kleider, Schuhe und Schlafsäcke weggenommen und sie teilweise gezwungen worden seien, in kalter Jahreszeit barfuss an die bosnische Grenze zurückzulaufen. Gemäss dem Bericht seien unerlaubte Pushbacks und Kollektivausweisungen weit verbreitet (Amnesty International, Pushed to the edge: Violence and abuse against refugees and migrants along the Balkan Route, 13. März 2019, https://www.amnesty.org/en/documents/eur05/9964/2019/en/; abgerufen am 16.02.2023).

Der Report des Special Representative of the Secretary General on Migration and Refugees des Europarates vom 23. April 2019, welcher gestützt auf eine fünftägige Fact-Finding Mission in Kroatien erstellt wurde, hält unter anderem fest, die kroatischen Behörden würden im Zusammenhang mit ihrer Grenzpolitik auf Abschreckung setzen (vgl. Report of the fact-finding mission by Ambassador Tomàs Bo ek, Special Representative for the Secretary General on migration and refugees, to Bosnia and Herzegovina and to Croatia, 24-27 Juli and 26-30 November 2018, 23. April 2019, S. 29; https://rm.coe.int/report-of-the-fact-finding-mission-by-ambassador-tomas-bocek-special-r/1680940259; abgerufen am 16.02.2023).

In ihrem Bericht an das EU-Parlament und den Rat betreffend die Umsetzung des Schengen-Acquis durch Kroatien vom 22. Oktober 2019 drückt die EU-Kommission ihre Besorgnis bezüglich der Berichte über gewalttätige Pushbacks in Kroatien aus und hält fest, dass ein Teil der von der EU bereitgestellten Gelder zur Stärkung des kroatischen Grenzmanagements für die Überwachung der Tätigkeit der Grenzschutzbeamten zu verwenden sei. Die Massnahme solle dazu beitragen, dass die Grenzkontrolltätigkeit der kroatischen Behörden in vollem Einklang mit dem EU-Recht, den internationalen Verpflichtungen sowie der Achtung der Grundrechte und der sich aus den EU-Asylrechtsvorschriften ergebenden Rechte erfolge (Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament und den Rat über die Überprüfung der vollständigen Anwendung des Schengen-Besitzstandes durch Kroatien, S. 16; https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:237cb3cf-f57e-11e9-8c1f-01aa75ed71a1.0002.02/DOC_1&format=PDF; abgerufen am 16.02.2023).

Laut der Erklärung der Menschenrechtskommissarin des Europarates vom 21. Oktober 2020 hätten sich die Vorwürfe betreffend Kollektivausweisungen, Nichtgewährung des Zugangs zum Asylverfahren und Anwendung exzessiver Gewalt durch die kroatischen Behörden im Jahre 2020 fortgesetzt. Es sei sogar von einer Zunahme von Misshandlungen und Gewalt auszugehen, wobei die fehlbaren Beamten weiterhin keine Strafen zu fürchten hätten (Council of Europe/Commissioner for Human Rights: Croatien authorities must stop pushbacks and border violence, and end impunity, 21. Oktober 2020, https://www.coe.int/en/web/commissioner/-/croatian-authorities-must-stop-pushbacks-and-border-violence-and-end-impunity; abgerufen am 16.02.2023).

Der detaillierte AIDA-Rapport zu Kroatien vom Mai 2021, welcher unter anderem auf Berichte zahlreicher Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen sowie Medien Bezug nimmt, bestätigt, dass illegale Pushbacks in Kroatien auch im Jahre 2020 in einem besorgniserregenden Ausmass an der Tagesordnung gewesen seien (vgl. AIDA Country Report Croatia, 2020 Update, Mai 2021, S. 23 f., https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/; abgerufen am 16.02.2023).

Im Jahre 2021 setzten sich die Berichte über Pushback-Aktionen in Kroatien fort. Gemäss Medienberichten würden hunderte von Videos zeigen, wie Geflüchtete und Migrierende unter Gewaltanwendung nach Bosnien zurückgetrieben würden und dass die Misshandelten keine Möglichkeit hätten, einen Asylantrag zu stellen. Die EU-Innenkommissarin forderte im Oktober 2021 eine Untersuchung der Vorwürfe sowie eine Abklärung, ob an Kroatien geleistete EU-Gelder missbräuchlich verwendet worden seien (vgl. tagesschau.de, "Pushbacks" in Kroatien: "Wenn das wahr ist, ist das völlig inakzeptabel, https://www.tagesschau.de/ausland/europa/kroatien-bosnien-pushback-101.html; Spiegel Ausland: EU-Kommissarin Johansson über brutale Pushbacks "schockiert", https://www.spiegel.de/ausland/kroatien-und-griechenland-eu-kommissarin-johansson-ueber-pushbacks-schockiert-a-954e1750-beff-4b17-b0c7-6b83b63726cd; alle abgerufen am 16.02.2023).

In ihrem Bericht vom März 2022 weist die Menschenrechtskommissarin des Europarates darauf hin, dass Praktiken wie Pushbacks oder Kollektivausweisungen ein in Europa weitverbreitetes Problem darstellten und spricht diverse Empfehlungen an die Adresse der Mitgliedstaaten aus (Repoussés au-delà des limites: Quatre domaines d'action urgente pour faire cesser les violations des droits de l'homme aux frontières de l'Europe; https://search.coe.int/commissioner/Pages/result_details.aspx?ObjectId=0900001680a5a182; abgerufen am 16.02.2023).

Ergänzend ist hier festzuhalten, dass Kroatien auch vorgeworfen wird, sich an Kettenabschiebungen nach Bosnien-Herzegowina zu beteiligen, welche von Österreich, Italien und Slowenien ausgehen. Diese Kettenabschiebungen stehen jedoch gemäss den verfügbaren Informationen nicht in einem Dublin-Kontext, da sie direkt durch Sicherheitsbeamte, ohne Durchführung einer Zuständigkeitsprüfung im Rahmen eines förmlichen Verfahrens sowie teilweise gestützt auf bilaterale Rückübernahmevereinbarungen oder routinemässiges Zusammenwirken der involvierten Staaten stattfinden (vgl. Der Standard: Verwaltungsgerichtshof bestätigt Urteil über illegalen Pushback nach Slowenien, 9. Juni 2022, https://www.derstandard.de/story/2000136405274/verwaltungsgerichtshofbestaetigt-pushback-nach-slowenien-war-rechtswidrig; Der Standard: Gericht beurteilt österreichischen Pushback von Migranten nach Slowenien als rechtswidrig, 5. Juli 2021, https://www.derstandard.de/story/2000127963840/gericht-bestaetigt-beteiligung-oeterreichs-an-illegalem-pushback; Parlamentarische Anfrage an die Kommission P-002171/20021 vom 21. April 2021, https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/P-9-2021-002171_DE.html; AIDA Country Report Croatia, 2020 Update, Mai 2021, S. 23, https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/; alle abgerufen am 16.02.2023).

9.3

9.3.1 Im Referenzurteil des Bundesverwaltungsgerichts D-1611/2016 vom 22. März 2016, welches sich mit der damaligen Lage in Kroatien auseinandersetzte, wurde eine Überlastung des dortigen Asylsystems festgestellt. Probleme seien insbesondere bei Migrierenden auszumachen, welche Kroatien nur als Transitland betrachten würden. Gesuchstellende, welche im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Kroatien überstellt würden, hätten grundsätzlich ohne Probleme Zugang zum dortigen Asylverfahren (vgl. a.a.O. E. 4.3.5).

9.3.2 Angesichts des unter der vorstehenden Ziffer 9.2 Ausgeführten ist davon auszugehen, dass sich die bereits damals - im Zeitpunkt des erwähnten Referenzurteils - schwierige Lage in den letzten Jahren noch akzentuiert hat. Die unzähligen Berichte über unzulässige und bisweilen gewalttätige sowie menschenverachtende Rückführungen an die Grenze und namentlich die zahlreichen Appelle der europäischen Institutionen zeigen, dass das Vertrauen in den Dublin-Staat Kroatien (vgl. dazu E. 8) erheblich strapaziert ist.

Angesichts der seit geraumer Zeit nicht abreissenden Berichterstattungen über verbotene Pushbacks ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass unzulässige Rückführungen sowie gewalttätige und menschenunwürdige Übergriffe an Migrierenden durch die kroatischen Behörden regelmässig praktiziert werden.

9.3.3 Es ist jedoch ebenfalls festzuhalten, dass bei der Frage, wie eine Rückführung an die Grenze im Einzelfall zu bewerten ist, immer das Verhalten sämtlicher Beteiligten und die konkreten Umstände zu berücksichtigen sind. Es dürfte angesichts der verfügbaren Berichterstattung anerkannt sein, dass Kroatien für einen nicht unbedeutenden Teil der in Europa schutzsuchenden Personen lediglich ein Transitstaat darstellt (vgl. AIDA Country Report Croatia, 2020 Update, Mai 2021, S. 14, https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/; Fomoso, Migration auf dem Balkan: Von Push-Backs und Menschenschmugglern, 27. Mai 2021, https://www.fomoso.org/meinungen/kommentare/migration-auf-dem-balkan-von-push-backs-und-menschenschmugglern/ sowie NZZ: In Griechenland kommen weniger Migranten an [], 2. Februar 2021, https://www.nzz.ch/international/balkanroute-mehr-migranten-unterwegs-ld.1596097; alle abgerufen am 16.02.2023). Es besteht die starke Vermutung, dass ein beachtlicher Teil der Schutzsuchenden im Prinzip kein Interesse daran hat, sich in Kroatien einem Asylverfahren zu unterziehen. Die Dublin-III-VO stellt jedoch ein verbindliches Asylverfahrenszuständigkeitssystem dar, welches den Asylsuchenden grundsätzlich keine Wahl lässt, wo ihr Gesuch zu prüfen ist. Mit dem Stellen eines Gesuchs um internationalen Schutz in einem Dublin-Staat wird der Anwendungsbereich dieses Zuständigkeitssystems eröffnet und der Staat, in welchem das Schutzersuchen geäussert wurde, hat das Verfahren betreffend die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates durchzuführen (vgl. Art. 20 Abs. 1 Dublin-III-VO). Dass, wie von Seiten Kroatiens geltend gemacht wird, viele Schutzsuchende gar kein Asylgesuch in Kroatien stellen wollten, ist insofern plausibel, als damit vermieden werden kann, dass überhaupt ein (allenfalls langwieriges) Verfahren (Prüfung des zuständigen Staates oder Prüfung des Gesuchs an sich) in Kroatien eröffnet wird, während welchem sich die Gesuchstellenden im Land aufhalten müssen. Dies dürfte zumindest teilweise erklären, dass viele potentielle Asylsuchende den Weg über die "Grüne Grenze" wählen. Auch die Erklärung Kroatiens, viele Asylgesuchstellende würden ihr Gesuch zurückziehen, sobald ihnen bewusst werde, dass dadurch ein Verfahren in Kroatien eröffnet werde beziehungsweise viele würden das Land noch vor Abschluss des Verfahrens verlassen, scheint nicht vollständig aus der Luft gegriffen (vgl. Council of Europe; Report of the fact-finding mission by Ambassador Tomàs Bo ek, Special Representative of the Secretary General on migration and refugees, to Bosnia and Herzegovina and to Croatia, 24-27 Juli and 26-30 November 2018, 23. April 2019, S. 28, https://rm.coe.int/report-of-the-fact-finding-mission-by-
ambassador-tomas-bocek-special-r/1680940259; abgerufen am 16.02.20023; vgl. auch Urteil des EGMR M.H. und andere gegen Kroatien vom 18. November 2021, 15670/18 und 43115/18, S. 87).

Solange sich migrierende Personen nicht an die offiziellen Behörden wenden, um ein Gesuch um internationalen Schutz zu beantragen beziehungsweise ein entsprechendes Gesuch zurückziehen (allenfalls auch durch Nichtteilnahme an notwendigen Verfahrenshandlungen), halten sie sich unrechtmässig, mithin illegal, im Land auf. Dies rechtfertigt grundsätzlich eine Ausschaffung - unter angemessener Beachtung der Gefahr einer möglichen Verletzung des Refoulement-Verbots. In keiner Weise vermöchte ein illegaler Aufenthalt jedoch die exzessiven Gewalttätigkeiten und menschenverachtenden Handlungen rechtfertigen, von welchen immer wieder berichtet wird. Auch der blosse Umstand, dass Asylsuchende das Land nicht immer über die offiziellen Grenzposten betreten, dürfte die kolportierte Rückschaffungspraxis nicht rechtfertigen können, dies insbesondere dann, wenn die Betroffenen bei ihrer Anhaltung unmissverständlich um Asyl nachsuchen (vgl. Art. 6 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6 Verfahrensgrundsätze - Verfahren richten sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196810 (VwVG), dem Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 200511 und dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200512, soweit das vorliegende Gesetz nichts anderes bestimmt.
der Verfahrensrichtlinie, die klare Regelung im Schweizer Asylrecht [Art. 21 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 21 Asylgesuch an der Grenze, nach Anhaltung im grenznahen Raum bei der illegalen Einreise oder im Inland - 1 Die zuständigen Behörden weisen Personen, die an der Grenze oder nach Anhaltung bei der illegalen Einreise im grenznahen Raum oder im Inland um Asyl nachsuchen, an ein Zentrum des Bundes. Vorbehalten bleibt Artikel 24a Absatz 3.56
1    Die zuständigen Behörden weisen Personen, die an der Grenze oder nach Anhaltung bei der illegalen Einreise im grenznahen Raum oder im Inland um Asyl nachsuchen, an ein Zentrum des Bundes. Vorbehalten bleibt Artikel 24a Absatz 3.56
2    Das SEM prüft seine Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Dublin-Assoziierungsabkommen.
3    Die Dublin-Assoziierungsabkommen sind in Anhang 1 aufgeführt.
AsylG] sowie die Ausführungen unter E. 7.2 ff.).

9.3.4 In Bezug auf die Frage, ob tatsächlich der Wille vorhanden war oder ist, in Kroatien ein Asylgesuch zu stellen beziehungsweise sich dem gemäss Dublin-III-Verordnung vorgesehenen Prozedere zu unterwerfen, stellt sich regelmässig das Problem, dass sich hier die Aussagen der Behörden und diejenigen der Schutzsuchenden entgegenstehen (vgl. z.B. die gegensätzlichen Aussagen der Beschwerdeführenden und Kroatiens im Urteil des EGMR M.H. und andere gegen Kroatien vom 18. November 2021, 15670/18 und 43115/18, S. 82 f.). Ganz allgemein - auch im Zusammenhang mit der behaupteten behördlichen Gewalt - stellt die nachträgliche Verifizierung der jeweiligen Darstellungen eine Herausforderung dar (vgl. Deutsche Welle: Systematische Gewalt gegen Flüchtlinge?, 16.8.2018, https://www.dw.com/de/systematische-gewalt-gegen-fl%C3%BCchtlinge/a-45102265, wo unter anderem auch auf Gewalthandlungen unter Migrierenden verwiesen wird; abgerufen am 16.02.2023).

Bei der Beurteilung von Kollektivausweisungen und der Gefahr einer Verletzung des Refoulement-Verbots können im Einzelfall sodann verschiedene Faktoren - unter anderem die Kooperationsbereitschaft der Gesuchstellenden oder das Zielland der Rückführung - ausschlaggebend sein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte führt bei der Beurteilung von Kollektivausweisungen einen sogenannten "own culpable conduct test" durch, welcher unter Umständen - trotz Fehlens individueller Abklärungen - zu einer Verneinung der Verletzung des Verbotes führen kann, wenn ein Fehlverhalten bei der migrierenden Person festgestellt wird. Der Gerichtshof hat auch schon erkannt, dass sich diesbezüglich nicht in jedem Fall individuelle Anhörungen aufdrängen. Denkbar ist sodann, dass die Art der Einreise (legal oder illegal, insbesondere ohne Stellung eines Asylgesuchs), der Zugang zu offiziellen Grenzposten, der Herkunftsstaat der Betroffenen oder das Vorhandensein liquider Beweismittel bezüglich Verfolgung bei der Beurteilung eine Rolle spielen können. Die Strassburger Rechtsprechung hat diese Elemente vereinzelt bereits aufgegriffen, wobei sich die Massgeblichkeit und Gewichtung solcher weiteren Faktoren in zukünftigen Entscheiden wohl noch verdeutlichen dürfte (vgl. Urteile des EGMR N.D. und N.T. gegen Spanien vom 13. Februar 2020 [GK], 8675/15 und 8697/15, insb. § 193 ff.; Khlaifia und andere gegen Italien vom 15. Dezember 2016, [GK], 16483/12, insb. § 248 ff.; sodann die Besprechung des Urteils M.K. und andere gegen Polen vom 23. Juli 2020, 40503/17, 42902/17 und 43643/17 in Strasbourg Observers: Systematic push back of 'well behaving' asylum seekers at the Polish border: M.K. and Others v. Poland, https://strasbourgobservers.com/2020/10/07/systematic-push-back-of-well-behaving-asylum-seekers-at-the-polish-border-m-k-and-others-v-poland/; abgerufen am 16.02.2023).

9.3.5 Wie in Erwägung E. 9.3.2 bereits festgehalten, ist von einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auszugehen, dass in Kroatien unzulässige Abschiebungen an die Grenze sowieunmittelbare Abschiebungen ohne individuelle Prüfung direkt an der Grenze (sogenannte "hot returns") und exzessive Gewaltanwendungen regelmässig vorkommen. Der Zugang zum kroatischen Asylverfahren dürfte sich nicht selten als unverhältnismässig schwierig erweisen und es liegt ebenso die Vermutung nahe, dass infolge Fehlens förmlicher Verfahren oftmals keine Rechtsmittelmöglichkeiten offenstehen (vgl. Art. 14
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 14 Diskriminierungsverbot - Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.
des Schengener Grenzkodex sowie Art. 13
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 13 Recht auf wirksame Beschwerde - Jede Person, die in ihren in dieser Konvention anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, hat das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben.
EMRK). Die vorstehenden Ausführungen zeigen aber auch, dass die juristische Aufarbeitung von Pushbacks im Einzelfall - von der zuverlässigen Erstellung der Tatfragen, zu welchen auch das Verhalten der Beteiligten gehört, bis zur rechtlichen Würdigung des konkreten Falles - sich unter Umständen aufwändig und anspruchsvoll gestalten kann.

Bezeichnenderweise wurden auf politischer Ebene bisher keine einschneidenden Sanktionen gegen Kroatien verhängt. Die europäischen Institutionen, namentlich der Europarat und die EU-Kommission, fordern regelmässig Untersuchungen "der Vorwürfe" (vgl. E. 9.2), offenbar ohne dass bisher die notwendige Klarheit hätte gewonnen werden können. Exemplarisch dafür scheint die Reaktion der EU-Kommissarin Johannsson, welche anfangs Oktober 2021 im Zusammenhang mit Pushbacks an der kroatischen EU-Aussengrenze unter anderem - nachdem die entsprechenden Vorwürfe die Union nun seit mehreren Jahren beschäftigen - mit dem Kommentar reagierte: "Wenn das wahr ist, ist das völlig inakzeptabel" (tagesschau.de, Pushbacks in Kroatien, "Wenn das wahr ist, ist das völlig inakzeptabel", https://www.tagesschau.de/ausland/europa/pushbacks-eu-bosnien-kroatien-101.html, abgerufen am 16.02.2023).

9.4

9.4.1 Im Rahmen einer auf die Dublin-III-VO gestützten Überstellung liegt das Hauptaugenmerk auf der Frage, ob die gesuchstellende Person, zu deren Aufnahme sich die kroatischen Behörden bereit erklärt haben, Zugang zum dortigen Asylverfahren erhalten wird. Die Frage, ob es für ihn oder sie unverhältnismässig schwierig war, überhaupt in das Land einreisen zu können sowie andere Begebenheiten, welche sich vor der Registrierung beziehungsweise der Zuständigkeitserklärung abspielten, stehen grundsätzlich nicht mehr im Vordergrund. Mithin ist - auch mit Blick auf die nachfolgenden Ausführungen - festzuhalten, dass aufgrund der vorstehend dargelegten Problematik illegaler Pushbacks in Kroatien nicht a priori von einer gleichgelagerten Gefährdung für Dublin-Rückkehrer auszugehen ist.

Das Gericht ging in seiner bisherigen Praxis davon aus, dass Dublin-Rückkehrende in Kroatien Zugang zum dortigen Asylverfahren haben (vgl. Referenzurteil E-1622/2016). Es ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass sich aufgrund der verfügbaren Informationen auch heute keine bestätigten Hinweise dafür finden lassen, im Rahmen von Dublin-Verfahren Rücküberstellte würden trotz bekundetem Willen, sich dem Verfahren in Kroatien zu unterziehen, in unzulässiger Weise abgeschoben. Diese Einschätzung bestätigt der bereits erwähnte AIDA-Bericht vom 27. Mai 2021, welcher festhält, dass Personen, welche im Rahmen eines Dublin-Verfahrens nach Kroatien überstellt werden, weder auf Hindernisse beim Zugang zum dortigen Asylverfahren noch auf Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Aufnahmebedingungen stossen. Als einziges Manko wird hervorgehoben, dass Gesuchstellende, welche ihr Gesuch in Kroatien zurückgezogen haben oder deren Gesuch abgelehnt worden sei, bei der Rücküberstellung als Folgeantragstellende behandelt würden (vgl. AIDA Country Report Croatia, 2020 Update, Mai 2021, S. 47 ff., https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/ sowie AIDA, Country Report: Dublin Croatia, Update 22. April 2022; https://asylumineurope.org/reports/country/croatia/asylum-procedure/procedures/dublin/; alle abgerufen am 16.02.2023). Es ist weder dem AIDA-Bericht noch anderen Quellen zu entnehmen, dass diese Praxis, welche seit 2016 bestehen soll und sogenannte Take-Back-Fälle betrifft, in der Vergangenheit im Ergebnis zu unzulässigen Abschiebungen geführt hätte (vgl. auch E. 9.4.2 nachfolgend).

9.4.2 Ein Blick auf die Rechtsprechung anderer Dublin-Staaten scheint den Schluss zuzulassen, dass Dublin-Überstellungen nach Kroatien überwiegend als zulässig erachtet werden.

In zahlreichen Beschlüssen deutscher Verwaltungsgerichte (es handelt sich dabei um verfahrensleitende Entscheide, in welchen jeweils summarisch über die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs befunden wird) wurde bisher der Zugang von Dublin-Rückkehrern zum kroatische Asylsystem bejaht. Dem Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. Februar 2021 ist unter anderem zu entnehmen, dass das Gericht selbst im Falle einer Bejahung systemischer Mängel wegen Pushbacks in Kroatien darin kein Hindernis erblicken würde, Dublin-Rückkehrende dorthin zu überstellen. Auch die gemäss AIDA-Bericht nicht immer verordnungskonforme Anwendung der Dublin-Bestimmungen durch die kroatischen Behörden, namentlich bei Gesuchstellenden, welche nach Rückzug ihres Gesuches bei der Rücküberstellung als Folgeantragstellende im Sinne von Art. 40 der Asylverfahrensrichtlinie behandelt werden, steht nach Auffassung des Verwaltungsgerichts München einer Überstellung nicht entgegen beziehungsweise könne diesbezüglich der kroatische Rechtsmittelweg eingeschlagen werden (vgl. Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 24. Februar 2021- M 30 S 21.50066 insb. § 23 ff., m.H.a. die Praxis anderer Bundesländer, https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-10791?hl=true; vgl. sodann Verwaltungsgericht Ansbach, Beschluss vom 20. Dezember 2021- AN 14 S 21.50254, § 43 ff., https://openjur.de/u/2382924.html; Verwaltungsgericht Hannover, Beschluss vom 31. Januar 2022 - 7 B 6223/21, https://openjur.de/u/2386319.html; alle abgerufen am 16.02.2023). Im Gegensatz zu dieser bis anhin offenbar verbreiteten Praxis der Bejahung der Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen nach Kroatien (vgl. diesbezüglich der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 4. Januar 2022 - M 3 S 21.50613 der in diesem Zusammenhang von der "ganz überwiegenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung" spricht, §29, mit zahlreichen Verweisen auf die Entscheidpraxis, https://openjur.de/u/2396942.html, abgerufen am 16.02.2023), gelangte das Verwaltungsgericht Braunschweig in seinem Urteil vom 24. Mai 2022 (Geschäftsnummer 2 A 26/22; https://openjur.de/u/2432227.html; abgerufen am 16.02.2023) zur Auffassung, aufgrund der in Kroatien praktizierten Pushbacks sowie der hinreichend belegten Involvierung Kroatiens in von Österreich, Italien und Slowenien initiierten Kettenabschiebungen nach Bosnien-Herzegowina, welche das Gericht als systemische Schwachstelle im kroatischen Asylsystem wertet, sei nicht sichergestellt, dass Dublin-Rücküberstellte nicht ebenfalls Opfer gewaltsamer Kettenabschiebungen werden könnten beziehungsweise ihr Recht auf ein Asylverfahren respektiert werde (a.a.O. §34). Das Urteil stützt seine Einschätzung unter anderem auf gerichtliche
Kassationsentscheide anderer Dublin-Staaten, in welchen die Vorinstanz jeweils angehalten wurde, vertiefendere Abklärungen zu tätigen, wobei - neben einem Kassationsentscheid des niederländischen Verwaltungsgerichts vom 13. April 2022 - auch auf das in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit ergangene Kassationsurteil des Bundesverwaltungsgerichts E-3078/2019 vom 12. Juli 2019 verwiesen wird (a.a.O. §51). Weiter leitet das Verwaltungsgericht Braunschweig seine Einschätzung unter anderem aus der Relation der kolportierten Pushbacks zu den aus Deutschland überstellten Dublin-Rückkehrern nach Kroatien sowie der Anzahl der dort zur Verfügung stehenden Aufnahmeeinrichtungen ab, wobei dem Urteil zu entnehmen ist, dass es sich auf keine konkreten Berichte über Abschiebungen beziehungsweise Pushbacks von Dublin-Rückkehrern in Kroatien stützt (a.a.O. §53 f.). Für die Beurteilung des konkreten Falles scheint eine nicht unerhebliche Rolle gespielt zu haben, dass es sich bei den Schutzsuchenden um äusserst vulnerable Personen (Analphabetin mit schwerstbehindertem Kind) handelte (vgl. a.a.O. §56). In der Folge äusserten die Verwaltungsgerichte Freiburg sowie Stuttgart in ihren Beschlüssen (betreffend die Prüfung der Gewährung der aufschiebenden Wirkung) ebenfalls starke Bedenken im Zusammenhang mit Dublin-Überstellungen nach Kroatien, wobei sich das erstgenannte Gericht vollumfänglich dem Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig anschliesst, während das zweitgenannte Gericht die Frage, ob die bekannten Probleme auch tatsächlich Dublin-Rückkehrer betreffen, explizit (noch) offen lässt (vgl. Verwaltungsgericht Freiburg, Beschluss vom 27. Juli 2022, . - A 1 K 1805/22, § 14 ff. [https://openjur.de/u/2449646.html]sowie Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 2. September 2022, A 16 K 3603/22, § 36 [https://openjur.de/u/2451710.html]; alle abgerufen am 16.02.2023).In einem nach diesen Entscheiden ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen lehnte dieses die Gewährung der aufschiebenden Wirkung hingegen ab, unter anderem mit der Begründung, es existierten keine tragfähigen Erkenntnisse, dass Dublin-Rückkehrer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit rechtswidriger Abschiebung ausgesetzt wären (vgl. Beschluss des Verwaltungsgericht Aachen vom 12. September 2022 - 6 L 551/22.A [https://openjur.de/u/2450058.html]; abgerufen am 16.02.2023). In seinem Beschluss vom 16. September 2022 hielt sodann das Verwaltungsgericht Köln fest, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, Dublin-Rückkehrer würden ohne Entscheidung über ihren Asylantrag aus Kroatien abgeschoben (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. September 2022 - 15 L 1441/22.A [https://openjur.de/u/2450558.html, abgerufen am 16.02.2023]). Ob das
Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig eine landesweite Praxisänderung betreffend Dublin-Überstellungen nach Kroatien einläuten wird, bleibt jedenfalls abzuwarten.

Das österreichische Bundesverwaltungsgericht ging in der jüngeren Vergangenheit davon aus, Kroatien werde sich seinen Pflichten gegenüber Dublin-Rückkehrern nicht entziehen, unter anderem auch unter Berücksichtigung, dass sich die kroatischen Behörden im Rahmen der Dublin-Anfragen jeweils bereit erklärten, die zu überstellenden Personen (wieder) aufzunehmen (vgl. Urteile des österreichischen Bundesverwaltungsgerichts W144 2231797-1 vom 12. Juni 2020, W185 2244247-1 vom 21. Oktober 2021 und W212 2246630-1 vom 18. November 2021, W144 2252214-1 vom 3. März 2022, W232 2258012-1 vom 23. September 2022; alle abgerufen am 16.02.2023 unter https://www.ris.bka.gv.at/Suchen.wxe?Abfrage=Bvwg&Entscheidungsart=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=True&GZ=W14422311797-1&VonDatum=01.01.2014&BisDatum=28.06.2022&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=&ShowEmptySearchResultMessage=true).

Die Cour Administrative d'Appel (CAA) Paris vertrat in der Vergangenheit ebenfalls die Auffassung, dass Überstellungen nach Kroatien im Rahmen eines Dublin-Verfahrens zulässig seien (vgl. Urteile CAA Paris, N°20PA02220, 20PA02263 vom 10. Dezember 2020 [E. 7 f.], N°20PA02166, 20PA02199 vom 10. Dezember 2020 [E. 5 ff.]). Die Cour Administrative d'Appel Versailles bestätigte jüngst diese Auffassung (vgl. Entscheid CAA de Versailles vom 16. Dezember 2022, N 22VE01959
[E. 11 ff.]; alle abgerufen am 16.02.2023 unter https://www.legifrance.gouv.fr/).

Der AIDA Bericht "The implementation of the Dublin III Regulation in 2021" vom September 2022 weist auf einen Entscheid des belgischen Council of Alien Law Litigation vom 28. Mai 2021 hin (Entscheid 255 221), in welchem keine Gründe dafür ausgemacht wurden, dass Überstellungen nach Kroatien nicht zulässig wären (https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/09/AIDA_Dublin-Update-2021.pdf; abgerufen am 16.02.2023).

9.4.3 Ergänzungshalber ist auch auf den in der angefochtenen Verfügung erwähnte Botschaftsbericht vom 19. November 2019 hinzuweisen, welcher sich unter anderem auf Gespräche mit dem kroatischen Innenministerium, NGO's sowie der kroatischen Ombudsfrau stützt, und im Wesentlichen bestätigt, dass Dublin-Rückkehrenden Zugang zum Asylverfahren gewährt werde.

9.4.4 Mit Blick auf das vorstehend Ausgeführte ist ergänzend und zusammenfassend festzuhalten, dass es bis zum heutigen Tag keine Berichte beziehungsweise dokumentierte Fälle gibt, aus denen hervorgeht, dass Dublin-Rückkehrer in Kroatien in rechtswidriger Weise abgeschoben worden wären. Der - angesichts der dargelegten Situation prima vista nicht unbegründete - Verdacht eines Gefährdungszusammenhangs zwischen Pushbacks und Dublin-Rückkehr lässt sich aufgrund der verfügbaren Informationen und Erkenntnisse nicht erhärten. Insofern bestehen zum heutigen Zeitpunkt keine genügenden Anzeichen dafür, die befürchten liessen, Dublin-Rückkehrer würden ohne Eröffnung und Durchführung eines Asylverfahrens aus Kroatien rechtswidrig ausgeschafft. Noch weniger ist aufgrund dieser Ausgangslage davon auszugehen, dass dies systematisch geschehen würde. Auch lassen sich aufgrund der verfügbaren Informationen keine Anzeichen dafür finden, wonach Take-Charge-Fälle (Aufnahme) diesbezüglich anders zu beurteilen wären als Take-Back-Fälle (Wiederaufnahme) beziehungsweise dass für die erste Kategorie eine erhöhte Gefährdung von Abschiebungen ohne Durchführung eines Asylverfahrens bestehen würde. Unter anderem ergibt sich solches weder aus den vorstehend zitierten Länderberichten noch aus der konsultierten Rechtsprechung anderer Dublin-Staaten.

9.5 Aufgrund des Dargelegten ist im Ergebnis davon auszugehen, dass Gesuchstellende, welche gestützt auf die Dublin-III-VO nach Kroatien überstellt werden, Zugang zum dortigen Asylverfahren erhalten. Angesichts des Vorstehenden kann die Überstellung unabhängig davon, ob die gesuchstellende Person im Rahmen eines "Take-Charge" (Aufnahme) oder "Take-Back" (Wiederaufnahme) Verfahrens überstellt wird, erfolgen. Insbesondere besteht in solchen Fällen keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, die Überstellten würden der Gefahr einer Verletzung ihrer aus dem Refoulement-Verbot fliessenden Rechte ausgesetzt werden.

Es ist nach dem gesagten nicht davon auszugehen, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Kroatien wiesen systemische Schwachstellen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Dublin-III-VO auf, die eine Überstellung von Gesuchstellenden generell als unzulässig erscheinen lassen würden. Die seit dem Referenzurteil D-1611/2016 vom 22. März 2016 bestehende Praxis der grundsätzlichen Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen nach Kroatien ist zu bestätigen.

Von einer Überstellung ist bei dieser Ausgangslage nur in Ausnahmefällen abzusehen, in welchen die Gesuchstellenden durch substantiierte Vorbringen darlegen können, dass die generelle Annahme in ihrem Fall nicht zutrifft.

10.

10.1 Der Beschwerdeführer bringt gegen seine Überstellung nach Kroatien im Wesentlichen vor, er sei von den dortigen Behörden 18 Mal wieder an die bosnisch-herzegowinische Grenze zurückgeschafft worden, wobei er Gewalt und erniedrigende Behandlung erfahren habe.

Die Schilderungen des Beschwerdeführers zu seinen Erlebnissen in Kroatien decken sich mit den Berichten über Pushbacks und den damit in Zusammenhang stehenden Gewalthandlungen sowie Erniedrigungen durch die kroatischen Behörden (vgl. E. 9.2). Vor diesem länderspezifischen Hintergrund erscheint es als durchaus möglich, dass er mehrere Male wieder an die bosnisch-herzegowinische Grenze zurückgeschafft wurde.

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer gemäss seinen eigenen Angaben gar nicht beabsichtigte, sich in Kroatien dem gemäss Dublin-III-VO vorgesehenen Prozedere zu unterziehen beziehungsweise in diesem Staat ein Gesuch um internationalen Schutz zu stellen. Gemäss seinen Aussagen versuchte er 18 Mal das Land zu durchqueren, ohne dabei ein Asylgesuch stellen zu wollen, wobei es ihm beim 19. Mal gelungen sei, die slowenische Grenze zu erreichen (vgl. Dublin-Gespräch vom 17. April 2019 [SEM-Akten A15/6] sowie Beschwerdeschrift vom 19. August 2019, S. 3). Insofern kann nicht mit hinreichender Sicherheit gesagt werden, dass sämtliche Rückführungen per se unrechtmässig gewesen wären (vgl. auch E. 9.3.3). Sodann ist festzustellen, dass die Schilderungen des rechtlich vertretenen Beschwerdeführers sowohl anlässlich des Dublin-Gesprächs sowie in den folgenden Beschwerdeverfahren zu den angeblich weit über ein Dutzend Rückführungen relativ spärlich ausgefallen sind. Ferner fällt auf, dass den diesbezüglichen Vorbringen bisweilen auch eine gewisse Sachlichkeit abgeht, insbesondere wenn der Beschwerdeführer vorbringt, "das Geringste" sei gewesen, dass auf ihn uriniert worden sei (vgl. a.a.O., A15/6). Des Weiteren ist den zwei eingereichten Fotografien, welche unter anderem Körperverletzungen zeigen, weder Kontext noch die Identität der gezeigten Person zu entnehmen (vgl. a.a.O., Beweismittel 1 und 2). Auch in dem eingereichten Medienartikel der kroatischen (...) vom (...), welcher davon berichtet, dass Migranten von den Grenzbehörden gezwungen worden sein sollen, pro-kroatische Parolen zu rufen und ihre Unterstützung für einen kroatischen (...) zu bekunden (vgl. a.a.O., A18/2, BM 5), ist er nicht eindeutig identifizierbar. Das Video, welches im Netz dazu existieren soll, war aufgrund der knappen Angaben des Beschwerdeführers sodann nicht auffindbar. Dem rechtlich vertretenen Beschwerdeführer wäre es indes im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (vgl. Art. 8
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 8 Mitwirkungspflicht - 1 Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
1    Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
a  ihre Identität offen legen;
b  Reisepapiere und Identitätsausweise abgeben;
c  bei der Anhörung angeben, weshalb sie um Asyl nachsuchen;
d  allfällige Beweismittel vollständig bezeichnen und sie unverzüglich einreichen oder, soweit dies zumutbar erscheint, sich darum bemühen, sie innerhalb einer angemessenen Frist zu beschaffen;
e  bei der Erhebung der biometrischen Daten mitwirken;
f  sich einer vom SEM angeordneten medizinischen Untersuchung unterziehen (Art. 26a);
g  dem SEM ihre elektronischen Datenträger vorübergehend aushändigen, wenn ihre Identität, die Nationalität oder der Reiseweg weder gestützt auf Identitätsausweise noch auf andere Weise festgestellt werden kann; die Bearbeitung der Personendaten aus elektronischen Datenträgern richtet sich nach Artikel 8a.
2    Von Asylsuchenden kann verlangt werden, für die Übersetzung fremdsprachiger Dokumente in eine Amtssprache besorgt zu sein.
3    Asylsuchende, die sich in der Schweiz aufhalten, sind verpflichtet, sich während des Verfahrens den Behörden von Bund und Kantonen zur Verfügung zu halten. Sie müssen ihre Adresse und jede Änderung der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde des Kantons oder der Gemeinde (kantonale Behörde) sofort mitteilen.
3bis    Personen, die ohne triftigen Grund ihre Mitwirkungspflicht verletzen oder den Asylbehörden während mehr als 20 Tagen nicht zur Verfügung stehen, verzichten damit auf eine Weiterführung des Verfahrens. Dasselbe gilt für Personen, die den Asylbehörden in einem Zentrum des Bundes ohne triftigen Grund während mehr als 5 Tagen nicht zur Verfügung stehen. Die Gesuche werden formlos abgeschrieben. Ein neues Gesuch kann frühestens nach drei Jahren deponiert werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 195121.22
4    ...23
AsylG) ohne weiteres zuzumuten gewesen, einen (...) in besserer Qualität sowie besagtes Video selber zu den Akten zu reichen. Im Übrigen ist anzumerken, dass diesem Ereignis bei der Frage, ob dem Beschwerdeführer die Überstellung nach Kroatien zuzumuten ist, ohnehin kein massgebliches Gewicht zukommen würde.

10.2 Es ist zwar glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in Kroatien Pushbacks erlebt hat, die Vorbringen zu den geltend gemachten Misshandlungen beziehungsweise deren Ausmass fallen aber unsubstantiiert und damit nicht glaubhaft aus. Insgesamt sind keine genügenden Hinweise auszumachen, dem Beschwerdeführer wäre aufgrund traumatischer Erlebnisse beziehungsweise einer daraus resultierenden Langezeittraumatisierung eine Rückkehr nach Kroatien nicht zuzumuten (vgl. zum Begriff der Langzeittraumatisierung: Urteil des BVGer D-1344/2021 vom 25. November 2021 E. 5.5.1 m.H.a. BVGE 2007/31). Die vorliegenden medizinischen Berichte aus dem Jahr 2019 diagnostizieren beim Beschwerdeführer eine (...) beziehungsweise eine (...), wobei gemäss den Attesten die Ungewissheit bezüglich des Ausgangs des Verfahrens in diesem Zusammenhang eine nicht unerhebliche Rolle zu spielen scheint. Eine Langzeittraumatisierung geht aus den Akten jedoch nicht hervor. Namentlich wird das Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) explizit verneint (vgl. SEM-Akten A19/20, A33/1; Beweismittel 5 und 6 zur Beschwerde vom 17.6.2019, act. 4 im Verfahren E-3078/2019). Sodann hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (vgl. Art. 8
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 8 Mitwirkungspflicht - 1 Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
1    Asylsuchende sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken. Sie müssen insbesondere:
a  ihre Identität offen legen;
b  Reisepapiere und Identitätsausweise abgeben;
c  bei der Anhörung angeben, weshalb sie um Asyl nachsuchen;
d  allfällige Beweismittel vollständig bezeichnen und sie unverzüglich einreichen oder, soweit dies zumutbar erscheint, sich darum bemühen, sie innerhalb einer angemessenen Frist zu beschaffen;
e  bei der Erhebung der biometrischen Daten mitwirken;
f  sich einer vom SEM angeordneten medizinischen Untersuchung unterziehen (Art. 26a);
g  dem SEM ihre elektronischen Datenträger vorübergehend aushändigen, wenn ihre Identität, die Nationalität oder der Reiseweg weder gestützt auf Identitätsausweise noch auf andere Weise festgestellt werden kann; die Bearbeitung der Personendaten aus elektronischen Datenträgern richtet sich nach Artikel 8a.
2    Von Asylsuchenden kann verlangt werden, für die Übersetzung fremdsprachiger Dokumente in eine Amtssprache besorgt zu sein.
3    Asylsuchende, die sich in der Schweiz aufhalten, sind verpflichtet, sich während des Verfahrens den Behörden von Bund und Kantonen zur Verfügung zu halten. Sie müssen ihre Adresse und jede Änderung der nach kantonalem Recht zuständigen Behörde des Kantons oder der Gemeinde (kantonale Behörde) sofort mitteilen.
3bis    Personen, die ohne triftigen Grund ihre Mitwirkungspflicht verletzen oder den Asylbehörden während mehr als 20 Tagen nicht zur Verfügung stehen, verzichten damit auf eine Weiterführung des Verfahrens. Dasselbe gilt für Personen, die den Asylbehörden in einem Zentrum des Bundes ohne triftigen Grund während mehr als 5 Tagen nicht zur Verfügung stehen. Die Gesuche werden formlos abgeschrieben. Ein neues Gesuch kann frühestens nach drei Jahren deponiert werden. Vorbehalten bleibt die Einhaltung der Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 195121.22
4    ...23
AsylG) bis heute keine weiteren Arztzeugnisse eingereicht, aus welchen hervorgehen würde, er sei weiterhin in Behandlung.

Im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung und der Unterbringungssituation in Kroatien kann schliesslich auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung verwiesen werden, namentlich auf die dortigen Erläuterungen zu den unions- und völkerrechtlichen Verpflichtungen Kroatiens. Allfällig bestehende (...) Leiden des Beschwerdeführers sind demnach bei Bedarf auch in Kroatien behandelbar.

10.3 Vor diesem Hintergrund sowie dem unter den vorstehenden Ziffern Dargelegten kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rücküberstellung Zugang zum kroatischen Asylverfahren erhalten wird, sofern er gewillt ist, dort ein Gesuch um internationalen Schutz zu stellen, und bereit ist, den Ausgang des Verfahrens in Kroatien abzuwarten. Ferner ist davon auszugehen, dass er in Kroatien eine angemessene Unterkunft und bei Bedarf Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten wird.

11.

11.1 Der Beschwerdeführer beantragt, unter Verweis auf die bisherige Verfahrensdauer, den Selbsteintritt der Schweizer Behörden auf sein Asylgesuch.

11.2 Gemäss Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO kann jeder Mitgliedstaat einen bei ihm gestellten Antrag auf internationalen Schutz prüfen, auch wenn er gestützt auf die einschlägigen Bestimmungen eigentlich nicht zuständig wäre (sog. Ermessenklausel), wobei Art. 29a Abs. 3
SR 142.311 Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 über Verfahrensfragen (Asylverordnung 1, AsylV 1) - Asylverordnung 1
AsylV-1 Art. 29a Zuständigkeitsprüfung nach Dublin - (Art. 31a Absatz 1 Bst. b AsylG)85
1    Das SEM prüft die Zuständigkeit zur Behandlung eines Asylgesuchs nach den Kriterien, die in der Verordnung (EU) Nr. 604/201386 geregelt sind.87
2    Ergibt die Prüfung, dass ein anderer Staat für die Behandlung des Asylgesuches zuständig ist, und hat dieser Staat der Aufnahme oder Wiederaufnahme der asylsuchenden Person zugestimmt, so fällt das SEM einen Nichteintretensentscheid.
3    Das SEM kann aus humanitären Gründen das Gesuch auch dann behandeln, wenn die Prüfung ergeben hat, dass ein anderer Staat dafür zuständig ist.
4    Das Verfahren für die Aufnahme oder Wiederaufnahme der asylsuchenden Person durch den zuständigen Staat richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 1560/200388.89
der Asylverordnung 1 vom 11. August 1999 (AsylV 1, SR 142.311) diese Möglichkeit auf humanitäre Gründe einschränkt.

11.3 Der Beschwerdeführer verweist im Zusammenhang mit dem gestellten Antrag auf mehrere Urteile des Bundesverwaltungsgerichts. Es ist diesbezüglich festzustellen, dass das Gericht einen Selbsteintritt bei längerer Verfahrensdauer insbesondere in Fällen anordnete, in welchen die Vorinstanz nach Rückweisungen durch das Gericht ohne ersichtlichen Grund erst sehr spät in der Sache neu verfügte und zusätzliche Faktoren - bevorstehende Schwangerschaft, Kindeswohl, fortgeschrittene Integration, Zweifel an Übernahmebereitschaft des Zielstaates - eine Rolle spielten (vgl. die in der Eingabe vom 30. Dezember 2021 zitierten Urteile). Im vorliegenden Fall wurde vom Gericht zwar die Sachverhaltsabklärung der Vorinstanz zweimal moniert, diese fällte ihre Entscheide jedoch jeweils zeitnah. Weitere Parallelen zu den erwähnten Konstellationen sind nicht auszumachen. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der EuGH unter dem Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines Drittlandes in einem Mitgliedstaat gestellt hat (Dublin-II-Verordnung) in einer langen Verfahrensdauer einen möglichen Grund für eine Selbsteintrittspflicht erblickte. Dies jedoch unter der Voraussetzung, dass sich durch die lange Verfahrensdauer eine grundrechtsverletzende Situation verschlimmern könnte (vgl. Urteil des EuGH vom 14. November 2013 [GK] C-4/11, Bunderepublik Deutschland gegen Kaveh Puid, Rn. 35), was vorliegend nicht dargelegt wird und aus den Akten auch nicht ersichtlich ist. Im Schrifttum zur geltenden Dublin-III-VO wird sodann in überzeugender Weise - auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung europäischer Gerichte - die Auffassung vertreten, dass der Selbsteintritt unter dem Blickwinkel des "effet utile"-Prinzips sowie der Vermeidung der Aushöhlung des Dublin-Zuständigkeitssystems nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen soll, insbesondere bei humanitären und familiären Konstellationen, welchen das kodifizierte Dublinzuständigkeitssystem zu wenig Rechnung trägt (vgl. Filzwieser/Sprung, a.a.O., Artikel 17 K2; Ulrich Koehler, a.a.O., S. 351 ff.). Solche Gründe sind im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer weder substantiiert dargelegt noch sind solche aus den Akten erkennbar.

11.4 Unter den vorstehenden Betrachtungen ist festzuhalten, dass die bisherige Verfahrensdauer von rund 48 Monaten - selbst unter Berücksichtigung, dass die Einschätzung der Situation in Kroatien aufwändig und anspruchsvoll ist - zwar als ungebührlich lange zu qualifizieren ist, ein Selbsteintritt der Schweizer Behörden aber im vorliegenden Fall nicht angezeigt ist. Es ist nicht festzustellen, der Vorinstanz wäre diesbezüglich ein qualifizierter Ermessensfehler (vgl. Art. 106 Abs. 1 Bst. a
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 106 Beschwerdegründe - 1 Mit der Beschwerde kann gerügt werden:
1    Mit der Beschwerde kann gerügt werden:
a  Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Missbrauch und Überschreitung des Ermessens;
b  unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts;
c  ...
2    Artikel 27 Absatz 3 und Artikel 68 Absatz 2 bleiben vorbehalten.
AsylG) unterlaufen.

12.
Den Akten sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, welche es vorliegend offensichtlich als notwendig erscheinen liessen, von den kroatischen Behörden vorab individuelle Zusicherungen im Zusammenhang mit der Überstellung einzuholen. In der angefochtenen Verfügung wurde bereits darauf hingewiesen, die kroatischen Behörden würden gestützt auf Art. 31 und 32 Dublin-III-VO vorab über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers informiert. Der diesbezügliche Antrag ist demnach abzuweisen. Des Weiteren ist festzuhalten, dass im Ergebnis nicht festzustellen ist, die Vorinstanz habe ihren Entscheid auf einen nicht sorgfältig abgeklärten Sachverhalt gestützt, weshalb sich die diesbezüglich erhobenen verfahrensrechtlichen Rügen als unbegründet erweisen. Da sich die Vorinstanz - wie sich nach dem Vorstehenden ergibt - bei der Beurteilung der Überstellung nach Kroatien im Ergebnis auf die bisherige Praxis (Annahme des Zugangs von Dublin-Rückkehrern zum kroatischen Asylsystem) stützen durfte, war sie auch nicht gehalten, sich vertieft mit den vorgebrachten Problemen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der Einreise auseinanderzusetzen, wobei anzumerken ist, dass sie der gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers in der angefochtenen Verfügung angemessen Rechnung getragen hat. Die diesbezüglich geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs erweist sich ebenfalls als unbegründet. Soweit der Beschwerdeführer rügt, er habe keine Gelegenheit erhalten, zum in der angefochtenen Verfügung zitierten Botschaftsbericht Stellung zu nehmen, ist festzuhalten, dass sich - wie unter E. 9.4 gezeigt - dessen Ergebnis auch aus öffentlich zugänglichen Quellen herleiten lässt. Eine Kassation würde vorliegend einem formalistischen Leerlauf gleichkommen, zumal der Botschaftsbericht dem Beschwerdeführer zusammen mit der Vernehmlassung der Vorinstanz vom 11. Mai 2021 zugestellt wurde und er im Rahmen der Replik dazu Stellung nehmen konnte.

13.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist und die Überstellung nach Kroatien angeordnet hat. Die angefochtene Verfügung erweist sich als rechtmässig und die Beschwerde ist abzuweisen.

14.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 63 - 1 Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
1    Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
2    Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht.
3    Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat.
4    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter erhebt vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden.102
4bis    Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 100-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 100-50 000 Franken.103
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren im Einzelnen.104 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005105 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010106.107
VwVG). Da ihm mit Zwischenverfügung vom 28. April 2020 die unentgeltliche Prozessführung gewährt wurde und den Akten keine Hinweise für Veränderungen seiner finanziellen Verhältnisse zu entnehmen sind, sind keine Verfahrenskosten zu erheben (Art. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 1 Verfahrenskosten - 1 Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
1    Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
2    Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten.
3    Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt.
-3
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 3 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse - In Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
a  bei einzelrichterlicher Streiterledigung: 200-3000 Franken;
b  in den übrigen Fällen: 200-5000 Franken.
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die zuständige kantonale Behörde.

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Barbara Balmelli Olivier Gloor

Versand:
Decision information   •   DEFRITEN
Document : E-1488/2020
Date : 22. März 2023
Published : 31. März 2023
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert / Referenzurteil
Subject area : Wegweisung Dublin (Art. 107a AsylG)
Subject : Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung nach Kroatien (Dublin-Verfahren); Verfügung des SEM vom 2. März 2020


Legislation register
Abk Flüchtlinge: 31
AsylG: 6  8  21  31a  42  105  106  108
AsylV 1: 29a
BGG: 83
EMRK: 3  4  13  14
EU: 5  6  13
VGG: 21  25  31  32  33  37
VGKE: 1  3
VGR: 32
VwVG: 5  48  52  63
Weitere Urteile ab 2000
A_26/22 • B_6223/21 • K_1805/22 • K_3603/22 • L_1441/22 • L_180/31 • L_551/22
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2017-VI-5 • 2014/26 • 2010/45 • 2007/31
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EU Richtlinie
2008/115 • 2013/32
EU Verordnung
1077/2011 • 343/2003 • 603/2013 • 604/2013