Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-7511/2009

Urteil vom 21. August 2012

Richterin Marianne Teuscher (Vorsitz),

Besetzung Richter Antonio Imoberdorf, Richterin Ruth Beutler,

Gerichtsschreiberin Giulia Santangelo.

R._______,

Parteien vertreten durch lic. iur. Christian Flückiger, Fürsprecher,

Beschwerdeführerin,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung
Gegenstand
der Aufenthaltsbewilligung.

Sachverhalt:

A.
Die Beschwerdeführerin (geb. 1988), türkische Staatsangehörige, reiste am 13. September 2004 in die Schweiz ein, nachdem sie am 22. Juli 2004 im Alter von 16 Jahren in ihrer Heimat einen in der Schweiz niedergelassenen Landsmann geheiratet hatte. Gestützt auf die Bestimmungen über den Familiennachzug erhielt sie vom Wohnkanton L._______ eine Aufenthaltsbewilligung, die regelmässig verlängert wurde, letztmals bis zum 9. April 2009.

B.
Am 15. April 2006 erblickte S._______, der gemeinsame Sohn der Ehegatten, das Licht der Welt. Wie sein Vater ist er im Besitze der Niederlassungsbewilligung. Der Vater des Kindes hat bereits einen Sohn (geb. 2002) aus erster Ehe, welcher infolge eines Geburtsgebrechens eine IV-Kinderrente erhält. Seit der Scheidung im Jahre 2004 lebt das Kind aus erster Ehe gemeinsam mit seiner Mutter in der Türkei.

Mit Strafmandat des H._______ vom 30. Oktober 2007 wurde die Beschwerdeführerin wegen Stellenantritts ohne Bewilligung zu einer Busse von Fr. 120.- verurteilt. Das Strafmandat erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

C.
Nach wiederholten Auseinandersetzungen zwischen der Beschwerdeführerin und ihren im selben Haushalt lebenden Schwiegereltern trennte sie sich am 13. April 2009 von ihrem Ehegatten und lebt seither alleine mit ihrem Sohn.

Aufgrund der Trennung wurde die anstehende Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin (Gesuch vom 27. März 2009) durch den M._______ am 4. Juni 2009 der Vorinstanz zur Zustimmung unterbreitet. Hierzu stellte das BFM am 16. Juli 2009 fest, die Beschwerdeführerin könne keine erfolgreiche Integration im Sinne von Art. 50 Abs. 1 Bst. a des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2005 (AuG, SR 142.20) vorweisen. Aus diesem Grund werde erwogen, die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu verweigern, wozu der Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werde.

D.
Mit Eingabe vom 19. August 2009 liess die Beschwerdeführerin ausführen, zumindest in sprachlicher Hinsicht sei sie in der Schweiz sehr wohl integriert. Sie könne sich inzwischen gut in deutscher Sprache unterhalten und habe mehrere Bekannte, welche teilweise hier aufgewachsen seien. Dass sie während gewisser Zeit keiner Arbeit nachgegangen sei, sei ihrer Situation als allein erziehende Mutter zuzurechnen. Sobald ihr Sohn etwas älter sei, werde sie ihre derzeitige Teilzeitstelle weiter ausbauen können. Bei ihrem dreijährigen Sohn sei eine Epilepsie diagnostiziert worden, konkrete Befunde lägen derzeit noch keine vor.

Am 29. Oktober 2009 wurde die zwischen den Ehegatten geschlossene Trennungsvereinbarung vom 13. Oktober 2009 nachgereicht. Aus dieser geht hervor, dass der gemeinsame Sohn unter die Obhut der Beschwerdeführerin gestellt wurde. Hinsichtlich ihrer finanziellen Situation führt die Beschwerdeführerin aus, sie sei auf der Suche nach einem "höheren Arbeitspensum", damit sie künftig ohne Unterstützungsleistungen auskommen könne.

E.
Mit Verfügung vom 3. November 2009 verweigerte die Vorinstanz die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz innerhalb von acht Wochen ab Rechtskraft der Verfügung an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, unbestrittenermassen habe die Ehegemeinschaft in der Schweiz länger als drei Jahre gedauert, eine erfolgreiche Integration im Sinne von Art. 50 Abs. 1 Bst a AuG liege indessen nicht vor. Die Beschwerdeführerin könne sich knapp in deutscher Sprache verständigen. Es sei zudem davon auszugehen, dass sie nach der Trennung von ihrem Ehemann durch die öffentliche Hand unterstützt werden müsse. Insgesamt stelle dies nach einem fünfjährigen Aufenthalt keine erfolgreiche Integration dar. Ferner führe die Ausreise nicht zu einer schweren persönlichen Notlage im Sinne der Härtefallregelung von Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG. Im Lichte von Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK, SR 0.101) könne dem in der Schweiz niederlassungsberechtigten Kind der obhutsberechtigten Beschwerdeführerin zugemutet werden, seiner Mutter ins Ausland zu folgen. Der Gesundheitszustand des Kindes stehe einer Wegweisung nicht entgegen.

F.
Dagegen liess die Beschwerdeführerin am 2. Dezember 2009 beim Bundesverwaltungsgericht Rechtsmittel einlegen, wobei sie die Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung, die Erteilung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung sowie den Widerruf der Wegweisung aus der Schweiz beantragt. Hierzu macht sie geltend, bei objektiver Betrachtungsweise könne die Ehe zum heutigen Zeitpunkt nicht als gescheitert angesehen werden. Sie hoffe immer noch, dass ihr Ehemann zu ihr zurückkehre. Ursächlich für die Eheprobleme sei nämlich das Verhalten der Schwiegereltern gewesen, welche ihr jegliche Freiheiten, wie Arbeiten, Freunde treffen und den Besuch von Deutschkursen, untersagt hätten. Diese Umstände rechtfertigten eine Ausnahme vom Erfordernis des Zusammenwohnens im Sinne von Art. 49 AuG. Hinsichtlich ihrer Integration führt sie aus, sich gut in Deutsch verständigen zu können und bereits drei Sprachkurse besucht zu haben. Nach der Trennung vom Ehegatten habe sie zudem eigenständig eine Arbeit gesucht und sei derzeit zu 40% als Raumpflegerin angestellt. Während dieser Zeit werde ihr Sohn von einer Tagesmutter mit Schweizer Bürgerrecht betreut. Trotz ihrer teilweisen Sozialhilfeabhängigkeit könne damit nicht von einer fortgesetzten und erheblichen Fürsorgeabhängigkeit gesprochen werden. Ihr Kind leide zudem an Epilepsie und sei entwicklungs- und sprachverzögert. In der Türkei habe sie bei ihren Eltern in einem ländlichen Gebiet gelebt und stamme aus ärmlichen Verhältnissen, was im Falle einer Rückkehr den Zugang zu medizinischer Betreuung unverhältnismässig erschweren würde. Dies spreche gegen eine Wegweisung aus der Schweiz. Da ihr Ehegatte aufgrund seines Geisteszustandes (Epilepsie und Intelligenzminderung) seinen Sohn nicht selbständig in der Heimat besuchen könne, stelle die Wegweisung, anders als vom BFM festgestellt, eine Trennung von Vater und Sohn dar, was Art. 8 EMRK verletze.

Als Beweismassnahme wird eine Parteibefragung beantragt.

G.
Mit separater Eingabe vom 2. Dezember 2009 ersuchte die Beschwerdeführerin um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege samt Verbeiständung. Das Gesuch wurde mit Zwischenverfügung vom 9. Dezember 2009 gutgeheissen.

H.
In ihrer Vernehmlassung vom 21. Dezember 2009 beantragt die Vorinstanz unter Bezugnahme auf die bisher dargelegten Gründe die Abweisung der Beschwerde.

I.
Mit Eingabe vom 8. Februar 2010 reichte die Beschwerdeführerin das Ergebnis der logopädischen Untersuchung vom 16. November 2009 sowie ein ärztliches Zeugnis vom 3. Februar 2010, beide ihren Sohn betreffend, ein. Einer weiteren Eingabe vom 21. Oktober 2010 legte die Beschwerdeführerin Lohnabrechnungen sowie einen Arbeitsvertrag, welcher ihr einen Beschäftigungsgrad von 80% attestiert, bei. Am 21. Juli 2011 wurde eine Einschätzung des Früherziehungsdienstes vom 12. Juli 2011 zu den Akten gereicht. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdeführerin erneut stellenlos.

J.
In einer weiteren Eingabe vom 22. März 2012 hält die Beschwerdeführerin fest, sie und ihr Sohn seien zwischenzeitlich bestens in der Schweiz integriert.

Der Eingabe waren ein Bericht des Früherziehungsdienstes vom
16. März 2012, wonach die Beschwerdeführerin Deutschkurse besuche und fleissig dafür lerne, das Scheidungsurteil vom 23. Dezember 2011 sowie eine Teilvereinbarung vom 22. August 2011 über die Scheidungsfolgen beigelegt.

K.
Der weitere Akteninhalt - einschliesslich der am 8. März 2012 beigezogenen Akten der M._______ - wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen Berücksichtigung finden.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1. Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht, unter Vorbehalt der in Art. 32 VGG genannten Ausnahmen, Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021), die von einer in Art. 33 VGG aufgeführten Behörde erlassen wurden. Darunter fallen Verfügungen des BFM, welche die Zustimmung zur Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung und die Wegweisung betreffen. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet endgültig, soweit nicht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen steht (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 2 und 4 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]).

1.2. Gemäss Art. 37 VGG richtet sich das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, soweit das Verwaltungsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt.

1.3. Als Adressatin der Verfügung ist die Beschwerdeführerin zu deren Anfechtung legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerechte Beschwerde ist daher einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und - soweit nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend sind grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2011/1 E. 2 sowie Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2682/2007 vom 7. Oktober 2010 E. 1.2 und 1.3).

3.

3.1. Am 1. Januar 2008 traten das Ausländergesetz und seine Ausführungsbestimmungen in Kraft - unter anderem die Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE, SR 142.201). In Verfahren, die vor diesem Zeitpunkt anhängig gemacht wurden, bleibt nach der übergangsrechtlichen Ordnung des Ausländergesetzes das alte materielle Recht anwendbar, wobei es ohne Belang ist, ob das Verfahren auf Gesuch hin - so explizit Art. 126 Abs. 1 AuG - oder von Amtes wegen eröffnet wurde (vgl. BVGE 2008/1 E. 2).

3.2. Der Beschwerdeführerin ist zwar noch unter dem Geltungsbereich des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG, BS 1 121) eine erstmalige Aufenthaltsbewilligung erteilt worden; da das vorliegende Verfahren jedoch im Jahre 2009 eingeleitet wurde, ist neues Recht anwendbar.

3.3. Gemäss Art. 40 AuG sind die Kantone zuständig für die Erteilung und Verlängerung von Bewilligungen. Vorbehalten bleibt jedoch die Zustimmung durch das BFM. Das Zustimmungserfordernis ergibt sich im vorliegenden Fall aus Art. 99 AuG i.V.m. Art. 85 Abs. 1 Bst. a VZAE.
Letztgenannte Bestimmung wird präzisiert durch die Weisungen des BFM im Ausländerbereich in der Fassung vom 30. September 2011 (www.bfm.admin.ch > Dokumentation > Rechtliche Grundlagen > Weisungen und Kreisschreiben). Diese sehen in Ziffer 1.3.1.4 Bst. e vor, dass die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft mit dem schweizerischen oder ausländischen Ehegatten oder nach dessen Tod dem BFM zur Zustimmung zu unterbreiten ist, falls die betroffene ausländische Person nicht aus einem Mitgliedstaat der EFTA oder der EG stammt. Der Ausweis darf erst ausgestellt werden, wenn die Zustimmung des BFM vorliegt (Art. 86 Abs. 5 VZAE).

4.
Gemäss Art. 43 Abs. 1 AuG haben ausländische Ehegatten von Personen mit Niederlassungsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen, Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und - nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren - Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung (Art. 43 Abs. 2 AuG). Nach Auflösung der Ehe oder Familiengemeinschaft - mitgemeint ist auch die eheliche Gemeinschaft - besteht der Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht (Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG) oder wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG).

5.

5.1. Mit Urteil vom 23. Dezember 2011 wurden die Ehegatten nach über sieben Jahren Ehe geschieden. Gemäss Art. 43 Abs. 2 AuG hat der Ehegatte einer in der Schweiz niedergelassenen Person nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren Anspruch auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung. Die Beschwerdeführerin ist am 13. September 2004 in die Schweiz eingereist, die Fünfjahresfrist endete somit am 13. September 2009. Ein getrennter Haushalt steht - sofern dafür wichtige Gründe vorliegen - dem Anspruch auf Niederlassungsbewilligung nicht entgegen. Jedoch kann sich die Beschwerdeführerin nicht auf Art. 43 Abs. 2 AuG berufen, wenn sich die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes - wie im vorliegenden Fall - vor Ablauf der Fünfjahresfrist nachträglich als endgültige Trennung der ehelichen Gemeinschaft herausstellt (vgl. Marc Spescha in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 3. aktualisierte Auflage, Zürich 2012, Art. 42 AuG N 7). Da die eheliche Gemeinschaft nach dem 13. April 2009, mithin vor Ablauf von fünf Jahren, nicht wieder aufgenommen wurde, steht ein Anspruch auf Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 43 Abs. 2 AuG ausser Frage.

5.2. Festzuhalten ist im Weiteren, dass die Beschwerdeführerin auch aus Art. 43 Abs. 1 AuG keinen Anspruch ableiten kann, da dieser mit der Scheidung (Urteil vom 23. Dezember 2011) weggefallen ist. Wie bereits in E. 4 ausgeführt, bleibt nachfolgend zu prüfen, ob sie einen von der Ehe unabhängigen Anspruch auf Aufenthaltsregelung nach Art. 50 Abs. 1 AuG erworben hat. Dies bedingt jedoch, dass die Voraussetzungen nach Bst. a oder Bst. b erfüllt sind.

5.3. Die Ehegatten haben sich am 13. April 2009 nach einer in der Schweiz gelebten Ehedauer von gut viereinhalb Jahren getrennt. Fraglos ist die zeitliche Voraussetzung von Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG erfüllt. Einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung kann die Beschwerdeführerin jedoch nur ableiten, sofern sie eine erfolgreiche Integration vorweisen kann. Beide Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein, damit ein Rechtsanspruch auf Aufenthaltsregelung besteht (BGE 136 II 113 E. 3.2). Diesbezüglich ist zu beurteilen, ob die geltend gemachte Integration mit den eingereichten Belegen einen Anspruch zu verschaffen vermag.

6.

6.1. Das AuG selbst enthält keine Legaldefinition des Begriffs "Integration", verwendet ihn aber im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen Ziels. Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 AuG umschreiben dieses Ziel als Zusammenleben auf der Grundlage der Werte der Bundesverfassung und gegenseitiger Achtung und Toleranz sowie als Teilhabe der Ausländerinnen und Ausländer am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben. Nachfolgend wird festgehalten, dass diese Ziele den entsprechenden Willen der ausländischen Personen sowie die Offenheit der schweizerischen Bevölkerung voraussetzen (Art. 4 Abs. 3 AuG) und es erforderlich sei, dass sich Ausländerinnen und Ausländer mit den gesellschaftlichen Verhältnissen und Lebensbedingungen in der Schweiz auseinandersetzen und insbesondere eine Landessprache erlernen (Art. 4 Abs. 4 AuG vgl. zum Ganzen BGE 134 II 1 E. 4.1). Art. 4 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VIntA, SR 142.205) präzisiert, welche Leistungen von ausländischen Personen im Hinblick auf ihre Integration erwartet werden. Näher umschrieben wird der Begriff der erfolgreichen Integration jedoch in Art. 77 Abs. 4 VZAE. So liegt eine "erfolgreiche Integration" namentlich dann vor, wenn die betreffenden Ausländerinnen und Ausländer die rechtsstaatliche Ordnung und die Werte der Bundesverfassung respektieren sowie den Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum Erwerb der am Wohnort gesprochenen Landessprache bekunden. Hierbei handelt es sich allerdings um eine beispielhafte Aufzählung von Aspekten, die für eine erfolgreiche Integration sprechen können, und nicht um eine Liste notwendiger Voraussetzungen. Eine erfolgreiche Integration ist immer vor dem Gesamtzusammenhang des Einzelfalls zu beurteilen (Urteil des Bundesgerichts 2C_839/2010 vom 25. Februar 2011 E. 7.1.2). Diese wurde in der Praxis etwa verneint, wenn gegen die Rechtsordnung verstossen wurde (vgl. etwa Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-5185/2009 vom 10. März 2011 E. 5.1.2.), Schulden vorlagen, (während der Ehe) Sozialhilfe in Anspruch genommen wurde oder wenn die erlangte finanzielle Unabhängigkeit erst von kurzer Dauer war (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_749/2011 vom 20. Januar 2012 E. 3.3 mit Hinweisen).

6.2. Die heute 24-jährige Beschwerdeführerin geniesst einen unbescholtenen Leumund und ist - mit Ausnahme eines geringen ausländerrechtlichen Verstosses - während ihres bald achtjährigen Aufenthaltes in der Schweiz nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Bis zum 1. März 2009 - mithin bis beinahe fünf Jahre nach ihrer Einreise - ging die Beschwerdeführerin keiner Erwerbstätigkeit nach. Dies, obwohl die Ehegatten nicht in stabilen finanziellen Verhältnissen lebten und im Jahre 2006 sogar während einiger Monate von der Sozialhilfe unterstützt werden mussten. Selbst unter Berücksichtigung der familiären und kulturellen Schwierigkeiten sind die Bemühungen der Beschwerdeführerin als ungenügend zu qualifizieren. Nach ihrer Trennung arbeitete sie vom 1. März 2009 bis
31. Mai 2009 zu 40% als Raumpflegerin und war ab dem 29. Juni 2009 während eines nicht aktenkundigen Zeitraumes für rund 10 Stunden pro Woche als Reinigungsmitarbeiterin tätig. Ab dem 16. August 2010 ging sie für unbestimmte Zeit zu 80% als Serviceangestellte einer Arbeit nach. Seit einiger Zeit ist sie erneut ohne Anstellung und auf Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen. Da weder Arbeitszeugnisse noch sonstige Empfehlungen eingereicht wurden, kann ihre Leistung nicht beurteilt werden. Gründe, die zur Auflösung der jeweiligen Arbeitsverhältnisse geführt haben, sind ebenfalls keine bekannt. Dagegen fällt auf, dass die Beschwerdeführerin nie während einer längeren Dauer für denselben Arbeitgeber oder überhaupt in derselben Branche tätig war und jeweils längere Zeit arbeitslos war. Überdies war sie lediglich sporadisch finanziell selbständig. Dies deutet insgesamt nicht auf eine massgebliche wirtschaftliche Integration hin. Selbst bei Berücksichtigung der individuellen, die Integration erschwerenden Umstände (behindertes Kind, Familienverhältnisse, Aufenthaltsstatus), genügen ihre Bemühungen zur Teilhabe am Wirtschaftsleben nicht (vgl. hingegen Urteile des Bundesgerichts 2C_427/2011 vom 26. Oktober 2011 E. 5.3 und 2C_430/2011 vom 11. Oktober 2011 E. 4.2, wonach die wirtschaftliche Integration bejaht wird, wenn die betroffene Person selber für ihre Bedürfnisse aufkommt und nicht auf Kosten der Sozialhilfe lebt).

6.3. Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid vorab auf die mangelhaften Sprachkenntnisse. Diesbezüglich ist der Beschwerdeführerin zunächst zu Gute zu halten, dass sie sich trotz Kontrolle durch die Schwiegereltern erfolgreich gegen diese durchsetzen konnte und bis zur Trennung von ihrem Ehemann im Jahre 2009, vom 9. Januar 2006 bis 30. Juni 2006 einen Kurs "Deutsch für den Arbeitsalltag", vom 26. November 2007 bis 21. Dezember 2007 einen Kurs "Deutsch Intensiv Stufe A1" und vom 3. November 2008 bis 1. April 2009 einen "Deutschkurs Stufe 2" besucht hat. In ihrem Schreiben an den M._______ vom 25. Mai 2009 gibt die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Sprachkenntnisse sodann selber an, sich lediglich "knapp" verständigen zu können. Aus den Akten geht weiter nicht hervor, dass sie nach der Trennung vom Ehegatten weitere Bemühungen unternommen hätte, sich sprachlich weiterzubilden, obwohl dieser Punkt angeblich eine der Ursachen für die Trennung gewesen sein soll. Dem letzten Sprachkurs zufolge besass sie 2009 ein Sprachniveau auf der Stufe A 1.2 des Europäischen Sprachenportfolios, was lediglich Kenntnissen auf der niedrigsten Stufe entspricht. Da - von der nicht näher konkretisierten Aussage im Bericht des Früherziehungsdienstes vom 16. März 2012, wonach die Beschwerdeführerin "nach Möglichkeit" Deutschkurse besuche, abgesehen - nichts aktenkundig ist, was für weitere sprachliche Fortschritte sprechen würde und offensichtlich keine weiteren Deutschkurse mehr besucht wurden, ist mit der Vorinstanz von einer ungenügenden sprachlichen Integration auszugehen.

6.4. Die nach wie vor noch relativ beschränkten Deutschkenntnisse der Beschwerdeführerin dürften ihre soziale Integration entsprechend erschwert haben. Diesbezüglich lassen die Akten wenig Schlüsse zu. Zwar ist davon auszugehen, dass in Anbetracht der Dauer ihrer Anwesenheit in gewissem Umfang soziale Kontakte bestehen, doch enthalten die Akten - abgesehen von der Einschätzung des Früherziehungsdienstes im Bericht vom 16. März 2012, wonach die Beschwerdeführerin und ihr Kind von einem "treuen Netz von Freunden und Fachpersonen" unterstützt würden - keine Hinweise auf das Bestehen eines Bekannten- oder Freundeskreises. Bei dieser Sachlage vermag ihre geringe soziale Integration keinen Anspruch auf Aufenthaltsregelung zu begründen. Im Übrigen erschliesst sich der entscheidwesentliche Sachverhalt in hinreichender Weise aus den Akten, weshalb auch die auf Beschwerdeebene anerbotene Parteibefragung am Ergebnis nichts zu ändern vermöchte.

Das kumulative Erfordernis der erfolgreichen Integration gemäss Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG ist daher nicht erfüllt.

7.
Im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG stellt sich die Frage, ob wichtige persönliche Gründe den weiteren Aufenthalt der Beschwerdeführerin erforderlich machen. Solche Gründe können namentlich - so explizit
Art. 50 Abs. 2 AuG - vorliegen, wenn der betreffende Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde und seine soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint; beide Bedingungen müssen nicht kumulativ erfüllt sein (vgl. BGE 136 II 1 E. 5). Weitere wichtige, im Zusammenhang mit der Ehe stehende Gründe können sich auch daraus ergeben, dass der in der Schweiz lebende Ehepartner gestorben ist oder gemeinsame Kinder vorhanden sind (vgl. Spescha, a.a.O., Art. 50 N 23 f.). Auch die in Art. 31 Abs. 1 VZAE genannten, aber nicht erschöpfenden Kriterien können für die Beurteilung eines sogenannten "nachehelichen Härtefalls" herangezogen werden (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 mit weiteren Hinweisen).

8.

8.1. Im Falle der Beschwerdeführerin fällt in Betracht, dass sie Mutter eines Kindes ist, das in der Schweiz über eine Niederlassungsbewilligung verfügt. Sie macht aufgrund dessen geltend, die Verweigerung ihres weiteren Aufenthaltes stelle eine Verletzung des durch Art. 8 EMRK geschützten Rechts auf Familienleben dar.

Art. 8 Ziff. 1 EMRK und der insoweit gleichbedeutende Art. 13 Abs. 1 der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) gewährleisten das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Hat ein Ausländer nahe Verwandte mit einem gefestigten Anwesenheitsrecht in der Schweiz und wird die zu ihnen bestehende intakte Beziehung tatsächlich gelebt, so kann Art. 8 Ziff. 1 EMRK verletzt sein, wenn ihm die Anwesenheit in der Schweiz untersagt und damit sein Familienleben vereitelt wird (vgl. BGE 135 I 143 E. 1.3.1 mit Hinweis).

Bei dieser Interessenlage fällt es zugunsten der um Aufenthalt ersuchenden Person ins Gewicht, wenn diese mit der in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Person zusammenlebt. Im Verhältnis zwischen getrennt lebenden Eltern und ihren minderjährigen Kindern gilt dies jedenfalls für den Elternteil, dem wie vorliegend bei der Beschwerdeführerin, die elterliche Sorge zusteht (vgl. BGE 137 I 247 E. 4.2.3). Das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK gilt indessen nicht absolut. Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff zulässig, wenn er gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesellschaft und Moral sowie der Rechte und Pflichten anderer notwendig ist. Die Konvention verlangt insofern eine Abwägung der sich gegenüberstehenden individuellen Interessen an der Erteilung der Bewilligung einerseits und der öffentlichen Interessen an deren Verweigerung andererseits, wobei Letztere in dem Sinne überwiegen müssen, dass sich der Eingriff als notwendig erweist (vgl. BGE 135 I 153 E. 2.2.1 S. 156; BGE 135 I 143 E. 2.1 S. 147; BGE 122 II 1 E. 2 S. 6; BGE 116 Ib 353 E. 3 S. 357 ff.). Als legitimes öffentliches Interesse im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK gilt unter anderem die Durchsetzung einer restriktiven Einwanderungspolitik. Eine solche ist im Hinblick auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen schweizerischer und ausländischer Wohnbevölkerung, auf die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Eingliederung der in der Schweiz bereits ansässigen Ausländer und die Verbesserung der Arbeitsmarktstruktur sowie auf eine möglichst ausgeglichene Beschäftigung im Lichte von Art. 8 Ziff. 2 EMRK zulässig (BGE 135 I 153 E. 2.2.1 S. 156; BGE 135 I 143 E. 2.2 S. 147). Analoge Voraussetzungen ergeben sich aus Art. 36 BV im Hinblick auf einen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 BV.

8.2. Im Rahmen der Beurteilung des Eingriffscharakters einer staatlichen Massnahme und ihrer Rechtfertigung ist zu berücksichtigten, dass die Konventionsgarantie des Art. 8 Ziff. 1 EMRK das Familienleben als solches schützt und nicht die freie Wahl des Ortes, an dem es realisiert werden soll (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285; BGE 126 II 335 E. 3a S. 342; je mit Hinweisen; vgl. Jens Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 3. Aufl., Baden-Baden 2011, Rz. 68 zu
Art. 8 mit Hinweisen). Muss deshalb eine ausländische Person, der eine ausländerrechtliche Bewilligung verweigert wurde, das Land verlassen, haben dies ihre Familienangehörigen grundsätzlich hinzunehmen, wenn es ihnen "ohne Schwierigkeiten" möglich ist, mit ihr auszureisen; eine Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK erübrigt sich in diesem Fall bzw. es kann angenommen werden, dass im Falle der Zumutbarkeit der Ausreise das allgemeine öffentliche Interesse an einer restriktiven Einwanderung im Rahmen der Interessenabwägung den Ausschlag gibt (vgl. dazu Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-1220/2008 vom 4. August 2011 E. 5.4 mit Hinweisen). Anders verhält es sich, falls die Ausreise für die Familienangehörigen "nicht von vornherein ohne Weiteres zumutbar" erscheint. In diesem Fall ist immer eine Interessenabwägung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK geboten, welche sämtlichen Umständen des Einzelfalls Rechnung trägt (BGE 137 I 247 E. 4.1.2).

8.3. Bei Kindern im anpassungsfähigen Alter jedenfalls geht die Rechtsprechung davon aus, dass es ihnen zugemutet werden kann, den Eltern oder dem sorgeberechtigten Elternteil ins Ausland zu folgen, auch wenn der ausländerrechtlichen Zulassung der letzteren lediglich die Durchsetzung der restriktiven Migrationspolitik entgegensteht. Bei einem Kleinkind ist dies - besondere Umstände vorbehalten - regelmässig der Fall. Dahinter steht die Überlegung, dass das Kind vorerst keine selbständigen Beziehungen zu seinem weiteren Umfeld, zu einem bestimmten Land hat, sondern solche während der ersten Lebensjahre ausschliesslich durch Vermittlung der Eltern entstehen. In neueren Entscheiden hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung mit Blick auf die Vorgaben des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK; SR 0.107) und namentlich die verfassungsrechtlichen Gebote staatsbürgerrechtlicher Natur (vgl. Art. 24 und 25 Abs. 1 BV) bei Schweizer Kindern relativiert (BGE 136 I 285 ff.; BGE 135 I 153 ff.). Ist ein Kind, wie es vorliegend der Fall ist, im Besitz der Niederlassungsbewilligung, gilt die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich weiter (BGE 137 I 247 E. 4.2.3). Diesfalls kann die Zumutbarkeit der Ausreise weiterhin für eine Bewilligungsverweigerung an den sorge- bzw. obhutsberechtigten Elternteil genügen.

8.4. Der in der Schweiz geborene Sohn der Beschwerdeführerin S._______ ist mittlerweile fünfeinhalb Jahre alt. Das Alter an sich spricht eher für die Zumutbarkeit der Ausreise mit der sorgeberechtigten Mutter. Die Beschwerdeführerin macht denn auch geltend, die Zumutbarkeit der Ausreise sei aufgrund des Gesundheitszustandes ihres Sohnes nicht gegeben. Diesbezüglich ergibt sich aus den Akten, dass bei ihm eine fokale Epilepsie mit sekundär generalisierten Anfällen unklarer Ursache sowie ein Entwicklungsrückstand bestehen. Eine spezialärztliche Diagnose hierzu liegt jedoch keine vor. Angesichts der weiteren, vorliegend massgeblichen Umstände (Epilepsie des Vaters und des Halbbruders sowie Verwandtenehe der Eltern) ist von einer im türkischen Kulturkreis nicht seltenen, genetisch bedingten Ursache auszugehen. In Ermangelung konkreter Angaben sowie entsprechender medizinischer Belege hinsichtlich Epilepsieform und der weiteren krankheitsbedingten Modalitäten (Art und Häufigkeit der Anfälle und Behandlung), ist von einer gewöhnlichen Behandlung und Kontrolle mittels Antiepileptika auszugehen. In diesem Fall ist die Möglichkeit einer weiterführenden medizinischen Versorgung im Heimatstaat - wie von der Vorinstanz festgehalten - als gegeben zu erachten.

8.5. Demgegenüber wird der Entwicklungsrückstand therapeutisch angegangen. Das Kind weist eine Spracherwerbsstörung bei allgemeiner Entwicklungsverzögerung auf und gilt als entwicklungsauffällig und nicht - wie die Beschwerdeführerin anfangs vermutete - als behindert. Nach der letzten Einschätzung des Früherziehungsdienstes vom 16. März 2012, wie bereits in jener vom 12. Juli 2011 hat der Knabe rege Fortschritte erzielt, sodass er den öffentlichen Kindergarten im Wohnort besuchen kann, wo er als gut integriert gilt. Wie die Vorinstanz korrekterweise festgestellt hat, werden Kinder in der Türkei ebenfalls in einem gewissen Rahmen gefördert. Es liegt in der Natur der Sache, dass über den Verlauf der Entwicklung eines Kindes keine zuverlässige Prognose gestellt werde kann. Dies impliziert vorliegend, dass der Verbleib in der Schweiz an sich nicht garantiert, dass sich das Kind besser entwickelt als es dies in der Türkei tun würde. Aus den Empfehlungen des Früherziehungsdienstes geht entsprechend lediglich hervor, dass das Kind Stabilität und Sicherheit sowie medizinische und therapeutische Betreuung benötigt, nicht jedoch, dass es zwingend auf eine Therapie hierzulande oder den Verbleib in der Schweiz angewiesen wäre. Die Verantwortung für die notwendige Stabilität und Sicherheit liegt bei einem Kind im Alter des Sohnes der Beschwerdeführerin, wie bereits festgestellt (vgl. E. 8.3 hiervor), ohnehin einzig bei seiner Mutter. Folglich obliegt es der Beschwerdeführerin, für das entsprechende Umfeld besorgt zu sein. Denn der Zugang zu medizinischer und therapeutischer Versorgung in der Türkei ist - wie dies offenbar auch beim Halbbruder von S._______ der Fall ist - grundsätzlich gewährleistet.

8.6. Was die Finanzierung der Behandlungen anbelangt, gilt es ergänzend hervorzuheben, dass der Sohn der Beschwerdeführerin auch in seiner Heimat Anspruch auf die in der Schweiz erworbene IV-Kinderrente von Fr. 619.- hat. Mit diesem monatlichen Beitrag ist seine medizinische Versorgung sichergestellt. Hierzu ist sodann auf den Sohn des Ex-Ehegatten der Beschwerdeführerin aus erster Ehe und Halbbruder von S._______ zu verweisen, welcher mit ähnlichen gesundheitlichen Schwierigkeiten in der Türkei lebt und ebenfalls durch eine IV-Kinderrente aus der Schweiz unterstützt wird.

8.7. Es gilt sodann die Möglichkeit einer Ausübung des Besuchsrechts des in der Schweiz anwesenheitsberechtigten anderen Elternteils sachgerecht mitzuberücksichtigen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_772/ 2011 vom 1. Februar 2012 E. 3.3.2). Die affektive und wirtschaftliche Beziehung zwischen Vater und Sohn kann vorliegend nicht als besonders intensiv bezeichnet werden. Zum einen leben die Betroffenen seit der Trennung der Eltern Anfang 2009 (zu diesem Zeitpunkt war das Kind noch keine drei Jahre alt) nicht mehr in Familiengemeinschaft. Zum anderen kann der ebenfalls epileptische und intelligenzverminderte Vater sein Besuchsrecht schon heute nur eingeschränkt ausüben. Aus der gerichtlich genehmigten Trennungsvereinbarung vom 22. August 2011 geht hervor, dass der Sohn bis anhin nicht beim Vater übernachtet hat, weil dieser nicht in der Lage ist, das Kind zu versorgen. Jedenfalls dürfte sich das Besuchsrecht im Rahmen des Üblichen ausgestalten. Damit liegt jedoch noch keine intensive Bindung vor. Zudem bestehen, abgesehen von der Weiterleitung allfälliger Kinder- und Ausbildungszulagen, keine Unterhaltspflichten gegenüber dem Sohn. Die Vater-Sohn-Bindung ist nach dem Gesagten weder in wirtschaftlicher noch in affektiver Hinsicht als besonders eng zu qualifizieren. Unter diesen Umständen erscheint es für den Sohn keineswegs unzumutbar, die Schweiz zusammen mit seiner Mutter zu verlassen und die Beziehung zu seinem Vater vom Ausland her zu pflegen.

Kann dem Sohn der Beschwerdeführerin zugemutet werden, ihr ins Ausland zu folgen, liegt kein Eingriff in das nach Art. 8 EMRK garantierte Familienleben vor.

9.

9.1. Anspruchsbegründend können auch sonstige wichtige persönliche Gründe sein, da Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG bewusst auf eine abschliessende Aufzählung der Gründe verzichtet (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-4625/2009 vom 31. März 2011 E. 7.2). Entscheidend ist hierbei die persönliche Situation der Betroffenen. Die in Art. 31 Abs. 1 VZAE aufgelisteten, aber nicht erschöpfenden Kriterien können für die Beurteilung eines Härtefalles herangezogen werden und eine wesentliche Rolle spielen, auch wenn sie einzeln betrachtet grundsätzlich noch keinen Härtefall zu begründen vermögen (vgl. den erwähnten BGE 137 II 345 E. 3.2.3). Als insofern relevante Auslegungskriterien (vgl. E. 7 am Ende) nennt Art. 31 Abs. 1 VZAE die Integration (Bst. a), die Respektierung der Rechtsordnung (Bst. b), die Familienverhältnisse (Bst. c), die finanziellen Verhältnisse sowie der Wille zur Teilhabe am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung (Bst. d), die Dauer der Anwesenheit (Bst. e), der Gesundheitszustand (Bst. f) und die Möglichkeiten der Wiedereingliederung im Herkunftsland (Bst. g) (siehe auch Martina Caroni in: Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], a.a.O., Art. 50 N 23 f.).

9.2. Im Falle der Beschwerdeführerin sind jedoch keine spezifischen, auf ihrer Ehe bzw. deren Auflösung beruhenden Gründe ersichtlich, die ihr einen Anspruch auf weiteren Verbleib in der Schweiz verschaffen könnten. Der Umstand, dass ihre Ehe gescheitert ist, lässt nicht erkennen, dass ihre soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet wäre. Eine Aufenthaltsdauer von acht Jahren kann bei der heute 24-jährigen Beschwerdeführerin nicht als besonders lang bezeichnet werden. Da sie den grössten Teil ihres bisherigen Lebens, insbesondere die persönlichkeitsbildenden Jahre in ihrer Heimat verbracht hat, ist sie mit den dortigen kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten vertraut. Während ihrer Ehe lebte sie zudem grösstenteils abgeschottet von der hiesigen Gesellschaft, was eine Verwurzelung hierzulande verunmöglichte. Überdies befindet sich ihre gesamte Familie in der Türkei. Damit verfügt sie nach ihrer Rückkehr in die Heimat über ein breites soziales Beziehungsnetz, welches ihre Reintegration erleichtern dürfte. Die hier erworbenen Fähigkeiten werden ihr bei der beruflichen Wiedereingliederung von Nutzen sein. Ohne Belang ist es, wenn sie dort wirtschaftliche Verhältnisse vorfindet, die nicht denjenigen der Schweiz entsprechen. Zudem hat sie auch in ihrer Heimat Anspruch auf allfällige Kinder- und Ausbildungszulagen ihres geschiedenen Ehegatten und die direkte Auszahlung der IV-Kinderrente.

9.3. In Anbetracht der gesamten Situation bestehen keine wichtigen Gründe, die gemäss Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG die Verlängerung ihres Aufenthaltes erfordern würden. Zu betonen ist, dass derartige Gründe nur dann anzunehmen sind, wenn die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung stark gefährdet erscheint und nicht bereits dann, wenn ein Leben in der Schweiz einfacher wäre (vgl. den erwähnten BGE 137 II 345 E. 3.2.3 mit Hinweis).

10.
Im Ergebnis besitzt die Beschwerdeführerin somit weder gestützt auf Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG (dreijährige Ehegemeinschaft und erfolgreiche Integration) noch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG (wichtige persönliche Gründe) einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Dafür, dass die Vorinstanz innerhalb des Beurteilungsspielraums der Art. 18 - 30 AuG einen fehlerhaften Ermessensentscheid getroffen haben könnte, bestehen keine Anhaltspunkte; insbesondere wäre in diesem Rahmen auch keine Härtefallregelung nach Art. 30 Abs. 1 Bst. b AuG in Betracht gekommen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C 6133/2008 vom 15. Juli 2011 E. 8). Dass die Vorinstanz die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung verweigert hat, kann daher nicht beanstandet werden.

11.

11.1. Als gesetzliche Folge der nicht mehr verlängerten Aufenthaltsbewilligung hat die Beschwerdeführerin die Schweiz zu verlassen (Art. 64
Abs. 1 Bst. c AuG). Es bleibt aber zu prüfen, ob Hinderungsgründe für den Vollzug der Wegweisung anzunehmen sind (Art. 83 Abs. 2 bis 4 AuG) und das BFM gestützt hierauf die vorläufige Aufnahme hätte verfügen müssen.

11.2. Die Möglichkeit und Zulässigkeit des Wegweisungsvollzugs stehen im vorliegenden Fall ausser Frage. Demzufolge wäre allenfalls relevant, ob die zwangsweise Rückkehr für die Beschwerdeführerin eine konkrete Gefährdung mit sich brächte und damit nicht zumutbar wäre.

11.3. Der Wegweisungsvollzug kann für die betroffene Person unzumutbar sein, wenn sie in ihrem Heimat- oder Herkunftsstaat Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt oder einer medizinischen Notlage ausgesetzt wäre. Wirtschaftliche Schwierigkeiten, von welchen die ansässige Bevölkerung regelmässig betroffen ist, wie Wohnungsnot oder ein schwieriger Arbeitsmarkt, vermögen jedoch keine konkrete Gefährdung zu begründen. Dagegen ist der Vollzug der Wegweisung nicht zumutbar, wenn dieser für die ausländische Person höchstwahrscheinlich zu einer existenziellen Bedrohung führen würde, beispielsweise dann, wenn sie nach ihrer Rückkehr mit völliger Armut, Hunger, Invalidität oder Tod konfrontiert wäre (vgl. BVGE 2011/24 mit Hinweis).

11.4. Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Verfahren keine konkrete Gefährdung im Sinne von Art. 83 Abs. 4 AuG substantiiert behauptet. Hinsichtlich ihrer Situation im Heimatland hat sie lediglich geltend gemacht, dass es für sie sehr schwierig werden könne, sollte ihr Kind behindert sein. Eine Behinderung kann jedoch inzwischen ausgeschlossen werden. Es bestehen auch keine weiteren Hinweise, wonach der Vollzug der Wegweisung die Beschwerdeführerin und ihr Kind in eine existenzbedrohende Situation führen würde und er deshalb als unzumutbar zu erachten wäre. Dass die Beschwerdeführerin in der Türkei andere Lebensverhältnisse als in der Schweiz antreffen wird, ist, wie bereits dargelegt, unerheblich. Der Vollzug ihrer Wegweisung ist somit als zumutbar zu erachten.

12.
Aus diesen Darlegungen folgt, dass die angefochtene Verfügung als rechtmässig zu bestätigen ist (Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen.

13.
Bei diesem Verfahrensausgang würde die Beschwerdeführerin grundsätzlich kostenpflichtig (vgl. Art. 63 Abs. 1 Satz 1 VwVG i.V.m. Art. 1 , Art. 2 und Art. 3 Bst. b des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Da ihr mit Zwischenverfügung vom 9. Dezember 2009 die unentgeltliche Prozessführung samt Rechtsverbeiständung gewährt wurde, ist sie jedoch von der Bezahlung von Verfahrenskosten zu befreien (vgl. Art. 65 Abs. 1 VwVG).

Aus demselben Grund sind die notwendigen Kosten der Rechtsvertretung von der erkennenden Instanz zu übernehmen. Das Gericht setzt die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtlich bestellten Anwältinnen und Anwälte auf Grund der Kostennote fest (Art. 14 Abs. 2 VGKE). Eine solche wurde mit Datum vom 22. März 2012 eingereicht. Der Rechtsvertreter stellt darin für Honorar und Auslagen eine Entschädigung von Fr. 4'941.70 (inkl. MwSt) in Rechnung. In Berücksichtigung der im Vordergrund stehenden Beschwerde, des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege sowie weiterer kleinerer Eingaben ist das Honorar des amtlichen Rechtsbeistandes nach Massgabe der einschlägigen Bestimmungen auf Fr. 2'500.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen (vgl. Art. 65 Abs. 2 und 3 VwVG i.V.m. Art. 8 , 9 , 10 , 12 und 14 VGKE). Die Entschädigung für den unentgeltlichen Rechtsbeistand ist von der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten, sollte sie später zu hinreichenden Mitteln gelangen (Art. 65 Abs. 4 VwVG).

Dispositiv Seite 20

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.
Dem unentgeltlichen Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin wird für das Rechtsmittelverfahren aus der Gerichtskasse ein amtliches Honorar von Fr. 2'500.- (inkl. Auslagen und MwSt) ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz

- M._______

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Marianne Teuscher Giulia Santangelo

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff ., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : C-7511/2009
Data : 21. agosto 2012
Pubblicato : 30. agosto 2012
Sorgente : Tribunale amministrativo federale
Stato : Inedito
Ramo giuridico : Cittadinanza e diritto degli stranieri
Oggetto : Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung


Registro di legislazione
CEDU: 8
Cost: 13  24  25  36
LStr: 4  18  30  40  42  43  49  50  64  83  99  126
LTAF: 31  32  33  37
LTF: 42  82  83
OASA: 31  77  85  86
OIntS: 4
PA: 5  48  49  50  52  62  63  65
TS-TAF: 1  2  3  8  9  10  12  14
Registro DTF
116-IB-353 • 122-II-1 • 126-II-335 • 130-II-281 • 134-II-1 • 135-I-143 • 135-I-153 • 136-I-285 • 136-II-1 • 136-II-113 • 137-I-247 • 137-II-345
Weitere Urteile ab 2000
2C_427/2011 • 2C_430/2011 • 2C_749/2011 • 2C_839/2010
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
integrazione sociale • permesso di dimora • tribunale amministrativo federale • coniuge • matrimonio • autorità inferiore • permesso di domicilio • padre • tribunale federale • madre • espatrio • durata • epilessia • rendita per figlio • unione coniugale • vita • onorario • costituzione federale • assistenza sociale • assistenza giudiziaria gratuita
... Tutti
BVGE
2011/24 • 2011/1 • 2008/1
BVGer
A-2682/2007 • C-1220/2008 • C-4625/2009 • C-5185/2009 • C-6133/2008 • C-7511/2009