Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B 116/2008/sst
Urteil vom 19. November 2008
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari, Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiber Stohner.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwalt Emil Robert Meier,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Strafzumessung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 16. Januar 2007.
Sachverhalt:
A.
X.________ wird im Wesentlichen zur Last gelegt, in der Nacht vom 27. auf den 28. August 2005, nach einem Besuch in einem Sexsalon in Zürich und einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem Sicherheitsangestellten A.________, im dortigen Treppenhaus, mit einer Pistole aus einer Entfernung von 1,5 bis 2 Metern auf diesen einen Schuss abgegeben zu haben, wodurch A.________ vorne auf der Höhe des dritten Brustwirbels getroffen wurde. Durch diese Schussverletzung musste er notfallmässig operiert werden. Er erlitt einen Pneumothorax mit Querschnittlähmung, wird zeitlebens invalid bleiben und auf einen Rollstuhl angewiesen sein.
B.
Mit Urteil vom 16. Januar 2007 fand die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich X.________ schuldig der versuchten Tötung im Sinne von Art. 111




Mit Beschluss vom gleichen Tag ordnete die II. Strafkammer des Obergerichts den Vollzug folgender Strafen an:
- 45 Tage Gefängnis wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand etc. gemäss Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Dielsdorf vom 5. Oktober 2001,
- 6 Monate Gefängnis wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand etc. gemäss Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 20. Oktober 2003,
- 8 Monate Gefängnis wegen falscher Anschuldigung, Fahrens in angetrunkenem Zustand etc. gemäss Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 3. November 2005,
- 21 Tage Haft wegen Fahrens trotz Entzugs des Führerausweises gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 20. Juli 2005,
- 56 Tage Gefängnis wegen Verletzung der Verkehrsregeln etc. gemäss Strafbefehl des Bezirksamts Lenzburg vom 16. August 2005,
- 40 Tage Haft, Bussenumwandlung gemäss Strafbefehl des Bezirksamtes Lenzburg vom 14. November 2005.
Ferner beschloss die II. Strafkammer die Weiterführung der mit Urteil vom 20. Oktober 2003 seiner I. Strafkammer angeordneten ambulanten Massnahme während des Vollzuges der eben genannten Strafen.
C.
Gegen dieses Urteil und diesen Beschluss erhob X.________ kantonale Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Zürich.
Dieses hiess die Beschwerde mit Zirkulationsbeschluss vom 24. Dezember 2007 teilweise gut und wies die Sache insofern zur Neuentscheidung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen wies es die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
Die Gutheissung betraf den Strafbefehl betreffend Bussenumwandlung des Bezirksamtes Lenzburg vom 14. November 2005. Hier führte das Kassationsgericht aus, der Beschwerdeführer rüge zu Recht, dass der blosse Hinweis auf diesen Strafbefehl in der Verfügung des Amtes für Justizvollzug des Kantons Zürich vom 24. Februar 2006 die rechtsgültige Zustellung des Strafbefehls nicht ersetzen könne. Damit habe die Vorinstanz den Vollzug der im Strafbefehl angeordneten Umwandlung der Busse in 40 Tage Haft nicht beschliessen dürfen.
Mit Beschluss vom 25. Februar 2008 korrigierte die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich weisungsgemäss ihren Beschluss vom 16. Januar 2007, indem sie den Vollzug der 40 Tage Haft, Bussenumwandlung gemäss Strafe des Bezirksamtes Lenzburg vom 14. November 2005, nicht mehr anordnete.
D.
Mit Eingaben vom 14. Februar und 17. März 2008 reichte X.________ Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht gegen das Urteil und den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich ein.
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich haben auf Vernehmlassungen verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 50

gemäss Art. 50

1.2 Die Vorinstanz hat mit ihrer Begründung der Strafzumessung Art. 50

nicht zu helfen, weil derartige Vergleichsfälle in aller Regel doch beträchtliche Verschiedenheiten aufweisen. Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet und ist abzuweisen.
2.
2.1 Der Beschwerdeführer hatte bereits im vorinstanzlichen Verfahren die Frage aufgeworfen, ob nicht anstelle des Zusammenzählens der Strafen eine Gesamtstrafe ausgefällt werden müsste, analog zu Art. 62a




Ermessen unterschritten und insbesondere Art. 63b

2.2 Die Vorinstanz erwog, es läge entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Gesetzeslücke vor. Vielmehr ergebe sich aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts, dass für den Fall der Aufhebung der ambulanten Massnahmen keine Gesamtstrafe auszufällen sei (Art. 63b Abs. 3


2.3 Begeht der aus einer stationären Behandlung bedingt Entlassene während der Probezeit eine Straftat, so kann das Gericht unter anderem die Massnahme aufheben und den Vollzug einer Freiheitsstrafe anordnen (Art. 62a Abs. 1 lit. c



Begeht der Täter dagegen wie vorliegend während der ambulanten Behandlung Straftaten, so wird die erfolglose ambulante Behandlung durch das Gericht aufgehoben (Art. 63a Abs. 1



Die Verankerung unterschiedlicher Rechtsfolgen, je nachdem, ob der Delinquent aus einer stationären Behandlung bedingt entlassen worden ist und während der Probezeit straffällig wird, oder ob er während der ambulanten Behandlung Straftaten begeht, lässt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durchaus auf sachliche Gründe stützen, da die Eingriffsintensität bei stationären Massnahmen, bei welchen der Täter im Sinne eines Freiheitsentzugs in eine geeignete psychiatrische Einrichtung oder Massnahmevollzugseinrichtung eingewiesen wird (Art. 59 Abs. 2

Da der Gesetzgeber demnach bewusst voneinander abweichende Regelungen getroffen hat, ist die Argumentation des Beschwerdeführers, es liege eine Gesetzeslücke vor, nicht stichhaltig. Für eine analoge Anwendung der Konzeption der Gesamtstrafenbildung auf Art. 63b

3.
3.1 Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Verletzung von Art. 63b Abs. 4

3.2 Die Vorinstanz führte aus, eine Anrechnung der ambulanten Massnahme wäre nur geboten, wenn die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers durch den Massnahmevollzug in einem Ausmass eingeschränkt gewesen wäre, dass von einer einem Freiheitsentzug ähnlichen Situation gesprochen werden könnte. Dies sei vorliegend indessen nicht der Fall, da die rund zweiwöchentlichen Therapiesitzungen bei der Beratungsstelle Dielsdorf beziehungsweise die weiteren von der Verteidigung aufgezählten Termine auch nicht annähernd einem Freiheitsentzug gleichgesetzt werden könnten (angefochtenes Urteil S. 30).
3.3 Gemäss Art. 63b Abs. 4

Die Vorinstanz hat vorliegend begründet, weshalb sie die alle zwei Wochen absolvierten Therapiesitzungen des Beschwerdeführers in ihrer Intensität des Eingriffs in die persönliche Freiheit als nicht annähernd mit einem Freiheitsentzug vergleichbar erachtet hat. Diese Auffassung ist noch vertretbar. Angesichts des für den Beschwerdeführer mit den Therapien verbundenen geringen Aufwands hat die Vorinstanz im Ergebnis das ihr zukommende Ermessen nicht verletzt, indem sie folgerte, eine Anrechnung der ambulanten Behandlung auf die Strafe rechtfertige sich nicht.
4.
Aus diesen Gründen ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1



Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Rechtsanwalt Emil Robert Meier wird für das bundesgerichtliche Verfahren als amtlicher Verteidiger eingesetzt und mit Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. November 2008
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Schneider Stohner