Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess
{T 7}
U 145/03
Urteil vom 19. November 2003
IV. Kammer
Besetzung
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Jancar
Parteien
P.________, 1937, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Oskar Müller, Wengistrasse 7, 8026 Zürich,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen
(Entscheid vom 30. April 2003)
A.
Der 1937 geborene P.________, österreichischer Staatsangehöriger, litt seit 1987 nach einem Sturz von einem Gerüst an Rückenbeschwerden. In den Jahren 1990 bis 1991 erfolgte eine von der Invalidenversicherung finanzierte Umschulung zum technischen Kaufmann. Seit 2. Januar 1992 arbeitete P.________ im Rahmen einer IV-Eingliederungsmassnahme als Kundenberater bei der Firma X.________ und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unfallversichert. Am 25. März 1993 kollidierte er auf vereister Strasse in einer Kurve frontal mit einem ihm entgegenkommenden Auto. Er zog sich dabei ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule (HWS) sowie Prellungen des Thorax, der Bursa olecrani sin und des linken Beines zu. Am 28. Juni 1993 nahm er seine Arbeit wieder auf. Am 8. Juli 1993 erlitt er eine akute Lungenembolie nach tiefer Beinvenenthrombose links. Mit Verfügung vom 22. Dezember 1993 lehnte die SUVA eine Leistungspflicht bezüglich der Lungenembolie ab, da ein Zusammenhang mit dem Unfall vom 25. März 1993 nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei. Die hiegegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 20. Juli 1994 ab. Mit Verfügung vom 9. August 1996 sprach die IV-Stelle für Versicherte im
Ausland dem Versicherten ab 1. März 1994 bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Invalidenrente zu. Die vom Versicherten gegen den Einspracheentscheid der SUVA vom 20. Juli 1994 erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 20. August 1998 gut. Es bejahte nach Einholung zweier medizinischer Gutachten den natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 25. März 1993 und der am 8. Juli 1993 erlittenen Lungenembolie nach Beinvenenthrombose links und wies die Sache an die SUVA zurück, damit sie die Versicherungsleistungen festsetze. Dieser Entscheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. In der Folge erbrachte die SUVA Taggelder von 100 % bis 31. Dezember 1995 und von 20 % bis 31. Dezember 1999. Zur weiteren Abklärung der Verhältnisse zog sie die im haftpflichtrechtlichen Verfahren erstellten Gutachten des Dr. med. H.________ vom 31. März 1999 und des Prof. Dr. med. O.________ vom 8. Juni/22. November 1999 bei. Zudem holte sie ein Gutachten des Dr. med. S.________ vom 28. Dezember 1999 ein. Mit Verfügung vom 20. März 2001 stellte sie ihre Taggeldleistungen per 31. Dezember 1999 ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, es liege weder eine wesentliche
Behinderung noch eine unfallbedingte Erwerbseinbusse vor. Damit seien auch die Voraussetzungen für eine Invalidenrente nicht erfüllt. Weiter lasse sich keine Integritätsentschädigung begründen. Die dagegen erhobene Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom 14. März 2002 ab.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 30. April 2003 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die SUVA zu verpflichten, die gesetzlichen Versicherungsleistungen zu erbringen (insbesondere Taggelder, Rente, Integritätsentschädigung); die im vorinstanzlichen Verfahren beantragten Abklärungen seien nachzuholen. Er legt einen Bericht des Dr. med. F.________ vom 16. Juni 2003 auf.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Das kantonale Gericht hat die Grundsätze zur Verteilung der Beweislast bei anspruchsaufhebenden Verfügungen (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 45 mit Hinweisen), zu dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 153 Erw. 2.1 mit Hinweisen), zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a), zur Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen) sowie zum Beweiswert eines Arztberichts (BGE 125 V 352 Erw. 3a; AHI 2001 S. 113 Erw. 3a) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt hinsichtlich des Anspruchs auf eine Integritätsentschädigung und deren Bemessung (Art. 24 Abs. 1
SR 832.20 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG) UVG Art. 24 Anspruch - 1 Erleidet der Versicherte durch den Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität, so hat er Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung.65 |
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1 | Erleidet der Versicherte durch den Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität, so hat er Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung.65 |
2 | Die Entschädigung wird mit der Invalidenrente festgesetzt oder, falls kein Rentenanspruch besteht, bei der Beendigung der ärztlichen Behandlung gewährt. Der Bundesrat kann für die Entstehung des Anspruchs in Sonderfällen einen anderen Zeitpunkt bestimmen, namentlich bei Gesundheitsschädigungen durch das Einatmen von Asbestfasern.66 |
SR 832.20 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (UVG) UVG Art. 25 Höhe - 1 Die Integritätsentschädigung wird in Form einer Kapitalleistung gewährt. Sie darf den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen und wird entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abgestuft. |
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1 | Die Integritätsentschädigung wird in Form einer Kapitalleistung gewährt. Sie darf den am Unfalltag geltenden Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen und wird entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abgestuft. |
2 | Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung. |
SR 832.202 Verordnung vom 20. Dezember 1982 über die Unfallversicherung (UVV) UVV Art. 36 - 1 Ein Integritätsschaden gilt als dauernd, wenn er voraussichtlich während des ganzen Lebens mindestens in gleichem Umfang besteht. Er ist erheblich, wenn die körperliche, geistige oder psychische Integrität, unabhängig von der Erwerbsfähigkeit, augenfällig oder stark beeinträchtigt wird.81 |
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1 | Ein Integritätsschaden gilt als dauernd, wenn er voraussichtlich während des ganzen Lebens mindestens in gleichem Umfang besteht. Er ist erheblich, wenn die körperliche, geistige oder psychische Integrität, unabhängig von der Erwerbsfähigkeit, augenfällig oder stark beeinträchtigt wird.81 |
2 | Für die Bemessung der Integritätsentschädigung gelten die Richtlinien des Anhangs 3. |
3 | Fallen mehrere körperliche, geistige oder psychische Integritätsschäden aus einem oder mehreren Unfällen zusammen, so wird die Integritätsentschädigung nach der gesamten Beeinträchtigung festgesetzt.82 Die Gesamtentschädigung darf den Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes nicht übersteigen. Bereits nach dem Gesetz bezogene Entschädigungen werden prozentual angerechnet. |
4 | Voraussehbare Verschlimmerungen des Integritätsschadens werden angemessen berücksichtigt. Revisionen sind nur im Ausnahmefall möglich, wenn die Verschlimmerung von grosser Tragweite ist und nicht voraussehbar war.83 |
5 | Bei Berufskrankheiten, bei denen die betroffene Person an einem Mesotheliom oder anderen Tumoren mit prognostisch ähnlich kurzer Überlebenszeit leidet, entsteht der Anspruch auf eine Integritätsentschädigung mit dem Ausbruch der Krankheit.84 |
Beizupflichten ist im Weiteren den Erwägungen der Vorinstanz, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist (BGE 129 V 4 Erw. 1.2). Darauf wird verwiesen.
1.2 Zu ergänzen ist, dass die Leistungspflicht eines Unfallversicherers gemäss UVG zunächst voraussetzt, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht. Ursachen im Sinne des natürlichen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der eingetretene Erfolg nicht als eingetreten oder nicht als in der gleichen Weise bzw. nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann. Entsprechend dieser Umschreibung ist für die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht erforderlich, dass ein Unfall die alleinige oder unmittelbare Ursache gesundheitlicher Störungen ist; es genügt, dass das schädigende Ereignis zusammen mit anderen Bedingungen die körperliche oder geistige Integrität der versicherten Person beeinträchtigt hat, der Unfall mit andern Worten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch die eingetretene gesundheitliche Störung entfiele (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen).
Ob zwischen einem schädigenden Ereignis und einer gesundheitlichen Störung ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, ist eine Tatfrage, worüber die Verwaltung bzw. im Beschwerdefall das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nach dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu befinden hat. Die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt für die Begründung eines Leistungsanspruches nicht (BGE 119 V 338 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen).
Die Leistungspflicht des Unfallversicherers setzt im Weiteren voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Nach der Rechtsprechung hat ein Ereignis dann als adäquate Ursache eines Erfolges zu gelten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, der Eintritt dieses Erfolges also durch das Ereignis allgemein als begünstigt erscheint (BGE 125 V 461 Erw. 5a mit Hinweisen).
Die Regeln des am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Abkommen über die Personenfreizügigkeit; APF; AS 2002 1529) sind im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar (BGE 128 V 315 Erw. 1).
2.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer als Folge des Unfalls vom 25. März 1993 in seiner Erwerbsfähigkeit weiterhin eingeschränkt ist und ob er eine Integritätsentschädigung beanspruchen kann.
2.1 Die Vorinstanz hat mit Recht entschieden, dass weder die behauptete Schleudertrauma-Problematik noch die bestehende Adipositas auf den Unfall zurückgehen. Diesbezügliche medizinische Aktenergänzungen erübrigen sich, da hievon keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung; 124 V 94 Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist bereits vom kantonalen Gericht mit einlässlicher und überzeugender Begründung, auf die verwiesen wird, entkräftet worden.
2.2 Weiter fragt sich, ob die Folgen der am 8. Juli 1993 erlittenen, auf den Unfall zurückzuführenden Beinvenenthrombose links und der Lungenembolie eine Arbeitsunfähigkeit bewirken. Dies kann mit der Vorinstanz gestützt auf das nachvollziehbare, schlüssige und in sich widerspruchsfreie Gutachten des Dr. med. S.________ vom 28. Dezember 1999 verneint werden.
Der Versicherte macht geltend, Dr. med. S.________ habe seine konkreten Beschwerden nicht berücksichtigt, da im Gutachten ein Hinweis auf die Stützstrümpfe fehle, die er ständig tragen müsse, um überhaupt einer äusserst begrenzten Mobilität nachleben zu können. Dieses Vorbringen ist aktenwidrig, da Dr. med. S.________ im Untersuchungsbefund ausdrücklich anführte, der Versicherte trage einen Unterschenkel-Stützstrumpf links. Im Weiteren bringt der Versicherte vor, anlässlich der Begutachtung habe er an Atemnot und einem beengenden Gefühl gelitten, was für Dr. med. S.________ erkennbar, aber von ihm ebenfalls nicht erwähnt worden sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass Dr. med. S.________ zwar eine normale Lungenfunktion feststellte, gleichzeitig aber angab, der Versicherte klage vermehrt über Müdigkeit und anstrengungsbedingte Atemnot. Es kann demnach nicht gesagt werden, Dr. med. S.________ habe die letztgenannten Beschwerden ausser Acht gelassen. Unbehelflich ist weiter der Einwand des Versicherten, es liege eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes vor, da Dr. med. S.________ nunmehr ein beginnendes postthrombotisches Syndrom am linken Bein diagnostiziert habe, das im Gutachten des Prof. Dr. med. J.________ vom 4. April 1997
noch nicht festgestellt worden sei. Denn entscheidend ist vorliegend, dass Dr. med. S.________ auch diesbezüglich für den Zeitpunkt der Leistungseinstellung per Ende 1999 keine unfallbedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit konstatiert hat. Dass sich hieran bis zum massgebenden Zeitpunkt der Einspracheentscheides (14. März 2002) etwas geändert hätte, ergibt sich nicht aus den Akten. An dieser Einschätzung vermag auch der Bericht des Dr. med. F.________ vom 16. Juni 2003 nichts zu ändern, zumal er sich zur Arbeitsfähigkeit nicht äussert. Auch in diesem Punkt ist auf weitere medizinische Abklärungen zu verzichten, da nicht anzunehmen ist, dass sie ein anderes Ergebnis zeitigen würden.
2.3 Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass ihm die Invalidenversicherung seit 1. März 1994 eine ganze Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 100 % ausrichtet. Denn die Invalidenversicherung hat als finale Versicherung im Unterschied zur SUVA sämtliche Leiden unabhängig von ihrer Ursache zu berücksichtigen (BGE 124 V 178 Erw. 3b). Nur mit Bezug auf den gleichen Gesundheitsschaden hat die Schätzung der Invalidität im Regelfall zum selben Ergebnis zu führen (BGE 126 V 291 Erw. 2a). Die Vorinstanz hat korrekt erwogen, dass beim Versicherten nicht auf den Unfall vom 25. März 1993 zurückzuführende Rückenbeschwerden das Hauptproblem bilden, für welche die SUVA nicht haftbar ist. Es fehlt mithin an der Identität des von ihr und der Invalidenversicherung zu berücksichtigenden Gesundheitsschadens, weshalb auf die entsprechenden Einwände des Versicherten nicht einzugehen ist.
2.4 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist schliesslich auch im Punkte der Integritätsentschädigung unbegründet, da die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, dass aufgrund der Gutachten des Prof. Dr. med. J.________ vom 4. April 1997 und des Dr. med. S.________ vom 28. Dezember 1999 keine durch den Unfall verursachte dauernde und erhebliche Schädigung der körperlichen oder geistigen Integrität vorliegt.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
Luzern, 19. November 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: