Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C 662/2010

Urteil vom 19. Oktober 2010
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
Bundesamt für Sozialversicherungen, Effingerstrasse 20, 3003 Bern,
Beschwerdeführer,

gegen

F.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Pierre Heusser,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen die Verfügung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. Juni 2010.

Sachverhalt:
F.________ focht beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich eine Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 23. Dezember 2009 an, mit welcher die Zusprechung einer Invalidenrente abgelehnt worden war. In der Beschwerdeschrift beantragte er unter anderem, die Sache sei zur ergänzenden medizinischen Abklärung an die Verwaltung zurückzuweisen. Nachdem die Vernehmlassung der IV-Stelle (mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde) eingegangen war, lud der kantonale Instruktionsrichter zur Referentenaudienz und Vergleichsverhandlung am 26. Mai 2010. Bei dieser Gelegenheit erzielten die Parteien eine Einigung. Der Vergleich wurde mit folgendem Wortlaut gerichtlich protokolliert:
"1. Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, spricht dem Beschwerdeführer mit Wirkung ab Mai 2008 eine halbe Rente zu.
2. Der Beschwerdeführer verpflichtet sich in Nachachtung seiner Schadenminderungspflicht (vgl. S. 26 f. des Gutachtens der medizinischen Abklärungsstelle X.________), sich einer adäquaten gastroenterologischen Therapie (vgl. S. 22 Ziff. 5.3 des Gutachtens der medizinischen Abklärungsstelle X.________) zu unterziehen und die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung fortzusetzen.
3. Im März 2011 findet ein amtliches Revisionsverfahren statt. Falls der Beschwerdeführer seiner Schadenminderungspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen ist, wird seine Arbeitsfähigkeit in leidensangepasster Tätigkeit mit 70 % veranschlagt.
4. Die IV-Stelle entschädigt den unentgeltlichen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Fr. 2'200.-- und übernimmt die Verfahrenskosten von Fr. 400.--."
Nachdem die Widerrufsfrist verstrichen war, schrieb das kantonale Gericht den Prozess als durch Vergleich erledigt ab (Verfügung vom 14. Juni 2010).
Das Bundesamt für Sozialversicherungen führt hiergegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben; die Angelegenheit sei an die Vorinstanz zurückzuweisen "zum Erlass eines neuen Beschlusses, welcher den rechtsprechungsgemässen Begründungsanforderungen genügt".
Erwägungen:

1.
Streitig und zu prüfen ist die Rechtmässigkeit des angefochtenen Abschreibungsbeschlusses (Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
, 97
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
, 105
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
und 106
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
f. BGG).

Das beschwerdeführende Bundesamt rügt eine Verletzung von Art. 50
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 50 Vergleich - 1 Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
1    Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
2    Der Versicherungsträger hat den Vergleich in Form einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen.
3    Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss im Einsprache- und in den Beschwerdeverfahren.
ATSG. Es führt dazu aus, entgegen den Vorgaben der Rechtsprechung (BGE 135 V 65) würden die wichtigsten Eckwerte der Invaliditätsbemessung im Abschreibungsbeschluss nicht genannt. Wiedergegeben werde lediglich der Wortlaut des Vergleichs verbunden mit der Feststellung, der Vergleich trage den Interessen der Parteien Rechnung und er stehe im Einklang mit der Sach- und Rechtslage. Unter diesen Umständen entspreche der angefochtene Abschreibungsbeschluss nicht den Anforderungen der Rechtsprechung hinsichtlich der Begründung. Daher sei er aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese einen neuen Beschluss fälle, welcher den Anforderungen genüge.

2.
2.1 Gemäss Art. 50 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 50 Vergleich - 1 Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
1    Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
2    Der Versicherungsträger hat den Vergleich in Form einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen.
3    Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss im Einsprache- und in den Beschwerdeverfahren.
ATSG können Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen durch Vergleich erledigt werden. Der Versicherungsträger hat den Vergleich in Form einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen (Abs. 2). Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss im Einsprache- und in den Beschwerdeverfahren (Abs. 3). Art. 50
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 50 Vergleich - 1 Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
1    Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
2    Der Versicherungsträger hat den Vergleich in Form einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen.
3    Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss im Einsprache- und in den Beschwerdeverfahren.
ATSG bildet die gesetzliche Grundlage zur Beendigung sozialversicherungsrechtlicher Verfahren durch Vergleich, sei es im Verfügungs-, Einsprache- oder im Verfahren vor dem kantonalen Sozialversicherungsgericht (BGE 131 V 417 E. 2.2 S. 420).

2.2 Die Verwaltung, welche an die verfassungsmässigen Grundsätze von Gesetzmässigkeit und Gleichbehandlung gebunden ist, darf keine rechtswidrigen Vergleiche eingehen. Gerichtliche Vergleiche müssen rechtsprechungsgemäss genehmigt werden (vgl. BGE 133 V 593 E. 4.2 S. 595). Korrelat der gerichtlichen Überprüfungspflicht ist die Begründungspflicht. In BGE 135 V 65 E. 2 S. 71 hat das Bundesgericht die bisherige Rechtsprechung zum Vergleich in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten denn auch dahingehend präzisiert, dass der Beschluss, mit welchem das Gericht ein Verfahren zufolge gerichtlichen Vergleichs abschreibt, eine summarische Begründung enthalten muss, inwiefern der Vergleich mit Sachverhalt und Gesetz übereinstimmt. Zu beachten ist, dass es oftmals unausräumbare Irregularitäten in den Entscheidungsgrundlagen - vor allem nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand ausfüllbare Lücken im Sachverhalt (vgl. SVR 2007 AHV Nr. 15 S. 42 E. 4, H 190/05) - sind, die zum Vergleich führen; solche müssen im Abschreibungsbeschluss gegebenenfalls benannt werden.

2.3 Die praktische Bedeutung einer Begründung besteht einmal darin, beschwerdelegitimierten Dritten, die am Vergleich nicht beteiligt waren, so namentlich der Aufsichtsbehörde, eine sachgerechte Anfechtung zu ermöglichen (BGE 135 V 65 E. 2.4 S. 72 mit Hinweisen). Zudem können künftige Rentenrevisionen erschwert oder verunmöglicht werden, wenn die für den Vergleich massgebenden Grundlagen nicht ersichtlich sind (Urteil 9C 658/2009 vom 22. Juni 2010 E. 2.5). Weiter muss die Begründung aufzeigen, dass tatsächlich eine Einigung erzielt wurde und dass der (vormalige) Rechtsstreit mit dem Vergleich gänzlich beseitigt werden konnte (vgl. Urteil 9C 905+920/2009 vom 28. Juni 2010 E. 3.2).

3.
3.1 Das Erfordernis, im Rahmen des Abschreibungsbeschlusses summarisch zu begründen, inwiefern die im gerichtlichen Vergleich getroffene Regelung dem rechtserheblichen Sachverhalt und den gesetzlichen Vorgaben entspricht, ist somit nicht Selbstzweck. Fehlt im Abschreibungsbeschluss eine gesonderte Begründung, so ist die Motivationspflicht dennoch gewahrt, sofern ihre Zwecke - Transparenz des Vergleichs im Hinblick auf eine sachgerechte Anfechtung durch Dritte, auf eine allfällige materielle Revision sowie auf die effektive Bereinigung des vormaligen Rechtsstreits - aufgrund der im Vergleichstext enthaltenen sowie der übrigen Angaben im Abschreibungsbeschluss erfüllt sind. Massgebend ist nicht die formale Ausgestaltung des Beschlusses, sondern dessen tatsächlicher Aussagegehalt.

3.2 Eine Verfahrensabschreibung erfolgt bei Gegenstandslosigkeit des Rechtsmittels (vgl. dazu etwa Ulrich Meyer, in: Basler Kommentar zum BGG, 2008, N 21 zu Art. 107; Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl. 1998, Rz. 682 ff.). Angesichts dessen enthalten Abschreibungsbeschlüsse üblicherweise keine Ausführungen, welche über die Bezugnahme auf den Grund der Gegenstandslosigkeit hinausgehen. Die Gültigkeit einer allfälligen Beschwerde hiergegen hängt denn auch nicht von einer Auseinandersetzung mit der materiellen Seite des Falles ab, sondern von einer hinreichenden Befassung mit dem Abschreibungsgrund (RKUV 1998 Nr. U 299 S. 337 E. 1b, U 20/97; Jacques Bühler, in: Basler Kommentar zum BGG, 2008, N 77 zu Art. 42). Insofern handelt es sich bei dem in BGE 135 V 65 E. 2 S. 71 statuierten Begründungserfordernis um eine Ausnahmeerscheinung. Das Bundesgericht hat daher im zitierten Urteil 9C 658/2009 zu erkennen gegeben, dass eine neben die Wiedergabe des Vergleichswortlautes tretende (zusätzliche) Begründung, weshalb die gütliche Einigung mit Sachverhalt und Gesetz übereinstimme, nicht in jedem Fall zwingend erforderlich ist; es hat die Sache auch deswegen an das kantonale Gericht zurückgewiesen,
weil die Grundlagen der gütlichen Einigung aus den kantonalen Akten nicht hervorgingen (E. 2.4).

3.3 Der strittige Abschreibungsbeschluss ist in erster Linie danach zu beurteilen, ob die Beschwerdebefugnis der Bundesaufsichtsbehörde tatsächlich ausgeübt werden kann. Im Hinblick auf eine eventuelle Wahrnehmung des Beschwerderechts muss die Behörde, hier das Bundesamt für Sozialversicherungen, aufgrund des ihr zugestellten Abschreibungsbeschlusses (vgl. Art. 112 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 112 Eröffnung der Entscheide - 1 Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten:
1    Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten:
a  die Begehren, die Begründung, die Beweisvorbringen und Prozesserklärungen der Parteien, soweit sie nicht aus den Akten hervorgehen;
b  die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen;
c  das Dispositiv;
d  eine Rechtsmittelbelehrung einschliesslich Angabe des Streitwerts, soweit dieses Gesetz eine Streitwertgrenze vorsieht.
2    Wenn es das kantonale Recht vorsieht, kann die Behörde ihren Entscheid ohne Begründung eröffnen. Die Parteien können in diesem Fall innert 30 Tagen eine vollständige Ausfertigung verlangen. Der Entscheid ist nicht vollstreckbar, solange nicht entweder diese Frist unbenützt abgelaufen oder die vollständige Ausfertigung eröffnet worden ist.
3    Das Bundesgericht kann einen Entscheid, der den Anforderungen von Absatz 1 nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben.
4    Für die Gebiete, in denen Bundesbehörden zur Beschwerde berechtigt sind, bestimmt der Bundesrat, welche Entscheide ihnen die kantonalen Behörden zu eröffnen haben.
BGG; Art. 1 lit. c der Verordnung vom 8. November 2006 über die Eröffnung letztinstanzlicher kantonaler Entscheide in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, SR 173.110.47) in einem ersten Schritt abschätzen können, ob eine nähere Prüfung des Dossiers angezeigt ist. Diese Vorgabe ist erfüllt, wenn der Abschreibungsbeschluss für sich allein genommen grob erkennen lässt, auf welchen Überlegungen die vergleichsweise Regelung des Rechtsverhältnisses beruht. Gegebenenfalls entscheidet die Aufsichtsbehörde alsdann nach Konsultation der beigezogenen Verfahrensakten definitiv über die Beschwerdeerhebung. Die Angaben im Abschreibungsbeschluss müssen also zunächst eine provisorische Einschätzung der Bundesrechtskonformität der Verfahrenserledigung ermöglichen. Da ein Rechtsmittel ohne Beizug der Akten ohnehin nicht sachgerecht motiviert werden kann, reicht es sodann aus,
wenn die massgebenden Elemente der Rechtsgestaltung erst in Verbindung mit konkreten Aktenstücken vollständig erschlossen werden.

4.
4.1 Das kantonale Gericht gab im Abschreibungsbeschluss den Wortlaut des unter Anleitung des Referenten zustande gekommenen Vergleichs wieder; das Beschlussdispositiv nimmt darauf Bezug (vgl. dazu die in BGE 133 V 593 nicht veröffentlichte E. 12 des Urteils C 143/06 vom 3. Oktober 2007). Nach Ziff. 1 des Vergleichs wird dem Beschwerdegegner mit Wirkung ab Mai 2008 eine halbe Invalidenrente zugesprochen. Dabei verpflichtete sich der Versicherte in Ziff. 2 der Vereinbarung, "in Nachachtung seiner Schadenminderungspflicht" eine adäquate gastroenterologische Therapie zu beanspruchen und die psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung fortzusetzen. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich auf zwei Stellen eines Gutachtens der medizinischen Abklärungsstelle X.________ vom 17. Juni 2009 verwiesen. Ziff. 3 des Vergleichs schliesslich sieht vor, dass im Frühjahr 2011 eine Leistungsrevision stattfinde, welcher der bei richtiger Mitwirkung des Versicherten erreichbare Leistungsfähigkeitsgrad zugrunde gelegt werde. Die Lektüre des Vergleichstextes zeigt, dass die Parteien offensichtlich übereingekommen sind, dass der Bestand des Rentenanspruchs dem gutachtlich prognostizierten Erfolg noch durchzuführender Therapien folgen soll. Diese
Angaben ermöglichten es dem Bundesamt, in einem ersten Schritt abzuschätzen, ob eine Beschwerde angebracht sein könnte.

4.2 Aus dem im Abschreibungsbeschluss wiedergegebenen Vergleichstext erschliessen sich der beschwerdebefugten Aufsichtsbehörde sodann die in den Akten verurkundeten Umstände, welche im Hinblick auf den endgültigen Entscheid über die Beschwerdeerhebung und (gegebenenfalls) für die sachgerechte Abfassung einer Beschwerdebegründung bedeutsam sein können: Der Beschwerdegegner war gestützt auf die Berichte der Hausärztin Dr. I.________ vom 10. Dezember 2007 und des Psychiaters Dr. A.________ vom 12. Juni 2008 von einer 50-prozentigen Arbeitsfähigkeit ausgegangen (vgl. kantonale Beschwerdeschrift vom 1. Februar 2010 und Stellungnahme vom 7. Januar 2008 zum Vorbescheid der IV-Stelle vom 12. November 2007). Nach dem interdisziplinären Gutachten vom 17. Juni 2009 beträgt die Arbeitsfähigkeit unter Berücksichtigung aller Leiden (chronische entzündliche Darmerkrankung, chronisches lumbovertebrales und thorakovertebrales Schmerzsyndrom, mittelgradige depressive Episode ohne somatisches Syndrom) "aus Sicht einer optimal therapierten Kolitis ulcerosa" bei kontrolliertem Krankheitsverlauf 70 Prozent; die verbleibende Einschränkung ergebe sich allein aus den Folgen einer psychischen Traumatisierung. Nach dem Befund des Magen-Darmspezialisten
wurde die Colitis bisher nicht zureichend behandelt (Ziff. 5.3 des Gutachtens). Eine näher umschriebene "zumutbare und nach aller Wahrscheinlichkeit und Evidenz auch wirksame Therapie" lasse sich relativ rasch, das heisst innert Monaten umsetzen (Ziff. 7.1). Je nach Erfolg einer zusätzlichen psychiatrischen Behandlung könne die Arbeitsfähigkeit wahrscheinlich auf 80 bis 100 Prozent gesteigert werden (Ziff. 7.2). Retrospektiv bestehe gemäss den Angaben der Hausärztin seit Mai 2007 eine Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent (Ziff. 7.4).

4.3 Aus diesen Elementen wird (nach Beizug der Akten) unzweideutig ersichtlich, weshalb die Vergleichsparteien unter Anleitung des Gerichtsreferenten übereingekommen sind, dass (für die Zeit nach Ablauf des Wartejahres; vgl. Art. 28 Abs. 1 lit. b
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG) für einen beschränkten Zeitraum eine halbe Invalidenrente zuzusprechen sei: Bei Zugrundelegung einer Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent (nach dem in der Vernehmlassung der IV-Stelle vom 1. April 2010 umschriebenen Muster) ergibt sich ein Invaliditätsgrad von rund 50 Prozent. Nach den klaren gutachtlichen Äusserungen, auf die im Vergleichswortlaut ausdrücklich verwiesen wird, kann die Einschränkung in der Leistungsfähigkeit durch therapeutische Mittel innert absehbarer Frist erheblich reduziert werden. Folgerichtig sieht der Vergleich in Ziff. 3 vor, dass im März 2011 ein amtliches Revisionsverfahren stattfindet. Im Fall, dass der Versicherte bis dahin seiner Schadenminderungspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen sein, das heisst nicht die im Gutachten detailliert dargelegten therapeutischen Möglichkeiten in Anspruch genommen haben sollte, würde seine Arbeitsfähigkeit (der gutachtlichen Einschätzung entsprechend) mit 70 Prozent veranschlagt. Nach der Ermittlungsweise der Verwaltung
ergäbe sich dann ein nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von rund 30 Prozent (vgl. Art. 28 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
1    Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die:
a  ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können;
b  während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG206) gewesen sind; und
c  nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind.
1bis    Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.207
2    ...208
IVG).

5.
Der gerichtliche Vergleich vom 26. Mai 2010 ist - namentlich mit Blick auf die expliziten Verweise zu konkreten Aktenstellen - nachvollziehbar. Im Unterschied hierzu konnte im vorerwähnten Fall 9C 658/2009 weder aus dem (im Protokoll der Referentenaudienz wiedergegebenen) Wortlaut des Vergleichs noch anhand der kantonalen Akten zumindest auf die wichtigsten Parameter der Invaliditätsbemessung geschlossen werden (Urteil vom 22. Juni 2010 E. 2.4). Auch in weiteren Fällen hat das Bundesgericht kantonale Abschreibungsbeschlüsse aufgehoben (Urteile 9C 905+920/2009 vom 28. Juni 2010, 9C 32/2010 vom 28. April 2010 und 9C 542/2009 vom 18. Januar 2010); neben dem Vergleichswortlaut fand sich jeweils bloss die Verfahrensgeschichte sowie (teilweise) die Feststellung, es gebe keinen Grund für eine Nichtgenehmigung der gütlichen Einigung. Der hier angefochtene Abschreibungsbeschluss ist dagegen nicht nur im Hinblick auf die Beschwerdelegitimation Dritter zweckmässig. Auch als Bezugsgrösse für künftige (weitere) Leistungsrevisionen (Art. 17
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
1    Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
a  um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder
b  auf 100 Prozent erhöht.17
2    Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat.
ATSG; vgl. BGE 133 V 108) ist er geeignet; denn Zeitpunkt und Grund einer ersten Revision bilden bereits Gegenstand der Vereinbarung. Da der Rechtsstreit vollständig entfällt (vgl. oben E. 2.3 in fine), wird
der angefochtene Beschluss unter allen Gesichtspunkten der Anforderung gemäss BGE 135 V 65 E. 2 S. 71 gerecht. Art. 50
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 50 Vergleich - 1 Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
1    Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen können durch Vergleich erledigt werden.
2    Der Versicherungsträger hat den Vergleich in Form einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen.
3    Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss im Einsprache- und in den Beschwerdeverfahren.
ATSG ist nicht verletzt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und der IV-Stelle des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Oktober 2010

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Traub
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Document : 9C_662/2010
Date : 19. Oktober 2010
Published : 05. November 2010
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung


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ATSG: 17  50
BGG: 95  97  105  106  112
IVG: 28
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