Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B 1389/2017
Urteil vom 19. September 2018
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Briw.
Verfahrensbeteiligte
X.________, (verstorben am 30.6.2018),
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Stöckli,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Abschreibung des Verfahrens (grobe Verletzung der Verkehrsregeln),
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 2. November 2017 (SST.2017.192).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Baden wirft X.________ vor, am 1. Juli 2016 mit seinem Motorrad die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 36 km/h überschritten und damit eine grobe Verletzung der Verkehrsregeln begangen zu haben.
X.________ wurde im unmittelbaren Anschluss an die Geschwindigkeitskontrolle angehalten und polizeilich befragt. Sein Lernfahrausweis wurde zuhanden der Entzugsbehörde vorläufig abgenommen. Ein Übersetzer wurde für die Befragung nicht beigezogen. X.________ bestätigte aber unterschriftlich, in verständlicher Sprache zu den Personalien befragt, über den Gegenstand des Strafverfahrens informiert und über seine Rechte und Pflichten belehrt worden zu sein.
B.
Die Staatsanwaltschaft Baden sprach X.________ mit Strafbefehl vom 15. August 2016 der groben Verletzung der Verkehrsregeln durch Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 120.-- sowie einer Verbindungsbusse von Fr. 800.--.
Der Strafbefehl wurde gleichentags mit eingeschriebener Post versandt und am 16. August 2016 X.________ zur Abholung avisiert. Nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist retournierte die Post den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Baden.
Im gleichzeitig geführten Administrativmassnahmenverfahren räumte das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau X.________ am 29. Juli 2016 die Möglichkeit zu einer Stellungnahme ein. Der von ihm daraufhin mandatierte Rechtsvertreter ersuchte am 17. August 2016 das Strassenverkehrsamt um Zustellung der Verfahrensakten und zugleich um Sistierung des Administrativmassnahmenverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss eines allfälligen Strafverfahrens. Das Strassenverkehrsamt gelangte am 19. August 2016 an die Staatsanwaltschaft Baden und ersuchte um Zustellung des Strafbefehls nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens. Die Staatsanwaltschaft übermittelte dem Strassenverkehrsamt am 20. September 2016 den Strafbefehl. Mit Mahnung vom gleichen Tag forderte die Staatsanwaltschaft X.________ auf, die ihrer Ansicht nach in der Zwischenzeit in Rechtskraft erwachsenen Busse und Kosten zu bezahlen.
Das Strassenverkehrsamt übermittelte am 30. September 2016 (Eingang am 3. Oktober 2016) dem Rechtsvertreter die Verfahrensakten. Dieser teilte am 5. Oktober 2016 dem Bezirksgericht Baden mit, sein Mandant habe lediglich die Mahnung vom 20. September 2016, nicht aber auch den darin erwähnten Strafbefehl vom 15. August 2016 erhalten. Zugleich ersuchte er um Zustellung der Verfahrensakten und erhob vorsorglich Einsprache gegen den Strafbefehl.
C.
Der Präsident des Bezirksgerichts Baden sprach X.________ auf Einsprache hin mit Urteil vom 31. Mai 2017 der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 120.-- sowie einer Verbindungsbusse von Fr. 800.--. Er zog für die mündliche Verhandlung eine Übersetzerin bei und stellte fest, dass X.________ kaum der deutschen Sprache mächtig und zwingend auf eine Übersetzung angewiesen sei. Der Präsident verwarf die von X.________ erhobenen Einwendungen gegen die Annahme einer Zustellfiktion. Er qualifizierte aber die Eröffnung des Strafbefehls als rechtsfehlerhaft, weil X.________ weder der wesentliche Inhalt des Strafbefehls noch die Rechtsmittelbelehrung übersetzt worden waren. Er erachtete deshalb das Datum der effektiven Kenntnisnahme des Strafbefehls durch X.________ bzw. seinen Rechtsvertreter für den Beginn der Einsprachefrist als massgebend, trat folglich auf die Einsprache ein und fällte ein neues Urteil, welches inhaltlich dem ursprünglichen Strafbefehl entsprach.
D.
Auf Berufung von X.________ setzte das Obergericht des Kantons Aargau die Berufungsverhandlung auf den 17. Oktober 2017 an. Am 28. September 2017 teilte es den Parteien mit, dass die Berufungsverhandlung abgesetzt und zunächst im schriftlichen Verfahren über die Rechtzeitigkeit der Einsprache entschieden werde.
Das Obergericht hob am 2. November 2017 das Urteil des Präsidenten des Bezirksgerichts Baden auf, stellte fest, dass der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Baden vom 15. August 2016 in Rechtskraft erwachsen war und trat auf die Berufung nicht ein. Es auferlegte die obergerichtlichen Verfahrenskosten von Fr. 2'500.-- und die reduzierten erstinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 1'000.-- X.________.
E.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, den vorinstanzlichen Entscheid aufzuheben und die Sache zur materiellen Behandlung der Berufung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Im Vernehmlassungsverfahren teilte die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau mit, dass X.________ am 30. Juni 2018 verstorben ist. Das Obergericht hielt fest, das Verfahren sei, wie vom Bundesgericht in Aussicht gestellt, als gegenstandslos abzuschreiben.
Der Rechsvertreter beantragte, aufgrund des Todesfalls sei das Strafverfahren von der Anklägerin einzustellen, die Kosten seien dem Kanton Aargau aufzuerlegen, unter Verfahrens- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Kantons Aargau.
Erwägungen:
1.
Der Tod der beschuldigten Person während des kantonalen Verfahrens führt zur Verfahrenseinstellung (vgl. Art. 319 Abs. 1 lit. d
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 319 Gründe - 1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn: |
|
1 | Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn: |
a | kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt; |
b | kein Straftatbestand erfüllt ist; |
c | Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen; |
d | Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können oder Prozesshindernisse aufgetreten sind; |
e | nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung oder Bestrafung verzichtet werden kann. |
2 | Sie kann das Verfahren ausnahmsweise auch dann einstellen, wenn: |
a | das Interesse eines Opfers, das zum Zeitpunkt der Straftat weniger als 18 Jahre alt war, es zwingend verlangt und dieses Interesse das Interesse des Staates an der Strafverfolgung offensichtlich überwiegt; und |
b | das Opfer oder bei Urteilsunfähigkeit seine gesetzliche Vertretung der Einstellung zustimmt. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 403 Eintreten - 1 Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht: |
|
1 | Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht: |
a | die Anmeldung oder Erklärung der Berufung sei verspätet oder unzulässig; |
b | die Berufung sei im Sinne von Artikel 398 unzulässig; |
c | es fehlten Prozessvoraussetzungen oder es lägen Prozesshindernisse vor. |
2 | Es gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. |
3 | Tritt es auf die Berufung nicht ein, so eröffnet es den Parteien den begründeten Nichteintretensentscheid. |
4 | Andernfalls trifft die Verfahrensleitung ohne Weiteres die notwendigen Anordnungen zur Durchführung des weiteren Berufungsverfahrens. |
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben.
Ergibt eine summarische Prüfung der Beschwerde, dass diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit begründet gewesen wäre, so ist der Kanton Aargau zu verpflichten, den Rechtsvertreter für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 71
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 71 - Wo dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind die Vorschriften des BZP30 sinngemäss anwendbar. |
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess BZP Art. 72 - Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung der Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes. |
2.
Bevor sich die Vorinstanz zur Eintretensfrage äusserte, entschied sie im Rahmen des von ihr angeordneten schriftlichen Verfahrens "von Amtes wegen" vorab über die Gültigkeit der gegen den Strafbefehl erhobenen Einsprache. Sie gelangte im Unterschied zur ersten Instanz zum Ergebnis, dass der Strafbefehl rechtsgültig zugestellt worden war und die dagegen gerichtete Einsprache verspätet gewesen sei. Darauf gestützt hob sie das Urteil der Erstinstanz auf, stellte fest, dass der Strafbefehl in Rechtskraft erwachsen war und trat erst anschliessend auf die Berufung nicht ein.
Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten ist, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht, die Berufung sei verspätet oder unzulässig, ein zulässiges Anfechtungsobjekt sei nicht gegeben oder es fehlten Prozessvoraussetzungen oder lägen Prozesshindernisse vor (Art. 403 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 403 Eintreten - 1 Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht: |
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1 | Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht: |
a | die Anmeldung oder Erklärung der Berufung sei verspätet oder unzulässig; |
b | die Berufung sei im Sinne von Artikel 398 unzulässig; |
c | es fehlten Prozessvoraussetzungen oder es lägen Prozesshindernisse vor. |
2 | Es gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. |
3 | Tritt es auf die Berufung nicht ein, so eröffnet es den Parteien den begründeten Nichteintretensentscheid. |
4 | Andernfalls trifft die Verfahrensleitung ohne Weiteres die notwendigen Anordnungen zur Durchführung des weiteren Berufungsverfahrens. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 408 Neues Urteil - 1 Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, so fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt. |
|
1 | Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, so fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt. |
2 | Das Berufungsgericht entscheidet innerhalb von zwölf Monaten.270 |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 437 Eintritt - 1 Urteile und andere verfahrenserledigende Entscheide, gegen die ein Rechtsmittel nach diesem Gesetz zulässig ist, werden rechtskräftig, wenn: |
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1 | Urteile und andere verfahrenserledigende Entscheide, gegen die ein Rechtsmittel nach diesem Gesetz zulässig ist, werden rechtskräftig, wenn: |
a | die Rechtsmittelfrist unbenützt abgelaufen ist; |
b | die berechtigte Person erklärt, auf ein Rechtsmittel zu verzichten, oder ein ergriffenes Rechtsmittel zurückzieht; |
c | die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht eintritt oder es abweist. |
2 | Die Rechtskraft tritt rückwirkend auf den Tag ein, an dem der Entscheid gefällt worden ist. |
3 | Entscheide, gegen die kein Rechtsmittel nach diesem Gesetz zulässig ist, werden mit ihrer Ausfällung rechtskräftig. |
Die Vorinstanz begründet ihren Nichteintretensentscheid nicht mit fehlenden Eintretensvoraussetzungen im Sinne von Art. 403 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 403 Eintreten - 1 Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht: |
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1 | Das Berufungsgericht entscheidet in einem schriftlichen Verfahren, ob auf die Berufung einzutreten sei, wenn die Verfahrensleitung oder eine Partei geltend macht: |
a | die Anmeldung oder Erklärung der Berufung sei verspätet oder unzulässig; |
b | die Berufung sei im Sinne von Artikel 398 unzulässig; |
c | es fehlten Prozessvoraussetzungen oder es lägen Prozesshindernisse vor. |
2 | Es gibt den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme. |
3 | Tritt es auf die Berufung nicht ein, so eröffnet es den Parteien den begründeten Nichteintretensentscheid. |
4 | Andernfalls trifft die Verfahrensleitung ohne Weiteres die notwendigen Anordnungen zur Durchführung des weiteren Berufungsverfahrens. |
3.
Mit seiner Berufung beantragte der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz einen vollumfänglichen Freispruch von der Anklage der groben Verletzung der Verkehrsregeln. Er erhob Einwendungen sowohl gegen die Sachverhaltsfeststellung wie auch gegen die rechtliche Würdigung der Erstinstanz.
Wird gegen einen Strafbefehl Einsprache erhoben, gilt dieser als Anklageschrift (Art. 356 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 356 Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht - 1 Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift. |
|
1 | Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift. |
2 | Das erstinstanzliche Gericht entscheidet über die Gültigkeit des Strafbefehls und der Einsprache. |
3 | Die Einsprache kann bis zum Abschluss der Parteivorträge zurückgezogen werden. |
4 | Bleibt die Einsprache erhebende Person der Hauptverhandlung unentschuldigt fern und lässt sie sich auch nicht vertreten, so gilt ihre Einsprache als zurückgezogen. |
5 | Ist der Strafbefehl ungültig, so hebt das Gericht ihn auf und weist den Fall zur Durchführung eines neuen Vorverfahrens an die Staatsanwaltschaft zurück. |
6 | Bezieht sich die Einsprache nur auf die Kosten und Entschädigungen oder weitere Nebenfolgen, so entscheidet das Gericht in einem schriftlichen Verfahren, es sei denn, die Einsprache erhebende Person verlange ausdrücklich eine Verhandlung. |
7 | Sind gegen mehrere Personen Strafbefehle erlassen worden, die sich auf den gleichen Sachverhalt beziehen, so ist Artikel 392 sinngemäss anwendbar. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 356 Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht - 1 Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift. |
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1 | Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft, am Strafbefehl festzuhalten, so überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift. |
2 | Das erstinstanzliche Gericht entscheidet über die Gültigkeit des Strafbefehls und der Einsprache. |
3 | Die Einsprache kann bis zum Abschluss der Parteivorträge zurückgezogen werden. |
4 | Bleibt die Einsprache erhebende Person der Hauptverhandlung unentschuldigt fern und lässt sie sich auch nicht vertreten, so gilt ihre Einsprache als zurückgezogen. |
5 | Ist der Strafbefehl ungültig, so hebt das Gericht ihn auf und weist den Fall zur Durchführung eines neuen Vorverfahrens an die Staatsanwaltschaft zurück. |
6 | Bezieht sich die Einsprache nur auf die Kosten und Entschädigungen oder weitere Nebenfolgen, so entscheidet das Gericht in einem schriftlichen Verfahren, es sei denn, die Einsprache erhebende Person verlange ausdrücklich eine Verhandlung. |
7 | Sind gegen mehrere Personen Strafbefehle erlassen worden, die sich auf den gleichen Sachverhalt beziehen, so ist Artikel 392 sinngemäss anwendbar. |
Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten. |
|
1 | Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten. |
2 | Es kann zugunsten der beschuldigten Person auch nicht angefochtene Punkte überprüfen, um gesetzwidrige oder unbillige Entscheidungen zu verhindern. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten. |
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1 | Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten. |
2 | Es kann zugunsten der beschuldigten Person auch nicht angefochtene Punkte überprüfen, um gesetzwidrige oder unbillige Entscheidungen zu verhindern. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an: |
|
1 | Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an: |
a | die Begründungen der Parteien; |
b | die Anträge der Parteien, ausser wenn sie Zivilklagen beurteilt. |
2 | Sie darf Entscheide nicht zum Nachteil der beschuldigten oder verurteilten Person abändern, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen worden ist. Vorbehalten bleibt eine strengere Bestrafung aufgrund von Tatsachen, die dem erstinstanzlichen Gericht nicht bekannt sein konnten. |
3 | Sie darf Entscheide im Zivilpunkt nicht zum Nachteil der Privatklägerschaft abändern, wenn nur von dieser ein Rechtsmittel ergriffen worden ist. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 391 Entscheid - 1 Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an: |
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1 | Die Rechtsmittelinstanz ist bei ihrem Entscheid nicht gebunden an: |
a | die Begründungen der Parteien; |
b | die Anträge der Parteien, ausser wenn sie Zivilklagen beurteilt. |
2 | Sie darf Entscheide nicht zum Nachteil der beschuldigten oder verurteilten Person abändern, wenn das Rechtsmittel nur zu deren Gunsten ergriffen worden ist. Vorbehalten bleibt eine strengere Bestrafung aufgrund von Tatsachen, die dem erstinstanzlichen Gericht nicht bekannt sein konnten. |
3 | Sie darf Entscheide im Zivilpunkt nicht zum Nachteil der Privatklägerschaft abändern, wenn nur von dieser ein Rechtsmittel ergriffen worden ist. |
Nachdem das erstinstanzliche Gericht die Einsprache als rechtzeitig erachtet hatte und auf die Anklage eingetreten war, der Beschwerdeführer allein Berufung erhoben hatte, und die Gültigkeit der Anklage von keiner der Parteien angefochten worden war, bildete diese Frage nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Der Vorinstanz war es somit verwehrt, die Gültigkeit der Anklage und damit auch die Rechtzeitigkeit der Einsprache gegen den Strafbefehl einer erneuten Überprüfung zu unterziehen. Der angefochtene Entscheid wäre bereits deshalb aufzuheben gewesen.
4.
Eine summarische Prüfung ergibt, dass die Beschwerde gutzuheissen gewesen wäre. Entsprechend ist der Kanton Aargau zu verpflichten, den Rechtsvertreter für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (oben E. 1). Der Rechtsvertreter macht einen Anspruch auf Entschädigung von [gerundet] Fr. 2'472.-- geltend (Vernehmlassung S. 3). Diese Entschädigung ist ihm ohne Weiteres zuzusprechen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren wird abgeschrieben.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Aargau hat Rechtsanwalt Armin Stöckli für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. Fr. 2'472.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. September 2018
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Briw