Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}

6B 43/2015

Urteil vom 18. Mai 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Krishna Müller,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Willkür (versuchte Tötung, schwere Körperverletzung); Notwehr,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, vom 15. Oktober 2014.

Erwägungen:

1.

Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte X.________ im Berufungsverfahren am 15. Oktober 2014 wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung, versuchten und vollendeten Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs und mehrfacher Widerhandlungen gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten. Es ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme und eine stationäre Suchtbehandlung sowie die Fortdauer der Sicherheitshaft an.

2.

X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt sinngemäss, er sei von den Vorwürfen der mehrfachen schweren Körperverletzung, des mehrfachen Diebstahls, der Sachbeschädigung und des Hausfriedensbruchs freizusprechen sowie umgehend aus der Haft zu entlassen. Er ersucht um aufschiebende Wirkung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer rügt hinsichtlich aller Anklagepunkte eine willkürliche Beweiswürdigung und eine damit verbundene Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo". In Bezug auf den Vorfall vom 20. Mai 2012 (schwere Körperverletzung) macht er zudem eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 16
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 16 - 1 Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr nach Artikel 15, so mildert das Gericht die Strafe.
1    Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr nach Artikel 15, so mildert das Gericht die Strafe.
2    Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff, so handelt er nicht schuldhaft.
StGB geltend.

3.

Die erhobenen Willkürrügen sind unbegründet, soweit sie überhaupt den Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
und Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG genügen (vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445; zum Begriff der Willkür BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; je mit Hinweisen). Die Vorbringen des Beschwerdeführers erschöpfen sich in appellatorischer Kritik. Er legt nicht dar, dass und inwiefern die vorinstanzlich festgestellten Sachverhalte bzw. die beanstandete Beweiswürdigung unhaltbar bzw. klar und eindeutig mangelhaft sein sollen und sich ein anderes Beweisergebnis geradezu aufdrängt. Der Beschwerdeführer setzt sich mit den ausführlich und nachvollziehbar begründeten Erwägungen der Vorinstanz nicht auseinander. Er bestreitet die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen pauschal als nicht erwiesen und beschränkt sich darauf zu schildern, wie sich die Ereignisse nach seiner Auffassung abgespielt haben sollen. Er verkennt, dass das Bundesgericht keine Appellationsinstanz ist, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt.

Ob die pauschale Rüge, eine bleibende Entstellung des Opfers A.________ sei aufgrund der schlechten Qualität der bei den Akten liegenden Fotos nicht erstellt, hinreichend begründet ist, kann offenbleiben, da sie sich als unzutreffend erweist. Die Vorinstanz konnte ohne in Willkür zu verfallen gestützt auf die Aktenlage feststellen, dass das Narbengewebe sich in Struktur und Farbe deutlich sichtbar von der gesunden Haut abhebt und die erkennbare Narbe "mit leicht verzogenen Rändern über die gesamte linke Wange hinunter bis zur Ober- und Unterlippe" verläuft.

Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in der vom Beschwerdeführer angerufenen Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV hinausgehende selbstständige Bedeutung zu (vgl. BGE 138 V 74 E. 7 S. 82 mit Hinweisen).

4.

Die Rüge, die Vorinstanz habe Art. 16
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 16 - 1 Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr nach Artikel 15, so mildert das Gericht die Strafe.
1    Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr nach Artikel 15, so mildert das Gericht die Strafe.
2    Überschreitet der Abwehrende die Grenzen der Notwehr in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff, so handelt er nicht schuldhaft.
StGB falsch bzw. zu unrecht nicht angewendet, ist nicht zu behandeln, da der Beschwerdeführer seinen Ausführungen einen von den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen abweichenden Sachverhalt zugrunde legt, ohne aufzuzeigen, inwieweit diese willkürlich sein sollen.

5.

Die Frage drohender Überhaft bildet nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils, und die Zuständigkeit über die Haftentlassung ist mit der Beschwerde in Strafsachen nicht auf das Bundesgericht übergegangen (Urteil 6B 123/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 5, nicht publ. in: BGE 141 IV 10). Auf das Gesuch, umgehend aus der Sicherheitshaft entlassen zu werden, ist nicht einzutreten.

6.

Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 109 Dreierbesetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
1    Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung.
2    Sie entscheiden ebenfalls in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über:
a  Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden;
b  Gutheissung offensichtlich begründeter Beschwerden, insbesondere wenn der angefochtene Akt von der Rechtsprechung des Bundesgerichts abweicht und kein Anlass besteht, diese zu überprüfen.
3    Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG). Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Mai 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Held
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 6B_43/2015
Date : 18. Mai 2015
Published : 05. Juni 2015
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Straftaten
Subject : Willkür (versuchte Tötung, schwere Körperverletzung); Notwehr


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