Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung VI

F-4369/2015

Urteil vom 18. Oktober 2016

Richterin Marianne Teuscher (Vorsitz),

Besetzung Richter Andreas Trommer,
Richterin Jenny de Coulon Scuntaro,

Gerichtsschreiberin Jacqueline Moore.

X._______,

vertreten durch lic. iur. Eduard M. Barcikowski,
Parteien Rechtsanwalt,
Hegibachstrasse 22, Postfach 1969, 8032 Zürich,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,
Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverbot.

Sachverhalt:

A.

X._______ (geb. 1972, nachfolgend: Beschwerdeführer), pakistanischer Staatsangehöriger, reiste am 21. September 2000 illegal in die Schweiz ein. Nach Abweisung seines Asylgesuchs heiratete er am 23. November 2001 eine Schweizer Bürgerin (geb. 1940). Daraufhin erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung und am 22. November 2006 eine Niederlassungsbewilligung. Am 29. September 2008 wurde die Ehe geschieden.

Am 27. April 2009 verfügte das Migrationsamt des Kantons St. Gallen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung des Beschwerdeführers wegen Eingehens einer Scheinehe - die Ehegattin hatte für die Heirat Fr. 20'000.- und die Trauzeugin Fr. 2'100.- erhalten - und wies ihn aus der Schweiz weg. Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen mit Urteil vom 26. Januar 2011 ab. Dieses Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

B.
Während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen heiratete der Beschwerdeführer am 1. Oktober 2010 die geschiedene Frau seines Bruders, wiederum eine Schweizer Bürgerin (geb. 1958; nachfolgend: Ehefrau). Die Ehefrau reichte in der Folge ein Gesuch um Familiennachzug ein. Nach Durchlaufen des kantonalen Instanzenzugs wies das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen das Gesuch um Familiennachzug mit Urteil vom 16. April 2014 ab; letztinstanzlich bestätigt mit Urteil des Bundesgerichts vom 20. April 2015 (vgl. Urteil des BGer 2C_564/2014).

Gestützt auf diesen Entscheid wurde der Beschwerdeführer angewiesen, die Schweiz bis zum 27. Mai 2015 zu verlassen. Ausserdem wurde dem Beschwerdeführer am 7. Mai 2015 das rechtliche Gehör in Bezug auf eine mehrjährige Fernhaltemassnahme gewährt. Nach erfolgter Ausreisefristerstreckung verliess der Beschwerdeführer am 30. Juni 2015 die Schweiz.

C.
Mit Verfügung vom 3. Juni 2015 verhängte die Vorinstanz gegen den Beschwerdeführer ein ab dem 1. Juli 2015 geltendes vierjähriges Einreiseverbot und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Im Wesentlichen stützte sie sich bei der Begründung einerseits auf das Bundesgerichtsurteil vom 20. April 2015 und andererseits darauf, dass das Eingehen einer Ehe zu ehefremden Zwecken (Scheinehe/Ausländerehe) zur Umgehung der ausländerrechtlichen Bestimmungen ein ernstzunehmender Verstoss gegen die öffentliche Ordnung sei. Vorliegend sei der Beschwerdeführer gar zweimal eine Scheinehe eingegangen um der Wegweisung aus der Schweiz zu entgehen und eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen. Gemäss ständiger Rechtsprechung und Praxis sei der Erlass eines mehrjährigen Einreiseverbots im Sinne von Art. 67 AuG (SR 142.20) angezeigt. Auch die im Rahmen des rechtlichen Gehörs geltend gemachten persönlichen Interessen vermöchten keinen anderen Entscheid zu rechtfertigen. Als Folge davon sei eine Ausschreibung im Schengener-Informationssystem (SIS II) zu veranlassen.

D.
Mit Rechtsmitteleingabe vom 13. Juli 2015 lässt der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde einreichen, mit dem Antrag, die Verfügung vom 3. Juni 2015 sei dahingehend abzuändern, dass das Einreiseverbot auf 3 Jahre (bis zum 30. Mai 2018) zu beschränken sei. Zudem sei die Beschwerdegegnerin anzuweisen, auf die Ausschreibung im SIS zu verzichten.

Der Rechtsvertreter macht geltend, das vierjährige Einreiseverbot sei unverhältnismässig. Aufgrund der früheren Feststellung einer Scheinehe des Beschwerdeführers sei bei der jetzigen Ehe erneut auf das Vorliegen einer Scheinehe geschlossen worden. Die Ehegatten würden, trotz Ausweisung (recte: Wegweisung) aus der Schweiz, an der Ehe festhalten. Mit der Ausschreibung im SIS II sei auch Art. 8 EMRK verletzt.

E.
Die Vorinstanz spricht sich in ihrer Vernehmlassung vom 18. September 2015 für die Abweisung der Beschwerde aus und hält zusätzlich fest, dass der in der Beschwerdeschrift hauptsächlich geltend gemachte Grund, es handle sich seitens der Schweizer Ehegattin um keine Scheinehe, in diesem Verfahren irrelevant sei. Es würde nichts an der Tatsache ändern, dass der Beschwerdeführer mittels einer weiteren Ehe primär versucht habe seinen Verbleib in der Schweiz sicherzustellen.

F.
Replikweise hält der Beschwerdeführer am 21. Oktober 2015 an seinen Anträgen fest und rügt noch einmal, dass die Vorinstanz im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung nicht auf die eingebrachten Umstände eingegangen sei. Die Beschwerdegegnerin argumentiere streng formal nur mit den zwei fremdenpolizeilichen Verstössen.

G.
Am 22. Juli 2016 reichte der Beschwerdeführer gemäss Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2016 eine Aktualisierung des Sachverhaltes sowie ein undatiertes Schreiben der Ehefrau des Beschwerdeführers nach.

H.
Auf den weiteren Sachverhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Vom SEM erlassene Einreiseverbote sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 31 ff . VGG i.V.m. Art. 5 VwVG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.2 Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten (Art. 50 und 52 VwVG).

1.3 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der vorliegenden Angelegenheit endgültig (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 1 BGG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).

3.

3.1 Gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG kann das SEM gegen ausländische Personen, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden, ein Einreiseverbot verfügen. Das Einreiseverbot wird für eine Dauer von höchstens fünf Jahren verfügt, kann aber für eine längere Dauer angeordnet werden, wenn von der ausländischen Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (Art. 67 Abs. 3 AuG). Aus humanitären oder anderen wichtigen Gründen kann von der Verhängung eines Einreiseverbots abgesehen oder ein Einreiseverbot vollständig oder vorübergehend aufgehoben werden (Art. 67 Abs. 5 AuG).

3.2 Das in Art. 67 AuG geregelte Einreiseverbot, welches die Einreise oder die Rückkehr einer unerwünschten Ausländerin oder eines unerwünschten Ausländers verhindern soll, stellt keine Sanktion für vergangenes Fehlverhalten dar, sondern ist eine Massnahme zur Abwendung einer künftigen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (siehe Botschaft zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 8. März 2002, [nachfolgend: Botschaft] BBl 2002 3709, S. 3813). Die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG bildet den Oberbegriff für die Gesamtheit der polizeilichen Schutzgüter; sie umfasst unter anderem die Unverletzlichkeit der objektiven Rechtsordnung und der Rechtsgüter Einzelner (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 3809). In diesem Sinne liegt nach Art. 80 Abs. 1 Bst. a der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE, SR 142.021) ein Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung unter anderem dann vor, wenn gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen missachtet werden. Widerhandlungen gegen Normen des Ausländerrechts fallen ohne Weiteres unter diese Begriffsbestimmung und können ein Einreiseverbot nach sich ziehen (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 3813). Von daher ist die Anordnung eines Einreiseverbots vom Risiko einer künftigen Gefährdung - anknüpfend an das frühere Verhalten der betroffenen Person - abhängig (vgl. Urteil des BVGer C-3791/2013 vom 26. September 2014 E. 3.3 m.H.), weshalb ein solches Risiko bereits von Gesetzes wegen vermutet wird (vgl. Botschaft, a.a.O., S 3760).

4.

4.1 Die Vorinstanz stützt das gegen den Beschwerdeführer erlassene Einreiseverbot einerseits auf das Bundesgerichtsurteil vom 20. April 2015 ab (vgl. Sachverhalt Bst. B) und andererseits darauf, dass der Beschwerdeführer zwecks Umgehung der ausländerrechtlichen Vorschriften (zweimal) eine Schweizer Bürgerin geheiratet und damit versucht habe, die Behörden zu täuschen um so seinen Verbleib in der Schweiz sicherstellen zu können.

4.2 Ob eine Scheinehe geschlossen wurde bzw. ob die Ehe bloss formell besteht, entzieht sich in der Regel dem direkten Beweis und ist nur durch Indizien zu erstellen. Zu diesen Indizien zählen unter anderem folgende Umstände: Die Tatsache, dass die nachzuziehende Person von einer Wegweisung bedroht ist oder ohne Heirat keine Aufenthaltsbewilligung erlangen kann; das Vorliegen eines erheblichen Altersunterschieds zwischen den Ehegatten; die Umstände des Kennenlernens und der Beziehung, so etwa eine kurze Bekanntschaft vor der Heirat oder geringe Kenntnisse eines Ehegatten über den anderen; die Vereinbarung einer Bezahlung für die Heirat; die Tatsache, dass die Ehegatten nie eine Wohngemeinschaft aufgenommen haben (vgl. zum Ganzen BGE 128 II 145 E. 3).

4.3 Zweifelsfrei steht fest, dass der Beschwerdeführer im Jahre 2001 mit einer 32 Jahre älteren Schweizer Bürgerin eine Scheinehe im Sinne des Gesetzes eingegangen ist. Weiter ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer während des laufenden Verfahrens zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung vor dem kantonalen Verwaltungsgericht eine weitere Ehe mit einer Schweizer Bürgerin geschlossen hat, um in der Schweiz bleiben zu können. Der Beschwerdeführer bestreitet - im Gegensatz zur Ehefrau - nicht explizit, seine zweite Ehe aus ehefremden Motiven eingegangen zu sein.

4.4 Nach bundesverwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist von einem klaren und schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Ordnung auszugehen, wenn eine ausländische Person eine Ehe deshalb eingeht bzw. eine gelebte und intakte Ehe vortäuscht, um ausländerrechtliche Bestimmungen zu umgehen (vgl. Urteil des BVGer C-1483/2012 vom 4. April 2014 E. 5.4 m.H.), was im Übrigen auch spezialgesetzlich unter Strafe gesetzt ist ("Täuschung der Behörden"; Art. 118 AuG).

4.5 Nach dem Gesagten, insbesondere aufgrund der ausführlichen und nachvollziehbaren Erwägungen des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. April 2014 zum Vorwurf der Scheinehe, steht für das Bundesverwaltungsgericht ausser Zweifel, dass es dem Beschwerdeführer auch bei seiner zweiten Eheschliessung mit einer Schweizer Bürgerin lediglich darum gegangen ist, ausländerrechtliche Vorschriften zu umgehen, um eine Aufenthaltsbewilligung zu erwirken, ohne aber eine wirkliche Lebensgemeinschaft als Ehepaar führen zu wollen. Auch der zeitliche Ablauf und die Vorgeschichte des Beschwerdeführers sowie die Umstände, wie die Eheleute den Alltag leben (der Beschwerdeführer habe keine Anstalten getroffen um in der Nähe des Wohnortes der Ehefrau eine Anstellung zu finden und er sei jedes Jahr für mehrere Wochen alleine in sein Heimatland zurückgekehrt; vgl. dazu Ausführungen im Urteil des BGer 2C_564/2014 E.4.2) sprechen insgesamt dafür, dass zumindest der Beschwerdeführer die Ehe einzig deshalb einging, um sein Anwesenheitsrecht in der Schweiz nicht zu verlieren und nicht um mit der Ehefrau ein gemeinsames Leben zu führen. Die Voraussetzungen für ein Einreiseverbot gemäss Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG sind somit fraglos erfüllt.

5.

5.1 Zu prüfen bleibt, ob die Fernhaltemassnahme in richtiger Ausübung des Ermessens ergangen und angemessen ist. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit steht dabei im Vordergrund. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine wertende Abwägung vorzunehmen zwischen dem öffentlichen Interesse an der Massnahme einerseits und den von der Massnahme beeinträchtigten privaten Interessen des Betroffenen andererseits. Die Stellung der verletzten oder gefährdeten Rechtsgüter, die Besonderheiten des ordnungswidrigen Verhaltens und die persönlichen Verhältnisse des Verfügungsbelasteten bilden dabei den Ausgangspunkt der Überlegungen (vgl. statt vieler Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl., 2016, Rz. 555 ff.).

5.2 Der Beschwerdeführer hat (mittels zweimaliger Täuschung) über Jahre die Ausländerbehörden im Glauben gelassen, in einer intakten Ehe mit einer Schweizer Bürgerin zu leben. Dadurch hat er sich erhebliche aufenthaltsrechtliche Vorteile verschafft. Solches Fehlverhalten wiegt objektiv gesehen schwer. Aus dem von ihm manifestierten Verhalten ist auf eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu schliessen, d.h. das Einreiseverbot hat auch spezialpräventiven Charakter, um weiteren illegalen Handlungen entgegenzuwirken. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass den ausländerrechtlichen Normen im Interesse einer funktionierenden Rechtsordnung eine hohe Bedeutung zukommt. Namentlich das generalpräventiv motivierte Interesse, die ausländerrechtliche Ordnung durch eine konsequente Massnahmenpraxis zu schützen, ist als gewichtig zu betrachten (zur Zulässigkeit der Berücksichtigung generalpräventiver Aspekte vgl. Urteil des BGer 2C_516/2014 vom 24. März 2015 E. 4.3.2 m.H.). Es besteht somit ein gewichtiges Interesse an der Fernhaltung des Beschwerdeführers.

5.3 Den öffentlichen Interessen sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers gegenüberzustellen. In seiner Beschwerde hält er fest, er verfüge über einen tadellosen Leumund und habe sich ausser den ausländerrechtlichen Verstössen nichts zuschulden kommen lassen. Er sei weder der Sozialhilfe zur Last gefallen noch habe er irgendwelche strafrechtlichen Probleme. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau würden trotz des Einreiseverbots an der Ehe festhalten, allerdings könne er - auch wegen der SIS-Ausschreibung - seine Ehefrau nicht mehr besuchen, womit er sich implizit auf das in Art. 8 EMRK und Art. 13 BV verankerte Recht auf Familienleben beruft. Der Verweis auf die Möglichkeiten einer Kommunikation über Telefon, Skype etc. sei deshalb nicht stichhaltig, weil dies die direkte Begegnung nicht zu ersetzen vermöge. Die Reduktion auf digitale Kontakte würde daher auf einem Ehebegriff beruhen, womit dieser seines Sinnes vollständig entleert würde. Ausserdem sei der Ehefrau als Christin und aufgrund der Terrorgefahr nicht zuzumuten, nach Pakistan zu reisen. Schliesslich sei darauf hinzuweisen, dass sie sich eine solche Reise auch aus finanzieller Sicht nicht leisten könne, lebe sie doch von einer IV-Rente und Ergänzungsleistungen.

5.4 Wie bereits ausgeführt (vgl. E. 4) kann von einem tadellosen Leumund keine Rede sein, hat der Beschwerdeführer doch über Jahre hinweg und wiederholt ein missbräuchliches Verhalten an den Tag gelegt. Weiter ist den Einwänden des Beschwerdeführers zu entgegnen, dass die Pflege regelmässiger persönlicher Kontakte zwischen den Ehegatten bereits an einem fehlenden Anwesenheitsrecht des Beschwerdeführers hierzulande scheitert. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung durch das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen erwuchs mit Urteil vom 26. Januar 2011 unangefochten in Rechtskraft. Die Abweisung des Gesuchs um Familiennachzug wurde mit Urteil des Bundesgerichts vom 20. April 2015 letztinstanzlich bestätigt. Somit stellt sich nunmehr die Frage, ob die über die Verweigerung des Aufenthaltsrechts hinausgehende, durch das Einreiseverbot zusätzlich bewirkte, Erschwernis vor Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV standhält.

5.5 Der Pflege der ehelichen Beziehung auf Schweizer Boden bzw. im Schengen-Raum steht wie eben erwähnt nicht die angefochtene Verfügung, sondern die fehlende Aufenthaltsbewilligung entgegen. Das Einreiseverbot als solches beeinträchtigt das Interesse des Beschwerdeführers an einem von staatlichen Eingriffen ungestörten Eheleben nur soweit, als er für Einreisen in die Schweiz eine Suspension einholen muss (Art. 67 Abs. 5 AuG). Wohl wird die Suspension praxisgemäss nur für kurze und klar begrenzte Zeit gewährt und sie darf das Einreiseverbot nicht aushöhlen. Die damit einhergehenden bzw. damit verbunden Einschränkungen sind jedoch hinzunehmen, zumal diese zum Schutze der öffentlichen Sicherheit erforderlich sind (vgl. Art. 8 Ziff. 2 EMRK).

5.6 Die Ehefrau bekräftigt in ihrem undatierten Schreiben, welches sie durch den Rechtsvertreter mit dessen Schreiben vom 22. Juli 2016 nachreichen liess, weiterhin das Weiterbestehen der Ehe - zumindest aus ihrer Sicht. Sie gibt an, dass sie ca. fünf Mal pro Woche mit dem Beschwerdeführer telefonieren würde und sie den Beschwerdeführer besuchen werde, sobald sie das Geld "beisammen habe". Die Ehefrau steht somit entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters einer Reise nach Pakistan nicht mehr ablehnend gegenüber, womit den Betroffenen zuzumuten ist, dass sie den Kontakt in eben ausgeführtem Sinne und mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel pflegen können. Das verfassungs- und konventionsrechtlich garantierte Recht auf Achtung des Familienlebens vermittelt ohnehin keinen Anspruch auf freie Wahl des für das Familien- bzw. Eheleben am geeignetsten erscheinenden Ortes (BGE 137 I 247 E. 4.4.1 m.H.).

5.7 Eine wertende Gewichtung der sich entgegenstehenden Interessen führt damit zum Schluss, dass das auf vier Jahre befristete Einreiseverbot auch unter Berücksichtigung der gängigen Praxis in vergleichbaren Fällen eine verhältnismässige und angemessene Massnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit darstellt. Eine Reduktion desselben um ein Jahr - wie vom Beschwerdeführer beantragt - vermag sich aus den Akten nicht zu rechtfertigen, zumal der Beschwerdeführer die Behörden zweimal mit Scheinehen getäuscht hat.

6.
Schliesslich bleibt die Rechtmässigkeit der von der Vorinstanz angeordneten und vom Beschwerdeführer beanstandeten Ausschreibung des Einreiseverbots im SIS zu prüfen:

6.1 Ein Einreiseverbot gilt in räumlicher Hinsicht für die Schweiz und als Regelfall für das Fürstentum Liechtenstein (vgl. Art. 10 Abs. 1 des Rahmenvertrages vom 3. Dezember 2008 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich des Visumsverfahrens, der Einreise und des Aufenthalts sowie über die polizeiliche Zusammenarbeit im Grenzraum, SR 0.360.514.2). Erfolgt, wie vorliegend geschehen, gestützt auf das Einreiseverbot eine Ausschreibung der betroffenen Person im SIS II zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung, so werden die Wirkungen der Massnahme auf alle Schengen-Staaten ausgedehnt (vgl. Art. 6 Abs. 1 sowie Art. 14 Abs. 1 der Verordnung [EU] Nr. 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 [kodifizierter Text] über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenze durch Personen [Schengener Grenzkodex, SGK, ABl. L 77/1 vom 23. März 2016]). Die Mitgliedstaaten können der betroffenen Person aus wichtigen Gründen oder aufgrund internationaler Verpflichtungen die Einreise in das eigene Hoheitsgebiet gestatten (vgl. Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 5 Bst. c SGK) bzw. ihr ein Schengen-Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit ausstellen (vgl. Art. 25 Abs. 1 Bst. a [ii] der Verordnung [EG] Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft [Visakodex, Abl. L 243/1 vom 15. September 2009]).

6.2 Eine Person, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzt (Drittstaatangehörige), kann im SIS zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben werden, wenn die "Angemessenheit, Relevanz und Bedeutung des Falles" eine solche Massnahme rechtfertigen (Art. 2 und 21 der Verordnung [EG] Nr. 1987/2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation [SIS-II-VO, Abl. L 381/4 vom 28. Dezember 2006]). Voraussetzung der Ausschreibung im SIS ist eine nationale Ausschreibung, die gestützt auf eine Entscheidung der zuständigen nationalen Instanzen ergeht (Art. 24 Ziff. 1 SIS-II-VO). Die Ausschreibung erfolgt, wenn die nationale Entscheidung mit der Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die nationale Sicherheit begründet wird, welche die Anwesenheit der betreffenden Person in einem Mitgliedstaat darstellt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die betreffende Person in einem Mitgliedstaat wegen einer Straftat verurteilt wurde, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 24 Ziff. 2 Bst. a SIS-II-VO), oder wenn gegen sie der begründete Verdacht besteht, dass sie schwere Straftaten begangen hat, oder wenn konkrete Hinweise bestehen, dass sie solche Straftaten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates plant (Art. 24 Ziff. 2 Bst. b SIS-II-VO). Weiter kann eine Ausschreibung eingegeben werden, wenn die Entscheidung nach Ziff. 1 darauf beruht, dass der Drittstaatsangehörige ausgewiesen, zurückgeschoben oder ausgeschafft worden ist (Art. 24 Ziff. 3 erster Teilsatz SIS-II-VO).

6.3 Der Beschwerdeführer kann als Drittstaatsangehöriger grundsätzlich zur Einreise- bzw. Aufenthaltsverweigerung im SIS ausgeschrieben werden. Gemäss Art. 24 Abs. 2 und 3 SIS-II-VO sind die Voraussetzungen für die Ausschreibung zur Einreiseverweigerung im SIS gegeben. Die Vor-
instanz hat die Ausschreibung demnach zurecht erlassen, ist doch die Schweiz dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit bei der Administration des gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, auf dem das Schengen-System beruht, zur Wahrung der Interessen der Gesamtheit der Schengen-Staaten verpflichtet (BVGE 2011/48 E. 6.1). Die Schweiz hat damit in Rechnung zu stellen, dass wegen des Wegfalls der systematischen Personenkontrollen an den Schengen-Innengrenzen Einreiseverbote und ähnliche Massnahmen ihre volle Wirkung nur entfalten können, wenn sich ihre Geltung und ihre Durchsetzbarkeit nicht auf einzelne Schengen-Staaten beschränken. Eine mit der Ausschreibung einhergehende zusätzliche Beeinträchtigung der persönlichen Bewegungsfreiheit hat er mithin in Kauf zu nehmen (vgl. Urteil des BVGer C-7086/2014 vom 14. Oktober 2015 E. 6.4).

6.4 Abschliessend kann somit auch bezüglich des Antrages, die Ausschreibung im SIS II zu löschen festgehalten werden, dass das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung sieht, diesem Antrag stattzugeben.

7.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung im Lichte von Art. 49 VwVG nicht zu beanstanden ist. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.

8.
Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 1 ff . des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigung vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE; SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie sind durch den am 17. August 2015 in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

3.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Einschreiben)

- die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [...] zurück)

- das Migrationsamt des Kantons St. Gallen

Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:

Marianne Teuscher Jacqueline Moore

Versand:
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : F-4369/2015
Date : 18 octobre 2016
Publié : 09 novembre 2016
Source : Tribunal administratif fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Droit de cité et droit des étrangers
Objet : Einreiseverbot


Répertoire des lois
CEDH: 8
Cst: 13
FITAF: 1
LEtr: 67  118
LTAF: 31  37
LTF: 83
OASA: 80
PA: 5  48  49  50  52  62  63
Répertoire ATF
128-II-145 • 137-I-247
Weitere Urteile ab 2000
2C_516/2014 • 2C_564/2014
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