Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I
A-5011/2009
{T 0/2}

Urteil vom 18. März 2010

Besetzung
Richter Markus Metz (Vorsitz), Richter Daniel Riedo, Richter Pascal Mollard,
Gerichtsschreiberin Ursula Spörri.

Parteien
X._______,
Beschwerdeführerin,

gegen

Oberzolldirektion (OZD),
Sektion Mineralölsteuer, Zollbegünstigungen, Ausfuhrbeiträge, Monbijoustrasse 40, 3003 Bern,
Vorinstanz.

Gegenstand
Zollansatz für Dinkel zur Herstellung von Flakes und gepufftem Getreide.

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest und erwägt,
dass die Oberzolldirektion (OZD) mit Verfügung vom 22. Juli 2009 entschieden hat, das Gesuch der X._______ um Gewährung einer Zollerleichterung für Dinkel zur Herstellung von Flakes und gepufftem Getreide dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) nicht zu unterbreiten, im Wesentlichen mit der Begründung, die Schaffung einer Zollerleichterung stehe den übergeordneten Interessen der inländischen Wirtschaft entgegen, womit die gesetzlichen Voraussetzungen gemäss Art. 14 Abs. 2 des Zollgesetzes vom 18. März 2005 (ZG, SR 631.0) nicht erfüllt seien,
dass die X._______ (Beschwerdeführerin) diese Verfügung mit Beschwerde vom 6. August 2009 beim Bundesverwaltungsgericht frist- und formgerecht angefochten hat, mit dem Antrag, die OZD sei anzuweisen, das Gesuch dem EFD zu unterbreiten,
dass gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021) beurteilt, sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt,
dass als Vorinstanzen die in Art. 33 VGG genannten Behörden gelten,
dass Verfügungen der Vorinstanz im Bereich des Zollgesetzes vor Bundesverwaltungsgericht anfechtbar sind,
dass gemäss Art. 14 Abs. 1 ZG für bestimmte Verwendungen von Waren tiefere Zollansätze angewendet werden, wenn
das Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 (ZTG, SR 632.10) dies vorsieht oder
das Departement die im Zolltarifgesetz festgesetzten Zollansätze herabgesetzt hat,
dass das Departement die Zollansätze für bestimmte Verwendungen nur herabsetzen darf, wenn eine wirtschaftliche Notwendigkeit nachgewiesen wird und keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen (Art. 14 Abs. 2 ZG),
dass in Art. 5 der Verordnung des EFD vom 4. April 2007 über Zollerleichterungen für Waren je nach Verwendungszweck (Zollerleichterungsverordnung, ZEV, SR 631.012) die Regeln betreffend das Gesuch um Herabsetzung von Zollansätzen für bestimmte Verwendungen festgehalten sind,
dass ein solches Gesuch im Sinn von Art. 14 Abs. 1 ZG bei der OZD eingereicht werden muss (Art. 5 Abs. 1 ZEV), welche das Gesuch den betroffenen Organisationen und Bundesstellen zur Stellungnahme unterbreitet (Art. 5 Abs. 4 ZEV), was vorliegend mit der Einladung zur Vernehmlassung vom 23. Februar 2009 an zehn Organisationen und Bundesämter erfolgt ist,
dass - wie bereits erwähnt - das EFD den Zollansatz für bestimmte Verwendungen bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäss Art. 14 Abs. 2 ZG herabsetzen darf,
dass sich hingegen weder im ZG noch in der Zollverordnung vom 1. November 2006 (ZV, SR 631.01), der ZEV oder einem anderen Erlass eine rechtliche Grundlage findet, die der OZD erlauben würde, ein Gesuch um Herabsetzung des Zollansatzes dem EFD gar nicht erst zur Beurteilung vorzulegen,
dass die OZD überdies sachlich unzuständig war, betreffend die Beschwerdeführerin über die Interessenabwägung gemäss Art. 14 Abs. 2 ZG verfügungsweise zu entscheiden und zu verfügen, das Gesuch dem EFD nicht zu unterbreiten, wobei über die Herabsetzung der Zollansätze für bestimmte Verwendungen zu verfügen wie gesehen das EFD zuständig wäre, weshalb die Verfügung an einem schweren Mangel leidet,
dass dieser Mangel leicht erkennbar und die Rechtssicherheit durch die Aufhebung der Verfügung nicht ernsthaft gefährdet ist (vgl. BGE 132 II 21 E. 3.1, ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER/FELIX UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, Zürich/Basel/Genf 2006, 5. Aufl., N 956),
dass die funktionelle und sachliche Unzuständigkeit einer Behörde einen der häufigsten Nichtigkeitsgründe darstellt (statt vieler: BGE 132 II 21 E. 3.1; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., N 961),
dass die Verfügung der OZD vom 22. Juli 2009 aufgrund ihrer sachlichen Unzuständigkeit als nichtig zu qualifizieren ist,
dass die Nichtigkeit von Amtes wegen zu beachten und von jedermann jederzeit geltend gemacht werden kann (BGE 127 II 32 E. 3.g; HÄFELIN/ MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., N 955),
dass eine nichtige Verfügung keinerlei Rechtswirkungen entfaltet und ex tunc sowie ohne amtliche Aufhebung rechtlich unverbindlich ist (BGE 132 II 342 E. 2.3, BGE 129 I 361 E. 2.3; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O., N 955),
dass eine nichtige Verfügung aufgrund ihrer fehlenden Rechtswirkung auch nicht Anfechtungsobjekt einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde sein kann, weshalb die vorliegende Beschwerde unzulässig ist und dementsprechend nicht auf sie einzutreten ist (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1219/2007 vom 1. Oktober 2008 E. 4.2 f., BGE 132 II 342 E. 2.3, mit weiteren Hinweisen auf die Literatur),
dass bei Zuständigkeitskonflikten eine Überweisung an die zuständige Behörde gemäss Art. 8 Abs. 1 VwVG in Erwägung zu ziehen ist,
dass eine solche Überweisung in der Regel formlos zu geschehen hat (André Moser/Michael Beusch/Lorenz Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, Rz. 3.10; Michel Daum, in Christoph Auer/Markus Müller/Benjamin Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich/ St. Gallen 2008, N 8 u. 9 zu Art. 8),
dass die Überweisung nur mit einem Nichteintretensentscheid zu verbinden ist, wenn die beschwerdeführende Partei die Zuständigkeit der angerufenen Behörde, vorliegend also des Bundesverwaltungsgerichts, im Sinn von Art. 9 Abs. 2 VwVG behauptet (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1824/2006 vom 25. Juni 2008 E. 2.1; Moser/ Beusch/Kneubühler, a.a.O., Rz. 3.10; Daum, VwVG, a.a.O., N 8 zu Art. 8 ),
dass eine behauptete Zuständigkeit im Sinn von Art. 9 Abs. 2 VwVG nicht bereits darin zu sehen ist, dass eine Eingabe an eine bestimmte Behörde gerichtet wird (Daum, VwVG, a.a.O., N 6 zu Art. 9),
dass vorliegend die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nicht behauptet wird, aufgrund der Nichtigkeit aber - wie vorstehend begründet - ein Nichteintretensentscheid zu ergehen hat, weshalb eine Überweisung gemäss Art. 8 Abs. 1 VwVG nicht in Frage kommt,
dass aber davon auszugehen ist, dass die OZD auch so die nötigen Schritte innert angemessener Frist unternehmen wird,
dass die Kosten des Verfahrens in der Regel der unterliegenden Partei aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG und Art. 1 ff . des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]),
dass die Verfahrenskosten ganz oder teilweise erlassen werden können, wenn Gründe in der Sache oder in der Person der Partei es als unverhältnismässig erscheinen lassen, ihr Verfahrenskosten aufzuerlegen (Art. 6 Bst. b VGKE),
dass sich die nicht vertretene Beschwerdeführerin auf die Rechtsmittelbelehrung in der fehlerhaften Verfügung verlassen hatte und für sie eine mögliche rechtliche Alternative nicht ohne weiteres erkennbar war,
dass es daher unverhältnismässig wäre, ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen,
dass dementsprechend keine Kosten zu erheben sind und der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 3'000.-- nach Eintritt der Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückzuerstatten ist,
dass keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 VGKE).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird im Sinn der Erwägungen nicht eingetreten.

2.
Es wird festgestellt, dass die Verfügung der OZD vom 22. Juli 2009 nichtig ist.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
Der Kostenvorschuss von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zurückerstattet.

4.
Eine Prozessentschädigung wird nicht zugesprochen.

5.
Dieses Urteil geht an:
die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)
die Vorinstanz (Ref-Nr. ...; Gerichtsurkunde)
das Eidgenössische Finanzdepartement (zur Kenntnis mit A-Post)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Markus Metz Ursula Spörri

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff ., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42 BGG).

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Document : A-5011/2009
Date : 18 mars 2010
Publié : 06 avril 2010
Source : Tribunal administratif fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Douanes
Objet : Zollansatz für Dinkel zur Herstellung von Flakes und gepufftem Getreide


Répertoire des lois
FITAF: 1  6  7
LD: 14
LTAF: 31  32  33
LTF: 42  82
OADou: 5
PA: 5  8  9  63  64
Répertoire ATF
127-II-32 • 129-I-361 • 132-II-21 • 132-II-342
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
acte judiciaire • autorité inférieure • avance de frais • connaissance • courrier a • céréale • d'office • demande adressée à l'autorité • dff • décision • décision d'irrecevabilité • défaut de la chose • délai • délai raisonnable • département • ex tunc • force obligatoire • frais de la procédure • indication des voies de droit • invitation • jour • langue officielle • lausanne • littérature • loi fédérale sur la procédure administrative • loi fédérale sur le tribunal fédéral • loi sur le tribunal administratif fédéral • loi sur les douanes • motivation de la décision • moyen de preuve • nullité • organisation de l'état et administration • président • question • recours en matière de droit public • section • signature • sécurité du droit • tribunal administratif fédéral • tribunal fédéral • vice de forme
BVGer
A-1219/2007 • A-1824/2006 • A-5011/2009