Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung IV
D-4294/2018
brl
Urteil vom 17. August 2018
Einzelrichter Hans Schürch,
Besetzung mit Zustimmung von Richter Walter Lang;
Gerichtsschreiber Linus Sonderegger.
A._______, geboren am (...),
Sri Lanka,
Parteien
vertreten durch Gabriel Püntener, Rechtsanwalt,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatssekretariat für Migration (SEM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Asylverfahren (Übriges);
Gegenstand
Verfügung des SEM vom 22. Juni 2018 / N (...).
Sachverhalt:
A.
Das erste Asylgesuch des Beschwerdeführers wurde mit Verfügung des SEM vom 10. November 2015 abgelehnt. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil D-8072/2015 vom 20. Dezember 2016 ab.
B.
Mit Urteil D-507/2017 vom 7. März 2017 wurde ein Revisionsgesuch gegen das Urteil D-8072/2015 abgewiesen.
C.
Ein zweites Asylgesuch lehnte das SEM mit Verfügung vom 10. Januar 2018 ab. Mit Urteil D-1042/2018 vom 23. April 2018 wurde eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde.
Auf Beschwerdeebene wurde unter anderem geltend gemacht, das SEM habe durch die Übermittlung von Daten im Rahmen der Papierbeschaffung an die sri-lankischen Behörden Art. 6 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG, SR 235.1) verletzt, weshalb die Widerrechtlichkeit der Datenübermittlung festzustellen sei. Dieses Begehren wurde vom Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf BVGE 2017 VI/6 abgewiesen (vgl. Urteil des BVGer 1042/2018 vom 23. April 2018 E. 7.2.1).
D.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2018 gelangte der Beschwerdeführer ans SEM und beantragte die Feststellung der Widerrechtlichkeit der Datenübermittlung. Gleichzeitig wurde um Aussetzung des Wegweisungsvollzugs ersucht.
E.
Mit Verfügung vom 22. Juni 2018 stellte das SEM fest, dass die Datenübermittlung rechtskonform gewesen sei.
F.
Diese Verfügung focht der Beschwerdeführer mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 25. Juli 2018 beim Bundesverwaltungsgericht an. Er beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Feststellung der Widerrechtlichkeit der Datenübermittlung.
Er ersuchte um sofortige Mitteilung des Spruchgremiums sowie um Bekanntgabe, ob dieses zufällig ausgewählt respektive nach welchen Kriterien der Spruchkörper gebildet worden sei. Im Sinne einer vorläufigen
Massnahme sei ferner der Vollzug der Wegweisung auszusetzen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls - in der Regel, so auch vorliegend - endgültig (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG).
1.2 Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung. Er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG). Auf die Beschwerde ist - mit nachfolgender Ausnahme - einzutreten.
Auf den Antrag um Mitteilung betreffend die Bildung des Spruchkörpers ist nicht einzutreten (vgl. Teilurteil des BVGer D-1549/2017 vom 2. Mai 2018 E. 4.3 [zur Publikation vorgesehen]).
2.
Der Antrag auf Mitteilung des Spruchgremiums wird mit Erlass des vorliegenden Urteils gegenstandslos.
3.
Da die Datenweitergabe vorliegend in Anwendung des Asylgesetzes erfolgt ist, wird die Beschwerde durch die Abteilung IV des Bundesverwaltungsgerichts behandelt.
4.
Der Antrag, den Vollzug vorsorglich auszusetzen, wird durch Erlass dieses Urteils gegenstandlos. Ergänzend ist zu bemerken, dass über den Wegweisungsvollzug bereits rechtskräftig befunden worden ist, weshalb im Rahmen der vorliegenden Streitigkeit betreffend die Datenweitergabe ohnehin kein Raum für eine Vollzugsaussetzung bestanden hätte.
5.
Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).
6.
Über offensichtlich unbegründete Beschwerden wird in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden (Art. 111 Bst. e AsylG). Wie nachstehend aufgezeigt, handelt es sich vorliegend um eine solche, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG).
Gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG wurde vorliegend auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.
7.
7.1 Das SEM begründete seine Verfügung damit, dass das Asylgesetz die Bekanntgabe von Personendaten an den Heimat- oder Herkunftsstaat in Art. 97 AsylG spezialgesetzlich regle und daher Art. 6 DSG vorgehe. Gleiches gelte für Art. 106 AuG (SR 142.20). Im Rahmen der Papierbeschaffung übermittle das SEM dem sri-lankischen Generalkonsulat die Personalien der betroffenen Person und beantrage die Ausstellung eines sri-lankischen Ersatzreisepapiers. Dabei handle es sich um ein standardisiertes und langjährig bewährtes Verfahren, welches seit dem 24. Dezember 2016 zusätzlich durch das Migrationsabkommen zwischen der Schweiz und Sri Lanka geregelt sei. Dafür würden dem Generalkonsulat ausschliesslich Personendaten bekanntgegeben, die dem Zweck der Ersatzreisepapierbeschaffung dienen würden. Die Datenschutzbestimmungen nach Art. 97 AsylG und Art. 106 AuG vollumfänglich eingehalten. Insbesondere sei darauf hinzuweisen, dass es sich weder in Art. 97 Abs. 3 AsylG noch in
Art. 16 Bst. c des Migrationsabkommens um eine abschliessende Aufzählung der Daten handle, die einer ausländischen Behörde für die Organisation der Ausreise der betroffenen Person übermittelt werden dürften. Folglich habe keine widerrechtliche Übermittlung von Personendaten an das Generalkonsulat stattgefunden.
7.2 In der Beschwerdeschrift wurde gegen diese Argumentation eingewendet, dass in Sri Lanka kein angemessenes datenschutzrechtliches Schutzniveau im Sinne von Art. 6 DSG existiere. Das SEM bestreite diese Feststellung nicht, mache aber geltend, Art. 97 AsylG gehe Art. 6 DSG als lex specialis vor. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung könne der Gesetzgeber zwar einzelne Bestimmungen des DSG spezialgesetzlich regeln. Diese würden aber nur dann dem DSG vorgehen respektive die Bestimmungen des DSG ihrer eigenständigen materiellen Bedeutung entheben, wenn die spezialgesetzliche Normierung auch den im Datenschutzgesetz vorgesehenen Prinzipien, Grundsätzen und Ansprüchen Rechnung trage (vgl. BGE 126 II 126 E. 5a/bb). Art. 97 Abs. 2 und 3 AsylG übernehme, konkretisiere oder modifiziere die in Art. 6 DSG vorgesehenen Schutzmechanismen nicht ausreichend, als dass für die eigenständige Anwendung von Art. 6 DSG kein Raum mehr bliebe. Art. 97 Abs. 2 AsylG enthalte keine Bestimmung darüber, dass die Vertraulichkeit der Personendaten auch durch die heimatliche Behörde sichergestellt werden müsse und sichergestellt werden müsse, dass diese Daten nicht anderweitig benutzt oder weitergegeben würden. Auch werde zu wenig spezifisch definiert, an welche Behörde die Personendaten übergeben würden. Der Umfang der zu übermittelnden Daten sei in Art. 97 Abs. 3 AsylG nicht abschliessend und damit zu wenig spezifisch geregelt. Art. 6 DSG komme somit weiterhin eine eigenständige Bedeutung zu. Die übermittelten Daten würden von den sri-lankischen Behörden zweckentfremdet, indem sie auch zur Überprüfung einer allfälligen Vergangenheit bezüglich der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) verwendet würden. Die Datenübermittlung sei somit rechtswidrig gewesen.
8.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Das Asylgesetz regelt die Bekanntgabe von Personendaten an den Heimat- oder Herkunftsstaat in Art. 97 AsylG spezialgesetzlich und geht dem Art. 6 DSG damit vor (vgl. Urteile des BVGer E-1837/2018 vom 23. Mai 2018 E. 5.2.2; D-5100/2017 vom 12. April 2018 E. 5.2). Der Hinweis auf BGE 126 II 126 E. 5a/bb ändert an dieser Feststellung nichts. So hat der Gesetzgeber bei der Schaffung von Art. 97 AsylG den datenschutzrechtlichen Grundsätzen hinreichend Rechnung getragen (vgl. Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes, zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 4. September 2002, BBl 2002 6845, 6900 sowie bereits Botschaft zur Totalrevision des Asylgesetzes sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 4. Dezember 1995, BBl 1996 II 1, 100; vgl. auch Bruno Baeriswyl, Datenschutz, in: Ausländerrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 13.63, wonach zum Vollzug einer Wegweisung vom Prinzip des gleichwertigen Datenschutzes abgewichen wird). Art. 97 AsylG regelt die Datenweitergabe im vorliegend interessierenden Kontext demnach als lex specialis abschliessend. Die Datenweitergabe erweist sich somit - wie im Übrigen bereits im Urteil D-1042/2018 vom 23. April 2018 E. 7.2.1 festgestellt - als rechtmässig.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
9.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG und Art. 5 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) und auf Fr. 750.- festzusetzen (Art. 1 -3 VGKE).
10.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist darauf hinzuweisen, dass vom Gericht bereits mehrfach festgestellt wurde, dass das standardisierte Verfahren der Datenweitergabe im Rahmen der Ersatzreisepapierbeschaffung rechtmässig ist. Bei erneuter Stellung eines entsprechenden, im Wesentlichen stets gleich begründeten Rechtsbegehrens, über welches bereits mehrfach befunden worden ist, können diese unnötig verursachten Kosten dem Rechtsvertreter persönlich auferlegt werden (vgl. Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 66 Abs. 3 BGG). Gleiches gilt für den Antrag, auf Bestätigung der Zufälligkeit beziehungsweise der Offenlegung der objektiven Kriterien der Spruchkörperbildung.
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.
Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:
Hans Schürch Linus Sonderegger
Versand: