Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung IV
D-5605/2014
Urteil vom 16. Oktober 2014
Richterin Contessina Theis (Vorsitz),
Besetzung Richter Walter Stöckli, Richterin Claudia Cotting-Schalch,
Gerichtsschreiberin Susanne Bolz.
A._______,Syrien,
Parteien
Gesuchsteller,
gegen
Bundesamt für Migration (BFM),
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand Asylverfahren (Übriges); Verfügung des BFM vom 11. Juli 2014 / (...); Fristwiederherstellungsgesuch.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,
dass der Gesuchsteller Beschwerdeführer war im Verfahren
D-4426/2014, welches die Abweisung der Einsprache gegen die Verweigerung der Visaerteilung an seinen Bruder und dessen Familie durch die schweizerische Auslandsvertretung in B._______ betraf,
dass der Gesuchsteller gegen diese Abweisung am 8. August 2014 beim Bundesverwaltungsgericht form- und fristgerecht Beschwerde erhoben und erneut die Gewährung von Einreisevisa für seine Verwandten beantragt hatte,
dass der Instruktionsrichter des Verfahrens D-4426/2014 den Gesuchsteller mit Zwischenverfügung vom 28. August 2014 aufgefordert hatte, bis zum 12. September 2014 einen Kostenvorschuss in Höhe von Fr. 600.- zu leisten und das Nichteintreten im Fall der Säumnis androhte,
dass die Zwischenverfügung per Einschreiben an die letztbekannte Adresse des Gesuchstellers, an der er nach Auskunft der zuständigen Behörde auch aktuell noch immer gemeldet ist, verschickt wurde und gemäss Zustellungsprotokoll ab dem 29. August 2014 zur Abholung gemeldet war, weshalb sie ab dem 5. August 2014 als rechtsgültig zugestellt galt (Art. 12 Abs. Art. 12 Abs. 1 des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 [AsylG, SR 142.31]),
dass der Gesuchsteller den Kostenvorschuss innerhalb der Frist nicht einbezahlte und die Zwischenverfügung am 8. September 2014 postalisch mit dem Vermerk "nicht abgeholt" an das Bundesverwaltungsgericht retourniert wurde,
dass der zuständige Richter die Beschwerde, nach Überprüfung der ordnungsgemässen Zustellung durch den Sendungsverfolgungsdienst der schweizerischen Post unter Verweis auf Art. 12 Abs. 1 AsylG für offensichtlich unzulässig erklärte und mit Urteil vom 19. September 2014 nicht auf sie eintrat (Art. 111 Bst. b AsylG) und dem Gesuchsteller die Kosten des Verfahrens auferlegte,
dass der Gesuchsteller mit Schreiben vom 30. September 2014 an das Bundesverwaltungsgericht gelangte und erklärte, er habe den Brief über den Kostenvorschuss leider nicht erhalten, das ihn betreffende Urteil sei ihm zuerst zugestellt worden, wofür er keine Erklärung habe, er sei aber bereit den Kostenvorschuss zu zahlen und ersuche das Gericht um nochmalige Überprüfung seines Urteils vom 19. September 2014.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung,
dass das Bundesverwaltungsgericht auf dem Gebiet des Asyls endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen (Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]) des BFM entscheidet, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 31 -33 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]), und auch für die Behandlung von Gesuchen um Fristwiederherstellung zuständig ist,
dass das Gericht das Schreiben vom 30. September 2014 als Gesuch um Fristwiederherstellung gemäss Art. 24 Abs. 1 VwVG entgegennimmt, da der Gesuchsteller sinngemäss ausführt, er habe die Frist zur Einzahlung des Kostenvorschusses unverschuldet versäumt und sei bereit, den noch ausstehenden Kostenvorschuss zu bezahlen,
dass der Gesuchsteller durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist, ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung hat und daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert ist (Art. 105 AsylG i.V.m. Art. 37 VGG und Art. 48 Abs. 1 VwVG),
dass gemäss Art. 21 Abs. 1 VGG die Abteilungen des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel in der Besetzung von drei Richterinnen oder Richtern als Spruchgremium entscheiden,
dass diese Regel auch für Gesuche um Wiederherstellung der Beschwerdefrist im Sinne von Art. 24 VwVG gilt, nachdem diese nicht unter die explizit in Art. 111 , namentlich Bst. e AsylG auf dem Gebiet des Asylrechts dem Einzelrichter respektive der Einzelrichterin vorbehaltenen Zuständigkeiten fallen,
dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG vorliegend auf einen Schriftenwechsel verzichtet wurde,
dass nach Art. 24 Abs. 1 VwVG eine Frist wiederhergestellt wird, sofern der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldeterweise abgehalten war, binnen Frist zu handeln, sofern er unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt,
dass Art. 24 Abs. 1 VwVG im Hinblick auf die allfällige Wiederherstellung einer verpassten Frist einerseits die Erfüllung formeller Voraussetzungen (Einreichung eines entsprechenden, begründeten Begehrens innert einer selbständigen Frist; Nachholung der versäumten Rechtshandlung binnen eben dieser Frist) verlangt, andererseits die Prüfung einer materiellen Frage, nämlich des Verschuldens beziehungsweise Nichtverschuldens in Bezug auf das Verpassen einer im Rahmen einer bestimmten Frist zu erfolgenden Handlung (vgl. EMARK 2004/15 E. 1c),
dass im Sinne einer Eintretensfrage zu prüfen ist, ob die in Art. 24 Abs. 1 VwVG statuierten formellen Voraussetzungen erfüllt sind, wonach binnen 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses ein begründetes Begehren um Wiederherstellung eingereicht werden muss, unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Rechtshandlung,
dass vorliegend die nicht rechtzeitig erfolgte Zahlung des Kostenvorschusses die versäumte Rechtshandlung darstellt und das Hindernis hinsichtlich der Vornahme dieser Rechtshandlung in der Unkenntnis des Gesuchstellers über den Zugang der Zwischenverfügung vom 28. August 2014 bestand,
dass ein Hindernis als weggefallen gilt, sobald es dem Betroffenen objektiv und subjektiv möglich ist, selbst tätig zu werden oder eine Drittperson mit der Interessenwahrung zu betrauen (vgl. Stefan Vogel, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Zürich 2008, Rz. 18 zu Art. 24 VwVG),
dass das Urteil im Verfahren D-4426/2014 an den Gesuchsteller laut Stempel per Einschreiben am 23. September 2014 versandt wurde und das Gericht davon ausgeht, es sei dem Gesuchsteller frühestens am 24. September 2014 zugestellt worden, weshalb er frühestens an diesem Tag Kenntnis von der Zwischenverfügung und dem ihm auferlegten Kostenvorschuss erhalten konnte,
dass bei dieser Sachlage die 30-tägige Frist zur Einreichung eines Fristwiederherstellungsgesuches und zur Vornahme der versäumten Rechtshandlung frühestens am 25. September 2014 in Gang gesetzt wurde und frühestens am 25. Oktober 2014 enden wird (Art. 20 Abs. 1 und 3 VwVG),
dass das Schreiben des Gesuchstellers vom 30. September 2014 damit in jedem Fall fristgemäss im Sinne von Art. 24 Abs. 1 VwVG beim Gericht einging,
dass der Gesuchsteller ein juristischer Laie ist, weshalb die formellen Voraussetzungen als erfüllt zu erachten sind,
dass der Gesuchsteller den Kostenvorschuss noch nicht bezahlt, jedoch seine Zahlungsbereitschaft erklärt hat und die Frist zur nachträglichen Zahlung noch nicht abgelaufen ist, weshalb der Gesuchsteller die formellen Voraussetzungen innerhalb der Frist von Art. 24 Abs. 1 VwVG erfüllten könnte und auf das Gesuch einzutreten wäre,
dass eine versäumte Frist gemäss Art. 24 Abs. 1 VwVG aus materiellen Gesichtspunkten jedoch nur dann wiederherzustellen ist, sofern der Gesuchsteller unverschuldet davon abgehalten wurde, innert Frist zu handeln,
dass ein Fristversäumnis dann unverschuldet ist, wenn dafür objektive Gründe vorliegen und der säumigen Partei keine Nachlässigkeit vorgeworfen werden kann, wie etwa im Falle von Naturkatastrophen, bei Militärdienst oder schwerwiegender Erkrankung (vgl. BGE 112 V 255, BGE 108 V 109, statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-350/2012 vom 1. Februar 2012), oder wenn es auf ein fehlerhaftes Verhalten einer Behörde zurückzuführen ist (vgl. Vogel, a.a.O., N 10 und 13 zu Art. 24 VwVG),
dass schliesslich auch eine Kumulation verschiedener Umstände, die je für sich betrachtet das Versäumnis nicht zu entschuldigen vermöchten, die Voraussetzungen von Art. 24 VwVG erfüllen können (vgl. Vogel, ebenda),
dass dem behördlichen Ermessen bei der Beurteilung eines geltend gemachten Wiederherstellungsgrundes zwar ein weiter Spielraum zukommt, jedoch im Interesse der Rechtssicherheit und eines geordneten Verfahrensganges ein Hinderungsgrund nicht leichthin angenommen werden darf (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-350/2012 vom 1. Februar 2012),
dass der Gesuchsteller in seinem Schreiben vom 30. September 2014 vorbringt, er habe keine Erklärung, warum er die Zwischenverfügung des Verfahrens D-4426/2014 nicht erhalten habe,
dass gemäss Zustellverlaufsprotokoll der schweizerischen Post, welches für das Verfahren D-4426/2014 angefordert wurde, die Zwischenverfügung ab dem 29. August 2014 bis zum 8. September 2014 zur Abholung bereit lag und auch davon auszugehen ist, der Gesuchsteller sei gehörig über diese für ihn bereit liegende Sendung informiert worden (Vermerk "zur Abholung gemeldet" am 29. August 2014, 12:33 Uhr, vgl. Beschwerdeakten D-4426/2014),
dass der Gesuchsteller seinerseits alle Vorkehrungen zu treffen hatte, die zu erwartende Gerichtskorrespondenz betreffend das von ihm anhängig gemachte Beschwerdeverfahren entgegenzunehmen und nach Aktenlage keine objektiven Gründe, insbesondere kein behördliches Fehlverhalten, für sein Versäumnis ersichtlich sind,
dass die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist lediglich auf Nachlässigkeit beruht (aus dem Gesuch vom 30. September 2014 geht insbesondere hervor, dass der Gesuchsteller die Rechtshandlung auch ohne die Hilfe einer Rechtsvertretung vornehmen konnte), weshalb öffentliche Interessen der Wiederherstellung der Zahlungsfrist gegenüberstehen und das Versäumnis nicht als unverschuldet gelten kann,
dass somit die materiellen Voraussetzungen für eine Wiederherstellung der Beschwerdefrist nicht vorliegen, weshalb das Gesuch abzuweisen ist,
dass bei diesem Ausgang des Verfahrens die Kosten von Fr. 300.- (Art. 1 - 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) dem Gesuchsteller aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Das Gesuch um Wiederherstellung der Frist wird abgewiesen.
2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 300.- werden dem Gesuchsteller auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
3.
Dieses Urteil geht an den Gesuchsteller und an das BFM, Abteilung Zulassung, Aufenthalt.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Contessina Theis Susanne Bolz
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