Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I

A-6490/2013

Urteil vom 16. Juni 2014

Richterin Kathrin Dietrich (Vorsitz),

Besetzung Richterin Marie-Chantal May Canellas, Richter André Moser,

Gerichtsschreiber Bernhard Keller.

X._______,
Parteien
Beschwerdeführer,

Gegen

Nachrichtendienst des Bundes NDB,

Papiermühlestrasse 20, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einsichtsrecht.

Sachverhalt:

A.
Am 16. April 2013 beantragte X._______ beim Schweizerischen Bundesarchiv (BAR) die Einsichtnahme in 12 Dossiers, die über drei Personen, die bekannte Sympathisanten der linksextremen Terroristenszene wie RAF und Rote Brigaden waren, angelegt worden sind. Bei diesen Unterlagen aus dem Zeitraum zwischen 1969 und 1992 handelt es sich um Akten des damaligen Polizeidienstes der Bundesanwaltschaft und des damaligen Dienstes für Analyse und Prävention des Bundesamtes für Polizei (fedpol).

B.
Das BAR überwies das Gesuch zuständigkeitshalber an den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) als Nachfolgeorganisation der beiden Amtsstellen. Dieser hiess das Gesuch am 15. August 2013 betreffend ein Dossier mit Auflagen teilweise gut, bezüglich der übrigen Dossiers wies er das Gesuch ab.

C.
Nachdem X._______ eine beschwerdefähige Verfügung verlangt hatte, erliess der NDB am 29. Oktober 2013 eine solche, gewährte die Einsicht in das zuvor erwähnte Dossier unter Auflagen und wies das Einsichtsgesuch im Übrigen ab. Der NDB machte insbesondere geltend, das Archivgut falle noch unter die laufende Schutzfrist von 50 Jahren, mit der Einsicht würden u.a. schützenswerte höchstpersönliche Lebensbereiche der Betroffenen offengelegt und es handle sich bei sehr vielen Meldungen um solche aus nachrichtendienstlichen Informationsquellen, die zu schützen seien.

D.
Gegen diese Verfügung vom 29. Oktober 2013 erhebt X._______ (Beschwerdeführer) am 20. November 2013 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und verlangt die Gewährung der verlangten Akteneinsicht, falls nötig mit Auflagen und Bedingungen. Er macht geltend, es handle sich bei den Betroffenen um Personen der Zeitgeschichte, nämlich drei bekannte Linksaktivisten mit Kontakten zu Terrorgruppen, über die verschiedentlich in den Medien berichtet worden sei, insbesondere ... [im Zusammenhang mit] einem Strafprozess .... Er benötige die Akteneinsicht für eine historische Untersuchung und habe bereits zwei Werke über Schweizer Linksaktivisten im kalten Krieg und ihre Kontakte zum damaligen Ostblock verfasst. Es bestehe ein Interesse an der historischen Aufarbeitung des kalten Krieges. Zudem sei er sich gewohnt, mit delikatem Archivmaterial umzugehen.

E.
In seiner Vernehmlassung vom 24. Januar 2014 beantragt der NDB (Vorinstanz) die Abweisung der Beschwerde, verweist auf die Sperrfrist der Archivgesetzgebung und darauf, dass einmal erteilte Bewilligungen unter gleichen Bedingungen für alle Gesuchsteller gelten würden. Auch der nachrichtendienstliche Quellenschutz für Informanten aus dem Umfeld des Terrorismus stehe dem Einsichtsgesuch entgegen und eine Anonymisierung dieser Vielzahl von Dokumenten würde einen übermässigen Aufwand darstellen und zudem die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Dokumente beeinträchtigen.

F.
In seiner Replik vom 17. Februar 2014 hält der Beschwerdeführer an seinem Einsichtsgesuch fest und bestätigt insbesondere seine Auffassung, dass es sich bei den drei Personen um solche der Zeitgeschichte im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung handle. Sie hätten Verstrickungen mit dem Terrorismus gehabt. Zwei davon seien rechtskräftig verurteilt worden, wobei die Prozesse ein erhebliches Medieninteresse geweckt hätten, auch die dritte Person ... sei in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten. Bei den ihm bisher zugänglich gemachten Akten seien die Quellenhinweise stets anonymisiert worden. Zudem gewähre ihm etwa das deutsche Stasi-Archiv Einsicht in solche Akten. Deutsche Archive, wie auch das schweizerische Bundesarchiv verlangten von Forschenden, dass sie sich schriftlich verpflichten, keine Namen von Drittpersonen zu nennen. Zudem sei eine der drei Personen ... verstorben.

G.
Die Vorinstanz bestätigt ihren Antrag in der Duplik vom 10. März 2014 und weist darauf hin, dass für die hier in Frage stehende Dauer der Schutzfrist der Tod eines Betroffenen keine Auswirkung habe. Sodann könne es offen bleiben, ob es sich bei den fraglichen Personen um solche der Zeitgeschichte handle. Bei Personen der Zeitgeschichte könnten hinsichtlich ihrer Tätigkeiten in der Öffentlichkeit keine überwiegenden privaten Interessen entgegen gestellt werden. Beim diesbezüglich fraglichen Archivgut gehe es jedoch gerade nicht um eine Tätigkeit in der Öffentlichkeit, sondern es handle sich in erster Linie um private Korrespondenz aus der Haft. Sie betont nochmals die Wichtigkeit des Quellenschutzes für nachrichtendienstlichen Informationsaustausch und macht geltend, eine Anonymisierung der Akten sei angesichts des Umfanges von mehreren tausend Seiten nicht praktikabel. Überdies fasst die Vorinstanz einen als vertraulich klassierten, am ... eingereichten, nur für das Gericht bestimmten Amtsbericht zu einem anderen Einsichtsverfahren ... zusammen.

H.
Mit Verfügungen vom 13. März 2014 bzw. 3. April 2014 weist das Bundesverwaltungsgericht sowohl das Einsichtsgesuch des Beschwerdeführers in den Amtsbericht als auch das Sistierungsgesuch der Vorinstanz ab.

I.
Auf die Ausführungen der Beteiligten und sich bei den Akten befindliche Dokumente wird im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen, soweit sie entscheidrelevant sind.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021). Mit der Beschwerde vom 20. November 2013 wird eine Verfügung des NDB angefochten, welche in Anwendung des Bundesgesetzes über die Archivierung (Archivierungsgesetz, BGA, SR 152.1) erging. Die Vorinstanz hat jedoch auch das Bundesgesetz vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS, SR 120) angewandt. Gemäss Art. 32 Bst. a VGG ist die Beschwerde unzulässig gegen Verfügungen auf dem Gebiet der inneren und äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt. Diese Ausnahme ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar, weil die Vorinstanz über die Einsichtnahme bzw. Zugänglichkeit von Archivgut entschieden hat. Sie hat weder eine Massnahme im Sinne des BWIS verfügt, noch bildet die aktuelle Informationsbearbeitung nach jenem Gesetz Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Weil somit keine Ausnahme nach Art. 32 VGG vorliegt und der NDB eine Vorinstanz nach Art. 33 VGG ist, ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig.

1.2 Zur Beschwerde ist nach Art. 48 Abs. 1 VwVG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Der Beschwerdeführer ist Adressat der Verfügung und im vorinstanzlichen Verfahren mit seinem Begehren um Einsichtnahme in Archivgut nicht vollumfänglich durchgedrungen. Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Entscheid auch materiell beschwert und deshalb zur Beschwerde befugt.

1.3 Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50 und 52 VwVG) ist daher einzutreten.

2.
Das Bundesverwaltungsgericht kann die angefochtene Verfügung grundsätzlich in vollem Umfang überprüfen. Der Beschwerdeführer kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Rüge der Unangemessenheit erheben (Art. 49 Bst. c VwVG;André Moser/Michael Beusch/ Lorenz Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013 S. 88 ff. Rz. 2.149 ff.; Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 1758 ff.).

3.
Der Beschwerdeführer verlangt Einsicht in Akten, die sich im Bundesarchiv befinden und von Vorgängerorganisationen der Vorinstanz abgeliefert worden sind und nicht ihn selbst betreffen. Er kann sich hierfür auf die in Art. 16 BV verankerte Informationsfreiheit berufen. Diese umfasst auch den Anspruch, sich Informationen von staatlichen Behörden zu verschaffen. Indessen gewährt Art. 16 Abs. 3 BV nur ein Recht, Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen, ist also beschränkt auf jene Informationen, die nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften der Öffentlichkeit zugänglich sind (Jörg Paul Müller/Markus Schefer, Grundrechte in der Schweiz 4. Aufl. 2008, S. 522 f.). Demzufolge ergibt sich die Qualifikation einer Quelle als allgemein zugänglich aus den anwendbaren gesetzlichen Vorschriften, weshalb die Informationsfreiheit keinen Anspruch auf Einsicht in geheime Dokumente gewährt (vgl. Andreas Kley/Florian Zihler, Geschichtswissenschaftliches Arbeiten im Rahmen der Kommunikationsgrundrechte, Medialex 2003 S. 85 f.).

3.1 Auf Akten, die sich im Bundesarchiv befinden, ist in erster Linie das Archivierungsgesetz anwendbar. Die Zugänglichkeit des Archivguts ist im dritten Abschnitt geregelt, wobei gemäss Art. 9 BGA als Grundsatz nach Ablauf einer Schutzfrist von 30 Jahren das Archivgut des Bundes der Öffentlichkeit unentgeltlich zur Einsichtnahme zur Verfügung steht. Vorbehalten ist einerseits die auf 50 Jahre verlängerte Schutzfrist für Archivgut, das nach Personennamen erschlossen ist und besonders schützenswerte Personendaten oder Persönlichkeitsprofile enthält (Art. 11 BGA). Vorbehalten ist anderseits Archivgut, an dem ein überwiegendes schutzwürdiges öffentliches oder privates Interesse gegen die Einsichtnahme besteht (Art. 12 BGA). Auch in diesem Fall beträgt die Schutzfirst gemäss Art. 14 der Verordnung vom 8. September 1999 zum Bundesgesetz über die Archivierung (Archivierungsverordnung, VBGA, SR 152.11) in der Regel insgesamt 50 Jahre.

3.2 Der Beschwerdeführer beanstandet die von der Vorinstanz geltend gemachte verlängerte Schutzfrist. Die Vorinstanz macht eine 50 jährige Schutzfrist nach Art. 12 Abs. 1 BGA in Verbindung mit Art. 14 und Anhang 3 der VBGA geltend, die erst im Jahr 2030 bzw. 2043 ablaufe und lehnt auch eine vorzeitige Einsichtnahme im Sinne von Art. 13 BGA ab.

3.3 Gemäss Art. 10 BGA beginnt die Schutzfrist in der Regel mit dem Datum des jüngsten Dokuments eines Geschäftes oder eines Dossiers zu laufen. Die strittigen 12 Dossiers umfassen Dokumente aus einem Zeitraum von 1969 bis 1994, das jeweils jüngste Dokument stammt je einmal von 1979, 1980, 1981, 1982, 1987, 1990, 1992 und 1994, in vier Dossiers stammt das jüngste Dokument aus dem Jahr 1985. Die ordentliche Schutzfrist von 30 Jahren nach Art. 9 Abs. 1 BGA ist erst für diejenigen 4 Dossiers abgelaufen, deren jüngstes Dokument vor 1984 erstellt worden ist. Indessen macht die Vorinstanz eine längere Schutzfrist von 50 Jahren geltend. Die strittigen Dossiers beginnen mit der Archivsignatur "E4320C". Diese Signatur ist für Akten der Bundesanwaltschaft "Polizeidienst (1960-1999)" vorgesehen und wird in Anhang 3 VBGA, der Liste von Archivgut mit verlängerter Schutzfrist im Sinne von Art. 12 Abs. 1 BGA und Art. 14 Abs. 2 , 3 und 5 VBGA aufgeführt mit einer Schutzfrist von 50 Jahren.

3.4 Art. 12 Abs. 1 BGA ermächtigt den Bundesrat, für bestimmte Kategorien von Archivgut in einer Verordnung zeitlich befristet die Einsichtnahme nach Ablauf der Schutzfrist zu beschränken oder zu untersagen, sofern ein überwiegendes schutzwürdiges öffentliches oder privates Interesse gegen die Einsichtnahme durch Dritte besteht. Mit dieser Bestimmung werden gewisse Rechtsetzungsbefugnisse vom Parlament auf den Bundesrat übertragen. Eine solche Delegation von Gesetzgebungsbefugnissen gilt als zulässig, wenn sie nicht durch die Verfassung ausgeschlossen ist, in einem Gesetz im formellen Sinn enthalten ist, sich auf ein bestimmtes, genau umschriebenes Sachgebiet beschränkt und die Grundzüge der delegierten Materie, d.h. die wichtigen Regelungen, im delegierenden Gesetz selbst enthalten sind (Art. 164 Abs. 1 und 2 BV; BGE 128 I 113 E. 3c; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A 1751/2006 vom 25. März 2009 E. 2.2). Art. 12 Abs. 1 BGA genügt den Anforderungen an eine Delegationsnorm im soeben dargelegten Sinn. Als überwiegendes schutzwürdiges öffentliches Interesse gegen die Einsichtnahme von Archivgut im Sinn von Art. 12 Abs. 1 BGA werden in Art. 14 Abs. 3 VBGA Fälle genannt, in denen die Akteneinsicht geeignet ist, die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft zu gefährden; die Beziehungen zu ausländischen Staaten, internationalen Organisationen oder zwischen dem Bund und den Kantonen dauernd zu beeinträchtigen oder die Handlungsfähigkeit des Bundesrats schwerwiegend zu beeinträchtigen. Diese Konkretisierung des Begriffs "überwiegendes öffentliches Interesse" ist nicht zu beanstanden und leuchtet ohne weiteres ein. Die Vorinstanz macht in ihrer Zusammenfassung des geheimen Amtsberichts geltend, ... aus dem Archivgut [liessen sich u.a.] Erkenntnisse über die internationale Zusammenarbeit von Sicherheitsbehörden und deren Arbeitsweise gewinnen. Die Gewährung der Einsicht würde daher Sicherheitsinteressen der Schweiz und anderer Staaten zuwider laufen. Es ist nachvollziehbar, dass auch heute noch die Einsichtnahme in die strittigen Dossiers eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Schweiz darstellt, mithin ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Einsichtsverweigerung besteht. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass der Bundesrat in Anhang 3 der VBGA die Akten des Polizeidienstes (1960-1999) einer längeren Schutzfrist nach Art. 12 Abs. 1 BGA unterstellt hat, und es ist auch zutreffend, dass es sich bei den strittigen Dossiers um dieser Kategorie zuzuordnendes Archivgut handelt. Ferner entspricht die Dauer der verlängerten Schutzfrist von insgesamt 50 Jahren derjenigen für nach Personennamen erschlossenen Daten gemäss Art. 11 BGA, also einer vom Gesetzgeber ebenfalls gewählten Frist. Sie ist
zudem auch nicht übermässig. Die Schutzfrist für die streitgegenständlichen Dossiers läuft somit frühestens im Jahr 2029 ab (vgl. vorne E. 3.3).

3.5 Da sich die Verlängerung der Schutzfrist für das strittige Archivgut auf Art. 12 BGA, also ein überwiegendes schützenswertes öffentliches Interesse stützt und nicht auf den verlängerten Schutz für Personendaten nach Art. 11 BGA, spielt auch der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Umstand keine Rolle, dass eine der drei Personen 1998 verstorben sein soll. Gemäss Art. 11 Abs. 2 BGA endet zwar die Schutzfrist drei Jahre nach dem Tod der betroffenen Person, jedoch ist diese Bestimmung wie soeben erwähnt für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Zudem enthält sie auch einen Vorbehalt zugunsten der verlängerten Schutzfrist nach Art. 12 BGA. Die Schutzfrist für diejenigen Dossiers, die die mutmasslich verstorbene Person betreffen, hat sich daher nicht verkürzt.

3.6 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz zu Recht eine verlängerte Schutzfrist von 50 Jahren nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 und Anhang 3 VGBA für die streitgegenständlichen Dossiers geltend macht und dass diese derzeit noch nicht abgelaufen ist.

4.
Zu prüfen bleibt, ob dem Beschwerdeführer die vorzeitige Einsichtnahme gemäss Art. 13 BGA zu gewähren ist. Der Beschwerdeführer macht geltend, er benötige die Einsicht für im öffentlichen Interesse liegende historische Forschung bzw. um ein Buch zu schreiben über die drei Personen der Zeitgeschichte und ihre Verstrickungen in den internationalen Terrorismus. Die Aufarbeitung des kalten Krieges sei vom Europarat erwünscht und auch das schweizerische Parlament habe den Nutzen der geschichtlichen Aufarbeitung des kalten Krieges, der Bespitzelung der Schweiz durch kommunistische Geheimdienste und ihrer inländischen Helfer bejaht, hingegen die Einsetzung einer Kommission wie etwa diejenige zur Aufarbeitung des 2. Weltkrieges abgelehnt und dies als Aufgabe der privaten Historiker angesehen. Schliesslich verweist er auf den Paradigmenwechsel in der Behandlung und Zugänglichkeit von amtlichen Dokumenten, die das Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 2004 (BGÖ, SR 152.3) mit sich gebracht hat.

4.1 Die Vorinstanz lehnt eine vorzeitige Einsichtnahme ab. Einerseits habe der Gesetzgeber ausdrücklich auf die Einführung eines sog. Wissenschaftsprivilegs verzichtet. Anderseits müsste sie auch anderen, weniger vertrauenswürdigen Personen die Einsichtnahme gestatten, wenn sie diese dem Beschwerdeführer gewähre. Die überwiegenden Gründe, die die verlängerte Schutzfrist erforderten, stünden einer vorzeitigen Einsichtnahme entgegen. Schliesslich seien die ausländischen nachrichtendienstlichen Quellen zu schützen: Die Zusammenarbeit beruhe auf gegenseitigem Vertrauen und erfolge unter dem international üblichen Vorbehalt, dass eine Weiterverwendung ihrer Erkenntnisse ausschliesslich mit Zustimmung der Quelle erfolgen dürfe, wobei für ein Einsichtsgesuch noch nie eine solche Zustimmung erteilt worden sei. Dieses Vertrauen dürfe nicht zerstört werden, andernfalls die Schweiz von wichtigen internationalen Informationsflüssen abgeschnitten würde.

4.2 Art. 13 BGA regelt die Einsichtnahme während der Schutzfrist. Die abliefernden Stellen können Archivgut bereits vor Ablauf der Schutzfristen für die Öffentlichkeit freigeben oder einzelnen Personen die Einsichtnahme gewähren, wenn keine gesetzlichen Vorschriften und keine überwiegenden schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen (Art. 13 Abs. 1 BGA). Solche Bewilligungen gelten unter gleichen Bedingungen für alle Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller (Art. 13 Abs. 2 BGA), wobei die Einsichtnahme mit Auflagen und Bedingungen verknüpft, insbesondere die Anonymisierung von Personendaten verlangt werden kann (Art. 13 Abs. 3 BGA). Es ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass der Gesetzgeber bewusst auf ein Wissenschaftsprivileg verzichtet und stattdessen jedermann das gleiche Recht eingeräumt hat, Archivgut zu konsultieren (vgl. Botschaft über das Bundesgesetz über die Archivierung vom 26. Februar 1997, BBl 1997 II 962; BGE 127 I 145 E. 4.c.bb; Martin Winterberger-Yang, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, 2. Aufl. 2006, N. 26 zu Art. 22, Kley/Zihler, a.a.O., S. 87). Die Vorinstanz macht überwiegende öffentliche Interessen geltend, die einer vorzeitigen Einsichtnahme in das Archivgut entgegenstehen. Sowohl für eine Verlängerung der Schutzfrist als auch für eine vorzeitige Freigabe gilt - soweit hier relevant und mit umgekehrtem Vorzeichen - das Kriterium des überwiegenden, schutzwürdigen öffentlichen Interesses. Schon von der Gesetzeslogik her schliessen sich daher die Verlängerung der Schutzfrist und die vorzeitige Freigabe aus. Nachdem sich die verlängerte Schutzfrist hinsichtlich des streitigen Archivgutes als rechtmässig herausstellt, kann dem Beschwerdeführer keine vorzeitige Einsichtnahme gewährt werden. Da zudem die gesetzliche Regelung eine Einsichtnahme, die sich auf einzelne Personen beschränkt, ausdrücklich ausschliesst, kann dem Beschwerdeführer trotz seiner Vertrauenswürdigkeit und seinem Vorhaben, einen im öffentlichen Interesse liegenden Beitrag zur Aufarbeitung der Zeit des kalten Krieges in der Schweiz zu leisten, keine Einsicht in die nachgesuchten Unterlagen gewährt werden.

4.3 Auch aus dem BGÖ ergibt sich nichts anderes: Die strittigen Akten fallen nicht in den zeitlichen Geltungsbereich des BGÖ, da dieses gemäss Art. 23 erst auf amtliche Dokumente anwendbar ist, die nach seinem Inkrafttreten von einer Behörde erstellt oder empfangen worden waren, wobei das BGÖ am 1. Juli 2006 in Kraft getreten ist, also 12 Jahre nachdem das letzte hier strittige Dokument erstellt worden ist (Bertil Cottier, in: Handkommentar Öffentlichkeitsgesetz, 2008, N. 26 zu Art. 4 BGÖ). Damit erübrigt sich eine Prüfung, ob die Vorinstanz auch aus anderen, in Art. 7 BGÖ genannten Gründen den Zugang zu den Dokumenten aufschieben oder verweigern kann.

5.
Zu beachten bleibt jedoch, dass gemäss Art. 9 Abs. 2 BGA Unterlagen, die bereits vor ihrer Ablieferung an das Bundesarchiv öffentlich zugänglich waren, auch weiterhin öffentlich zugänglich bleiben. In den strittigen Akten befinden sich auch Zeitungsartikel. Diese waren ab Erscheinen öffentlich zugänglich, weshalb an ihnen von vornherein keine Schutzfrist geltend gemacht werden kann. Die Vorinstanz hat daher dem Beschwerdeführer Einsicht in die Zeitungsartikel zu gewähren, die in die strittigen Dossiers abgelegt worden sind. Insofern ist die Beschwerde gutzuheissen.

6.

6.1 Die Verfahrenskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt, unterliegt sie nur teilweise, werden die Verfahrenskosten ermässigt (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt (Art. 63 Abs. 2 VwVG). Bei diesem Verfahrensausgang unterliegt der Beschwerdeführer mehrheitlich. Er hat daher von den auf Fr. 800.- festgesetzten Gerichtskosten Fr. 600.- zu tragen. Diese sind mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 800.- zu verrechnen, der Rest von Fr. 200.- ist ihm nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zurückzuerstatten.

6.2 Der Beschwerdeführer ist nicht anwaltlich vertreten und die ihm durch das Verfahren entstandenen Kosten sind verhältnismässig gering. Es ist ihm daher trotz teilweisem Obsiegen keine Parteientschädigung auszurichten (Art. 7 Abs. 2 und 4 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2). Die Vorinstanz als Bundesbehörde hat ebenfalls keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 7 Abs. 3 VGKE). Es werden daher keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und die Vorinstanz angewiesen, dem Beschwerdeführer Einsicht zu gewähren in Zeitungsartikel, die bereits vor ihrer Ablieferung an das Bundesarchiv öffentlich zugänglich waren und sich in denjenigen Dossiers befinden, die im Gesuch des Beschwerdeführers vom 16. April 2013 genannt sind.

2.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

3.
Dem Beschwerdeführer werden Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 600.- auferlegt. Diese werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 800.- verrechnet. Der Rest von Fr. 200.- ist ihm nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zurückzuerstatten; hierzu hat der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht seine Postkonto- oder Bankverbindung mitzuteilen.

4.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

5.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. Mrs/Bup; Einschreiben)

- das Generalsekretariat VBS (Gerichtsurkunde)

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Kathrin Dietrich Bernhard Keller

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff ., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Frist steht still vom 15. Juli bis und mit dem 15. August (Art. 46 Abs. 1 Bst. b BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

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Document : A-6490/2013
Date : 16 juin 2014
Publié : 30 juin 2014
Source : Tribunal administratif fédéral
Statut : Non publié
Domaine : protection des données
Objet : Einsichtsrecht


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