Bundesstrafgericht
Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal
Geschäftsnummer: BG.2019.55
Beschluss vom 15. Januar 2020 Beschwerdekammer
Besetzung
Bundesstrafrichter Roy Garré, Vorsitz, Cornelia Cova und Stephan Blättler, Gerichtsschreiberin Santina Pizzonia
Parteien
Kanton Zug, Staatsanwaltschaft, Gesuchsteller
gegen
Kanton Zürich, Oberstaatsanwaltschaft, Gesuchsgegner
Gegenstand
Gerichtsstandskonflikt (Art. 40 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
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1 | Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
2 | Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid. |
3 | Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen. |
Sachverhalt:
A. Die Staatsanwaltschaft Zug führt ein Strafverfahren gegen A. wegen Nötigung, Erpressung und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. A., welcher bereits einschlägig vorbestraft ist, wird verdächtigt, am 7. August 2019 je ein E-Mail an das Obergericht des Kantons Zug und an die Klinik B. in Z. (ZG) gesendet zu haben. In beiden E-Mails forderte er unter Ansetzung von Ultimaten Geld. A. erklärte darin weiter, dass bei Nichteinhaltung der Ultimaten die Adressaten mit ihrem Leben bezahlen müssen. Weiter wird er verdächtigt, sich mit seinem Beschwerdeschreiben an das Obergericht des Kantons Zug vom 26. Mai 2019 der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte schuldig gemacht zu haben (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 1/4, Urk. 1/1/1 ff.). A. wurde am 12. August 2019 vorläufig festgenommen und befindet sich seit dem 15. August 2019 in Untersuchungshaft (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 1/4, Dossier 4).
B. Gemäss dem von der Staatsanwaltschaft Zug in Auftrag gegebenen psychiatrischen Verlaufsgutachten vom 7. Oktober 2019 litt A. zur Zeit der Taten an einer manischen schizoaffektiven Störung. Aufgrund des klinischen Verlaufs mit mehrfachen Klinikeinweisungen und dem Ausmass der vorhandenen affektiven und wahnhaften Symptome sei von einer schweren psychischen Störung auszugehen. A. sei zur Zeit der Taten wegen dieser psychischen Störung nicht fähig zum Handeln gewesen «gemäss der teilweise vorhandenen Einsicht in das Unrecht der Taten» (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 1/4, Urk. 3/3/15 ff., 3/3/64 f.).
Bereits im Zusammenhang mit einem früheren Strafverfahren wegen mehrfacher Drohung, mehrfachen Beschimpfungen und mehrfachen Tätlichkeiten war am 25. Februar 2013 ein psychiatrisches Gutachten über A. erstellt worden (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 1/4, Urk. 3/1/3 ff.). Darin wurde ausgeführt, dass A. zum Zeitpunkt der damaligen Taten wie auch der Begutachtung unter einer gemischten schizoaffektiven Störung gelitten habe, welche einer schweren psychischen Störung entspreche. Gemäss diesem Gutachten war hinsichtlich der A. damals vorgeworfenen Delikte zum Teil von einer vollständig aufgehobenen Schuldfähigkeit und zum Teil von einer Verminderung der Schuldfähigkeit schweren Grades auszugehen (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 1/4, Urk. 3/1/86 f.).
C. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug ersuchte mit Schreiben vom 20. September 2019 die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis (ZH) um Übernahme des Strafverfahrens gegen A. Zur Begründung führte sie aus, dass bei Internetdelikten der Tatort dort sei, wo sich die Täterschaft zum Zeitpunkt der Eingabe ihrer Befehle aufgehalten habe. Sie gehe davon aus, dass A. die fraglichen E-Mails 2019 von seinem Aufenthalts- bzw. Wohnort in Y. (ZH) aus abgeschickt habe, da sein Notebook dort sichergestellt worden sei und er dort Anschluss ans Stromnetz wie auch ans Internet gehabt habe (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 7/1 f.).
D. Die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis lehnte mit Schreiben vom 26. September 2019 das Ersuchen ab. Sie brachte vor, A. glaube, einen Anspruch auf den erstrebten Vermögensvorteil zu haben, und wolle daher eine vermeintlich bestehende Forderung befriedigt haben. Im Hinblick auf den Tatbestand der (versuchten) Erpressung im Sinne von Art. 156 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 156 - 1. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selber oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selber oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig oder erpresst er die gleiche Person fortgesetzt, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.215 |
3 | Wendet der Täter gegen eine Person Gewalt an oder bedroht er sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben, so richtet sich die Strafe nach Artikel 140. |
4 | Droht der Täter mit einer Gefahr für Leib und Leben vieler Menschen oder mit schwerer Schädigung von Sachen, an denen ein hohes öffentliches Interesse besteht, so wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr216 bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 181 - Wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
E. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug ersuchte mit Schreiben vom 30. September 2019 die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis wiederum um Verfahrensübernahme (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 7/5 f.). Sie entgegnete, es sei massgeblich, ob der Täter sich vorstelle, dass der Anspruch auch von der Rechtsordnung anerkannt werde und er seine Forderung demgemäss mit gerichtlicher Hilfe in einem Zivilprozess durchsetzen könnte. A. sei demgegenüber vollkommen klar gewesen, dass seine vermeintlichen Ansprüche von der Rechtsordnung nicht anerkannt würden und er seine Forderung mit gerichtlicher Hilfe nicht werde durchsetzen können. Sein Handeln sei daher unverändert als mehrfach versuchte Erpressung und nicht als mehrfach versuchte Nötigung zu qualifizieren (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 7/5 ff.).
F. Auch mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 lehnte die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis das Übernahmeersuchen ab. Sie hielt daran fest, angesichts der aus dem Gutachten vom 25. Februar 2013 hervorgehenden Diagnostik sei erstellt, dass A. zumindest glaube, Anspruch auf den erstrebten Vermögensvorteil zu haben. Zudem hätten die erstbefassten Zuger Behörden im Hinblick auf den Ausführungsort nicht alle dazu notwendigen Erhebungen durchgeführt. So hätten sie keine näheren Abklärungen hinsichtlich der IP-Adressen bei Google vorgenommen. Dass die fraglichen E-Mails von Y. (ZH) aus abgeschickt worden seien, stelle lediglich eine Vermutung dar (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 7/8 ff.).
G. Der Leitende Oberstaatsanwalt des Kantons Zug ersuchte mit Schreiben vom 18. November 2019 die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich um Verfahrensübernahme (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 7/17 ff.). Er hielt fest, es sei widersinnig, im konkreten Fall auf Interpretationen über die subjektive Tatbestandsmässigkeit des Handelns von A. abzustellen. Es könne nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein, in Konstellationen wie der vorliegenden die Wahnvorstellungen einer psychisch schwer gestörten Person zur Grundlage der Gerichtsstandssausscheidung zu machen (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 7/17 ff.).
H. Mit Antwortschreiben vom 10. Dezember 2019 lehnte auch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich das Ersuchen ab. Sie hielt daran fest, dass A. der festen Überzeugung gewesen sei, einen Schadenersatzanspruch zu haben, weshalb die für die Erfüllung des Tatbestandes der Erpressung vorausgesetzte unrechtmässige Bereicherungsabsicht fehle. Sie geht davon aus, dass sich der Tatbestand der Erpressung von vornherein als haltlos erweist und daher nicht gerichtsstandsrelevant ist (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 1/4, Urk. 7/24 ff.).
I. Mit Ersuchen vom 18. Dezember 2019 gelangt der Leitende Oberstaatsanwalt des Kantons Zug an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Er beantragt, es seien die Behörden des Kantons Zürich für berechtigt und verpflichtet zu erklären, die A. zur Last gelegten Straftaten zu verfolgen und zu beurteilen (act. 1).
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt in ihrer Gesuchsantwort, es seien die Strafbehörden des Kantons Zug zur Verfolgung der A. zur Last gelegten Straftaten für berechtigt und verpflichtet zu erklären (act. 3). Mit Schreiben vom 30. Dezember 2019 verzichtete der Gesuchsteller auf eine Replik (act. 5).
J. Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
1.
1.1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter (Art. 39 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
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1 | Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
2 | Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 39 Prüfung der Zuständigkeit und Einigung - 1 Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
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1 | Die Strafbehörden prüfen ihre Zuständigkeit von Amtes wegen und leiten einen Fall wenn nötig der zuständigen Stelle weiter. |
2 | Erscheinen mehrere Strafbehörden als örtlich zuständig, so informieren sich die beteiligten Staatsanwaltschaften unverzüglich über die wesentlichen Elemente des Falles und bemühen sich um eine möglichst rasche Einigung. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 40 Gerichtsstandskonflikte - 1 Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
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1 | Ist der Gerichtsstand unter Strafbehörden des gleichen Kantons streitig, so entscheidet die Ober- oder Generalstaatsanwaltschaft oder, wenn keine solche vorgesehen ist, die Beschwerdeinstanz dieses Kantons.17 |
2 | Können sich die Strafverfolgungsbehörden verschiedener Kantone über den Gerichtsstand nicht einigen, so unterbreitet die Staatsanwaltschaft des Kantons, der zuerst mit der Sache befasst war, die Frage unverzüglich, in jedem Fall vor der Anklageerhebung, dem Bundesstrafgericht zum Entscheid. |
3 | Die zum Entscheid über den Gerichtsstand zuständige Behörde kann einen andern als den in den Artikeln 31-37 vorgesehenen Gerichtsstand festlegen, wenn der Schwerpunkt der deliktischen Tätigkeit oder die persönlichen Verhältnisse der beschuldigten Person es erfordern oder andere triftige Gründe vorliegen. |
SR 173.71 Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) - Strafbehördenorganisationsgesetz StBOG Art. 37 Zuständigkeiten - 1 Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
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1 | Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO13 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet. |
2 | Sie entscheiden zudem über: |
a | Beschwerden in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten gemäss: |
a1 | dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198114, |
a2 | dem Bundesgesetz vom 21. Dezember 199515 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts, |
a3 | dem Bundesgesetz vom 22. Juni 200116 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, |
a4 | dem Bundesgesetz vom 3. Oktober 197517 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen; |
b | Beschwerden, die ihnen das Bundesgesetz vom 22. März 197418 über das Verwaltungsstrafrecht zuweist; |
c | Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts über das Arbeitsverhältnis seiner Richter und Richterinnen und seines Personals sowie des Personals der ständigen Sekretariate der eidgenössischen Schätzungskommissionen; |
d | Konflikte über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit; |
e | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 21. März 199720 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zum Entscheid zuweist; |
f | Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 7. Oktober 199421 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes zum Entscheid zuweist; |
g | Konflikte über die Zuständigkeit nach dem Geldspielgesetz vom 29. September 201723. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 396 Form und Frist - 1 Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen. |
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1 | Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert 10 Tagen schriftlich und begründet bei der Beschwerdeinstanz einzureichen. |
2 | Beschwerden wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung sind an keine Frist gebunden. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 14 Bezeichnung und Organisation der Strafbehörden - 1 Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen. |
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1 | Bund und Kantone bestimmen ihre Strafbehörden und deren Bezeichnungen. |
2 | Sie regeln Wahl, Zusammensetzung, Organisation und Befugnisse der Strafbehörden, soweit dieses Gesetz oder andere Bundesgesetze dies nicht abschliessend regeln. |
3 | Sie können Ober- oder Generalstaatsanwaltschaften vorsehen. |
4 | Sie können mehrere gleichartige Strafbehörden einsetzen und bestimmen für diesen Fall den jeweiligen örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich; ausgenommen sind die Beschwerdeinstanz und das Berufungsgericht. |
5 | Sie regeln die Aufsicht über ihre Strafbehörden. |
1.2 Geht in einem Kanton eine Strafanzeige bzw. ein Strafantrag ein, so hat die betroffene Strafverfolgungsbehörde von Amtes wegen zu prüfen, ob nach den Gerichtsstandsbestimmungen die örtliche Zuständigkeit ihres Kantons gegeben ist. Damit diese Prüfung zuverlässig erfolgen kann, muss die fragliche Behörde alle für die Festlegung des Gerichtsstandes wesentlichen Tatsachen erforschen und alle dazu notwendigen Erhebungen durchführen (vgl. zuletzt u.a. Beschluss des Bundesstrafgerichts BG.2016.22 vom 25. August 2016 E. 2.2 m.w.H.).
1.3 Der Ausführungsort geht als primärer Gerichtsstand allen anderen Gerichtsständen vor (BAUMGARTNER, Die Zuständigkeit im Strafverfahren, 2014, S. 58; SCHWERI/BÄNZIGER, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl. 2004, N. 59 f.) und befindet sich dort, wo der Täter gehandelt hat (BGE 86 IV 222 E. 1). Der Erfolgsort ist bei der Bestimmung des Gerichtsstands gegenüber dem Ausführungsort subsidiär und gilt nur dann, wenn es sich um ein Erfolgsdelikt oder ein konkretes Gefährdungsdelikt handelt, der Ort des Erfolgseintritts bekannt ist und in der Schweiz liegt (vgl. Art. 31 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 31 Gerichtsstand des Tatortes - 1 Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig. |
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1 | Für die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Liegt nur der Ort, an dem der Erfolg der Straftat eingetreten ist, in der Schweiz, so sind die Behörden dieses Ortes zuständig. |
2 | Ist die Straftat an mehreren Orten verübt worden oder ist der Erfolg an mehreren Orten eingetreten, so sind die Behörden des Ortes zuständig, an dem zuerst Verfolgungshandlungen vorgenommen worden sind. |
3 | Hat eine beschuldigte Person am selben Ort mehrere Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen verübt, so werden die Verfahren vereint. |
1.4 Der Gesuchsteller geht davon aus, dass die «erpresserischen» E-Mails von A. von Y. (ZH) aus versandt wurden, weil dieser faktisch dort wohne, an diesem Ort das für die Erstellung und den Versand der E-Mails verwendete Notebook im Rahmen der nachfolgenden Hausdurchsuchung aufgefunden wurde und er dort Anschluss ans Stromnetz wie auch ans Internet hatte (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 7/2).
Die Annahme des Gesuchstellers, dass A. unter Berücksichtigung dieser Umstände in Y. (ZH) die E-Mails versandt habe, ist zwar naheliegend. Das internationale Rechtshilfeersuchen des Gesuchstellers vom 31. Oktober 2019 an die US-amerikanischen Behörden um Ermittlung der IP-Adresse, von welcher aus die erpresserischen E-Mails versandt wurden, wurde aber bis dato nicht beantwortet (Verfahrensakten KT ZG, Ordner 2/4, Urk. 11/12 ff.). Da das Notebook überall eingesetzt werden konnte, erlauben die bisher getätigten Abklärungen demnach nicht, den Gerichtsstand zuverlässig festzustellen. Solange die Frage der Zuständigkeit offen und streitig ist, bleibt jeder Kanton verpflichtet, die sein Gebiet betreffenden Tatsachen so weit abzuklären, als es der Entscheid über den Gerichtsstand erfordert.
1.5 Auf das vorliegende Gerichtsstandsgesuch ist daher zurzeit nicht einzutreten.
2. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 423 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 423 Grundsätze - 1 Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten. |
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1 | Die Verfahrenskosten werden vom Bund oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abweichende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben vorbehalten. |
2 | und 3 ...273 |
Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Auf das Gesuch wird nicht eingetreten.
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Bellinzona, 15. Januar 2020
Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Zustellung an
- Staatsanwaltschaft des Kantons Zug
- Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.