Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung VI

F-2341/2018

Urteil vom 15. Oktober 2018

Richter Martin Kayser (Vorsitz),

Richter Gregor Chatton,
Besetzung
Richter Fulvio Haefeli,

Gerichtsschreiber Jonas Weinhold.

A._______,

Parteien vertreten durch lic. iur.Felix Hollinger, Rechtsanwalt,

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Einreiseverbot.

Sachverhalt:

A.
Der Beschwerdeführer (geb. 1970) ist serbischer Staatsangehöriger. Auf dem Zivilstandsamt Zürich wurde am 5. März 2018 festgestellt, dass er sich nach Ablauf seines bewilligungsfreien Aufenthalts weiterhin in der Schweiz aufgehalten hatte.

B.
Gestützt auf diesen Sachverhalt verurteilte ihn die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat mit Strafbefehl vom 7. März 2018 wegen rechtswidrigen Aufenthalts zu einer bedingten Geldstrafe und einer Busse (Akten der Vorinstanz [SEM act.] 1/5-7). Am selben Tag wies das Migrationsamt des Kantons Zürich den Beschwerdeführer aus der Schweiz weg. Dies mit der Begründung, er habe gegen die hiesige öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen, womit er die Einreisevoraussetzungen nicht mehr erfülle (SEM act. 1/8-10).

C.
Ebenfalls am 7. März 2018 auferlegte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer ein zweijähriges Einreiseverbot. Zugleich ordnete sie die Ausschreibung der Massnahme im Schengener Informationssystem (SIS II) an. Einer Beschwerde entzog sie die aufschiebende Wirkung (SEM act. 2/11-13).

D.

Dagegen gelangte der Beschwerdeführer mit Rechtsmitteleingabe vom 23. April 2018 ans Bundesverwaltungsgericht. Die vorinstanzliche Verfügung und die Ausschreibung im SIS II seien aufzuheben; eventualiter sei das Einreiseverbot auf unbestimmte Zeit zu suspendieren. Beantragt wird überdies eine Parteientschädigung (Akten des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer act.] 1).

E.

Am 26. Mai 2018 entrichtete der Beschwerdeführer den ihm zuvor auferlegten Kostenvorschuss (BVGer act. 2 und 3).

F.

In ihrer Vernehmlassung vom 26. Juni 2018 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde (BVGer act. 5).

G.

Die Parteien liessen sich in der Folge nicht mehr vernehmen.

H.

Auf den übrigen Inhalt der Akten wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Vom SEM erlassene Einreiseverbote sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (vgl. Art. 31 ff . VGG i.V.m. Art. 5 VwVG). Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.2 Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Erhebung der Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG). Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind gegeben (vgl. Art. 50 und 52 VwVG).

1.3 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in vorliegender Sache endgültig (vgl. Art. 83 Bst. c Ziff. 1 BGG).

2.

Mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht können vorliegend die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts oder die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG nicht an die Begründung der Begehren gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt des Entscheids (vgl. BVGE 2014/1 E. 2 m.H.).

3.

3.1 Gestützt auf Art. 67 Abs. 1 Bst. a AuG (SR 142.20) verfügt das SEM gegenüber Ausländern Einreiseverbote, wenn die Wegweisung gemäss Art. 64d Abs. 2 Bst. a -c AuG sofort vollstreckt wird.

3.2 Das Migrationsamt des Kantons Zürich wies den Beschwerdeführer mit sofort vollstreckbarer Verfügung vom 7. März 2018 aus der Schweiz weg, da er wegen seines rechtswidrigen Aufenthalts eine Bedrohung für die hiesige öffentliche Sicherheit und Ordnung nach Art. 64d Abs. 2 Bst. a AuG darstelle (SEM act. 1/8-10). Vom Beschwerdeführer wird nicht bestritten, dass diese Verfügung in Rechtskraft erwachsen ist. Der Fernhaltegrund von Art. 67 Abs. 1 Bst. a AuG ist damit gegeben.

4.

4.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, das Einreiseverbot sei mit Blick auf die konkreten Umstände unverhältnismässig und sofort aufzuheben, bestehe doch grundsätzlich ein Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz aus familiären Gründen.

4.2 Es ist somit zu prüfen, ob das auf zwei Jahre befristete Einreiseverbot in rechtskonformer Anwendung des Ermessens ergangen und angemessen ist. Dabei steht der Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Vordergrund. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine wertende Gewichtung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Massnahme einerseits und den von ihr beeinträchtigten privaten Interessen des Betroffenen andererseits vorzunehmen. Die Stellung der verletzten und gefährdeten Rechtsgüter, die Besonderheiten des ordnungswidrigen Verhaltens und die persönlichen Verhältnisse des Verfügungsbelasteten bilden hierbei den Ausgangspunkt der Überlegungen (Art. 96 AuG; vgl. BVGE 2014/20 E. 8.1; Urteil des BVGer F-1388/2017 vom 24. Juli 2018 E. 5.1 je m.H.).

4.3 Gemäss dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmattal vom 7. März 2018 hielt sich der Beschwerdeführer vom 23. Januar 2018 bis zu seiner Verhaftung am 5. März 2018 in der Schweiz auf, nachdem die bewilligungsfreie Aufenthaltsdauer für den Schengen-Raum von 90 Tagen überschritten war (SEM act. 1/5-7). Damit hielt er sich total 42 Tage rechtswidrig in der Schweiz auf, was auch vom Beschwerdeführer unbestritten bleibt. Dieses Fehlverhalten wiegt objektiv betrachtet nicht leicht, kommt doch ausländerrechtlichen Normen im Interesse einer funktionierenden Rechtsordnung grundsätzlich eine zentrale Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich die Fernhaltemassnahme aus generalpräventiver Sicht (Urteile des BVGer F-1152/2018 vom 24. September 2018 E. 6.2 und F-3002/2016 vom 10. Juli 2017 E. 5.2 je m.H.). In spezialpräventiver Hinsicht soll das Einreiseverbot den Beschwerdeführer dazu anhalten, bei einer künftigen Wiedereinreise in die Schweiz keine weiteren Verstösse gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu begehen (Urteile des BVGer F-1152/2018 vom 24. September 2018 E. 6.2; F-3438/2017 vom 17. Juli 2018 E. 6.2 je m.H.). Dies gilt im Besonderen, da der illegale Aufenthalt erst durch das behördliche Einschreiten beendet wurde (vgl. Urteil des BVGer F-4156/2016 vom 8. Dezember 2017 E. 7.3). Insgesamt sind somit gewichtige öffentliche Interessen an der Fernhaltung des Beschwerdeführers gegeben. An diesem Ergebnis vermag auch ein tadelloser serbischer Strafregisterauszug nichts zu ändern (vgl. Beschwerdebeilage 6).

4.4 Die Kontaktpflege zu seiner hier aufenthaltsberechtigen Ehefrau scheitert primär am fehlenden Aufenthaltsrecht. Dieses kann indes nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein; hier geht es einzig um eine Fernhaltemassnahme bzw. durch sie bewirkte Eingriffe in die privaten Interessen des Beschwerdeführers (Urteile des BVGer F-1388/2017 vom 24. Juli 2018 E. 5.4 und 5.5 sowie F-5290/2015 vom 3. Juli 2017 E. 7.3 und 7.4).

Bei Vorliegen wichtiger Gründe können Einreiseverbote gestützt auf Art. 67 Abs. 5 AuG gesuchsweise für kurze, klar begrenzte Zeit suspendiert werden. Demnach liegt die Erschwernis während der Geltungsdauer der Fernhaltemassnahme nicht in einem absoluten Verbot von Einreisen. Sie besteht vielmehr in der Notwendigkeit, im Vorfeld eines Besuchsaufenthalts in der Schweiz eine vorübergehende Aufhebung des Einreiseverbots zu erwirken. In diesem Rahmen hat der Beschwerdeführer im Prinzip die Möglichkeit, die Beziehung zu seiner Ehefrau zu pflegen. Dem Ehepaar steht es ausserdem offen, mit modernen Kommunikationsmitteln zu verkehren oder sich ausserhalb des Schengen-Gebiets - z.B. in Serbien - zu treffen (Urteile des BVGer F-3438/2017 vom 24. Juli 2018 E. 6.5 sowie F-3002/2016 vom 10. Juli 2017 E. 5.3 je m.H.).

Unter diesen Umständen vermag das Einreiseverbot als solches die Pflege der Beziehung zu seiner hier lebenden Ehefrau insgesamt nur in einem erheblich relativierten Umfang zu beeinträchtigen.

4.5 Die rechtlichen Ausführungen des Beschwerdeführers sind sodann für das vorliegende Verfahren unbehelflich. Aus dem zitierten Bundesgerichtsentscheid vom 2. Dezember 2011 geht hervor, dass Einreiseverbote der Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht entgegenstehen. Das Einreiseverbot wäre jedoch durch das SEM aufzuheben, nachdem das Gesuch um Familiennachzug gutgeheissen bzw. die entsprechende Bewilligung erteilt worden ist (vgl. 2C_400/2001 E. 4). Dieser Mechanismus ist auch hier einzuhalten. Damit verbietet sich eine - wie vom Beschwerdeführer zumindest sinngemäss geforderte - antizipierende Aufhebung des Einreiseverbots. Es ist vielmehr an ihm und seiner Ehefrau, durch ein rasches Ersuchen um Familiennachzug nach Art. 44 AuG die Voraussetzungen zur Suspension der Fernhaltemassnahme zu schaffen.

4.6 Mit Blick auf die obigen Erwägungen sowie auf Grundlage einer wertenden Gewichtung der sich entgegenstehenden Interessen erscheint das auf zwei Jahre befristete Einreiseverbot als verhältnismässig und angemessen. Diese Folgerung deckt sich ebenfalls mit der einschlägigen Praxis (vgl. Urteile des BVGer F-3002/2016 vom 10. Juli 2017 und C-2438/2014 vom 14. November 2014).

5.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Ausschreibung des Beschwerdeführers im SIS II zu bestätigen (vgl. Art. 21 und 24 der Verordnung [EG] Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation, Abl. L 381/4 vom 28.12.2006).

6.

Insgesamt erweist sich die angefochtene Verfügung im Licht von Art. 49 VwVG als rechtmässig. Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen.

7.

Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 1 ff
SR 173.320.2 Règlement du 21 février 2008 concernant les frais, dépens et indemnités fixés par le Tribunal administratif fédéral (FITAF)
FITAF Art. 1 Frais de procédure
1    Les frais de procédure devant le Tribunal administratif fédéral (tribunal) comprennent l'émolument judiciaire et les débours.
2    L'émolument judiciaire couvre les frais de photocopie des mémoires et les frais administratifs normaux, tels que les frais pour le personnel, les locaux et le matériel ainsi que les frais postaux, téléphoniques et de télécopie.
3    Les débours comprennent notamment les frais de traduction et les frais occasionnés par l'administration des preuves. Les frais de traduction ne sont pas facturés lorsqu'il s'agit de la traduction d'une langue officielle à une autre.
. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 800. werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Dieser Betrag ist durch den am 26. Mai 2018 in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

3.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Einschreiben)

- die Vorinstanz (Akten Ref-Nr. [...] zurück)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Martin Kayser Jonas Weinhold

Versand:
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : F-2341/2018
Date : 15 octobre 2018
Publié : 02 novembre 2018
Source : Tribunal administratif fédéral
Statut : Non publié
Domaine : Droit de cité et droit des étrangers
Objet : Einreiseverbot


Répertoire des lois
FITAF: 1
SR 173.320.2 Règlement du 21 février 2008 concernant les frais, dépens et indemnités fixés par le Tribunal administratif fédéral (FITAF)
FITAF Art. 1 Frais de procédure
1    Les frais de procédure devant le Tribunal administratif fédéral (tribunal) comprennent l'émolument judiciaire et les débours.
2    L'émolument judiciaire couvre les frais de photocopie des mémoires et les frais administratifs normaux, tels que les frais pour le personnel, les locaux et le matériel ainsi que les frais postaux, téléphoniques et de télécopie.
3    Les débours comprennent notamment les frais de traduction et les frais occasionnés par l'administration des preuves. Les frais de traduction ne sont pas facturés lorsqu'il s'agit de la traduction d'une langue officielle à une autre.
LEtr: 44  64d  67  96
LTAF: 31  37
LTF: 83
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