Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
H 177/05
Urteil vom 13. Dezember 2006
III. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Nussbaumer
Parteien
M.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Heinz Lüscher, Weisse Gasse 14, 4001 Basel,
gegen
Ausgleichskasse Basel-Stadt, Wettsteinplatz 1, 4058 Basel, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel
(Entscheid vom 27. September 2005)
Sachverhalt:
A.
Der Trägerverein X.________ betrieb von 1994 bis 1997 eine Schule und war der Ausgleichskasse Basel-Stadt als Arbeitgeber angeschlossen. M.________ war seit Anfang 1994 zunächst Vorstandsmitglied und ab Oktober 1995 Präsident des Vereins. Am 12. Dezember 1997 beschloss eine ausserordentliche Generalversammlung die Auflösung des Vereins und ernannte M.________ als Liquidator. Mit Nachzahlungsverfügungen vom 3. September 1999 verpflichtete die Ausgleichskasse den Verein, nicht abgerechnete Beiträge in der Höhe von Fr. 171'020.85 und Fr. 15'327.65 zu entrichten. Auf Beschwerde hin reduzierte die Ausgleichskasse die Forderungen lite pendente am 10. Dezember 1999 und am 19. April 2000 auf Fr. 169'673.55 und Fr. 15'219.85 (FAK). Mit Entscheid vom 26. Januar 2001 wies die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen und die IV-Stellen Basel-Stadt die Beschwerden ab, soweit sie nicht durch die Wiedererwägungsverfügungen vom 10. Dezember 1999 und 19. April 2000 gegenstandslos geworden waren. Am 15. Januar 2003 wurde der Verein nach beendigter Liquidation im Handelsregister gelöscht.
Mit Verfügung vom 3. September 2004 verpflichtete die Ausgleichskasse M.________ zur Bezahlung von Schadenersatz in Höhe von Fr. 192'121.95 und Fr. 13'042.05 (FAK) für entgangene Sozialversicherungsbeiträge. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 7. Januar 2005 fest.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 27. September 2005 ab.
C.
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei er von der Zahlung des verfügten Schadenersatzes zu entbinden.
Ausgleichskasse Basel-Stadt und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als die Schadenersatzforderung kraft Bundesrechts streitig ist. Im vorliegenden Verfahren ist deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Umfang nicht einzutreten, als sie sich gegen die Schadenersatzforderung für entgangene Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse richtet (BGE 131 V 426 Erw. 1 mit Hinweis). Soweit sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf den von der Familienausgleichskasse Basel-Stadt mit Verfügung vom 3. September 2004 geltend gemachten Schadenersatz in Höhe von Fr. 13'042.05 bezieht, kann daher darauf nicht eingetreten werden.
2.
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132



3.
3.1 Gemäss Art. 82 Abs. 1


SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
Weder das AHVG noch das ATSG enthalten eine spezielle Übergangsbestimmung betreffend die Anwendbarkeit der Verwirkungsfrist nach aArt. 82 Abs. 1


SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
3.2 Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 131 V 425 des Weitern entschieden hat, gelangt auf Schadenersatzansprüche, die bei Inkrafttreten des neuen Rechts am 1. Januar 2003 noch nicht verwirkt waren, die eine zweijährige Verjährungsfrist vorsehende Norm des Art. 52 Abs. 3

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
Nach der Rechtsprechung erlangt die Ausgleichskasse in dem Zeitpunkt Kenntnis vom Schaden, in welchem sie unter Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit erkennen muss, dass die tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr erlauben, die Beiträge einzufordern, wohl aber eine Schadenersatzpflicht begründen können (BGE 129 V 195 Erw. 2.1, 128 V 17 Erw. 2a, je mit Hinweisen).
4.
4.1 Der Verein wurde am 12. Dezember 1997 durch die ausserordentliche Generalversammlung aufgelöst und der Beschwerdeführer als Liquidator bestellt. Mit Nachzahlungsverfügungen vom 3. September 1999 machte die Ausgleichskasse gegenüber dem Verein nicht abgerechnete Beiträge geltend. Mit Wiedererwägungsverfügungen vom 10. Dezember 1999 und 19. April 2000 wurden die Beiträge geringfügig reduziert und von der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen und die IV-Stellen Basel-Stadt mit Entscheid vom 26. Januar 2001 bestätigt. Am 15. Januar 2003 wurde der Verein nach beendigter Liquidation im Handelsregister gelöscht.
4.2 Der Beschwerdeführer stellt sich in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf den Standpunkt, die Ausgleichskasse habe bereits vor dem Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 26. Januar 2001 gewusst, dass der Verein massiv überschuldet und der Schaden absehbar gewesen sei. Nach Auffassung des kantonalen Gerichts ist dies jedoch nicht entscheidend. Nach der Rechtsprechung würden die Informationen des Schuldners über seine finanzielle Lage oder entsprechende Mitteilungen des Liquidators keine Schadenskenntnis der Ausgleichskasse begründen. Auch wenn die Ausgleichskasse auf Grund der ihr vorliegenden Informationen bereits im Jahr 2001 oder spätestens im Jahr 2002 damit rechnen musste, dass sie mit der Beitragsforderung zu Schaden kommen werde, sei sie im Hinblick auf die Subsidiarität der Organhaftung nicht befugt gewesen, die Beitragsausstände gestützt auf Art. 52

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
Verfügung vom 3. September 2004 gegenüber dem Vereinspräsidenten geltend gemachte Schadenersatzforderung sei somit angesichts der zweijährigen Frist von Art. 52 Abs. 3

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
4.3 Die Auffassung des kantonalen Gerichts ist in allen Teilen zutreffend. Mit dem Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom 26. Januar 2001 stand frühestens fest, dass der Verein die geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge schuldete. Anschliessend war die Ausgleichskasse gehalten, die Beiträge bei der Arbeitgeberin im ordentlichen Verfahren (Art. 14 f

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 14 Bezugstermine und -verfahren - 1 Die Beiträge vom Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit sind bei jeder Lohnzahlung in Abzug zu bringen und vom Arbeitgeber zusammen mit dem Arbeitgeberbeitrag periodisch zu entrichten. |
|
a | die Zahlungstermine für die Beiträge; |
b | das Mahn- und Veranlagungsverfahren; |
c | die Nachzahlung zu wenig bezahlter Beiträge; |
d | den Erlass der Nachzahlung, auch in Abweichung von Artikel 24 ATSG; |
e | ...76.77 |

SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 34 Zahlungsperioden - 1 Es haben der Ausgleichskasse die Beiträge zu zahlen: |
|
a | Arbeitgeber monatlich oder, wenn die jährliche Lohnsumme 200 000 Franken nicht übersteigt, vierteljährlich; |
b | Selbstständigerwerbende und Nichterwerbstätige sowie Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber, vierteljährlich; |
c | Arbeitgeber im vereinfachten Verfahren nach den Artikeln 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005150 über Massnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (BGSA), jährlich. |
Gläubigerversammlungen oder des Sachwalters im Nachlassverfahren) als fristauslösend zu betrachten (vgl. BGE 128 V 15, 126 V 450 und 121 V 240). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Mitteilungen des Schuldners vor einer amtlich festgestellten Zahlungsunfähigkeit (z.B. Konkurseröffnung, Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven) erfolgten. Eine solch offizielle fristauslösend wirkende Verlautbarung kann erst in der Publikation der Löschung des Vereins im Handelsregister im Schweizerischen Handelsamtsblatt am 22. Januar 2003 erblickt werden. Unter diesen Umständen erfolgte die Schadenersatzverfügung vom 3. September 2004 angesichts von Art. 52 Abs. 3

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |

SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 7000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 13. Dezember 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: