Bundesstrafgericht Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BG.2005.29

Entscheid vom 13. Dezember 2005 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Andreas J. Keller und Tito Ponti , Gerichtsschreiber Hanspeter Lukács

Parteien

Kanton Zug, Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug, Gesuchsteller

gegen

Kanton Luzern, Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Gesuchsgegner

Gegenstand

Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A. (Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB)

Sachverhalt:

A. Auf Grund einer Strafanzeige des Arbeitsamtes des Kantons Luzern an das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug gegen die B. AG, Zug, vom 17. August 2000 wegen Auskunftsverweigerung im Sinne von Art. 106
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 106 Übertretungen - Wer die Auskunftspflicht verletzt, indem er wissentlich unwahre oder unvollständige Auskunft erteilt oder die Auskunft verweigert;
AVIG betreffend A. erteilte das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug am 23. August 2000 der Kantonspolizei Zug den Auftrag zur Durchführung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens gegen die B. AG. Am 25. Oktober 2000 erfolgte eine rechtshilfeweise Einvernahme von C., einziges Verwaltungsratsmitglied der B. AG im relevanten Zeitraum, durch die Kantonspolizei Nidwalden. C. gab zu, dass die an A. ausgestellte Jahreslohnabrechnung 1998 über Fr. 84'500.-- fingiert gewesen sei. Am 6. Dezember 2000 stellte das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug die Untersuchung gegen C. wegen Widerhandlung gegen das AVIG ein, nachdem sich ergeben hatte, dass diese bereits auf Grund einer identischen früheren Anzeige der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern mit Strafbefehl des Einzelrichteramtes des Kantons Zug vom 14. März 2000 in dieser Angelegenheit mit einer Busse bestraft worden war.

B. Am 28. November 2000 erteilte das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug der Kantonspolizei Zug sodann den Auftrag zur Durchführung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens gegen A. wegen Widerhandlung gegen das AVIG, eventuell wegen Betrugs im Sinne von Art. 146
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB (Unt. Nr. D., Ordner I, Fasz. 1, act. 17). A. wird verdächtigt, mittels schriftlichem Antrag vom 29. Januar 1999 versucht zu haben, auf Grund der gefälschten Jahresabrechnung bei der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern unrechtmässig Arbeitslosenentschädigung zu erschleichen (Ordner II, Fasz. 1.1). Der Antrag an die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern nennt als Ort der Unterzeichnung Kriens (LU). Die Arbeitslosenkasse lehnte den Antrag mit Verfügung vom 9. März 2001 ab.

Da A. unbekannten Aufenthalts war, schrieb das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug diesen am 16. August 2001 im RIPOL zur passiven Aufenthaltsausforschung aus (Ordner I, Fasz. 6, act. 1). Am 29. August 2004 wurde A. bei der Einreise am Flughafen Kloten im Auftrag des Justizdepartements des Kantons Luzern zwecks Strafvollzugs festgenommen. Am 31. August 2004 erstattete die Kantonspolizei Zürich Meldung an das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug (Ordner I, Fasz. 6, act. 3). Das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug befragte am 8. September 2005 C. als Auskunftsperson zur Sache (Ordner I, Fasz. 1, act. 29) und am 14. September 2005 A. als Beschuldigten zum Tatvorwurf (Ordner I, Fasz. 1, act. 31). Dieser bestätigte, nie für die B. AG gearbeitet zu haben, bestritt jedoch, mit dem Gesuch um Arbeitslosenentschädigung etwas zu tun gehabt zu haben. In der Folge liess das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug am 22. September 2005 die Akten der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern betreffend A. edieren (Ordner II) und vernahm am 11. Oktober 2005 E. als Auskunftsperson zur Sache ein (Ordner I, Fasz. 1, act. 34).

Der Meinungsaustausch zwischen dem Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug und dem Amtsstatthalteramt Luzern betreffend die Frage des Gerichtsstandes wurde am 31. Oktober 2005 ergebnislos abgeschlossen (Ordner I, Fasz. 5).

C. Das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug gelangte im Sinne von Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB mit Gesuch vom 2. November 2005 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts mit dem Antrag, es sei der Gerichtsstand in Sachen A. wegen Widerhandlungen gegen das AVIG, eventuell Betrugs, festzulegen (act. 1).

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragte mit Vernehmlassung vom 24. November 2005, das Gesuch sei abzuweisen und die Zuständigkeit für die Strafverfolgung sei beim Kanton Zug zu belassen (act. 6).

Auf die Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den rechtlichen Erwägungen eingegangen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Die Zuständigkeit der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zum Entscheid in Verfahren betreffend Gerichtsstandsstreitigkeiten ergibt sich aus Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB i.V.m. Art. 279 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BStP und Art. 28 Abs. 1 lit. g
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
SGG. Voraussetzung für die Anrufung der Beschwerdekammer ist allerdings, dass ein Streit über den interkantonalen Gerichtsstand vorliegt und dass die Kantone über diesen Streit einen Meinungsaustausch durchgeführt haben (Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., Bern 2004, N. 599). Eine Frist für die Anrufung der Beschwerdekammer besteht für die Kantone nicht (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 623). Das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug und die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern sind nach ihrer kantonsinternen Zuständigkeitsordnung berechtigt, bei interkantonalen Gerichtsstandskonflikten ihre Kantone vor der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zu vertreten (Schweri/Bänziger, a.a.O., S. 214 f., Anhang II). Auf das Gesuch ist folglich einzutreten.

2. Für die Verfolgung und Beurteilung einer strafbaren Handlung sind die Behörden des Ortes zuständig, wo die strafbare Handlung ausgeführt wurde. Ist die strafbare Handlung an mehreren Orten ausgeführt worden, oder ist der Erfolg an mehreren Orten eingetreten, so sind die Behörden des Ortes zuständig, wo die Untersuchung zuerst angehoben wurde (Art. 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB).

2.1 Die unrechtmässige Erwirkung von Versicherungsleistungen durch unwahre oder unvollständige Angaben im Sinne von Art. 105 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 105 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen andern zu Unrecht Versicherungsleistungen erwirkt;
AVIG bzw. der Tatbestand des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB sind Erfolgsdelikte, gelten demnach sowohl dort begangen, wo der Täter handelt, als auch dort, wo der Erfolg eintritt. Für die Bestimmung des Gerichtsstandes gilt in solchen Fällen, dass der Ausführungsort dem Erfolgsort vorgeht und für die Gerichtsstandsbestimmung allein massgebend ist (Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 60 f. und N. 76). Als Ausführungsort gilt diejenige Örtlichkeit, an der die Tathandlung erfolgte. Beim Betrug im Sinne von Art. 146
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB bildet die Irreführung die Tathandlung, der Irrtum ist ein erster Zwischenerfolg der Täuschung, ein zweiter Zwischenerfolg ist alsdann die unmittelbare Vermögensverfügung (vgl. Arzt, Basler Kommentar, Basel 2003, N. 72 und 77 zu Art. 146
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
StGB). Beim Tatbestand des Art. 105 Abs. 1
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 105 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen andern zu Unrecht Versicherungsleistungen erwirkt;
AVIG stellt die Vornahme unwahrer oder unvollständiger Angaben die Tathandlung dar, während in der Ausrichtung der Versicherungsleistung der Erfolg zu sehen ist. Welcher dieser beiden Tatbestände dabei im Vordergrund steht, kann hier offen bleiben. Unbestritten ist nämlich, dass der mutmassliche Begehungsort im Kanton Luzern liegt, da der Antrag auf Arbeitslosenentschädigung in Kriens gestellt bzw. unterzeichnet wurde und Adressat desselben das Arbeitsamt bzw. die Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern war. Selbst die fingierte Lohnabrechnung für das Jahr 1998, auf deren Grundlage der Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gestellt wurde, wurde in Kriens unterzeichnet (Ordner I, Fasz. 1, act. 29 S. 4). Der gesetzliche Gerichtsstand liegt demnach im Kanton Luzern (Art. 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB).

2.2 Der Gesuchsgegner bringt unter Hinweis auf Rechtsprechung und Lehre vor, in der lang andauernden Untätigkeit der zugerischen Strafverfolgungsbehörden sei eine konkludente Anerkennung des Gerichtsstandes zu erblicken; diese hätten die Frage ihrer Zuständigkeit längst klären können.

Geht in einem Kanton eine Strafanzeige ein, so haben die Strafverfolgungsbehörden von Amtes wegen zu prüfen, ob nach den gesetzlichen Gerichtsstandsregeln ihre örtliche Zuständigkeit und damit die Gerichtsbarkeit ihres Kantons gegeben ist; diese Prüfung soll summarisch und beschleunigt erfolgen, um unnötige Verzögerungen des Untersuchungsverfahrens zu vermeiden. Damit diese Prüfung zuverlässig erfolgen kann, hat die mit der Sache befasste Behörde alle für die Festlegung des Gerichtsstandes wesentlichen Tatsachen zu erforschen und alle dazu notwendigen Erhebungen durchzuführen; insbesondere ist in diesem Zusammenhang der Ausführungsort zu ermitteln. Hat ein Beschuldigter in mehreren Kantonen strafbare Handlungen verübt, so hat jeder Kanton vorerst die Ermittlungen voranzutreiben, soweit diese für die Bestimmung des Gerichtsstandes wesentlich sind; er hat dabei in erster Linie jene Abklärungen zu treffen, die auf seinem Kantonsgebiet vorzunehmen sind. Beschränkt sich ein Kanton nicht darauf, sondern nimmt er während verhältnismässig langer Zeit weitere Ermittlungen vor, obschon längst Anlass bestanden hätte, die eigene Zuständigkeit abzuklären, so liegt darin eine konkludente Anerkennung des Gerichtsstandes. Auch durch eine solche können die Kantone vom gesetzlichen Gerichtsstand abweichen (BGE 119 IV 102, 104 E. 4a und b; Schweri/Bänziger, a.a.O., N. 443).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die beim Gesuchsteller eingegangene Strafanzeige betreffend Widerhandlungen gegen das AVIG durch die B. AG im Zusammenhang mit A.s Antrag auf Versicherungsleistungen datiert vom 17. August 2000. Erste eingehendere Abklärungen hinsichtlich des Begehungsortes hätten an sich bereits im Nachgang zur rechtshilfeweisen Befragung der Verwaltungsrätin dieser Gesellschaft vom 25. Oktober 2000 an die Hand genommen werden können, erklärte doch diese, A. sei am 1. Februar 1999 mit einer Jahreslohnabrechnung zu ihr gekommen und habe von ihr verlangt, diese zu unterschreiben (Ordner I, Fasz. 1, act. 9). Eine dahingehende Klärung nahm der Gesuchsteller indes erst in der Befragung am 8. September 2005 vor (Ordner I, Fasz. 1, act. 29). Am 27. November 2001 sistierte der Gesuchsteller das Untersuchungsverfahren gegen A. infolge unbekannten Aufenthalts, nachdem sich ergeben hatte, dass dieser am 30. Juni 2000 vom letzten bekannten Aufenthaltsort weggezogen war (Ordner I, Fasz. 1, act. 25). Bereits vor diesem Zeitpunkt hätte der Gesuchsteller auf Grund der vorläufigen Sachverhaltsannahme die Akten dem Gesuchsgegner als mutmasslichem Tatortkanton zustellen bzw. diesen um Übernahme des Verfahrens ersuchen müssen; statt dessen nahm er selber die Ausschreibung vor, als er von A.s unbekanntem Aufenthalt erfuhr. Nach Eingang der Mitteilung betreffend die Einreise und Verhaftung A.s Ende August 2004 verstrich sodann ein Jahr, bis der Gesuchsteller die Untersuchung fortsetzte bzw. wieder aufnahm, obwohl eine umgehende summarische Prüfung der Gerichtsstandsfrage ohne weiteres möglich gewesen wäre. Gleichzeitig mit der Gerichtsstandsanfrage an den Gesuchsgegner nahm der Gesuchsteller sodann umfassende Sachverhaltsabklärungen vor.

In der unterbliebenen Gerichtsstandsanfrage an den Gesuchsgegner nach Eingang der Meldung der Kantonspolizei Zürich vom 31. August 2004, der anschliessenden längeren Untätigkeit und schliesslich dem materiellen Vorantreiben der Untersuchung, welche klar über die Abklärung des Tatortes hinausging, liegt eine konkludente Anerkennung des Gerichtsstandes.

3. Nach dem Gesagten ist die Zuständigkeit der Behörden des Gesuchstellers zur Verfolgung und Beurteilung von A. zu bejahen und diese sind hierzu berechtigt und verpflichtet zu erklären.

4. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 245
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 105 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen andern zu Unrecht Versicherungsleistungen erwirkt;
BStP i.V.m. Art. 156 Abs. 2
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 105 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen andern zu Unrecht Versicherungsleistungen erwirkt;
OG).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Behörden des Kantons Zug sind berechtigt und verpflichtet zur Verfolgung und Beurteilung der A. vorgeworfenen strafbaren Handlungen.

2. Es werden keine Kosten erhoben.

Bellinzona, 14. Dezember 2005

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Zustellung an

- Kanton Zug, Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug

- Kanton Luzern, Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.

Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BG.2005.29
Datum : 13. Dezember 2005
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Bestimmung des Gerichtsstandes i.S. A. (Art. 351 StGB)


Gesetzesregister
AVIG: 105 
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 105 Vergehen - Wer durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen andern zu Unrecht Versicherungsleistungen erwirkt;
106
SR 837.0 Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz, AVIG) - Arbeitslosenversicherungsgesetz
AVIG Art. 106 Übertretungen - Wer die Auskunftspflicht verletzt, indem er wissentlich unwahre oder unvollständige Auskunft erteilt oder die Auskunft verweigert;
BStP: 245  279
OG: 156
SGG: 28
StGB: 146 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 146 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.201
3    Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
346  351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BGE Register
119-IV-102
Stichwortregister
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