Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

4A 345/2019

Verfügung vom 13. Mai 2020

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Gerichtsschreiber Kölz.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte
Dr. Jürg P. Müller und Dr. Urban Hulliger,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Urs Feller und Dr. Gion Christian Casanova,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Miete, Ausweisung,

Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Juni 2019 (HE190054-O).

In Erwägung,
dass die A.________ AG (Beschwerdeführerin) am 8. Februar 2019 beim Handelsgericht des Kantons Zürich im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen nach Art. 257
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 257 - 1 Das Gericht gewährt Rechtsschutz im summarischen Verfahren, wenn:
1    Das Gericht gewährt Rechtsschutz im summarischen Verfahren, wenn:
a  der Sachverhalt unbestritten oder sofort beweisbar ist; und
b  die Rechtslage klar ist.
2    Ausgeschlossen ist dieser Rechtsschutz, wenn die Angelegenheit dem Offizialgrundsatz unterliegt.
3    Kann dieser Rechtsschutz nicht gewährt werden, so tritt das Gericht auf das Gesuch nicht ein.
ZPO darum ersuchte, die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) sei aus dem Mietobjekt an der Strasse X.________ in U.________ auszuweisen;
dass sie zur Begründung einerseits vorbrachte, es seien Nebenkosten in der Höhe von Fr. 18'315'85.-- unbezahlt geblieben, weshalb sie nach vorgängiger Mahnung und Kündigungsandrohung am 21. Dezember 2018 die Zahlungsverzugskündigung mit Wirkung auf den 31. Januar 2019 ausgesprochen habe, und andererseits, am selben Datum sei ohnehin die absolute Höchstdauer des befristeten Mietverhältnisses erreicht worden;
dass das Handelsgericht mit Urteil vom 6. Juni 2019 auf das Gesuch der Beschwerdeführerin nicht eintrat, da hinsichtlich der unbezahlt gebliebenen Nebenkosten sowohl der Sachverhalt als auch die Rechtslage unklar und hinsichtlich der Beendigung per 31. Januar 2019 kein klares Recht vorliege, womit die Voraussetzungen für den Rechtsschutz in klaren Fällen nicht erfüllt seien;
dass die Beschwerdeführerin dieses Urteil mit Beschwerdeschrift vom 4. Juli 2019 beim Bundesgericht angefochten und in der Sache die Gutheissung des Ausweisungsbegehrens verlangt hat;
dass die Vorinstanz auf Vernehmlassung verzichtet, die Beschwerdegegnerin auf Abweisung der Beschwerde geschlossen hat;
dass die Beschwerdegegnerin dem Bundesgericht am 21. September 2019 eine vom 23. September 2019 datierte Medienmitteilung einreichte, wonach sie beschlossen habe, das Warenhaus an der Strasse X.________ auf den 31. Januar 2020 zu schliessen und die Räumlichkeiten zu verlassen;
dass die Parteien mit Präsidialverfügung vom 10. März 2020 eingeladen wurden, zu den Fragen der Abschreibung des Verfahrens und der Kosten- und Entschädigungsfolgen Stellung zu nehmen;
dass beide Parteien den Antrag gestellt haben, das Verfahren sei als gegenstandslos abzuschreiben, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der jeweiligen Gegenpartei;
dass nach der bundesgerichtlichen Praxis Beschwerdeverfahren, welche die Anfechtung der Kündigung sowie die Ausweisung des Mieters betreffen, als gegenstandslos abzuschreiben sind, wenn die Mietpartei das Mietobjekt von sich aus verlassen und der Vermieterschaft übergeben hat oder zwangsweise daraus ausgewiesen worden ist (Verfügung 4A 364/2014 vom 18. September 2014 E. 1.1 mit Hinweisen);
dass das Verfahren somit nach Art. 32 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 32 Instruktionsrichter oder Instruktionsrichterin - 1 Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung leitet als Instruktionsrichter beziehungsweise Instruktionsrichterin das Verfahren bis zum Entscheid; er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin mit dieser Aufgabe betrauen.
1    Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung leitet als Instruktionsrichter beziehungsweise Instruktionsrichterin das Verfahren bis zum Entscheid; er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin mit dieser Aufgabe betrauen.
2    Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin entscheidet als Einzelrichter beziehungsweise Einzelrichterin über die Abschreibung von Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit, Rückzugs oder Vergleichs.
3    Die Verfügungen des Instruktionsrichters oder der Instruktionsrichterin sind nicht anfechtbar.
BGG zufolge Gegenstandslosigkeit abzuschreiben ist;
dass das Bundesgericht in Fällen von Gegenstandslosigkeit mit summarischer Begründung aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes über die Prozesskosten entscheidet (Art. 71
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 71 - Wo dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind die Vorschriften des BZP30 sinngemäss anwendbar.
BGG in Verbindung mit Art. 72
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 72 - Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung der Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes.
BZP);
dass dabei in erster Linie auf den mutmasslichen Verfahrensausgang abzustellen ist und - falls sich dieser nicht ohne Weiteres feststellen lässt - darauf, wer das Verfahren veranlasst hat oder bei wem die Gründe eingetreten sind, die zur Gegenstandslosigkeit geführt haben (BGE 125 V 373 E. 2a; 118 Ia 488 E. 4a S. 494; Verfügung 4A 364/2014 vom 18. September 2014 E. 3 mit weiteren Hinweisen);
dass die Vorinstanz hinsichtlich des Kündigungsgrundes von Art. 257d
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 257d - 1 Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt mindestens zehn Tage, bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage.
1    Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt mindestens zehn Tage, bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage.
2    Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter fristlos, bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen.
OR zu Recht nicht davon ausging, ein Zahlungsrückstand in der fraglichen Höhe wäre unbedeutend (siehe BGE 140 III 591 E. 2 mit Hinweisen), jedoch offenliess, ob der Nebenkostensaldo durch mehrere von der Beschwerdegegnerin im Oktober und November 2018 geleistete Zahlungen getilgt worden war;
dass sich die Beschwerdeführerin ihrerseits auf eine E-Mail-Nachricht eines Mitarbeiters der Beschwerdegegnerin vom 31. Dezember 2018 beruft, gemäss der die fragliche Rechnung "aufgrund eines Missverständnisses" nicht bezahlt worden war;
dass es angesichts dieser Nachricht tatsächlich nicht ohne Weiteres einleuchtet, wenn die Vorinstanz in diesem Punkt unter Hinweis auf Art. 86 f
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 86 - 1 Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will.
1    Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will.
2    Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt.
. OR auf eine unklare Sach- und Rechtslage schloss;
dass die Beschwerde bei dieser Sachlage nicht als von vornherein aussichtslos erscheint, weshalb es sich rechtfertigt, die Gerichtskosten des vorliegenden Verfahrens den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen (siehe Art. 66
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
und 68
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG);

verfügt die Präsidentin:

1.
Das Verfahren wird zufolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Parteien je zur Hälfte auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Diese Verfügung wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Mai 2020

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Kölz
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 4A_345/2019
Date : 13. Mai 2020
Published : 20. Mai 2020
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Vertragsrecht
Subject : Miete; Ausweisung


Legislation register
BGG: 32  66  68  71
BZP: 72
OR: 86  257d
ZPO: 257
BGE-register
118-IA-488 • 125-V-373 • 140-III-591
Weitere Urteile ab 2000
4A_345/2019 • 4A_364/2014
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