Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal
Abteilung VI
F-4142/2022
Urteil vom 13. Dezember 2023
Richterin Susanne Genner (Vorsitz),
Richter Yannick Antoniazza-Hafner,
Besetzung
Richterin Claudia Cotting-Schalch,
Gerichtsschreiberin Selina Schmid.
A._______,
Parteien vertreten durch Lea Hungerbühler, Rechtsanwältin,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatssekretariat für Migration SEM,
Quellenweg 6, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Nationales Visum aus humanitären Gründen;
Gegenstand
Verfügung des SEM vom 19. August 2022.
Sachverhalt:
A.
Am 19. Mai 2022 beantragte der Beschwerdeführer bei der Schweizerischen Botschaft in Teheran die Ausstellung eines Visums aus humanitären Gründen.
B.
Mit Formularverfügung vom 3. Juni 2022 verweigerte die Schweizerische Botschaft im Namen des SEM die Ausstellung des Visums.
C.
Am 19. August 2022 wies das SEM die dagegen erhobene Einsprache des Beschwerdeführers ab.
D.
Mit - falsch datierter - Rechtsmitteleingabe vom 20. September 2022 (elektronisch übermittelt am 19. September 2022) gelangte der Beschwerdeführer an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Erteilung des Visums; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer ersuchte um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung.
E.
Am 5. Oktober 2022 hiess die Instruktionsrichterin das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung gut.
F.
In ihrer Vernehmlassung vom 18. Oktober 2022 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde.
G.
In seiner Replik vom 21. November 2022 hielt der Beschwerdeführer an seinen Begehren und deren Begründung fest.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Einspracheentscheide des SEM betreffend Visa aus humanitären Gründen sind mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anfechtbar (Art. 112 Abs. 1

SR 142.20 Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG) - Ausländer- und Integrationsgesetz AIG Art. 112 - 1 Das Verfahren der Bundesbehörden richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege. |

SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz VGG Art. 31 Grundsatz - Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196822 über das Verwaltungsverfahren (VwVG). |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 83 Ausnahmen - Die Beschwerde ist unzulässig gegen: |
|
a | Entscheide auf dem Gebiet der inneren oder äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt; |
b | Entscheide über die ordentliche Einbürgerung; |
c | Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend: |
c1 | die Einreise, |
c2 | Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt, |
c3 | die vorläufige Aufnahme, |
c4 | die Ausweisung gestützt auf Artikel 121 Absatz 2 der Bundesverfassung und die Wegweisung, |
c5 | Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen, |
c6 | die Verlängerung der Grenzgängerbewilligung, den Kantonswechsel, den Stellenwechsel von Personen mit Grenzgängerbewilligung sowie die Erteilung von Reisepapieren an schriftenlose Ausländerinnen und Ausländer; |
d | Entscheide auf dem Gebiet des Asyls, die: |
d1 | vom Bundesverwaltungsgericht getroffen worden sind, ausser sie betreffen Personen, gegen die ein Auslieferungsersuchen des Staates vorliegt, vor welchem sie Schutz suchen, |
d2 | von einer kantonalen Vorinstanz getroffen worden sind und eine Bewilligung betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt; |
e | Entscheide über die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern oder von Bundespersonal; |
f | Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen, wenn: |
fbis | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Verfügungen nach Artikel 32i des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 200964; |
f1 | sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Beschaffungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts, der Bundesanwaltschaft sowie der oberen kantonalen Gerichtsinstanzen, oder |
f2 | der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert nach Artikel 52 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang 4 Ziffer 2 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 201962 über das öffentliche Beschaffungswesen nicht erreicht; |
g | Entscheide auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse, wenn sie eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, nicht aber die Gleichstellung der Geschlechter betreffen; |
h | Entscheide auf dem Gebiet der internationalen Amtshilfe, mit Ausnahme der Amtshilfe in Steuersachen; |
i | Entscheide auf dem Gebiet des Militär-, Zivil- und Zivilschutzdienstes; |
j | Entscheide auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Landesversorgung, die bei schweren Mangellagen getroffen worden sind; |
k | Entscheide betreffend Subventionen, auf die kein Anspruch besteht; |
l | Entscheide über die Zollveranlagung, wenn diese auf Grund der Tarifierung oder des Gewichts der Ware erfolgt; |
m | Entscheide über die Stundung oder den Erlass von Abgaben; in Abweichung davon ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide über den Erlass der direkten Bundessteuer oder der kantonalen oder kommunalen Einkommens- und Gewinnsteuer, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder es sich aus anderen Gründen um einen besonders bedeutenden Fall handelt; |
n | Entscheide auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend: |
n1 | das Erfordernis einer Freigabe oder der Änderung einer Bewilligung oder Verfügung, |
n2 | die Genehmigung eines Plans für Rückstellungen für die vor Ausserbetriebnahme einer Kernanlage anfallenden Entsorgungskosten, |
n3 | Freigaben; |
o | Entscheide über die Typengenehmigung von Fahrzeugen auf dem Gebiet des Strassenverkehrs; |
p | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts auf dem Gebiet des Fernmeldeverkehrs, des Radios und des Fernsehens sowie der Post betreffend:69 |
p1 | Konzessionen, die Gegenstand einer öffentlichen Ausschreibung waren, |
p2 | Streitigkeiten nach Artikel 11a des Fernmeldegesetzes vom 30. April 199770, |
p3 | Streitigkeiten nach Artikel 8 des Postgesetzes vom 17. Dezember 201072; |
q | Entscheide auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin betreffend: |
q1 | die Aufnahme in die Warteliste, |
q2 | die Zuteilung von Organen; |
r | Entscheide auf dem Gebiet der Krankenversicherung, die das Bundesverwaltungsgericht gestützt auf Artikel 3473 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200574 (VGG) getroffen hat; |
s | Entscheide auf dem Gebiet der Landwirtschaft betreffend: |
s1 | ... |
s2 | die Abgrenzung der Zonen im Rahmen des Produktionskatasters; |
t | Entscheide über das Ergebnis von Prüfungen und anderen Fähigkeitsbewertungen, namentlich auf den Gebieten der Schule, der Weiterbildung und der Berufsausübung; |
u | Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Kaufangebote (Art. 125-141 des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes vom 19. Juni 201577); |
v | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts über Meinungsverschiedenheiten zwischen Behörden in der innerstaatlichen Amts- und Rechtshilfe; |
w | Entscheide auf dem Gebiet des Elektrizitätsrechts betreffend die Plangenehmigung von Starkstromanlagen und Schwachstromanlagen und die Entscheide auf diesem Gebiet betreffend Enteignung der für den Bau oder Betrieb solcher Anlagen notwendigen Rechte, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; |
x | Entscheide betreffend die Gewährung von Solidaritätsbeiträgen nach dem Bundesgesetz vom 30. September 201681 über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, ausser wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt; |
y | Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in Verständigungsverfahren zur Vermeidung einer den anwendbaren internationalen Abkommen im Steuerbereich nicht entsprechenden Besteuerung; |
z | Entscheide betreffend die in Artikel 71c Absatz 1 Buchstabe b des Energiegesetzes vom 30. September 201684 genannten Baubewilligungen und notwendigerweise damit zusammenhängenden in der Kompetenz der Kantone liegenden Bewilligungen für Windenergieanlagen von nationalem Interesse, wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. |
1.2 Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37

SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG61, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. |
1.3 Der Beschwerdeführer ist zur Erhebung der Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 48 - 1 Zur Beschwerde ist berechtigt, wer: |
|
1 | Zur Beschwerde ist berechtigt, wer: |
a | vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; |
b | durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und |
c | ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. |
2 | Zur Beschwerde berechtigt sind ferner Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 50 - 1 Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung einzureichen. |
|
1 | Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung einzureichen. |
2 | Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung kann jederzeit Beschwerde geführt werden. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 52 - 1 Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat. |
|
1 | Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat. |
2 | Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht oder lassen die Begehren des Beschwerdeführers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so räumt die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Verbesserung ein. |
3 | Sie verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Beschwerde nicht einzutreten. |
2.
Mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht können die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: |
|
a | Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; |
b | unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; |
c | Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 62 - 1 Die Beschwerdeinstanz kann die angefochtene Verfügung zugunsten einer Partei ändern. |
|
1 | Die Beschwerdeinstanz kann die angefochtene Verfügung zugunsten einer Partei ändern. |
2 | Zuungunsten einer Partei kann sie die angefochtene Verfügung ändern, soweit diese Bundesrecht verletzt oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes beruht; wegen Unangemessenheit darf die angefochtene Verfügung nicht zuungunsten einer Partei geändert werden, ausser im Falle der Änderung zugunsten einer Gegenpartei. |
3 | Beabsichtigt die Beschwerdeinstanz, die angefochtene Verfügung zuungunsten einer Partei zu ändern, so bringt sie der Partei diese Absicht zur Kenntnis und räumt ihr Gelegenheit zur Gegenäusserung ein. |
4 | Die Begründung der Begehren bindet die Beschwerdeinstanz in keinem Falle. |
3.
3.1
3.1.1 Der Beschwerdeführer rügt in formeller Hinsicht zunächst, die Vorinstanz habe den Sachverhalt «unrichtig und unvollständig» abgeklärt. Sie habe den rechtserheblichen Sachverhalt in Bezug auf die individuelle Gefährdung nicht korrekt abgeklärt. Eben so wenig habe sie den Sachverhalt in Bezug auf die dem Beschwerdeführer jederzeit drohende Ausschaffung nach Afghanistan rechtsgenüglich eruiert.
3.1.2 Im Verwaltungsverfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz (Art. 12 ff

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel: |
|
a | Urkunden; |
b | Auskünfte der Parteien; |
c | Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen; |
d | Augenschein; |
e | Gutachten von Sachverständigen. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: |
|
a | Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; |
b | unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; |
c | Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 13 - 1 Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken: |
|
1 | Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken: |
a | in einem Verfahren, das sie durch ihr Begehren einleiten; |
b | in einem anderen Verfahren, soweit sie darin selbständige Begehren stellen; |
c | soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine weitergehende Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt. |
1bis | Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich nicht auf die Herausgabe von Gegenständen und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrem Anwalt, wenn dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200034 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist.35 |
2 | Die Behörde braucht auf Begehren im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a oder b nicht einzutreten, wenn die Parteien die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern. |
3.1.3 Sofern der Beschwerdeführer geltend macht, die Vorinstanz habe die drohende Ausschaffung des Beschwerdeführers nach Afghanistan nicht rechtsgenüglich eruiert, ist darauf hinzuweisen, dass das Visum aus humanitären Gründen in materieller Hinsicht bereits deshalb zu verneinen ist, weil es an einer unmittelbaren und individuellen Gefährdung des Beschwerdeführers in Afghanistan fehlt (vgl. nachfolgende Ausführungen in E. 6). Es muss daher materiell nicht mehr geprüft werden, ob dem Beschwerdeführer im Iran die Rückschaffungsgefahr nach Afghanistan droht. Es kann dementsprechend offenbleiben, ob die Vorinstanz den Sachverhalt diesbezüglich genügend abgeklärt hat.
3.1.4 Zwar bringt der Beschwerdeführer vor, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen Sachverhalt in Bezug auf die individuelle Gefährdung nicht korrekt abgeklärt; er rügt damit eine unrichtige Sachverhaltserstellung. Er führt jedoch nicht aus, inwiefern der Sachverhalt durch die Vorinstanz nicht richtig erhoben worden sein soll. Bei den nachfolgenden Ausführungen des Beschwerdeführers in Randziffern 46 bis 49 der Beschwerdeschrift handelt es sich sodann - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - um Rügen betreffend die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Auf diese Vorbringen ist daher im Rahmen der nachfolgenden Prüfung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör einzugehen.
3.1.5 Die Rüge der unrichtigen und unvollständigen Sachverhaltsfeststellung respektive der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes erweist sich damit als unbegründet (Art. 49 Bst. b

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: |
|
a | Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; |
b | unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; |
c | Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel: |
|
a | Urkunden; |
b | Auskünfte der Parteien; |
c | Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen; |
d | Augenschein; |
e | Gutachten von Sachverständigen. |
3.2
3.2.1 Der Beschwerdeführer rügt sodann in formeller Hinsicht, die Vorinstanz habe bei der Prüfung seines Gesuchs die erforderliche einzelfallbezogene Prüfung der Sachlage unterlassen und seine Vorbringen vollkommen unberücksichtigt gelassen. Er rügt damit sinngemäss die Verletzung der Prüfungs- und der Begründungspflicht durch die Vorinstanz.
3.2.2 Die Vorinstanz habe im Rahmen ihrer Begründung nicht berücksichtigt, dass er im August 2021 alle Tätigkeiten habe aufgeben müssen. Sodann würden die weiteren Nachweise zu seiner öffentlichen Tätigkeit sowie der Drohbrief der Taliban nicht weiter beachtet. Die Vorinstanz habe sich zudem nicht dazu geäussert, inwiefern sein - linksliberales und oppositionelles - Beziehungsnetz im Iran ihm bei einer durch die iranischen Behörden drohenden Abschiebung nach Afghanistan helfen könnte.
3.2.3 Gemäss Art. 29

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 29 - Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 32 - 1 Die Behörde würdigt, bevor sie verfügt, alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien. |
|
1 | Die Behörde würdigt, bevor sie verfügt, alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien. |
2 | Verspätete Parteivorbringen, die ausschlaggebend erscheinen, kann sie trotz der Verspätung berücksichtigen. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 35 - 1 Schriftliche Verfügungen sind, auch wenn die Behörde sie in Briefform eröffnet, als solche zu bezeichnen, zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. |
|
1 | Schriftliche Verfügungen sind, auch wenn die Behörde sie in Briefform eröffnet, als solche zu bezeichnen, zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. |
2 | Die Rechtsmittelbelehrung muss das zulässige ordentliche Rechtsmittel, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist nennen. |
3 | Die Behörde kann auf Begründung und Rechtsmittelbelehrung verzichten, wenn sie den Begehren der Parteien voll entspricht und keine Partei eine Begründung verlangt. |
3.2.4 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe sein Aufgeben von sämtlichen Tätigkeiten im August 2021, die weiteren Nachweise seiner öffentlichen Tätigkeiten sowie den Drohbrief nicht weiter berücksichtigt. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz nicht jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich zu widerlegen hat. Sie hat in der angefochtenen Verfügung schlüssig dargelegt, weswegen beim Beschwerdeführer nicht offensichtlich von einer unmittelbaren Gefährdung ausgegangen werden kann, beziehungsweise inwiefern entsprechende Nachweise fehlen. Diesbezüglich ist der Beschwerdeführer sodann erneut auf seine Mitwirkungspflichten aufmerksam zu machen (vgl. E. 3.1.2). Die Vorinstanz hat sich sodann - entgegen der Ausführungen des Beschwerdeführers
- explizit zu seinen Vorbringen im Zusammenhang mit dem Drohbrief geäussert, hielt sie doch fest, diese blieben allgemein und ohne erhöhten Substantiierungsgrad; zudem habe der Drohbrief lediglich zur Verhaftung des B._______ geführt.
3.2.5 Sofern der Beschwerdeführer das Beziehungsnetz im Iran vorbringt, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz nicht gehalten war, sich zu nicht entscheiderheblichen Vorbringen zu äussern. Wie sich nachfolgend zeigen wird (vgl. E. 6), ist in materieller Hinsicht bereits das Vorliegen einer unmittelbaren und individuellen Gefährdung in Afghanistan zu verneinen, weshalb die Ausführungen der Vorinstanz bezüglich Rückschaffungsgefahr - und somit auch die vom Beschwerdeführer bemängelte, fehlende weitergehende Berücksichtigung des Beziehungsnetzes im Iran - nicht entscheiderheblich sind.
3.2.6 Die Vorinstanz hat die Vorbringen des Beschwerdeführers berücksichtigt und ihre Verfügung ausreichend begründet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt.
3.3 Es besteht keine Veranlassung, die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das entsprechende Eventualbegehren ist abzuweisen.
4.
4.1 Als Staatsangehöriger Afghanistans unterliegt der Beschwerdeführer der Visumspflicht gemäss Art. 9

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 9 Visumpflicht für längerfristige Aufenthalte - 1 Drittstaatsangehörige benötigen für einen längerfristigen Aufenthalt in der Schweiz ein entsprechendes von der Schweiz ausgestelltes Visum. Von dieser Pflicht befreit sind Inhaberinnen und Inhaber eines Visums für einen längerfristigen Aufenthalt oder eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Staates.61 |
|
1 | Drittstaatsangehörige benötigen für einen längerfristigen Aufenthalt in der Schweiz ein entsprechendes von der Schweiz ausgestelltes Visum. Von dieser Pflicht befreit sind Inhaberinnen und Inhaber eines Visums für einen längerfristigen Aufenthalt oder eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Staates.61 |
2 | In Abweichung von Absatz 1 sind Staatsangehörige folgender Staaten von der Visumpflicht für längerfristige Aufenthalte befreit: Andorra, Australien, Brunei Darussalam, Japan, Malaysia, Monaco, Neuseeland, San Marino, Singapur, Vatikanstadt und Vereinigtes Königreich.62 |
4.2 Gemäss Art. 4 Abs. 2

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
|
1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
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1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |
(BVGE 2018 VII/5 E. 3.6.3) oder ist sie nach einem Aufenthalt in einem solchen freiwillig in ihr Heimat- oder Herkunftsland zurückgekehrt (vgl. Urteil des BVGer F-4658/2017 vom 7. Dezember 2018 E. 4.3) und hat sie die Möglichkeit, sich erneut in den Drittstaat zu begeben, ist in der Regel davon auszugehen, dass keine Gefährdung mehr besteht. Das Visumsgesuch ist unter Berücksichtigung der aktuellen Gefährdung, der persönlichen Umstände der betroffenen Person und der Lage im Heimat- oder Herkunftsland sorgfältig zu prüfen.
5.
5.1 Die Vorinstanz führt zur Begründung ihres Entscheids an, es könne nicht offensichtlich von einer unmittelbaren Gefährdung des Beschwerdeführers ausgegangen werden. Sie verkenne zwar nicht, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeiten über ein «gewisses Risikoprofil» verfüge, jedoch sei dieses nicht als offensichtlich erhöht zu erachten. Der Beschwerdeführer habe einzig zu seiner Tätigkeit als (...) übersetzte Nachweise eingereicht. Dass er dabei regierungs- und religionskritische Inhalte vermittelt habe, sei nicht nachgewiesen. Aus seinen Eingaben gehe sodann nicht hervor, dass es sich bei ihm um eine öffentlich bekannte und von den Behörden gesuchte Person handle - schliesslich habe er zunächst auch nach der Machtübernahme an der Universität unterrichten können. Der gegen ihn und B._______ gerichteten Drohbriefs führte schliesslich lediglich zur Verhaftung des B._______, wobei seine Ausführungen in diesem Zusammenhang und in Bezug auf die schwarze Liste allgemein und unsubstantiiert blieben. Ferner lägen keine Hinweise vor, wonach ihm oder seinen Angehörigen nach der Machtübernahme durch die Taliban «konkrete Nachteile an Leib und Leben» widerfahren seien. Somit könne auch bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Afghanistan nicht von einer unmittelbaren Bedrohung an Leib und Leben ausgegangen werden. Ausserdem bestünden weder Hinweise für eine Ausschaffungsgefahr nach Afghanistan, noch für eine gezielte Verfolgung im Iran. Dort dürfte er aufgrund seines Studienaufenthalts bereits über ein Beziehungsnetz verfügen, womit ihm der weitere Verbleib im Iran zumutbar sei.
5.2 Der Beschwerdeführer führt dagegen an, er sei ein bekannter «(...)» in Afghanistan. Er habe als (...) an der Universität von C._______ unterrichtet und habe als (...) Seminare und Vorlesungen gegeben. Ausserdem habe er die Bibliothek der (...) in C._______ geleitet, (...) und (...). Im August 2021 habe er alle seine Aktivitäten aufgeben müssen, da diese von den Taliban verboten worden seien. Er sei aufgrund seiner religionskritischen Äusserungen bei seinen (...) verfolgt worden, wobei sein Name bereits kurz nach der Machtübernahme der Taliban auf «eine schwarze Liste potentieller Opfer» gesetzt worden sei. Dies sei ihm am (...) vom Dekan der D._______ offiziell mitgeteilt worden, welcher ihm nahegelegt habe, noch «vor den Säuberungen der Taliban an der Universität» die Stadt zu verlassen. Seither habe er - der Beschwerdeführer - immer wieder seinen Aufenthaltsort gewechselt. Am (...) hätten er und B._______ der Universität E._______ aufgrund ihrer regierungskritischen Haltung einen Drohbrief erhalten. Der B._______ sei kurz darauf von den Taliban festgenommen und über drei Monate festgehalten worden - erst nach «heftigen Medienprotesten» hätten die Taliban ihn gehen lassen. Als die Taliban begonnen hätten, ehemalige Universitätsdozenten zu verfolgen, sei er in den Iran geflüchtet. Im Iran habe er zwei Jahre zuvor studiert und sei mit «linksliberalen Literatenkreisen» in Kontakt gekommen. Er sei u.a. an der Seite des berühmten iranischen Oppositionellen und (...) F._______ in der Öffentlichkeit aufgetreten und habe Unterschriften zur Unterstützung von (...) gesammelt. Aufgrund dessen sei er zweimal vor den Disziplinarausschuss der Universität G._______ zitiert worden, der ihm schliesslich den weiteren Besuch der Universität untersagt habe.
Er habe schliesslich «über Kontakte» ein vom (...) bis zum (...) gültiges Touristenvisum beschaffen können, welches er mit «viel Mühe» um einen Monat verlängert habe. Das politische Klima gegenüber intellektuellen Regimegegnern habe sich aufgrund der Taliban-Hardliner des Haqqani-Clans seit April 2022 wesentlich verschärft. Er gehöre zu einer Gruppe hochgefährdeter (...), die vom Deutschschweizer H._______ unterstützt werde.
5.3 In ihrer Vernehmlassung hält die Vorinstanz fest, die Situation von sich illegal im Iran aufhaltenden afghanischen Staatsangehörigen sei schwierig. Der Iran biete seit Jahrzenten Millionen von afghanischen Flüchtlingen und Migranten Zuflucht; aktuell lebten im Iran geschätzte 4 Millionen afghanische Staatsangehörige, davon rund 2.5 Millionen ohne regulären Aufenthaltsstatus. Illegal anwesende Personen würden aber oft direkt nach der Einreise zurück nach Afghanistan geführt, auch gebe es Rückführungen von im Inland aufgegriffenen illegal anwesenden Personen. Oftmals würden die Ausgewiesenen umgehend wieder in den Iran zurückkehren (zirkuläre Migration). Demnach gehe man bei afghanischen Staatsangehörigen, welche sich im Iran aufhalten, nicht zum Vornherein von einem sicheren Drittstaat aus; die Situation sei - wie auch vorliegend - im Einzelfall zu beurteilen. Der Beschwerdeführer habe über ein bis am (...) gültiges iranisches Visum verfügt, welches er lediglich um einen Monat habe verlängern können. Die Verlängerung von Visa sei nicht unbegrenzt möglich, wobei im Fall eines negativen Entscheids betreffend Visumsverlängerung eine Ausreisefrist angesetzt werde. Da seitens des Beschwerdeführers bislang keine Nachweise zu allfälligen Bemühungen, das Visum zu verlängern, vorgelegt worden seien, könne nicht beurteilt werden, ob in seinem Fall eine Verlängerung des Visums möglich sei. Eine unmittelbare und konkrete Rückschaffungsgefahr sei nicht ersichtlich und habe auch durch die weitgehend allgemeinen Ausführungen in der Beschwerde zur schwierigen Situation illegal anwesender Afghanen im Iran nicht dargelegt werden können. Ohnehin sei aber, wie im angefochtenen Entscheid dargelegt, auch in Afghanistan nicht von einer offensichtlich unmittelbaren und konkreten Gefährdung des Beschwerdeführers auszugehen. Es würden keine relevanten neuen Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, die auf eine solche Gefahr hindeuten und somit eine Änderung des Entscheids rechtfertigen würden.
5.4 In seiner Replik führt der Beschwerdeführer aus, die jüngsten Ereignisse im Zusammenhang mit dem Tod einer jungen Iranerin zeigten, dass Personen, welche sich dem iranischen Regime widersetzten, in akuter Gefahr seien. Es komme seither andauernd zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften sowie zu willkürlichen Festnahmen von ausländischen Reisenden. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz habe er - der Beschwerdeführer - sich mehrfach darum bemüht, sein Visum zu verlängern. Personen, welche ihr Visum verlängern wollten und sich somit den iranischen Behörden stellten, würden sich der Gefahr aussetzen, direkt inhaftiert und nach Afghanistan deportiert zu werden. Dennoch habe er zu diesem Zweck die Passämter verschiedener iranischer Städte aufgesucht. Zuletzt habe er vom Passamt der Stadt I._______ am (...) wegen seines zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufenen Visums eine Busse von USD 250.- erhalten. Dabei seien in seinem Pass ein «Exit-Stempel» und eine Ausreisefrist von 15 Tagen eingetragen worden. Um die Busse zu bezahlen, habe er sein einziges Arbeitsinstrument - seinen Laptop - verkaufen müssen. Dank seiner Beziehungen (und gegen eine hohe Gebühr) habe er schliesslich die Zulassung als Student an der Universität I._______ erwirken können, woraufhin ihm am (...) ein einmonatiges Studentenvisum ausgestellt worden sei. Die Universität habe ihn darauf hingewiesen, dass ihm aufgrund seines politischen Engagements «womöglich bloss ein kurzfristiges Studentenvisum» gewährt werden könne. Eine Rückkehr nach Afghanistan bedeute für ihn eine unmittelbare und konkrete Bedrohung an Leib und Leben, er wäre «direkt» den Taliban ausgeliefert.
6.
Nachfolgend ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer über ein Profil verfügt, mit dem er in seinem Heimatland Afghanistan einer unmittelbaren und individuellen Gefährdung ausgesetzt wäre, die sich von anderen Personen massgeblich abhebt.
6.1 Aus seinem selbst verfassten Lebenslauf (SEM-act. 2, pag. 64) geht hervor, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2020 das Studium in «(...)» an der J._______ sowie im Jahr 2016 das Studium der «(...)» an der Universität C._______ abgeschlossen hat (vgl. auch SEM-act. 2, pag. 51). Gemäss Angaben im Lebenslauf arbeitete er zuletzt, d.h. vom (...) bis (...), als «Teacher and Office Manager» an der Universität E._______. An anderer Stelle macht er geltend, «Professor» gewesen zu sein (vgl. BVGer-act. 6 und SEM-act. 1, pag. 4). Allerdings reicht er weder zur Anstellung als «Teacher and Office Manager» noch als Professor Belege ein. Dementsprechend ist unklar, ob er diese Funktionen tatsächlich ausübte oder ob es sich dabei gar um dieselbe Stelle handelt. Belegt ist hingegen seine Anstellung als «Acting President» der (...) der Universität E._______ vom (...) bis zum (...) (SEM-act. 2, pag.49). Es ist hierbei anzumerken, dass die beigelegte Arbeitsbestätigung - entgegen den Angaben in der Beschwerdeschrift, wonach der Beschwerdeführer an der (...) Fakultät der «Universität von C._______» (...) gewesen sei - nicht von der Universität von C._______ stammt. Unter den eingereichten Unterlagen befinden sich ferner auch Fotos von diversen Preisen beziehungsweise Preisschreiben, Veranstaltungen und Zeitungsartikeln, die sein literarisches und aktivistisches Engagement belegen sollen. Beim Beschwerdeführer handelt es sich dementsprechend zweifelsohne um eine künstlerisch aktive und engagierte Person. Aus den Unterlagen lassen sich jedoch keine konkreten Rückschlüsse, wie etwa auf die Art, den Austragungsort, -rahmen oder das Austragungsdatum der Veranstaltungen, schliessen. Insbesondere befinden sich darunter auch Dokumente, die seinen (...) Tätigkeiten zuzuordnen sind und in Bezug auf sein Gefährdungsprofil nicht weiter relevant (vgl. SEM-act. 2, pag. 44 und 54 unteres Foto). Auch die Teilnahme an Englisch- und Computerkursen wird mit mehreren Schreiben bestätigt. Inwiefern er mit Blick auf die eingereichten Belege «landesweit bekannt» und dadurch mit seinen Ansichten besonders exponiert sein soll, ist bei genauerer Analyse nicht erkennbar. Mit der Vorinstanz ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer zwar bei abstrakter Betrachtung gewissen Risikogruppen zuzuordnen ist. Dazu gehören etwa Personen, die der afghanischen Regierung oder der internationalen Gemeinschaft nahestehen oder als Unterstützer derselben wahrgenommen werden, sowie westlich orientierte oder der afghanischen Gesellschaftsordnung aus anderen Gründen nicht entsprechende Personen (vgl. dazu SEM, Focus Afghanistan - Verfolgung durch Taliban: Potentielle Risikoprofile, 15. Februar 2022, Bern, www.sem.admin.ch Internationales & Rückkehr
Herkunftsländerinformationen Asien und Nahost, abgerufen am 18.09.2023). Dennoch ist ein erhöhtes Risikoprofil respektive eine im Vergleich zu anderen unmittelbare, ernsthafte und konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers in Afghanistan, wie sich auch aus dem Folgenden ergibt, zu verneinen.
6.2 In Bezug auf die individuell-konkrete Gefährdungssituation des Be-schwerdeführers in Afghanistan ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass dieser zwar über ein «gewisses Risikoprofil» verfügt, die geschilderten Vorfälle allerdings nicht auf eine gezielte Verfolgung seiner Person schliessen lassen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zwischen der Machtübernahme der Taliban im August 2021 und der Einreise des Beschwerdeführers in den Iran (...) über ein halbes Jahr verstrich. Gegen eine gezielte Verfolgung des Beschwerdeführers spricht insbesondere der Umstand, dass er sich nach Erhalt des Drohbriefs vom (...) bis zur Ausreise weitere zwei Monate in Afghanistan aufhielt, ohne dass es zu konkreten Verfolgungsmassnahmen der Taliban gegen seine Person gekommen ist. Dies ist angesichts der geltend gemachten landesweiten Bekanntheit aufgrund seiner religions- und regimekritischen (...) nicht nachvollziehbar. Auch sind seine Ausführungen im Zusammenhang mit dem Drohbrief sehr allgemein gehalten und überdies nicht weiter belegt: So etwa bleiben die «heftigen Medienproteste» im Nachgang zur angeblichen Inhaftierung des B._______ unbelegt, ebenso fehlen jegliche Hinweise zu den konkreten Hintergründen des Drohbriefs beziehungsweise zur Frage, weshalb sich dieser gegen ihn und den B._______ richtet.
6.3 Vor diesem Hintergrund ist weder dargetan noch ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan offensichtlich einer unmittelbaren, ernsthaften und konkreten Gefahr an Leib und Leben im Sinn von Art. 4 Abs. 2

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
|
1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |
7.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Vor-aussetzungen für die Ausstellung eines humanitären Visums nach Art. 4 Abs. 2

SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) VEV Art. 4 Einreisevoraussetzungen für einen längerfristigen Aufenthalt - 1 Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
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1 | Für einen längerfristigen Aufenthalt müssen Ausländerinnen und Ausländer neben den Voraussetzungen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, d und e des Schengener Grenzkodex43 zusätzlich folgende Einreisevoraussetzungen erfüllen: |
a | Sie müssen, sofern erforderlich, über ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt nach Artikel 9 verfügen. |
b | Sie müssen die ausländerrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen für den beabsichtigten Aufenthaltszweck erfüllen. |
2 | Ausländerinnen und Ausländern, die die Voraussetzungen von Absatz 1 nicht erfüllen, kann in begründeten Fällen aus humanitären Gründen die Einreise in die Schweiz für einen längerfristigen Aufenthalt bewilligt werden. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die betreffende Person im Herkunftsstaat unmittelbar, ernsthaft und konkret an Leib und Leben gefährdet ist. |

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: |
|
a | Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; |
b | unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; |
c | Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. |
8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1

SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 63 - 1 Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden. |
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1 | Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden. |
2 | Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht. |
3 | Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat. |
4 | Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter erhebt vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden.102 |
4bis | Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 100-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 100-50 000 Franken.103 |
5 | Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren im Einzelnen.104 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005105 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010106.107 |
(Dispositiv nächste Seite)
Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer und die Vorinstanz.
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Susanne Genner Selina Schmid
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