Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B 60/2010
Urteil vom 12. Februar 2010
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Mathys,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Monn.
Parteien
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Konrad Reber,
Beschwerdeführer,
gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Menschenhandel, Förderung der Prostitution etc.,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Solothurn, Strafkammer,
vom 22. Dezember 2009 (STAPA.2009.19).
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Das Amtsgericht Thal-Gäu sprach den Beschwerdeführer mit Urteil vom 4. Dezember 2008 unter anderem des mehrfachen Menschenhandels schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten sowie einer Busse von Fr. 10'000.--.
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 erhob der amtliche Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zu Handen des Obergerichts des Kantons Solothurn die Appellation gegen das Urteil des Amtsgerichts.
Der Präsident des Obergerichts verfügte am 11. November 2009, der Beschwerdeführer habe bis 2. Dezember 2009 für das Verfahren vor Obergericht einen Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- zu leisten. Für den Fall, dass der Vorschuss innerhalb der gesetzten Frist nicht geleistet werde, drohte der Präsident unter Hinweis auf § 169bis der Strafprozessordnung des Kantons Solothurn (StPO/SO) an, es werde auf die Appellation nicht eingetreten. Die Verfügung wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 12. November 2009 zugestellt.
Mit Verfügung vom 8. Dezember 2009 stellte der Präsident des Obergerichts fest, dass der Beschwerdeführer den Kostenvorschuss innert der gesetzten Frist nicht bezahlt habe und demzufolge auf die Appellation nicht einzutreten sei. Das Verfahren werde mit separatem Beschluss abgeschrieben.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers stellte am 11. Dezember 2009 ein Gesuch um Aufhebung der Säumnisfolgen. Er machte geltend, er habe die Verfügung betreffend Kostenvorschuss vom 11. November 2009 samt Einzahlungsschein mit normaler Post an den Beschwerdeführer weitergeleitet. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 habe er auch die Verfügung vom 8. Dezember 2009 weitergeleitet und zur Kenntnis genommen, dass der Vorschuss unbezahlt geblieben sei. Am 10. Dezember 2009 habe sich der Beschwerdeführer bei ihm gemeldet und klargestellt, dass er die Verfügung vom 11. November 2009 wie auch den Einzahlungsschein nie erhalten habe. Die Sendung sei schlicht verloren gegangen. Aus diesem Grund werde um Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und um Aufhebung der Säumnisfolgen ersucht. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer von der Vorschusspflicht zu befreien, weil er bedürftig sei.
Die Vorinstanz wies das Gesuch des Beschwerdeführers um Aufhebung der Säumnisfolgen mit Beschluss vom 22. Dezember 2009 ab. Sie erwog, die Verfügung betreffend Kostenvorschuss sei dem amtlichen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und somit formrichtig zugestellt worden. Der Rechtsvertreter habe folglich von der Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses Kenntnis gehabt. Damit könne es keine Rolle spielen, ob die vom Rechtsvertreter an seinen Mandanten versandte Post nicht angekommen sei. Eine solche Begründung stelle keinen Grund dar, die Säumnisfolgen aufzuheben (angefochtener Beschluss S. 2 E. II/2). Auf die Appellation wurde nicht eingetreten.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht und beantragt, der Beschluss des Obergerichts vom 22. Dezember 2009 sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung der Appellation an die Vorinstanz zurückzuweisen.
2.
Da der Rechtsvertreter die Verfügung betreffend die Pflicht zur Leistung eines Kostenvorschusses dem Beschwerdeführer zustellte, ohne sich in der Folge zu vergewissern, dass dieser die Verfügung tatsächlich erhalten und den Vorschuss fristgerecht geleistet hat, ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Gesuch um Aufhebung der Säumnisfolgen abwies (Urteil 5A 760/2009 vom 12. Januar 2010, E. 4, mit Hinweis auf BGE 110 Ib 94).
Was der Beschwerdeführer vorbringt, dringt nicht durch. Er macht zusammengefasst geltend, dass die Vorinstanz vom bedürftigen Beschwerdeführer von vornherein keinen Vorschuss hätte verlangen dürfen. Er verweist indessen selber auf § 168bis StPO/SO (Beschwerde S. 6). Nach dieser Bestimmung ist grundsätzlich zur Leistung eines Kostenvorschusses verpflichtet, wer ein Rechtsmittel einlegt. Der Präsident kann die bedürftige Partei auf Gesuch hin von der Vorschusspflicht befreien. Ein solches Gesuch zu verlangen, ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers mit den Verfahrensgarantien und dem Recht auf unentgeltliche Rechtspflege vereinbar (Beschwerde S. 6). Der Rechtsvertreter hat kein solches Gesuch gestellt. Er hat statt dessen die Kostenvorschussverfügung samt Einzahlungsschein dem Beschwerdeführer zugestellt, ohne sich weiter um die Angelegenheit zu kümmern.
Zwar prüft die zweite Instanz gemäss § 9 Abs. 2 StPO/SO nach Eingang der Rechtsmittelerklärung nach freiem Ermessen, ob die amtliche Verteidigung aufrechtzuerhalten sei. Aus der Beschwerde ergibt sich indessen nicht, dass die Vorinstanz in Willkür verfallen wäre, als sie die amtliche Verteidigung nicht automatisch aufrechterhielt (vgl. Beschwerde S. 8). Der Rechtsvertreter hat die Kostenvorschussverfügung denn auch ohne weiteres akzeptiert und dem Beschwerdeführer zur Bezahlung zugestellt.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 109 Dreierbesetzung - 1 Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung. |
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1 | Die Abteilungen entscheiden in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder kein besonders bedeutender Fall vorliegt, wenn die Beschwerde nur unter einer dieser Bedingungen zulässig ist (Art. 74 und 83-85). Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b findet keine Anwendung. |
2 | Sie entscheiden ebenfalls in Dreierbesetzung bei Einstimmigkeit über: |
a | Abweisung offensichtlich unbegründeter Beschwerden; |
b | Gutheissung offensichtlich begründeter Beschwerden, insbesondere wenn der angefochtene Akt von der Rechtsprechung des Bundesgerichts abweicht und kein Anlass besteht, diese zu überprüfen. |
3 | Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden. |
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist in Anwendung von Art. 64
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
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1 | Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |
2 | Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann. |
3 | Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. |
4 | Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, den 12. Februar 2010
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Favre Monn