Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B 346/2010

Urteil vom 11. November 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
Gerichtsschreiber Haag.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Georges Müller,

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,
Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8026 Zürich.

Gegenstand
Haftentlassung,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 12. Oktober 2010 des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter.
Sachverhalt:

A.
X.________, geboren am 25. Februar 1992, ist seit dem 17. September 2010 in Untersuchungshaft. Er wird verdächtigt, verschiedene Einbruchdiebstähle, sowie weitere Diebstähle und Sachbeschädigungen verübt zu haben. Am 7. Oktober 2010 ersuchte er unter Hinweis auf die sachliche Unzuständigkeit der Staatsanwaltschaft zur Haftanordnung um Entlassung aus der Untersuchungshaft.
Der Haftrichter am Bezirksgericht Zürich wies das Haftentlassungsgesuch mit Verfügung vom 12. Oktober 2010 ab. Er bezeichnete die Staatsanwaltschaft als im Haftprüfungsverfahren sachlich zuständig, ohne die Zuständigkeit für das Strafverfahren abschliessend zu beurteilen. Neben dem dringenden Tatverdacht bejahte er den besonderen Haftgrund der Wiederholungsgefahr.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 22. Oktober 2010 beantragt X.________, die Verfügung des Haftrichters vom 12. Oktober 2010 sei aufzuheben, und es sei seine sofortige Entlassung aus der Untersuchungshaft anzuordnen. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Bezirksgericht Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat beantragt, die Beschwerde abzuweisen und die Verfügung des Haftrichters zu bestätigen. Der Beschwerdeführer hält in einer weiteren Eingabe an seinen Anträgen und deren Begründung fest.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwiefern auf eine Beschwerde eingetreten werden kann (Art. 29 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 29 Prüfung - 1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen.
1    Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen.
2    Bestehen Zweifel, ob das Bundesgericht oder eine andere Behörde zuständig ist, so führt das Gericht mit dieser Behörde einen Meinungsaustausch.
BGG; BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251).

1.1 Nach Art. 78 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 78 Grundsatz - 1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
1    Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen.
2    Der Beschwerde in Strafsachen unterliegen auch Entscheide über:
a  Zivilansprüche, wenn diese zusammen mit der Strafsache zu behandeln sind;
b  den Vollzug von Strafen und Massnahmen.
BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen. Der Beschwerdeführer nahm vor der Vorinstanz am Verfahren teil und hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Er ist nach Art. 81 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG zur Beschwerde berechtigt. Das Bundesgericht kann nach Art. 107 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 107 Entscheid - 1 Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen.
1    Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen.
2    Heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut, so entscheidet es in der Sache selbst oder weist diese zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück. Es kann die Sache auch an die Behörde zurückweisen, die als erste Instanz entschieden hat.
3    Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen oder der internationalen Amtshilfe in Steuersachen als unzulässig, so fällt es den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels. Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist es nicht an diese Frist gebunden, wenn das Auslieferungsverfahren eine Person betrifft, gegen deren Asylgesuch noch kein rechtskräftiger Endentscheid vorliegt.96
4    Über Beschwerden gegen Entscheide des Bundespatentgerichts über die Erteilung einer Lizenz nach Artikel 40d des Patentgesetzes vom 25. Juni 195497 entscheidet das Bundesgericht innerhalb eines Monats nach Anhebung der Beschwerde.98
BGG bei Gutheissung der Beschwerde in der Sache selbst entscheiden. Der Antrag auf Haftentlassung ist somit zulässig.

1.2 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG). Der Beschwerdeführer macht geltend, im vorliegenden Verfahren sei nicht die Staatsanwaltschaft, sondern die Jugendanwaltschaft zur Führung der Strafuntersuchung zuständig. Diese Frage ist hier insoweit von Interesse, als ein Inhaftierter, auf den das Jugendstrafgesetz anwendbar ist, gestützt auf Art. 41 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1) im Kanton ein Rechtsmittel gegen eine Haftanordnung oder -verlängerung erheben kann. Er muss diese Möglichkeit auch ausschöpfen, bevor er Beschwerde ans Bundesgericht führen kann (BGE 133 IV 267 E. 3.4 S. 270). Somit ist im Folgenden zu prüfen, ob auf den Beschwerdeführer in Bezug auf die Untersuchungshaft das Jugendstrafgesetz zur Anwendung kommt, obwohl er das 18. Altersjahr bereits beendet hat.
1.2.1 Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am 22. März 2010 erstinstanzlich wegen "Diebstahls etc." verurteilt wurde und dieses Strafverfahren beim Obergericht des Kantons Zürich hängig ist. Nach den unbestrittenen Ausführungen der Staatsanwaltschaft erfolgte diese Verurteilung im Jugendstrafverfahren. Art. 3 Abs. 2
SR 311.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG) - Jugendstrafgesetz
JStG Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich - 1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
1    Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
2    Sind gleichzeitig eine vor und eine nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist hinsichtlich der Strafen nur das StGB10 anwendbar. Dies gilt auch für die Zusatzstrafe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für eine Tat auszusprechen ist, welche vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen wurde. Bedarf der Täter einer Massnahme, so ist diejenige Massnahme nach dem StGB oder nach diesem Gesetz anzuordnen, die nach den Umständen erforderlich ist. Wurde ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat bekannt wurde, so bleibt dieses Verfahren anwendbar. Andernfalls ist das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar.
Satz 4 JStG bestimmt, dass das Jugendstrafverfahren anwendbar bleibt, wenn ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet wurde, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahrs begangene Tat bekannt wurde.
1.2.2 Die Straftaten, welche der Beschwerdeführer nach seinem 18. Geburtstag begangen haben soll, fielen in eine Zeit, als das Verfahren für die vor dem 18. Geburtstag angeblich verübten Taten bei der Jugendanwaltschaft bereits eingeleitet, aber noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war. Der klare Wortlaut von Art. 3 Abs. 2
SR 311.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG) - Jugendstrafgesetz
JStG Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich - 1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
1    Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
2    Sind gleichzeitig eine vor und eine nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist hinsichtlich der Strafen nur das StGB10 anwendbar. Dies gilt auch für die Zusatzstrafe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für eine Tat auszusprechen ist, welche vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen wurde. Bedarf der Täter einer Massnahme, so ist diejenige Massnahme nach dem StGB oder nach diesem Gesetz anzuordnen, die nach den Umständen erforderlich ist. Wurde ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat bekannt wurde, so bleibt dieses Verfahren anwendbar. Andernfalls ist das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar.
Satz 4 JStG spricht gegen die Auffassung der Vorinstanz, diese Bestimmung komme nicht mehr zur Anwendung, nachdem der Beschuldigte erstinstanzlich verurteilt sei (vgl. BGE 135 IV 206 E. 5 S. 209 ff.). Einzige Voraussetzung für die Anwendung des Jugendstrafverfahrens auf Delikte, welche der Täter nach Vollendung des 18. Altersjahrs begangen hat, ist die Rechtshängigkeit eines Jugendstrafverfahrens. Ein solches endet nicht mit der erstinstanzlichen Verurteilung, sondern erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Jugendstrafverfahrens. Etwas anderes lässt sich auch dem von der Staatsanwaltschaft erwähnten Urteil des Bundesstrafgerichts BG.2007.27 vom 17. Dezember 2007 nicht entnehmen. In der Lehre wird die Regelung als nicht sachgerecht kritisiert (vgl. GÜRBER/HUG/SCHLÄFLI, in: Basler Kommentar Strafrecht I, 2. Aufl. 2007, N.17 ff.). Das Bundesgericht hat sich zu dieser Kritik in BGE 135 IV 206 E. 5.3 S. 211 f.
geäussert und erwogen, dass in sogenannten "gemischten Fällen", bei denen gleichzeitig Straftaten zu verfolgen sind, die der Angeschuldigte vor und nach Vollendung des 18. Altersjahrs begangen haben soll, grundsätzlich das Jugendstrafverfahren anwendbar bleibt. Der Gesetzgeber nahm die erwähnte Kritik bisher nicht zum Anlass für eine Änderung von Art. 3
SR 311.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG) - Jugendstrafgesetz
JStG Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich - 1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
1    Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
2    Sind gleichzeitig eine vor und eine nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist hinsichtlich der Strafen nur das StGB10 anwendbar. Dies gilt auch für die Zusatzstrafe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für eine Tat auszusprechen ist, welche vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen wurde. Bedarf der Täter einer Massnahme, so ist diejenige Massnahme nach dem StGB oder nach diesem Gesetz anzuordnen, die nach den Umständen erforderlich ist. Wurde ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat bekannt wurde, so bleibt dieses Verfahren anwendbar. Andernfalls ist das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar.
JStG, obwohl dazu beispielsweise im Rahmen des Erlasses der Jugendstrafprozessordnung des Bundes vom 20. März 2009 (BBl 2009 1993) Gelegenheit bestand. Es ergibt sich, dass im vorliegenden Haftprüfungsverfahren die Regeln des Jugendstrafgesetzes anzuwenden sind.
1.2.3 Die Anordnung von Untersuchungshaft erfolgt auch bei Jugendlichen in erster Linie aufgrund der Bestimmungen des kantonalen Strafprozessrechts (hier: §§ 58 ff. i.V.m. § 380 Abs. 3 Zürcher Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919 [StPO/ZH]). Zu beachten sind aber zusätzlich die restriktiveren Anforderungen gemäss Art. 6 Abs. 1
SR 311.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG) - Jugendstrafgesetz
JStG Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich - 1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
1    Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
2    Sind gleichzeitig eine vor und eine nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist hinsichtlich der Strafen nur das StGB10 anwendbar. Dies gilt auch für die Zusatzstrafe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für eine Tat auszusprechen ist, welche vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen wurde. Bedarf der Täter einer Massnahme, so ist diejenige Massnahme nach dem StGB oder nach diesem Gesetz anzuordnen, die nach den Umständen erforderlich ist. Wurde ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat bekannt wurde, so bleibt dieses Verfahren anwendbar. Andernfalls ist das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar.
JStG. Die Entscheide über Untersuchungshaft gehören damit auch zu den anfechtbaren Entscheiden nach Art. 41
SR 311.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG) - Jugendstrafgesetz
JStG Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich - 1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
1    Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
2    Sind gleichzeitig eine vor und eine nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist hinsichtlich der Strafen nur das StGB10 anwendbar. Dies gilt auch für die Zusatzstrafe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für eine Tat auszusprechen ist, welche vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen wurde. Bedarf der Täter einer Massnahme, so ist diejenige Massnahme nach dem StGB oder nach diesem Gesetz anzuordnen, die nach den Umständen erforderlich ist. Wurde ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat bekannt wurde, so bleibt dieses Verfahren anwendbar. Andernfalls ist das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar.
JStG (BGE 133 IV 267 E. 3.2 S. 269; Peter Aebersold, Schweizerisches Jugendstrafrecht, 2007, S. 200; Baptiste Viredaz, Le nouveau droit pénal des mineurs, in: Kuhn/Moreillon/ Viredaz/Bichovsky, La nouvelle partie générale du Code pénal suisse, 2006, S. 411 Fn. 56).
1.2.4 Art. 41 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
JStG verpflichtet die Kantone, ein Rechtsmittel vorzusehen, mit dem Urteile und Verfügungen, gleichgültig ob von Gerichten oder Verwaltungsbehörden erlassen, bei einer gerichtlichen Instanz des Kantons angefochten werden können (Botschaft des Bundesrats zum JStG vom 21. September 1998, BBl 1999 Ziff. 425.4 S. 2265). Es handelt sich dabei um eine Mindestgarantie, die vom kantonalen Recht über-, nicht aber unterschritten werden darf. Sie soll sicherstellen, dass das materielle Jugendstrafrecht und seine Grundsätze tatsächlich zum Tragen kommen (AEBERSOLD, a.a.O., S. 191 f.; vgl. auch Botschaft, a.a.O., Ziff. 425.4 S. 2266). Von diesem Schutzzweck her ist auch die Verfahrensbestimmung von Art. 41
SR 311.1 Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG) - Jugendstrafgesetz
JStG Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich - 1 Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
1    Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben.
2    Sind gleichzeitig eine vor und eine nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat zu beurteilen, so ist hinsichtlich der Strafen nur das StGB10 anwendbar. Dies gilt auch für die Zusatzstrafe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für eine Tat auszusprechen ist, welche vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen wurde. Bedarf der Täter einer Massnahme, so ist diejenige Massnahme nach dem StGB oder nach diesem Gesetz anzuordnen, die nach den Umständen erforderlich ist. Wurde ein Verfahren gegen Jugendliche eingeleitet, bevor die nach Vollendung des 18. Altersjahres begangene Tat bekannt wurde, so bleibt dieses Verfahren anwendbar. Andernfalls ist das Verfahren gegen Erwachsene anwendbar.
JStG unmittelbar anwendbar (BGE 133 IV 267 E. 3.3 S. 270).
1.2.5 Das in Art. 41 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
JStG vorgeschriebene Rechtsmittel muss nach der Rechtsprechung ergriffen werden, bevor die Beschwerde an das Bundesgericht zulässig ist (BGE 133 IV 267 E. 3.4 S. 270 f.). Das kantonale Recht enthält keine Regelung über die Zuständigkeit einer gerichtlichen Instanz zur Überprüfung von Haftrichterentscheiden, die in den Anwendungsbereich des JStG fallen (vgl. § 62 Abs. 4 i.V.m. § 380 Abs. 3 StPO/ZH). Diese Verfahrensordnung, die kein Rechtsmittel an eine kantonale Instanz vorsieht, ist mit Art. 41 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
JStG nicht vereinbar. Der Umstand, dass das kantonale Recht offenbar nicht an diese seit dem 1. Januar 2007 in Kraft stehende Bestimmung angepasst wurde, darf nicht dazu führen, dass auf die Beurteilung des Entscheids des Haftrichters durch ein kantonales Gericht in einem Rechtsmittelverfahren verzichtet wird. Gestützt auf Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG kann auf die vorliegende Beschwerde jedoch mangels Letztinstanzlichkeit des angefochtenen Entscheids nicht eingetreten werden. Der angefochtene Entscheid enthält eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung, deren Fehlerhaftigkeit der Beschwerdeführer nicht ohne Weiteres erkennen konnte. Die Sache ist an das kantonale Obergericht, das für die Beurteilung strafrechtlicher
Entscheide der Bezirksgerichte grundsätzlich zuständig ist, zur materiellen Behandlung der vorliegenden Beschwerde zu überweisen (vgl. BGE 135 II 94 E. 6 S. 102 ff.; 134 I 199 E. 1.3.2 S. 203; je mit Hinweisen). Da es sich um ein Beschwerdeverfahren handelt und eine erste gerichtliche Haftprüfung stattgefunden hat, rechtfertigt sich eine sofortige Haftentlassung des Beschwerdeführers indessen nicht (vgl. BGE 135 II 94 E. 6.4 S. 104). Die kantonale Rechtsmittelinstanz wird im weiteren Verfahren das Beschleunigungsgebot in Haftsachen zu beachten haben.

2.
Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann und die Sache an das Obergericht des Kantons Zürich zur weiteren Behandlung zu überweisen ist.
Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann dem Gesuch entsprochen werden (Art. 64
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
1    Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2    Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt das Bundesgericht der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin. Der Anwalt oder die Anwältin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit der Aufwand für die Vertretung nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung gedeckt werden kann.
3    Über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege entscheidet die Abteilung in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen. Vorbehalten bleiben Fälle, die im vereinfachten Verfahren nach Artikel 108 behandelt werden. Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin kann die unentgeltliche Rechtspflege selbst gewähren, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
4    Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Angelegenheit wird zur weiteren Behandlung der Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich überwiesen.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.

3.1 Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.2 Rechtsanwalt Georges Müller wird zum unentgeltlichen Rechtsbeistand ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'000.-- entschädigt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, sowie dem Obergericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. November 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Haag
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 1B_346/2010
Date : 11. November 2010
Published : 29. November 2010
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Strafprozess
Subject : Haftentlassung


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