Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

9C 460/2016 {T 0/2}

Urteil vom 10. Januar 2017

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichter Parrino,
Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Nadeshna Ley,
Beschwerdeführerin,

gegen

Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 12. Mai 2016.

Sachverhalt:

A.
Die 1960 geborene A.________ meldete sich im Februar 2014 bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen (nachfolgend: SVA) zum Bezug von Ergänzungsleistungen an. Am 18. September 2014 teilte Rechtsanwältin Nadeshna Ley der SVA unter Hinweis auf die Anwaltsvollmacht vom 7. März 2008 mit, dass sie fortan die Versicherte in Bezug auf Ergänzungsleistungen anwaltlich unterstütze. In der Folge gelangten sowohl die Versicherte als auch die Rechtsanwältin mit verschiedenen Eingaben an die SVA. Mit Verfügung vom 30. Januar 2015, adressiert an die Versicherte, verneinte die SVA einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen. A.________ erhob dagegen Einsprache und reichte weitere Eingaben ein. Mit Schreiben vom 17. Juli 2015 teilte die Rechtsanwältin der SVA mit, dass ihr Mandat Fragen im Zusammenhang mit Ergänzungsleistungen nicht umfasse. Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana teilte der SVA mit Schreiben vom 18. August 2015 mit, dass er die Versicherte in den auf der beigelegten Anwaltsvollmacht vom 13. August 2015 aufgeführten Angelegenheiten vertrete. Mit Einspracheentscheid vom 20. August 2015, adressiert an Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana, bestätigte die SVA ihre Verfügung vom 30. Januar 2015. Mit Schreiben vom 24. August 2015
teilte die SVA Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana insbesondere mit, dass bei ihr am 19. August ein (mit dem 21. Juli und 14. August 2015 datiertes) Schreiben der Versicherten eingetroffen sei.

B.
Gegen den Einspracheentscheid vom 20. August 2015 liess A.________, vertreten durch Rechtsanwältin Nadeshna Ley, am 23. September 2015 Beschwerde erheben. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen trat darauf mit Entscheid vom 12. Mai 2016 nicht ein.

C.
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der Entscheid vom 12. Mai 2016 sei aufzuheben und die Angelegenheit sei zur materiellen Beurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
Die SVA und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG).

2.

2.1. Gemäss Art. 60 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 60 Beschwerdefrist - 1 Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen.
1    Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen.
2    Die Artikel 38-41 sind sinngemäss anwendbar.
ATSG (SR 830.1) ist die Beschwerde innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen. Diese Frist kann nicht erstreckt werden (Art. 40 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 40 Fristerstreckung und Säumnisfolgen - 1 Eine gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden.
1    Eine gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden.
2    Setzt der Versicherungsträger eine Frist für eine bestimmte Handlung an, so droht er gleichzeitig die Folgen eines Versäumnisses an. Andere als die angedrohten Folgen treten nicht ein.
3    Eine vom Versicherungsträger angesetzte Frist kann aus zureichenden Gründen erstreckt werden, wenn die Partei vor Ablauf der Frist darum nachsucht.
ATSG). Nach Art. 39 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 39 Einhaltung der Fristen - 1 Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist dem Versicherungsträger eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.
1    Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist dem Versicherungsträger eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.
2    Gelangt die Partei rechtzeitig an einen unzuständigen Versicherungsträger, so gilt die Frist als gewahrt.
in Verbindung mit Art. 60 Abs. 2
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 60 Beschwerdefrist - 1 Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen.
1    Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen.
2    Die Artikel 38-41 sind sinngemäss anwendbar.
ATSG ist die 30-tägige Frist nur gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim erstinstanzlichen Versicherungsgericht eingereicht oder zu dessen Handen u.a. der Schweizerischen Post übergeben wird. Läuft die Frist unbenützt ab, so erwächst der Verwaltungsentscheid in (formelle) Rechtskraft mit der Wirkung, dass das erstinstanzliche Gericht auf eine verspätet eingereichte Beschwerde nicht eintreten darf (vgl. BGE 134 V 49 E. 2 S. 51; SVR 2011 IV Nr. 32 S. 93, 9C 791/2010 E. 2.1).

2.2. Eine Partei kann sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, jederzeit vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen (Art. 37 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 37 Vertretung und Verbeiständung - 1 Die Partei kann sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, jederzeit vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.
1    Die Partei kann sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, jederzeit vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.
2    Der Versicherungsträger kann die Vertretung auffordern, sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen.
3    Solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft, macht der Versicherungsträger seine Mitteilungen an die Vertretung.
4    Wo die Verhältnisse es erfordern, wird der gesuchstellenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
ATSG). Im Sozialversicherungsrecht des Bundes gilt der in Art. 37 Abs. 3
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 37 Vertretung und Verbeiständung - 1 Die Partei kann sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, jederzeit vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.
1    Die Partei kann sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, jederzeit vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.
2    Der Versicherungsträger kann die Vertretung auffordern, sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen.
3    Solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft, macht der Versicherungsträger seine Mitteilungen an die Vertretung.
4    Wo die Verhältnisse es erfordern, wird der gesuchstellenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
ATSG ausdrücklich verankerte Grundsatz, dass der Versicherungsträger seine Mitteilungen an den Vertreter einer Partei zu richten hat, solange diese ihre Vollmacht nicht widerrufen hat. Dieser Grundsatz dient im Interesse der Rechtssicherheit dazu, allfällige Zweifel darüber zum Vornherein zu beseitigen, ob die Mitteilungen an die Partei selber oder an ihre Vertretung zu erfolgen haben, sowie um klarzustellen, welches die für einen Fristenlauf massgebenden Mitteilungen sein sollen (BGE 99 V 177 E. 3 S. 182; SVR 2011 IV Nr. 32 S. 93, 9C 791/2010 E. 2.2; 2009 UV Nr. 16 S. 63, 8C 210/2008 E. 3.2 mit Hinweisen).

2.3. Nach Art. 33 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 33 - 1 Soweit die Ermächtigung, im Namen eines andern Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone zu beurteilen.
1    Soweit die Ermächtigung, im Namen eines andern Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone zu beurteilen.
2    Ist die Ermächtigung durch Rechtsgeschäft eingeräumt, so beurteilt sich ihr Umfang nach dessen Inhalt.
3    Wird die Ermächtigung vom Vollmachtgeber einem Dritten mitgeteilt, so beurteilt sich ihr Umfang diesem gegenüber nach Massgabe der erfolgten Kundgebung.
OR beurteilt sich der Umfang einer durch Rechtsgeschäft eingeräumten Ermächtigung nach dessen Inhalt. Wird die Ermächtigung vom Vollmachtgeber einem Dritten mitgeteilt, so beurteilt sich ihr Umfang diesem gegenüber nach Massgabe der erfolgten Kundgebung (Art. 33 Abs. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 33 - 1 Soweit die Ermächtigung, im Namen eines andern Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone zu beurteilen.
1    Soweit die Ermächtigung, im Namen eines andern Rechtshandlungen vorzunehmen, aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht, ist sie nach den Vorschriften des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone zu beurteilen.
2    Ist die Ermächtigung durch Rechtsgeschäft eingeräumt, so beurteilt sich ihr Umfang nach dessen Inhalt.
3    Wird die Ermächtigung vom Vollmachtgeber einem Dritten mitgeteilt, so beurteilt sich ihr Umfang diesem gegenüber nach Massgabe der erfolgten Kundgebung.
OR). Der Vollmachtgeber kann nach Abschluss eines Vertretungsgeschäfts, an das er entgegen Art. 32 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 32 - 1 Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
1    Wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt und verpflichtet.
2    Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solcher zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse.
3    Ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung oder einer Schuldübernahme nach den hierfür geltenden Grundsätzen.
OR nicht gebunden sein will, dem Dritten nicht entgegenhalten, er habe tatsächlich keine Vollmacht bzw. keine Vollmacht im kundgegebenen Umfang erteilt, es sei denn, der Dritte habe oder müsste davon Kenntnis haben, sei mithin nicht gutgläubig im Sinne von Art. 3 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
1    Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
2    Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
ZGB. Massgebend für den Umfang der Vollmacht im Verhältnis zum gutgläubigen Dritten ist demnach, wie der Dritte die Mitteilung über den Umfang der Vollmacht nach dem Vertrauensprinzip, d.h. ihrem Wortlaut und Zusammenhang und den gesamten Umständen verstehen durfte und musste (vgl. zum Ganzen BGE 131 III 511 E. 3.1 und 3.2 S. 517 f.; 120 II 197 E. 2 S. 198 ff.). Dabei steht dem Vertretenen der Nachweis offen, dass der Dritte nicht mit dem gehörigen Mass an Sorgfalt gehandelt hat, das nach den Umständen von diesem zu verlangen gewesen wäre, und damit nicht gutgläubig
war. Zerstört wird der gute Glaube vor allem dann, wenn der Dritte erkannte oder hätte erkennen sollen, dass das abgeschlossene Geschäft den Interessen des Vertretenen widerspricht, wobei aber keine generelle Erkundungs- oder Nachforschungspflicht besteht (Urteil 4A 536/2008 vom 10. Februar 2009 E. 5.3 mit Hinweisen).

3.
Die Vorinstanz hat (verbindlich; E. 1) festgestellt, der angefochtene Einspracheentscheid sei am Samstag, dem 22. August 2015 ins Postfach und damit in den Machtbereich des Rechtsanwalts Dr. Ronald Pedergnana gelangt. Dieser habe darauf als "Frist" den "23.9.15" vermerkt. Sie ist der Auffassung, dass der Einspracheentscheid ordnungsgemäss dem (damaligen) Rechtsvertreter der Versicherten zugestellt worden sei. Die Beschwerdefrist gemäss Art. 38 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 38 Berechnung und Stillstand der Fristen - 1 Berechnet sich eine Frist nach Tagen oder Monaten und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie am Tag nach ihrer Mitteilung zu laufen.
1    Berechnet sich eine Frist nach Tagen oder Monaten und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie am Tag nach ihrer Mitteilung zu laufen.
2    Bedarf sie nicht der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie am Tag nach ihrer Auslösung zu laufen.
2bis    Eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten beziehungsweise der Adressatin oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, gilt spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt.28
3    Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein Sonntag oder ein vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag. Massgebend ist das Recht des Kantons, in dem die Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin Wohnsitz oder Sitz hat.29
4    Gesetzliche oder behördliche Fristen, die nach Tagen oder Monaten bestimmt sind, stehen still:
a  vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern;
b  vom 15. Juli bis und mit dem 15. August;
c  vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar.
ATSG habe demnach am 23. August 2015 zu laufen begonnen und am Montag, dem 21. September 2015 geendet. Die Beschwerde vom 23. September 2015 sei verspätet, weshalb darauf nicht eingetreten werden könne.
Die Beschwerdeführerin hält die Zustellung des Einspracheentscheids an Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana für unzulässig und daher nicht für fristauslösend.

4.

4.1. Das kantonale Gericht hat festgestellt, die Versicherte habe am 13. August 2015 einen Auftrag und eine Vollmacht an Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana unterzeichnet, welche unter anderem die Interessenwahrung betreffend Ergänzungsleistungen umfasst habe. Auf eine sachliche oder zeitliche Beschränkung der Vollmacht oder einen Willensmangel bei deren Erteilung gebe es keinen Hinweis. Der Rechtsanwalt habe der SVA mit Schreiben vom 18. August 2015 sein Mandat angezeigt. Eine Beschränkung der Vollmacht sei der SVA nicht mitgeteilt worden. Namentlich enthalte das mit dem 21. Juli und 14. August 2015 datierte Schreiben der Versicherten keine Ausführungen dieses Inhalts.
Dass diese Feststellungen offensichtlich unrichtig (d.h. willkürlich, unhaltbar; vgl. BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153; Urteil 9C 735/2013 vom 17. April 2014 E. 3.2 mit weiteren Hinweisen) sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht substanziert geltend gemacht. Sie bleiben für das Bundesgericht verbindlich (E. 1). Aus dem Vorbringen, Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana hätte im Zusammenhang mit Ergänzungsleistungen (noch) nicht aktiv werden sollen, kann die Versicherte daher nichts für sich ableiten. Hinzu kommt, dass die Versicherte im Schreiben vom 22. August 2015 ausdrücklich darauf verwies, "nun" einen Anwalt zu haben.

4.2. Das Schreiben der SVA vom 21. August 2015 an Rechtsanwältin Nadeshna Ley, worin ein Mitarbeiter der IV-Stelle des Kantons St. Gallen auf die Vollmacht des Rechtsanwalts Dr. Ronald Pedergnana und dessen Gesuch um Einsicht in Akten betreffend Hilfsmittel verwies und um Klärung der Vertretungsverhältnisse bat, betrifft lediglich die Invalidenversicherung. In Bezug auf Ergänzungsleistungen herrschte diesbezüglich Klarheit, nachdem die Rechtsanwältin der SVA mit Schreiben vom 17. Juli 2015 mitgeteilt hatte, dass ihr Mandat Fragen im Zusammenhang mit Ergänzungsleistungen nicht umfasse. Im Übrigen schliesst der Umstand, dass bereits ein Vertretungsverhältnis besteht, nicht aus, zusätzlich einen weiteren Rechtsvertreter beizuziehen.

4.3. In Bezug auf das Schreiben der SVA vom 24. August 2015 an Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana hat die Vorinstanz festgestellt, es enthalte kein Eingeständnis einer Fehlzustellung des Einsprache-entscheids, sondern die ausdrückliche Ankündigung, angesichts des Vertretungsverhältnisses auch künftige Schreiben an ihn zu richten.
Dieser Feststellung setzt die Versicherte lediglich eine eigene Interpretation des fraglichen Schreibens entgegen. Sie ist indessen nicht offensichtlich unrichtig und bleibt daher ebenfalls verbindlich (E. 1).

4.4. Nach dem Gesagten durfte die SVA von einem gültigen Vertretungsverhältnis zwischen der Versicherten und Rechtsanwalt Dr. Ronald Pedergnana ausgehen, als sie ihm den Einspracheentscheid vom 20. August 2015 zustellte. Die Vorinstanz hat demnach zu Recht den Beginn der Beschwerdefrist auf den 23. August 2015 festgelegt. Die Beschwerde ist unbegründet.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. Januar 2017

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Pfiffner

Die Gerichtsschreiberin: Dormann
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 9C_460/2016
Date : 10. Januar 2017
Published : 28. Januar 2017
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Ergänzungsleistungen
Subject : Ergänzungsleistung zur AHV/IV


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