Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung VI

F-6051/2017

Urteil vom 10. April 2019

Richter Gregor Chatton (Vorsitz),
Besetzung
Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Richter Martin Kayser,Gerichtsschreiberin Barbara Giemsa-Haake.

A._______,
Parteien
Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration SEM,

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Schengen-Visum zu Besuchszwecken.

Sachverhalt:

A.
X._______ (nachfolgend: Gesuchsteller), geboren 1971, ist Staatsangehöriger des Iran. Am 11. Juni 2017 beantragte er bei der schweizerischen Auslandsvertretung in Teheran die Erteilung eines Schengen-Visums für die Dauer von 20 Tagen, um Freunde in der Schweiz besuchen zu können. Dabei benannte er A._______ und B._______, beide im Kanton Zürich lebend, als seine Gastgeber. Die Vertretung verweigerte die Visumserteilung mit der Begründung, dass seine Absicht, den Schengen-Raum vor Ablauf des Visums wieder verlassen zu wollen, nicht feststellbar sei (zu Vorstehendem: Vorakten S. 8 f. und S. 24 - 27).

B.
Gegen diesen formularmässigen Entscheid vom 23. Juli 2017 erhob A._______ Einsprache, welche vom SEM - nach Durchführung kantonaler Abklärungen - mit Verfügung vom 12. September 2017 abgewiesen wurde. Die Vorinstanz legte dazu dar, der Gesuchsteller stamme aus einer Region, deren wirtschaftliche Verhältnisse zu einem starken Zuwanderungsdruck geführt hätten. Erfahrungsgemäss versuchten viele Personen, sich in den westeuropäischen Staaten eine vermeintlich bessere Zukunft aufzubauen. Existiere dort bereits ein gewisses Beziehungsnetz, müsse das Risiko einer nicht fristgerechten und anstandslosen Rückkehr grundsätzlich als hoch eingestuft werden. Dies gelte auch im Falle des Gesuchstellers, der seinen Freund B._______ in der Schweiz besuchen und hier Land und Leute kennenlernen wolle. Die Notwendigkeit seines Besuchs sei jedoch nicht ersichtlich. Anscheinend gebe es auch keine besonderen familiären oder beruflichen Verpflichtungen, welche das Risiko einer nicht anstandslosen Wiederausreise genügend gering erscheinen liessen. Dass der Gesuchsteller in einem festen Arbeitsverhältnis stehe, sei angesichts der schlechten sozialen Absicherung im Iran kein Grund, der ihn von einer Emigration abhalten könnte.

C.
Mit dem sinngemässen Antrag, es sei die Verfügung aufzuheben und dem Gesuchsteller das beantragte Visum zu erteilen, erhob A._______ mit Eingabe vom 24. August 2017 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er macht geltend, sein Gast arbeite im Iran seit 18 Jahren bei derselben Firma, wo er rund das Doppelte eines iranischen Durchschnittslohns verdiene. Auch sonst sei seine finanzielle Situation überdurchschnittlich, verfüge er doch über ein Sparguthaben von ungefähr 40'000 Franken und ein Grundstück am Kaspischen Meer. Zu seinen ebenfalls im Iran lebenden Geschwistern und seiner Mutter pflege er guten Kontakt. Demgegenüber, so der Beschwerdeführer weiter, sei B._______, sein eigener Lebenspartner, die einzige Person, welche der Gesuchsteller in der Schweiz kenne. Daher und mangels Kenntnis der hiesigen Landesprachen hätte dieser kaum Zukunftsperspektiven in der Schweiz. Sie, die Gastgeber, verstünden nicht, warum dem Gesuchsteller nicht die Einreise erlaubt worden sei, obwohl eine von ihnen vormals eingeladene Person problemlos ein Visum erhalten habe. An der Wiederausreise des jetzigen Gastes hätten sie nicht den geringsten Zweifel. B._______ kenne ihn persönlich seit über zwanzig Jahren und würde für ihn die Hand ins Feuer legen.

D.
In ihrer Vernehmlassung vom 6. Dezember 2017 beantragt die Vorinstanz unter Hinweis auf den Inhalt der angefochtenen Verfügung die Abweisung der Beschwerde. Diese enthalte keine neuen erheblichen Tatsachen oder Beweismittel, welche eine Änderung ihres Entscheids rechtfertigen könnten. Selbst wenn im vorliegenden Fall von der Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers auszugehen sei, so sei dennoch festzustellen, dass Gastgeber für die Handlungen und Absichten ihrer Gäste keine Garantien übernehmen können.

E.
In seiner darauffolgenden Replik vom 8. Januar 2018 erläutert der Beschwerdeführer die bereits in der Rechtsmitteleingabe erhobenen Einwände. Die Visumsverweigerung, so seine Schlussfolgerung, sei willkürlich erfolgt, denn das Argument der nicht garantierten Ausreise sei so gut wie immer verwendbar. Der vorinstanzliche Entscheid entbehre somit jeglicher Grundlage und basiere allein auf der Vermutung, dass der Gesuchsteller nicht freiwillig ausreisen würde.

F.
Auf den weiteren Akteninhalt wird, soweit rechtserheblich, in den Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht unter Vorbehalt der in Art. 32 VGG genannten Ausnahmen Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, welche von einer in Art. 33 VGG aufgeführten Behörde erlassen wurden. Darunter fallen u.a. Verfügungen des SEM, die im Einspracheverfahren gegen die Verweigerung eines Schengen-Visums ergehen. In dieser Materie entscheidet das Bundesverwaltungsgericht endgültig (Art. 83 Bst. c Ziff. 1 BGG).

1.2 Das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach dem VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).

1.3 Der Beschwerdeführer hat insoweit am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, als er gegen den ablehnenden botschaftlichen Entscheid vom 13. Dezember 2016 Einsprache erhoben hat. Als Gastgeber des Gesuchstellers ist er durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung. Die Vor-aussetzungen der Beschwerdelegitimation sind somit erfüllt (vgl. Art. 48 Abs. 1 Bst. a - c VwVG). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (vgl. Art. 50 und 52 VwVG).

2.
Mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes und - sofern nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat - die Unangemessenheit gerügt werden (Art. 49 VwVG). Das Bundesverwaltungsgericht wendet im Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an. Es ist gemäss Art. 62 Abs. 4 VwVG an die Begründung der Begehren nicht gebunden und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen. Massgebend ist grundsätzlich die Sachlage zum Zeitpunkt seines Entscheides (BVGE 2014/1 E. 2).

3.

3.1 Das schweizerische Ausländerrecht kennt weder ein allgemeines Recht auf Einreise noch gewährt es einen besonderen Anspruch auf Erteilung eines Visums. Die Schweiz ist daher - wie andere Staaten auch - grundsätzlich nicht verpflichtet, ausländischen Personen die Einreise zu gestatten. Vorbehältlich völkerrechtlicher Verpflichtungen handelt es sich dabei um einen autonomen Entscheid (vgl. BGE 135 II 1 E. 1.1). Das Schengen-Recht schränkt die nationalstaatlichen Befugnisse insoweit ein, als es einheitliche Voraussetzungen für Einreise und Visum aufstellt und die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Einreise bzw. das Visum zu verweigern, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Einen Anspruch auf Einreise bzw. Visum vermittelt auch das Schengen-Recht nicht (vgl. BVGE 2014/1 E. 4.1.5).

3.2 Die angefochtene Verfügung betrifft das Visumsgesuch eines iranischen Staatsangehörigen. Da dieser sich nicht auf die EU/EFTA-Personen-freizügigkeits-Abkommen berufen kann und die beabsichtigte Aufenthaltsdauer 90 Tage nicht überschreitet, fällt sein Gesuch in den Anwendungsbereich der Schengen-Assoziierungsabkommen, mit denen die Schweiz den Schengen-Besitzstand und die dazugehörigen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakte übernommen hat. Das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG [SR 142.20], und seine Ausführungsbestimmungen gelangen nur insoweit zur Anwendung, als die Schengen-Assoziierungsabkommen keine abweichenden Bestimmungen enthalten (vgl. Art. 2 Abs. 4 AIG sowie Art. 1 Abs. 2
SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)
VEV Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich - 1 Diese Verordnung regelt die Einreise in die Schweiz, den Flughafentransit sowie die Visumerteilung an Ausländerinnen und Ausländer.
1    Diese Verordnung regelt die Einreise in die Schweiz, den Flughafentransit sowie die Visumerteilung an Ausländerinnen und Ausländer.
2    Sie gilt, soweit die Schengen-Assoziierungsabkommen (SAA) keine abweichenden Bestimmungen enthalten.
3    Die SAA sind in Anhang 1 aufgeführt.
4    Die Verordnung regelt auch die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge von beschränkter Tragweite in Verbindung mit den folgenden EU-Rechtsakten:3
a  Verordnung (EU) Nr. 514/20144;
b  Verordnung (EU) Nr. 515/20145;
bbis  Verordnung (EU) 2017/22267;
bter  Verordnung (EU) 2018/12409;
c  Verordnung (EG) Nr. 810/200911 (Visakodex);
d  Verordnung (EU) 2019/81713;
e  Verordnung (EU) 2019/81815;
f  Verordnung (EG) Nr. 1683/9517;
g  Verordnung (EG) Nr. 1030/200219;
h  Verordnung (EG) Nr. 767/200821;
i  Verordnung (EU) 2021/114823;
j  Verordnung (EU) 2021/106025;
k  Beschluss Nr. 1105/2011/EU27;
l  Verordnung (EG) Nr. 694/200329.30
der Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumserteilung [VEV, SR 142.204]). Die Einreisebestimmungen des AIG sind inhaltlich identisch mit denjenigen des im Zeitpunkt des Visumsgesuchs geltenden Ausländergesetzes (AuG), welches auf den 1. Januar 2019 hin eine namentliche und inhaltliche Anpassung erfuhr. Gleiches gilt für die im vorliegenden Fall massgeblichen Bestimmungen der VEV, welche seinerzeit in der Fassung vom 22. Oktober 2008 Gültigkeit hatte.

4.

Drittstaatsangehörige müssen den Zweck und die Umstände ihres beabsichtigten Aufenthalts belegen und hierfür über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Namentlich haben sie zu belegen, dass sie den Schengen-Raum vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums wieder verlassen bzw. Gewähr für ihre fristgerechte Wiederausreise bieten. Sie dürfen nicht im Schengener Informationssystem (SIS II) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen (vgl. zu den Einreisevoraussetzungen: Art. 5 Abs. 1
SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)
VEV Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich - 1 Diese Verordnung regelt die Einreise in die Schweiz, den Flughafentransit sowie die Visumerteilung an Ausländerinnen und Ausländer.
1    Diese Verordnung regelt die Einreise in die Schweiz, den Flughafentransit sowie die Visumerteilung an Ausländerinnen und Ausländer.
2    Sie gilt, soweit die Schengen-Assoziierungsabkommen (SAA) keine abweichenden Bestimmungen enthalten.
3    Die SAA sind in Anhang 1 aufgeführt.
4    Die Verordnung regelt auch die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge von beschränkter Tragweite in Verbindung mit den folgenden EU-Rechtsakten:3
a  Verordnung (EU) Nr. 514/20144;
b  Verordnung (EU) Nr. 515/20145;
bbis  Verordnung (EU) 2017/22267;
bter  Verordnung (EU) 2018/12409;
c  Verordnung (EG) Nr. 810/200911 (Visakodex);
d  Verordnung (EU) 2019/81713;
e  Verordnung (EU) 2019/81815;
f  Verordnung (EG) Nr. 1683/9517;
g  Verordnung (EG) Nr. 1030/200219;
h  Verordnung (EG) Nr. 767/200821;
i  Verordnung (EU) 2021/114823;
j  Verordnung (EU) 2021/106025;
k  Beschluss Nr. 1105/2011/EU27;
l  Verordnung (EG) Nr. 694/200329.30
und Abs. 2 AIG; Art. 3 Abs. 1
SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)
VEV Art. 3 Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte - 1 Die Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte richten sich nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex36.
1    Die Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte richten sich nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex36.
2    Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodex gelten insbesondere als ausreichend, wenn sichergestellt ist, dass während des Aufenthalts im Schengen-Raum keine Sozialhilfeleistungen bezogen werden.
3    Der Nachweis ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts (Art. 14-18) kann erbracht werden mit:
a  Bargeld;
b  Bankguthaben;
c  einer Verpflichtungserklärung; oder
d  einer anderen Sicherheit.
4    Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und das Staatssekretariat für Migration (SEM) können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten aus humanitären Gründen oder zur Wahrung nationaler Interessen oder internationaler Verpflichtungen (Art. 25 des Visakodex37) die Einreise in die Schweiz für einen kurzfristigen Aufenthalt bewilligen für Drittstaatsangehörige:
a  die eine oder mehrere Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen (Art. 6 Abs. 5 Bst. a und c des Schengener Grenzkodex); oder
b  gegen die Einwände eines oder mehrerer Schengen-Staaten im Rahmen der Schengener Konsultation bestehen (Art. 22 des Visakodex).
5    Für Personen, die der Visumpflicht unterstehen und denen nach Absatz 4 die Einreise bewilligt wurde, wird ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit für die Schweiz ausgestellt.
VEV i.V.m. Art. 6 Abs. 1der Verordnung [EG] Nr. 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen [Schengener Grenzkodex] [kodifizierte Fassung] ABl. L 77 vom 23. März 2016 [nachfolgend: SGK].

5.
Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz die fristgerechte und anstandslose Wiederausreise des Gesuchstellers als nicht gewährleistet betrachtet und dies sowohl mit der wirtschaftlichen Situation in seinem Heimatland als auch mit seinen persönlichen Verhältnissen begründet. Zu der somit im Vordergrund stehenden Frage der gesicherten Wiederausreise können jedoch lediglich Prognosen getroffen werden, wobei alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen sind. Bei Einreisegesuchen von Personen aus Regionen mit politisch oder wirtschaftlich ungünstigen Verhältnissen rechtfertigt sich eine strenge Praxis, da die persönliche Interessenlage in solchen Fällen häufig nicht mit dem Ziel und Zweck einer zeitlich befristeten Einreisebewilligung im Einklang steht (vgl. BVGE 2014/1 E. 6.1 m.H.).

6.

6.1 Die Wirtschaft Irans liegt - trotz Bestrebungen um eine deutliche Erhöhung des privaten Anteils - überwiegend in den Händen des Staates beziehungsweise religiöser Stiftungen. Zu ihren wichtigsten Zweigen gehören die Öl- und Gasindustrie, die petrochemische Industrie, die Kfz-Industrie sowie die Landwirtschaft und die Metallindustrie. Bedeutendstes Exportgut Irans ist das Öl, dessen wichtigste Abnehmer China, Indien, Südkorea, Türkei, Japan und die EU sind. Mit der Aufhebung der Wirtschafts- und Finanzsanktionen durch die Wiener Nuklearvereinbarung vom 16. Januar 2016 erreichte Iran bei der Ölförderung innerhalb von zwei Jahren das frühere Niveau von rund 4 Mio. Fass täglich. Allein der Aussenhandel zwischen Iran und der EU wuchs in diesem Zeitraum im Schnitt jährlich um 53 Prozent.

Positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt blieben dennoch aus, obwohl der Wegfall der Sanktionen zu einem Wirtschaftswachstum von 7 Prozent und zu einem Rückgang der Inflationsrate auf 10 Prozent - beides laut iranischen Angaben - führte. Die Arbeitslosenrate betrug den letzten offiziellen Angaben zufolge 12,1 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit (15 - 29 Jahre) 25,3 Prozent. Dass jedes Jahr 1 Mio. neue Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt drängen und Iran im Doing-Business-Index der Weltbank von 2017 unter 190 Nationen den 124. Rang belegt, macht deutlich, dass sich für die arbeitsmarktlichen Probleme Irans bis auf weiteres keine Lösung abzeichnet (vgl. Deutsches Auswärtiges Amt, http://www.auswaertiges-amt.de > Aussen- und Europapolitik > Länder > Iran > Wirtschaftspolitik > Wirtschaftsstruktur/Aktuelle Wirtschaftslage [Stand: Juni 2018]. Aufgrund des im Mai 2018 erklärten Ausstiegs der USA aus dem Atomabkommen vom 16. Januar 2016 - einhergehend mit deren Druck auf die europäischen Staaten - steht sogar zu erwarten, dass sich die wirtschaftliche Lage nochmals verdüstert. Offizielle Zahlen für das zweite Halbjahr 2018 sind bisher nicht bekannt.

Mit der Wiederwahl von Hassan Rohani als Staatspräsident im Mai 2017 verband die iranische Bevölkerung die Hoffnung auf Stärkung der Bürgerrechte und Meinungsfreiheit. Ihre Erwartungen nach einer Liberalisierung im Innern, welche Rohani schon für seine vorhergehende Amtszeit versprochen hatte, konnte dieser jedoch bis anhin nicht erfüllen. Die Menschenrechtslage in Iran bleibt somit nach Amtsantritt einer gemässigten Regierung im Juli 2013 trotz gradueller Verbesserungen im Bereich der Kunst- und Pressefreiheit nahezu unverändert kritisch. Regimegegner sowie religiöse und ethnische Minderheiten sind nach wie vor regelmässig Opfer staatlicher Repressionen. Ausserordentlich hoch ist die Anzahl an Hinrichtungen (vgl. Deutsches Auswärtiges Amt, a.a.O., Iran > Innenpolitik > Innenpolitische Entwicklung der letzten Jahre [Stand: 15. Februar 2019]). Vor diesem Hintergrund erklärt sich die 2018 gegenüber dem Vorjahr um 58 Prozent gestiegene Zahl der hiesigen Asylsuchenden aus dem Iran, von denen sich Ende letzten Jahres 1'001 Personen im Verfahrensprozess befanden. Mit 504 Gesuchen im vergangenen Jahr lag Iran damit an elfter Stelle der wichtigsten Herkunftsländer (Quelle: Staatssekretariat für Migration, http://www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Asylstatistik > Asylstatistik 2018 S. 5, 12 und 14).

6.2 Die oben dargelegte Situation im Herkunftsland des Gesuchstellers macht den dort vielfach bestehenden Wunsch nach Emigration nachvollziehbar, darf jedoch nicht zwingend dazu führen, dass Gesuchstellern aus dem Iran generell ein fehlender Rückkehrwille unterstellt wird. Deren sozialen Bindungen und Verpflichtungen muss angesichts der dortigen sozio-ökonomischen Verhältnisse allerdings erhebliches Gewicht zukommen, damit die anstandslose Wiederausreise als wahrscheinlich gelten kann. Anders als der Beschwerdeführer meint, können diese strengen Anforderungen somit durchaus dazu führen, dass in bestimmten Weltregionen einer Mehrzahl von Gesuchstellern das beantragte Visum zu verweigern ist.

6.2.1 In seiner Rechtsmitteleingabe hat der Beschwerdeführer auf das langjährige Arbeitsverhältnis und die überdurchschnittlich gute Einkommens- und Vermögenssituation des Gesuchstellers hingewiesen (vgl. Sachverhalt C). Doch selbst wenn dieser bisher ein materiell sorgenfreies Leben führen konnte, so kommt dem - angesichts der beschriebenen arbeitsmarktlichen Probleme und der dazu fehlenden Lösungen - keine entscheidende Bedeutung zu. Seine Ersparnisse, auf welche auch im Ausland Zugriff bestünde, reichen als Motivation für die Rückkehr ins Herkunftsland jedenfalls nicht aus. Gleiches gilt für das erwähnte Grundstück im Heimatland, das mit einer Fläche von 362 Quadratmetern (vgl. Vorakten S. 20) als Vermögenswert gering erscheint und zudem liquidiert werden könnte.

6.2.2 Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer beschriebenen familiären Beziehungen des Gesuchstellers - gute Kontakte zur Mutter und zu den Geschwistern - ist festzustellen, dass diese dem allgemein Üblichen entsprechen. Darüberhinausgehende familiäre Verbindlichkeiten - wie etwa Unterhaltsverpflichtungen gegenüber einer Ehefrau und eigenen Kindern - hat der ledige Gesuchsteller (vgl. Vorakten S. 27) jedoch nicht. Von daher kann angesichts der nicht unproblematischen Situation in seinem Heimatland ein Wunsch nach Emigration durchaus vermutet werden. Auch der 1974 geborene B._______, nur wenig jünger als der Gesuchsteller, ist erst im Jahr 2013 aus dem Iran in die Schweiz eingereist, um mit dem Beschwerdeführer in einer eingetragenen Partnerschaft zu leben. Letzterer behauptet zwar, der Gesuchsteller habe hier mangels Sprachkenntnissen und aufgrund eines fehlenden sozialen Netzes keine Zukunftsperspektiven; dies ist jedoch vor dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen kein überzeugendes Argument, welches für die Rückkehr des eingeladenen Gastes spricht.

6.2.3 Unerheblich ist, ob der Beschwerdeführer von der fristgerechten Wiederausreise des Gesuchstellers überzeugt ist. Gastgeber können zwar für gewisse finanzielle Risiken im Zusammenhang mit einem Besuchsaufenthalt garantieren, nicht jedoch für die tatsächlichen Absichten und für ein bestimmtes Verhalten ihrer Gäste (vgl. BVGE 2009/27 E. 9). Von daher ist auch nicht ausschlaggebend, dass ein ehemaliger und ebenfalls visumspflichtiger Gast des Beschwerdeführers wieder anstandslos in seine Heimat zurückgekehrt ist. Welche Umstände seinerzeit für die Erteilung des Visums sprachen, kann und braucht an dieser Stelle nicht geklärt werden.

7.
Mit der Vorinstanz ist folglich davon auszugehen, dass der Gesuchsteller die Einreisevoraussetzungen (vgl. E. 4) nicht erfüllt. Der angefochtene Einspracheentscheid ist daher als rechtmässig zu bestätigen (vgl. Art. 49 VwVG) und die Beschwerde abzuweisen.

8.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind dessen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (vgl. Art. 63 Abs. 1
SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)
VEV Art. 3 Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte - 1 Die Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte richten sich nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex36.
1    Die Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte richten sich nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex36.
2    Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodex gelten insbesondere als ausreichend, wenn sichergestellt ist, dass während des Aufenthalts im Schengen-Raum keine Sozialhilfeleistungen bezogen werden.
3    Der Nachweis ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts (Art. 14-18) kann erbracht werden mit:
a  Bargeld;
b  Bankguthaben;
c  einer Verpflichtungserklärung; oder
d  einer anderen Sicherheit.
4    Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und das Staatssekretariat für Migration (SEM) können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten aus humanitären Gründen oder zur Wahrung nationaler Interessen oder internationaler Verpflichtungen (Art. 25 des Visakodex37) die Einreise in die Schweiz für einen kurzfristigen Aufenthalt bewilligen für Drittstaatsangehörige:
a  die eine oder mehrere Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen (Art. 6 Abs. 5 Bst. a und c des Schengener Grenzkodex); oder
b  gegen die Einwände eines oder mehrerer Schengen-Staaten im Rahmen der Schengener Konsultation bestehen (Art. 22 des Visakodex).
5    Für Personen, die der Visumpflicht unterstehen und denen nach Absatz 4 die Einreise bewilligt wurde, wird ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit für die Schweiz ausgestellt.
VwVG i.V.m. Art. 1 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 1 Verfahrenskosten
1    Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
2    Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten.
3    Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt.
. des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

Dispositiv nächste Seite

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Verfahrenskosten von Fr. 700.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. Sie sind durch den einbezahlten Kostenvorschuss gedeckt.

3.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Einschreiben)

- die Vorinstanz (mit den Akten[...])

- das Migrationsamt des Kantons Zürich

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Gregor Chatton Barbara Giemsa-Haake

Versand:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : F-6051/2017
Datum : 10. April 2019
Publiziert : 29. April 2019
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Bürgerrecht und Ausländerrecht
Gegenstand : Schengen-Visum zu Besuchszwecken


Gesetzesregister
AuG: 2  5
BGG: 83
VEV: 1 
SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)
VEV Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich - 1 Diese Verordnung regelt die Einreise in die Schweiz, den Flughafentransit sowie die Visumerteilung an Ausländerinnen und Ausländer.
1    Diese Verordnung regelt die Einreise in die Schweiz, den Flughafentransit sowie die Visumerteilung an Ausländerinnen und Ausländer.
2    Sie gilt, soweit die Schengen-Assoziierungsabkommen (SAA) keine abweichenden Bestimmungen enthalten.
3    Die SAA sind in Anhang 1 aufgeführt.
4    Die Verordnung regelt auch die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge von beschränkter Tragweite in Verbindung mit den folgenden EU-Rechtsakten:3
a  Verordnung (EU) Nr. 514/20144;
b  Verordnung (EU) Nr. 515/20145;
bbis  Verordnung (EU) 2017/22267;
bter  Verordnung (EU) 2018/12409;
c  Verordnung (EG) Nr. 810/200911 (Visakodex);
d  Verordnung (EU) 2019/81713;
e  Verordnung (EU) 2019/81815;
f  Verordnung (EG) Nr. 1683/9517;
g  Verordnung (EG) Nr. 1030/200219;
h  Verordnung (EG) Nr. 767/200821;
i  Verordnung (EU) 2021/114823;
j  Verordnung (EU) 2021/106025;
k  Beschluss Nr. 1105/2011/EU27;
l  Verordnung (EG) Nr. 694/200329.30
3
SR 142.204 Verordnung vom 15. August 2018 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV)
VEV Art. 3 Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte - 1 Die Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte richten sich nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex36.
1    Die Einreisevoraussetzungen für kurzfristige Aufenthalte richten sich nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex36.
2    Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodex gelten insbesondere als ausreichend, wenn sichergestellt ist, dass während des Aufenthalts im Schengen-Raum keine Sozialhilfeleistungen bezogen werden.
3    Der Nachweis ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts (Art. 14-18) kann erbracht werden mit:
a  Bargeld;
b  Bankguthaben;
c  einer Verpflichtungserklärung; oder
d  einer anderen Sicherheit.
4    Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und das Staatssekretariat für Migration (SEM) können im Rahmen ihrer Zuständigkeiten aus humanitären Gründen oder zur Wahrung nationaler Interessen oder internationaler Verpflichtungen (Art. 25 des Visakodex37) die Einreise in die Schweiz für einen kurzfristigen Aufenthalt bewilligen für Drittstaatsangehörige:
a  die eine oder mehrere Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen (Art. 6 Abs. 5 Bst. a und c des Schengener Grenzkodex); oder
b  gegen die Einwände eines oder mehrerer Schengen-Staaten im Rahmen der Schengener Konsultation bestehen (Art. 22 des Visakodex).
5    Für Personen, die der Visumpflicht unterstehen und denen nach Absatz 4 die Einreise bewilligt wurde, wird ein Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit für die Schweiz ausgestellt.
VGG: 31  32  33  37
VGKE: 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 1 Verfahrenskosten
1    Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
2    Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten.
3    Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt.
VwVG: 5  48  49  50  52  62  63
BGE Register
135-II-1
Stichwortregister
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