Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung V

E-6550/2019

Urteil vom 10. März 2020

Richterin Esther Marti (Vorsitz),

Richterin Emilia Antonioni Luftensteiner,
Besetzung
Richterin Muriel Beck Kadima,

Gerichtsschreiber Peter Jaggi.

A._______, geboren am (...),

Türkei,
Parteien
vertreten durch Annina Mullis,Rechtsanwältin,

Gesuchsteller,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM),

Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Revision;
Gegenstand
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-6092/2019 vom
27. November 2019.

Sachverhalt:

A.

A.a Mit Verfügung vom 8. November 2019 stellte das SEM fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte sein Asylgesuch vom 4. Oktober 2019 ab und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie den Vollzug an.

A.b Mit Urteil E-6092/2019 vom 27. November 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde vom 18. November 2019 ab.

B.
Mit Eingabe vom 9. Dezember 2019 gelangte der Gesuchsteller durch seine Rechtsvertreterin an das Bundesverwaltungsgericht. Er ersucht um revisionsweise Aufhebung des Urteils E-6092/2019 vom 27. November 2019. Eventualiter sei das Gesuch als Wiedererwägungsgesuch entgegenzunehmen und zur Behandlung an das SEM weiterzuleiten. In prozessualer Hinsicht beantragt er den Erlass einer vorsorglichen Massnahme im Sinne von Art. 56 VwVG und unter Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung sowie die Beiordnung seiner Rechtsvertreterin als amtliche Rechtsbeiständin. Als Beilagen reichte er zwei Beweismittel ([...]) ein und stellte als Beleg für seine Mittellosigkeit eine Fürsorgebestätigung in Aussicht.

C.
Mit superprovisorischer Massnahme vom 12. Dezember 2019 setzte die Instruktionsrichterin den Vollzug der Wegweisung gestützt auf Art. 126 BGG per sofort einstweilen aus.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet gemäss Art. 105
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
AsylG (SR 142.31) auf dem Gebiet des Asyls in der Regel endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen des SEM (vgl. zur Ausnahme Art. 83 Bst. d Ziff. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG). Es ist ausserdem zuständig für die Revision von Urteilen, die es in seiner Funktion als Beschwerdeinstanz gefällt hat (vgl. BVGE 2007/21 E. 2.1).

1.2 Gemäss Art. 45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VGG gelten für die Revision von Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts die Art. 121
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
-128
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG sinngemäss. Nach Art. 47
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VGG findet auf Inhalt, Form und Ergänzung des Revisionsgesuches Art. 67 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VwVG Anwendung.

1.3 Das Revisionsgesuch ist ein ausserordentliches Rechtsmittel, das sich gegen einen rechtskräftigen Beschwerdeentscheid richtet. Wird das Gesuch gutgeheissen, beseitigt dies die Rechtkraft des angefochtenen Urteils, und die bereits entschiedene Streitsache ist neu zu beurteilen (vgl. Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, S. 303 Rz. 5.36).

1.4 Das Bundesverwaltungsgericht zieht auf Gesuch hin seine Urteile aus den in Art. 121
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
-123
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG aufgeführten Gründen in Revision (Art. 45
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VGG). Nicht als Revisionsgründe gelten Gründe, welche die Partei, die um Revision nachsucht, bereits im ordentlichen Beschwerdeverfahren hätte geltend machen können (sinngemäss Art. 46
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VGG).

1.5 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen (Art. 21 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VGG), sofern das Revisionsgesuch nicht in die Zuständigkeit des Einzelrichters beziehungsweise der Einzelrichterin fällt (vgl. Art. 23
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VGG).

2.

2.1 Im Revisionsgesuch ist insbesondere der angerufene Revisionsgrund anzugeben und die Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens im Sinne von Art. 124
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG darzutun.

2.2 Der Gesuchsteller macht die Revisionsgründe von Art. 123 Abs. 2 Bst. a
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG (neue erhebliche Tatsachen oder Beweismittel) und Art. 121 Bst. d
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG (versehentliches Nichtberücksichtigen in den Akten liegender erheblicher Tatsachen) geltend und zeigt ausserdem die Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens auf. Da er gemäss eigenen Angaben im ordentlichen Verfahren keine Kenntnis von der Existenz der revisionsweise eingereichten Beweismittel hatte und ihm keine unsorgfältige Prozessführung vorgeworfen werden kann, ist davon auszugehen, dass er das neue Beweismittel im ordentlichen Verfahren aus entschuldbaren Gründen nicht beibringen konnte. Auf das frist- und formgerecht eingereichte Revisionsgesuch ist deshalb einzutreten.

3.

3.1 Gemäss Art. 123 Abs. 2 Bst. a
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG kann in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Revision eines Urteils verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind.

3.2 Gemäss Art. 121 Bst. d
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG kann die Revision eines Urteils verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat.

4.

4.1 Den eingereichten Dokumenten ([...]) ist die revisionsrechtliche Erheblichkeit mangels Beweiskraft abzusprechen.

Im Beschwerdeurteil E-6092/2019 vom 27. November 2019 wurde erwogen, es treffe zu, dass es an einem zeitlichen Kausalzusammenhang zwischen den Mitnahmen (im [...] 2017 und im [...] 2018) und der Ausreise fehle und diese - sofern sie überhaupt stattgefunden hätten - keine asylrelevante Intensität zu entfalten vermöchten. Insofern der Gesuchsteller auf Beschwerdeebene neue, in den Befragungen nicht erwähnte Vorbringen und Ergänzungen darlege, seien diese als nachgeschoben und unglaubhaft zu betrachten, weshalb darauf nicht näher einzugehen sei. Die vom Gesuchsteller aufgeführten Gründe, weshalb die verspäteten Ergänzungen im Sachverhalt nicht früher hätten geltend gemacht werden können, vermöchten nicht zu überzeugen (a.a.O. E.10.1). Dazu wurde vorliegend nichts Neues beigebracht. Dass - wie das vorliegende Dokument suggeriert - die Generalstaatsanwaltschaft B._______ ein Ermittlungsverfahren gegen den Gesuchsteller wegen (...) eingeleitet und am (...) 2019 einen Festnahmebefehl ausgestellt haben soll, ist vor dem beschriebenen Hintergrund wenig plausibel und wird im Revisionsgesuch auch nicht erhellend dargetan.

Hinzu kommt, dass es sich beim Schriftstück um ein behördeninternes Dokument ([...]) handeln soll, das mit Sicherheit nicht an die Verwandten der damit gesuchten Person ausgehändigt würde. Das Dokument weist darüber hinaus keine nennenswerten Sicherheitsmerkmale auf, und der Stempel bei der Unterschrift ist von schlechter Qualität. Zudem ist aufgrund der Vorbringen des Gesuchstellers, er sei im (...) 2017 und (...) 2018 von Zivilpolizisten in C._______ mitgenommen und dazu angehalten worden, in B._______ gegen Entgelt als Dorfschützer tätig zu werden, zumindest erstaunlich, dass die Generalstaatsanwaltschaft B._______ nicht bereits vor dem Ausstellungsdatum des Festnahmebefehls ([...] 2019) über seinen Aufenthalt in C._______ im Bilde war. Es würde mit diesem Wissen wenig Sinn machen, die Bezirkspolizeidirektion B._______ mit der Festnahme des Gesuchstellers zu beauftragen. Auch die undatierte «Niederschrift» des Bürgermeisters des Quartiers D._______ in B._______ zur angeblichen Aufforderung der Bezirkspolizeidirektion vom (...) Oktober 2019 an ihn, den Beamten Informationen zur Adresse respektive eine zweite Wohnadresse zu melden, weil der Gesuchsteller gesucht werde, macht vor diesem Hintergrund keinen Sinn. Auch bei der «Niederschrift» handelt es sich im Übrigen um ein behördeninternes Dokument, das aus naheliegenden Gründen nicht für die Verwandten des Gesuchstellers bestimmt wäre und auch nicht speziell auf ihren Wunsch ausgestellt würde.

4.2 Der Gesuchsteller macht weiter geltend, der Zeitdruck im beschleunigten Asylverfahren habe die Hürden sowohl für die Erkennung seiner gesundheitlichen Probleme als auch für den Zugang zu adäquater Behandlung weiter akzentuiert. Insgesamt seien im Urteil in den Akten liegende respektive gerichtsnotorische Tatsachen nicht berücksichtigt worden. Des Weiteren sei auch der übrige Sachverhalt unvollständig festgestellt worden. In der Urteilsbegründung seien verschiedene in den Akten liegende erhebliche Tatsachen nicht berücksichtigt worden. Insbesondere sei die Anhörung - wie dies bereits in der Beschwerde geltend gemacht worden sei - besonders kurz ausgefallen. Bereits die äusseren Rahmenbedingungen der Anhörung würden den Eindruck erwecken, der Sachverhalt sei nur unvollständig abgeklärt worden. Weiter falle auf, dass der Rechtsvertreter 41 der insgesamt 117 Fragen gestellt habe; habe sich in seiner Stellungnahme zum Entscheidentwurf den Hinweis erlaubt, der Fachspezialist habe bereits fünfzehn Minuten nach Beginn der Befragung zu den eigentlichen Asylgründen erklärt, keine weiteren Fragen zu haben. Seiner weiteren Feststellung, diese Vorgehensweise widerspreche dem Untersuchungsgrundsatz, sei beizupflichten. Ein solcher Mangel an effektivem Abklärungswillen seitens der Behörden könne auch nicht durch die anwesende Rechtsvertretung kompensiert werden. Folglich fehle es, wie im Urteil E-2965/2019 vom 28. Juni 2019 E.6.3.1 beurteilten Sachverhalt, an den entscheidenden (Nach)fragen, «welche zur vollständigen und korrekten Erstellung des Sachverhalts notwendig gewesen wären». Im Anschluss an die zu den neuen Beweismitteln gemachten Ausführungen sei festzuhalten, dass der Sachverhalt auch deshalb unvollständig festgestellt worden sei, weil der politische Kontext im Herkunftsstaat ungenügend berücksichtigt worden und dem Gesuchsteller keine Gelegenheit gegeben worden sei, Beweismittel zu beschaffen und einzureichen. Auch diesbezüglich werde auf das zitierte Urteil vom 28. Juni 2019 verwiesen (a.a.O. E. 6.1). Durch die vorstehend beschriebenen Mängel sei zudem das rechtliche Gehör des Gesuchstellers verletzt worden. Die offenkundig gravierenden Mängel hätten im Beschwerdeverfahren berücksichtig werden müssen. Deshalb sei auch betreffend die ungenügende Feststellung des Sachverhalts als Ganzes der Revisionsgrund von Art. 121 Bst. d
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG erfüllt.

Diese Rügen sind unter dem Blickwinkel von Art. 121 Bst. d
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG unbegründet. Ein Übersehen einer aktenkundigen Tatsache liegt dann vor, wenn das Gericht ein Aktenstück gar nicht zur Kenntnis genommen oder dessen Sinn nicht richtig erfasst hat. Das Versehen muss sich dabei auf den Inhalt beziehen und nicht auf die Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Eine Revision scheidet daher aus, wenn einer bestimmten Tatsache bewusst keine Rechnung getragen wird, weil das Gericht diese für nicht ausschlaggebend hält. Ferner muss die übersehene Tatsache erheblich sein. Erheblichkeit setzt voraus, dass die Tatsache geeignet ist, die tatbeständlichen Grundlagen des Entscheids zu ändern, was bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einem anderen, für den Gesuchsteller günstigeren Ergebnis führen würde (vgl. Moser/ Beusch/Kneubühler a.a.O. Rz. 5.51 und 5.54). Im Urteil vom 27. November 2019 wurde unter anderem ausgeführt, aufgrund der Aussagen des Gesuchstellers in der Anhörung sei die Vorinstanz nicht gehalten gewesen, weitere medizinische Abklärungen zu treffen. Auch das Bundesverwaltungsgericht sehe keine Veranlassung dazu, ein ärztliches Gutachten einzuholen (a.a.O. E.6.2). Zusätzliche Abklärungen - insbesondere eine weitere Anhörung, ein medizinisches Gutachten oder weitere Beweismittel, die nicht ansatzweise präzisiert worden seien - würden weder zu neuen sachdienlichen Erkenntnissen führen noch wären sie im vorinstanzlichen Verfahren entscheiderheblich gewesen. In antizipierter Beweiswürdigung sei somit festzustellen, dass weitere Beweismittel oder eine ergänzende Sachverhaltsfeststellung bei der Beurteilung des vorliegenden nicht zu einem anderen Entscheid führen könnten, weshalb auf das Nachreichen weiterer Beweismittel beziehungsweise eines Arztberichtes verzichtet werden könne (a.a.O. E. 10.2). Daraus erhellt, dass diese Rügen bereits Gegenstand des ordentlichen Rechtsmittelverfahrens waren und das Bundesverwaltungsgericht offensichtlich keine in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Zudem ist festzuhalten, dass die Revision eines Entscheides des Bundesverwaltungsgerichts nicht wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs verlangt werden kann (BVGE 2015/20 S. 296 ff. E. 3).

4.3 Soweit der Gesuchsteller Kritik an den kurzen Fristen im beschleunigten Verfahren übt und geltend macht, aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen in der Türkei seien Fälle asylsuchender Personen kurdischer Ethnie, die möglicherweise mit der PKK (Kurdische Arbeiterpartei, Partiya Karkerên Kurdistanê) oder PKK-nahen Organisationen in Verbindung gebracht würden, nicht als einfache Fälle zu qualifizieren, die (bei einer Ablehnung des Asylgesuchs) im beschleunigten Verfahren abschliessend beurteilt werden könnten, bringt er keine revisionsrechtlich relevanten Punkte vor. Den diesbezüglichen Ausführungen ist die revisionsrechtliche Erheblichkeit abzusprechen.

5.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine revisionsrechtlich relevanten Gründe dargetan sind. Das Gesuch um Revision des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts E-6092/2019 vom 27. November 2019 ist demzufolge abzuweisen.

6.
Das Rechtsbegehren, eventualiter sei das eingereichte Gesuch als Wiedererwägungsgesuch entgegenzunehmen und zur Behandlung an das SEM weiterzuleiten, wird abgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass die Zuständigkeiten der rechtskundigen Rechtsvertreterin hinlänglich bekannt sind, weshalb es ihr obliegt, allfällige Wiedererwägungsgründe von sich aus bei der Vorinstanz geltend zu machen.

7.
Mit vorliegendem Urteil wird der Antrag auf Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses gegenstandslos. Der mit Verfügung vom 12. Dezember 2019 angeordnete provisorische Vollzugsstopp endet mit dem Erlass des vorliegenden Urteils.

8.

8.1 Das Revisionsgesuch erweist sich als aussichtslos, weshalb die Anträge auf Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gemäss Art. 65 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VwVG und Beiordnung der Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin gemäss Art. 65 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VwVG abzuweisen sind.

8.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten von Fr. 1500.- dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 37
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VGG i.V.m. Art. 63 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
VwVG; Art. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 1 Verfahrenskosten
1    Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
2    Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten.
3    Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt.
-3
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 3 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse - In Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
a  bei einzelrichterlicher Streiterledigung: 200-3000 Franken;
b  in den übrigen Fällen: 200-5000 Franken.
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.

2.
Die Anträge auf Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Beiordnung der Rechtsvertreterin als unentgeltliche Rechtsbeiständin werden abgewiesen.

3.
Die Verfahrenskosten von Fr. 1500.- werden dem Gesuchsteller auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zugunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

4.
Dieses Urteil geht an den Gesuchsteller, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Die vorsitzende Richterin: Der Gerichtsschreiber:

Esther Marti Peter Jaggi
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : E-6550/2019
Datum : 10. März 2020
Publiziert : 18. März 2020
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Asyl
Gegenstand : Revisionsgesuch gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts E-6092/2019 vom 27. November 2019


Gesetzesregister
AsylG: 105
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 105 Beschwerde gegen Verfügungen des SEM - Gegen Verfügungen des SEM kann nach Massgabe des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005356 Beschwerde geführt werden.
BGG: 83  121  123  124  126  128
VGG: 21  23  37  45  46  47
VGKE: 1 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 1 Verfahrenskosten
1    Die Kosten der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (Gericht) setzen sich zusammen aus der Gerichtsgebühr und den Auslagen.
2    Mit der Gerichtsgebühr sind die Kosten für das Kopieren von Rechtsschriften und der für Dienstleistungen normalerweise anfallende Verwaltungsaufwand wie Personal-, Raum- und Materialkosten sowie Post-, Telefon- und Telefaxspesen abgegolten.
3    Auslagen sind insbesondere die Kosten für Übersetzungen und für die Beweiserhebung. Die Kosten für Übersetzungen werden nicht verrechnet, wenn es sich um Übersetzungen zwischen Amtssprachen handelt.
3
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 3 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse - In Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
a  bei einzelrichterlicher Streiterledigung: 200-3000 Franken;
b  in den übrigen Fällen: 200-5000 Franken.
VwVG: 56  63  65  67
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
adresse • akte • anhörung oder verhör • antizipierte beweiswürdigung • arztbericht • asylgesetz • asylverfahren • ausreise • ausserordentliches rechtsmittel • beginn • begründung des entscheids • beilage • berechnung • beschleunigtes verfahren • beweiskraft • beweismittel • bundesverwaltungsgericht • einzelrichter • entscheid • entscheidentwurf • ethnie • festnahme • form und inhalt • frage • frist • funktion • gerichtsschreiber • gesuch an eine behörde • gesuchsteller • kausalzusammenhang • kenntnis • kostenvorschuss • medizinische abklärung • medizinisches gutachten • neues beweismittel • notorietät • ordentliches verfahren • prozessvertretung • präsident • rechtsbegehren • revisionsgrund • richterliche behörde • richtigkeit • sachverhalt • sachverhaltsfeststellung • stempel • superprovisorische massnahme • tag • treffen • unterschrift • verfahrenskosten • vorinstanz • vorsorgliche massnahme • weiler • wiese • wissen
BVGE
2015/20 • 2007/21
BVGer
E-2965/2019 • E-6092/2019 • E-6550/2019