Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
9C 425/2010
Urteil vom 9. September 2010
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.
Verfahrensbeteiligte
S.________, vertreten durch Rechtsanwalt Markus Heer,
Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgen-strasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Haftung des Arbeitgebers),
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 23. März 2010.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 15. August 2008 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Zürich S.________ als geschäftsführenden Gesellschafter der Firma X.________ GmbH zur Bezahlung von Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge (inkl. Verzugszinsen und Gebühren) in der Höhe von Fr. 55'567.25, woran sie auf Einsprache hin festhielt (Entscheid vom 15. Oktober 2008).
B.
Die von S.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23. März 2010 ab.
C.
S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben; eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichten auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen der subsidiären Haftung der Organe eines Arbeitgebers nach Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
|
1 | Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
2 | Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292 |
3 | Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294 |
4 | Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295 |
5 | In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. |
6 | Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen. |
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
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1 | Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
2 | Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292 |
3 | Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294 |
4 | Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295 |
5 | In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. |
6 | Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen. |
Nichtbezahlung der Beiträge als solche nicht einem qualifizierten Verschulden gleichgesetzt werden, weil dies auf eine nach Gesetz und Rechtsprechung unzulässige, da in Art. 52
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 52 Haftung - 1 Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
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1 | Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen zu ersetzen. |
2 | Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch.292 |
3 | Der Schadenersatzanspruch verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts293 über die unerlaubten Handlungen.294 |
4 | Die zuständige Ausgleichskasse macht den Schadenersatz durch Erlass einer Verfügung geltend.295 |
5 | In Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG296 ist für die Beschwerde das Versicherungsgericht des Kantons zuständig, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. |
6 | Die Haftung nach Artikel 78 ATSG ist ausgeschlossen. |
2.
Materiell streitig ist, ob der Beschwerdeführer für die Beitragsausstände der Gesellschaft haftbar gemacht werden kann.
2.1 Die Firma X.________ GmbH bezahlte laut Auszug des Beitragskontos (Art. 152
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 152 Beitragskonto - 1 Die Ausgleichskassen führen für jeden mit ihnen abrechnenden Beitragspflichtigen ein Beitragskonto. |
|
1 | Die Ausgleichskassen führen für jeden mit ihnen abrechnenden Beitragspflichtigen ein Beitragskonto. |
2 | Das Beitragskonto hat darüber Auskunft zu geben, ob der Beitragspflichtige seiner Abrechnungs- und Zahlungspflicht nachgekommen ist und welche Forderungen oder Schuldverpflichtungen die Ausgleichskasse ihm gegenüber hat. |
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 35 Akontobeiträge - 1 Im laufenden Jahr haben die Arbeitgeber periodisch Akontobeiträge zu entrichten. Diese werden von der Ausgleichskasse auf Grund der voraussichtlichen Lohnsumme festgesetzt. |
|
1 | Im laufenden Jahr haben die Arbeitgeber periodisch Akontobeiträge zu entrichten. Diese werden von der Ausgleichskasse auf Grund der voraussichtlichen Lohnsumme festgesetzt. |
2 | Die Arbeitgeber haben der Ausgleichskasse wesentliche Änderungen der Lohnsumme während des laufenden Jahres zu melden. |
3 | Sofern Gewähr für eine pünktliche Zahlung besteht, kann die Ausgleichskasse den Arbeitgebern bewilligen, statt der Akontobeiträge die tatsächlich für die Zahlungsperiode geschuldeten Beiträge zu entrichten. |
4 | Im vereinfachten Verfahren nach den Artikeln 2 und 3 BGSA161 entrichten die Arbeitgeber keine Akontobeiträge.162 |
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 36 Abrechnung und Ausgleich - 1 Die Abrechnungen der Arbeitgeber enthalten die nötigen Angaben für die Verbuchung der Beiträge und für die Eintragung in die individuellen Konten. |
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1 | Die Abrechnungen der Arbeitgeber enthalten die nötigen Angaben für die Verbuchung der Beiträge und für die Eintragung in die individuellen Konten. |
2 | Die Arbeitgeber haben die Löhne innert 30 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode abzurechnen. |
3 | Die Abrechnungsperiode umfasst das Kalenderjahr. Werden die Beiträge nach Artikel 35 Absatz 3 entrichtet, so entspricht die Abrechnungsperiode der Zahlungsperiode. |
4 | Die Ausgleichskasse nimmt den Ausgleich zwischen den geleisteten Akontobeiträgen und den tatsächlich geschuldeten Beiträgen aufgrund der Abrechnung vor. Ausstehende Beiträge sind innert 30 Tagen ab Rechnungsstellung zu bezahlen. Überschüssige Beiträge werden von der Ausgleichskasse zurückerstattet oder verrechnet. |
vorübergehend zu geringe oder zu hohe Akontozahlungen vornimmt (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts H 75/90 vom 27. Januar 1993 E. 4c, publ. in: AHI 1993 S. 165). Sodann teilte der Beschwerdeführer zwar die definitiven Löhne für das Jahr 2006 nicht innert 30 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode mit (Art. 36 Abs. 2
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 36 Abrechnung und Ausgleich - 1 Die Abrechnungen der Arbeitgeber enthalten die nötigen Angaben für die Verbuchung der Beiträge und für die Eintragung in die individuellen Konten. |
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1 | Die Abrechnungen der Arbeitgeber enthalten die nötigen Angaben für die Verbuchung der Beiträge und für die Eintragung in die individuellen Konten. |
2 | Die Arbeitgeber haben die Löhne innert 30 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode abzurechnen. |
3 | Die Abrechnungsperiode umfasst das Kalenderjahr. Werden die Beiträge nach Artikel 35 Absatz 3 entrichtet, so entspricht die Abrechnungsperiode der Zahlungsperiode. |
4 | Die Ausgleichskasse nimmt den Ausgleich zwischen den geleisteten Akontobeiträgen und den tatsächlich geschuldeten Beiträgen aufgrund der Abrechnung vor. Ausstehende Beiträge sind innert 30 Tagen ab Rechnungsstellung zu bezahlen. Überschüssige Beiträge werden von der Ausgleichskasse zurückerstattet oder verrechnet. |
SR 831.101 Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV) AHVV Art. 36 Abrechnung und Ausgleich - 1 Die Abrechnungen der Arbeitgeber enthalten die nötigen Angaben für die Verbuchung der Beiträge und für die Eintragung in die individuellen Konten. |
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1 | Die Abrechnungen der Arbeitgeber enthalten die nötigen Angaben für die Verbuchung der Beiträge und für die Eintragung in die individuellen Konten. |
2 | Die Arbeitgeber haben die Löhne innert 30 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode abzurechnen. |
3 | Die Abrechnungsperiode umfasst das Kalenderjahr. Werden die Beiträge nach Artikel 35 Absatz 3 entrichtet, so entspricht die Abrechnungsperiode der Zahlungsperiode. |
4 | Die Ausgleichskasse nimmt den Ausgleich zwischen den geleisteten Akontobeiträgen und den tatsächlich geschuldeten Beiträgen aufgrund der Abrechnung vor. Ausstehende Beiträge sind innert 30 Tagen ab Rechnungsstellung zu bezahlen. Überschüssige Beiträge werden von der Ausgleichskasse zurückerstattet oder verrechnet. |
2.2 Hinzu kommt, dass die Unternehmung bis Ende 2006 eine gesunde Bilanz aufwies und namentlich keine Liquiditätsprobleme hatte. Der Konkurs ist nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid deshalb eingetreten, weil die Firma im Jahr 2006 wegen einem bevorstehenden Grossauftrag Personal eingestellt hat; der Auftrag später jedoch verschoben worden ist, worauf sich durch die während der Kündigungsfrist zu zahlenden Löhne die Liquidität nachhaltig verschlechterte. Unter diesen Umständen steht fest, dass die Unternehmung in relativ kurzer Zeit in eine schwierige finanzielle Lage geriet (welcher der Beschwerdeführer mit dem Einbringen eigener Mittel in der Höhe von Fr. 125'000.- erfolglos zu begegnen versuchte). In Anbetracht des kurzen Zeitraums bestand keine Möglichkeit, die Liquidität durch vertragskonforme Entlassungen zu verbessern (BGE 124 V 253 E. 3b S. 254). Mit Blick auf die gesamten konkreten Umstände ist ein qualifiziertes Verschulden zu verneinen. Die Beschwerde ist begründet.
3.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
|
1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. März 2010 und der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse des Kantons Zürich vom 15. Oktober 2008 werden aufgehoben.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 9. September 2010
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Meyer Ettlin