Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
4A_49/2008 /len

Urteil vom 9. April 2008
I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch,
Gerichtsschreiber Luczak.

Parteien
A.________,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Max Auer,

gegen

B.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Eugster.

Gegenstand
Kaufvertrag,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, III. Zivilkammer, vom 17. Oktober 2007.

Sachverhalt:

A.
Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 21. April 1995 erwarben A.________ (Beschwerdeführerin) und C.________ von B.________ (Beschwerdegegner) ein Grundstück und schlossen parallel dazu einen Werkvertrag mit der B.X.________ AG. Bei Vertragsunterzeichnung leisteten die Käufer eine Anzahlung von Fr. 30'000.-- in bar und Fr. 40'000.-- in WIR an den Kaufpreis von Fr. 185'000.--. Wegen Problemen bei der Finanzierung des Bauprojekts unterzeichneten die Käufer einerseits und der Verkäufer andererseits am 2. April 1996 folgende als "Kaufvertrag und Werkvertrag" bezeichnete Vereinbarung (nachfolgend Vereinbarung II):
"Haus Nr. 8 wird direkt an einen dritten Käufer weiterverkauft. Die Anzahlung Bar Fr. 30'000.-- sowie WIR Fr. 40'000.-- werden Frau A.________ zurückbezahlt bei Eigentumsübertragung der Liegenschaft auf den neuen Käufer."

B.
Da kein dritter Käufer gefunden werden konnte, schlossen die gleichen Vertragsparteien am 3. November 1997 eine weitere Vereinbarung (nachfolgend Vereinbarung III) mit welcher der Beschwerdegegner die Übergangsfinanzierung sicherstellte. Für den Fall des Verkaufes bestimmten die Parteien in Ziff. 6 dieser Vereinbarung, der Beschwerdegegner habe aus einem allfälligen Gewinn (nach Abzug der Kosten) die Anzahlung von Fr. 30'000.-- in bar und Fr. 40'000.-- in WIR an die Beschwerdeführerin zurückzuerstatten. Bei einem Gewinn von weniger als Fr. 70'000.-- sollte eine entsprechend reduzierte Rückerstattung erfolgen.

C.
Am 13. Januar 1998 verkaufte der Beschwerdegegner das Grundstück zusammen mit anderen Parzellen der von ihm mit Einzelunterschrift vertretenen B.Y.________ AG. Der auf das Gegenstand des Kaufvertrags vom 21. April 1995 bildende Grundstück entfallende Anteil am Gesamtkaufpreis betrug Fr. 185'000.--. Am 13. Januar 2005 verlangte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den unterbliebenen Vollzug des Kaufvertrages vom 21. April 1995 und die offenkundig erfolgte Eigentumsübertragung des Vertragsgrundstücks auf einen Dritten die Rückerstattung der geleisteten Anzahlung. Dabei bezog sie sich auf die Vereinbarung II vom 2. April 1996. Der Beschwerdegegner wandte mit Schreiben vom 31. Januar 2005 unter Hinweis auf Ziff. 6 der Vereinbarung III vom 3. November 1997 ein, er habe das mittlerweile auf der betreffenden Parzelle erstellte Einfamilienhaus ohne Gewinn weiterverkauft, weshalb der geltend gemachte Anspruch auf Rückerstattung entfalle.

D.
Am 3. Februar 2005 trat C.________ sämtliche Rechte aus den erwähnten Rechtsgeschäften gegenüber dem Beschwerdegegner an die Beschwerdeführerin ab. Am 11. April 2005 klagte diese gegen den Beschwerdegegner auf Zahlung von Fr. 30'000.-- in bar und Fr. 40'000.-- in WIR nebst Zins. Das Kreisgericht Alttoggenburg-Wil schützte die Klage am 21. Februar 2006, im Wesentlichen in der Erwägung, Ziff. 6 der Vereinbarung III sei mangels Einhaltung der Urkundsform ungültig. Auf Berufung des Beschwerdegegners hob jedoch das Kantonsgericht St. Gallen am 17. Oktober 2007 das angefochtene Urteil auf und wies die Klage ab.

E.
Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, den Entscheid des Kantonsgerichts aufzuheben und die Klage gutzuheissen, eventuell die Streitsache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Die Parteien streiten über die Frage, ob Vereinbarung III eine nach Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR formbedürftige Änderung des Grundstückkaufvertrags darstellt oder einen nach Art. 115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
OR formfrei gültigen Aufhebungsvertrag, in welchem eine Regelung für den künftigen Verkauf an einen Dritten getroffen worden sei.

1.1 Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang geltend, die Vorinstanz habe die Vereinbarung III nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt, und dabei in verschiedener Hinsicht Bundesrecht verletzt. Entgegen der Behauptungen der Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz indessen nirgends festgehalten, es liege kein übereinstimmender Parteiwille vor. Sie erkannte lediglich, aus dem Wortlaut der Vereinbarung könnten diesbezüglich keine eindeutigen Schlüsse gezogen werden. Den Inhalt der Vereinbarung ermittelte sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, namentlich auch des nachträglichen Parteiverhaltens. Dieses ist bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht von Bedeutung, sondern kann höchstens im Rahmen der Beweiswürdigung auf einen tatsächlichen Willen der Parteien schliessen lassen (BGE 133 III 61 E. 2.2.1 S. 67; 132 III 626 E. 3.1 S. 632, je mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat mithin keine Auslegung nach dem Vertrauensprinzip vorgenommen, sondern aus den gesamten Umständen auf den tatsächlichen Willen der Parteien geschlossen. Rügen betreffend derartige tatsächliche Feststellungen, welche mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde (Art. 237 ff. des Zivilprozessgesetzes vom 20. Dezember 1990, [sGS 961.2, ZPO/SG]) dem
Kassationsgericht unterbreitet werden konnten, sind mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges in einer gegen den kantonsgerichtlichen Entscheid erhobenen Beschwerde in Zivilsache nicht zu hören, da diese nach Art. 75 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 75 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen; ausgenommen sind die Fälle, in denen:
a  ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht;
b  ein Fachgericht für handelsrechtliche Streitigkeiten als einzige kantonale Instanz entscheidet;
c  eine Klage mit einem Streitwert von mindestens 100 000 Franken mit Zustimmung aller Parteien direkt beim oberen Gericht eingereicht wurde.
BGG nur gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen zulässig ist. Daher ist auf die entsprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht einzutreten.

1.2 Der Vorwurf, die Vorinstanz habe Art. 18
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OR verletzt, indem sie die Vereinbarung nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt habe, obwohl der übereinstimmende wirkliche Wille nachgewiesen sei, beruht mithin auf einem Missverständnis des angefochtenen Entscheides. Da die Vorinstanz den tatsächlichen Willen der Parteien feststellen konnte, kommt den Ausführungen der Beschwerdeführerin dazu, wie die Vereinbarung nach dem Vertrauensprinzip zu deuten wäre, keine Bedeutung zu (Art. 18
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
OR). Die Vorbringen der Beschwerdeführerin gehen an der Sache vorbei und sind nicht zu hören.

2.
Zu prüfen bleibt, ob die Vorinstanz bundesrechtskonform davon ausgehen durfte, die Vereinbarung III sei formfrei gültig. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, von einem formfrei gültigen Aufhebungsvertrag könnte im zu beurteilenden Fall nur die Rede sein, wenn die wesentlichen gegenseitigen Verpflichtungen aufgehoben würden, was unweigerlich dazu führe, dass die bereits geleistete Zahlung an den Kaufpreis zurückzuerstatten sei. Mit der abgeschlossenen Vereinbarung III erfolge im Vergleich zu einer blossen Aufhebung des Vertrages eine erhebliche Mehrbelastung der Beschwerdeführerin, weil die ursprüngliche Pflicht zur Leistung des Kaufpreises nicht vollständig aufgehoben würde. Daher sei Ziff. 6 der Vereinbarung III aufgrund von Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR formbedürftig.

2.1 Nach Art. 115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
OR kann eine Forderung durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragsschliessenden gewählt war. Diese Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung und Lehre nicht nur auf die Aufhebung einzelner Forderungen, sondern (analog) auch auf die Aufhebung ganzer Vertragsverhältnisse anwendbar (BGE 95 II 419 E. 2d S. 425, mit Hinweisen), es sei denn, die formlose Aufhebung bestimmter Verträge sei gesetzlich ausgeschlossen (z. B. Art. 513 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 513 - 1 Der Erbvertrag kann von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden.
1    Der Erbvertrag kann von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden.
2    Der Erblasser kann einseitig einen Erbeinsetzungs- oder Vermächtnisvertrag aufheben, wenn sich der Erbe oder Bedachte nach dem Abschluss des Vertrages dem Erblasser gegenüber eines Verhaltens schuldig macht, das einen Enterbungsgrund darstellt.
3    Die einseitige Aufhebung hat in einer der Formen zu erfolgen, die für die Errichtung der letztwilligen Verfügungen vorgeschrieben sind.
ZGB; vgl. Aepli, Zürcher Kommentar, N. 17 zu Art. 115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
OR). Der Aufhebungsvertrag ist ein Verfügungsvertrag und hebt eine früher geschlossene Vereinbarung auf (Aepli, a.a.O., N 10 zu Art. 115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
OR; Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band II, 8. Aufl., Rz. 3305 ff. S. 213; Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 390 und 403). Für sein Zustandekommen gelten die allgemeinen Regeln, und die Parteien bestimmen dessen Modalitäten frei. Demgegenüber ist nach Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR für die Abänderung eines Vertrags, für den die schriftliche Form vorgeschrieben ist, ebenfalls Schriftlichkeit erforderlich, mit Ausnahme
von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruch stehen. Diese Regel ist nach Lehre und Rechtsprechung analog auch anzuwenden auf Rechtsgeschäfte, für die das Gesetz eine andere als die Schriftform, namentlich die öffentliche Beurkundung, vorschreibt (BGE 95 II 419 E. 2b S. 423 mit Hinweisen). Bei der Abgrenzung zwischen Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR und Art. 115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
OR ist entscheidend darauf abzustellen, ob der unter Einhaltung der Formerfordernisse abgeschlossene Vertrag immer noch, zumindest teilweise, in Kraft steht oder gemäss der betreffenden Vereinbarung der Parteien in seiner Gesamtheit dahingefallen ist. Eine derartige Vertragsaufhebung kann formfrei erfolgen (Schönenberger/Jäggi, Zürcher Kommentar, N. 2 und 9 zu Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR).

2.2 Die Parteien sind nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz übereingekommen, von der ursprünglich vereinbarten Übertragung der Parzelle auf die Beschwerdeführerin abzusehen. Das hat zur Folge, dass hierfür kein Kaufpreis geschuldet ist. Aus dem ursprünglichen Kaufvertrag blieb danach keinerlei Verpflichtung bestehen. Die Vorinstanz hat daher bundesrechtskonform geschlossen, der Kaufvertrag sei mit der Vereinbarung III vollständig aufgehoben worden, was formfrei geschehen konnte. Die Abmachung, der Beschwerdegegner habe die geleistete Anzahlung nur in dem Umfang zurückzuerstatten, als er mit einem anderweitigen Verkauf der Parzelle einen Gewinn erziele, erfolgte demnach ausserhalb des kaufvertraglichen Synallagmas und steht in keinerlei Zusammenhang mit einer Verpflichtung aus dem ursprünglichen Kaufvertrag. Das in der Lehre diskutierte Problem der Abgrenzung von Art. 115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
gegenüber Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR, wenn die Aufhebung oder Beschränkung einer Forderung im synallagmatischen Vertrag das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung beeinflusst (Schmidlin, Berner Kommentar, N. 10 ff. zu Art. 12
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
OR; Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4. Auflage, Rz. 31.25 S. 226, je mit Hinweisen), stellt sich
vorliegend nicht, denn der Kaufvertrag bildet nicht mehr den Rechtsgrund der (bedingten) Zahlungspflicht der Klägerin, welche im Aufhebungsvertrag in der Höhe der geleisteten Anzahlung festgesetzt wurde. Die Vorinstanz erkannte bundesrechtskonform, die Parteien hätten in der Aufhebungsvereinbarung (Vereinbarung III) die Bedingungen und Modalitäten der Rückabwicklung geregelt. Dass die Beschwerdeführerin dabei gegenüber einer blossen Aufhebung des Kaufvertrags eine Mehrbelastung erleidet, ist mit Blick auf die Formbedürftigkeit der Vereinbarung III irrelevant. Da diese Vereinbarung, wie gezeigt, keinem Formzwang unterliegt und auch keine materiellen Gründe ersichtlich sind, die gegen ihre Rechtsbeständigkeit sprechen, ist die Beschwerdeführerin daran gebunden.

3.
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, III. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 9. April 2008
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Corboz Luczak
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 4A_49/2008
Datum : 09. April 2008
Publiziert : 16. Mai 2008
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Vertragsrecht
Gegenstand : Kaufvertrag


Gesetzesregister
BGG: 75
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 75 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts.36
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen; ausgenommen sind die Fälle, in denen:
a  ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht;
b  ein Fachgericht für handelsrechtliche Streitigkeiten als einzige kantonale Instanz entscheidet;
c  eine Klage mit einem Streitwert von mindestens 100 000 Franken mit Zustimmung aller Parteien direkt beim oberen Gericht eingereicht wurde.
OR: 12 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 12 - Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesetzlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, die mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.
18 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
1    Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen.
2    Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen.
115
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 115 - Eine Forderung kann durch Übereinkunft ganz oder zum Teil auch dann formlos aufgehoben werden, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine Form erforderlich oder von den Vertragschliessenden gewählt war.
ZGB: 513
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 513 - 1 Der Erbvertrag kann von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden.
1    Der Erbvertrag kann von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden.
2    Der Erblasser kann einseitig einen Erbeinsetzungs- oder Vermächtnisvertrag aufheben, wenn sich der Erbe oder Bedachte nach dem Abschluss des Vertrages dem Erblasser gegenüber eines Verhaltens schuldig macht, das einen Enterbungsgrund darstellt.
3    Die einseitige Aufhebung hat in einer der Formen zu erfolgen, die für die Errichtung der letztwilligen Verfügungen vorgeschrieben sind.
BGE Register
132-III-626 • 133-III-61 • 95-II-419
Weitere Urteile ab 2000
4A_49/2008
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beschwerdegegner • vorinstanz • kantonsgericht • kaufpreis • bundesgericht • 1995 • beschwerde in zivilsachen • gerichtsschreiber • werkvertrag • rechtsanwalt • nichtigkeit • wirklicher wille • vertragspartei • kauf • entscheid • bruchteil • sankt gallen • form und inhalt • gerichtskosten • vertrauensprinzip
... Alle anzeigen