Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B 601/2007

Urteil vom 7. Dezember 2007
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger, Ferrari, Zünd, Mathys,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafverfahren betreffend mehrfache fahrlässige Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitsbewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, vom 25. Juli 2007.

Sachverhalt:

A.
Die Präsidentin des Bezirksgerichts Bremgarten sprach X.________ am 22. Januar 2007 des mehrfachen fahrlässigen Beschäftigens von Ausländern ohne Arbeitsbewilligung im Sinne von Art. 23 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 ANAG schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 2'000.-- respektive bei schuldhafter Nichtbezahlung zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen.

Auf Berufung hin bestätigte das Obergericht des Kantons Aargau am 25. Juli 2007 das erstinstanzliche Urteil im Schuldpunkt, reduzierte die ausgefällte Busse aber auf Fr. 1'000.-- bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage.
X.________ wird zur Last gelegt, vom 27. Januar 2005 bis 3. Juli 2006 bzw. vom 12. Juni 2006 bis 31. August 2006 bei der A.________ AG zwei Handwerker, einen Plattenleger und einen Steinmetz, deutscher Nationalität beschäftigt zu haben, die nicht über die erforderlichen Aufenthalts- bzw. Arbeitsbewilligungen verfügten.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Freisprechung von Schuld und Strafe.

C.
Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Aargau haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Auf die Beschwerde kann grundsätzlich eingetreten werden, da sie unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 100 Beschwerde gegen Entscheide - 1 Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen.
1    Die Beschwerde gegen einen Entscheid ist innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht einzureichen.
2    Die Beschwerdefrist beträgt zehn Tage:
a  bei Entscheiden der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen;
b  bei Entscheiden auf den Gebieten der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und der internationalen Amtshilfe in Steuersachen;
c  bei Entscheiden über die Rückgabe eines Kindes nach dem Europäischen Übereinkommen vom 20. Mai 198089 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts oder nach dem Übereinkommen vom 25. Oktober 198090 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung;
d  bei Entscheiden des Bundespatentgerichts über die Erteilung einer Lizenz nach Artikel 40d des Patentgesetzes vom 25. Juni 195492.
3    Die Beschwerdefrist beträgt fünf Tage:
a  bei Entscheiden der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen im Rahmen der Wechselbetreibung;
b  bei Entscheiden der Kantonsregierungen über Beschwerden gegen eidgenössische Abstimmungen.
4    Bei Entscheiden der Kantonsregierungen über Beschwerden gegen die Nationalratswahlen beträgt die Beschwerdefrist drei Tage.
5    Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte beginnt die Beschwerdefrist spätestens dann zu laufen, wenn in beiden Kantonen Entscheide getroffen worden sind, gegen welche beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden kann.
6    ...93
7    Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines Entscheids kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
BGG) und Form (Art. 42
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
BGG) von der in ihren Anträgen unterliegenden beschuldigten Person (Art. 81 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 81 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; und
b  ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere:
b1  die beschuldigte Person,
b2  ihr gesetzlicher Vertreter oder ihre gesetzliche Vertreterin,
b3  die Staatsanwaltschaft, ausser bei Entscheiden über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft,
b4  ...
b5  die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann,
b6  die Person, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht,
b7  die Staatsanwaltschaft des Bundes und die beteiligte Verwaltung in Verwaltungsstrafsachen nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197455 über das Verwaltungsstrafrecht.
2    Eine Bundesbehörde ist zur Beschwerde berechtigt, wenn das Bundesrecht vorsieht, dass ihr der Entscheid mitzuteilen ist.56
3    Gegen Entscheide nach Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe b steht das Beschwerderecht auch der Bundeskanzlei, den Departementen des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, den ihnen unterstellten Dienststellen zu, wenn der angefochtene Entscheid die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann.
BGG) eingereicht wurde und sich gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz gefällten Endentscheid (Art. 90
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 90 Endentscheide - Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen.
BGG) in Strafsachen (Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
BGG) richtet.

2.
Der Beschwerdeführer wehrt sich gegen seine Verurteilung wegen mehrfachen fahrlässigen Beschäftigens von Ausländern ohne Arbeitsbewilligung im Sinne von Art. 23 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 ANAG. Er macht dabei insbesondere geltend, keine Arbeitgeberstellung im Sinne von Art. 23 Abs. 4 ANAG innegehabt und auch nicht fahrlässig gehandelt zu haben. Im Übrigen habe im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der ausländischen Arbeitskraft eine gültige Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA vorgelegen. Unter diesen Umständen könne ihm nicht vorgeworfen werden, gegen aufenthaltsrechtliche Vorschriften, insbesondere aber gegen Art. 3 Abs. 3 ANAG, verstossen zu haben.

3.
Wer vorsätzlich Ausländer beschäftigt, die nicht berechtigt sind, in der Schweiz zu arbeiten, wird gemäss Art. 23 Abs. 4 ANAG zusätzlich zu einer allfälligen Bestrafung nach Art. 23 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.48
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung vom 5. Oktober 200749 (StPO) ein Zwangsmassnahmegericht oder ein anderes Gericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.50
ANAG für jeden rechtswidrig beschäftigten Ausländer mit einer Busse bis zu 5'000 Franken bestraft. Handelt der Täter fahrlässig, so beträgt die Busse bis zu 3'000 Franken. In besonders leichten Fällen kann von einer Bestrafung Umgang genommen werden. Wenn der Täter gewerbsmässig handelt, ist der Richter an diese Höchstbeträge nicht gebunden. Nach Art. 3 Abs. 3 ANAG darf der nicht niedergelassene Ausländer eine Stelle erst antreten und von einem Arbeitgeber zum Antritt nur zugelassen werden, wenn ihm der Aufenthalt zum Stellenantritt bewilligt ist.

4.
Seit dem 1. Juni 2002 gilt das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681). Bürgerinnen und Bürger der EU- und EFTA-Staaten haben danach das Recht, sich zur Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit im gesamten Hoheitsgebiet der Schweiz frei zu bewegen und aufzuhalten. Gemäss Art. 2 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens wird zum Nachweis des Rechts, sich im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei aufzuhalten, eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt. Das Freizügigkeitsabkommen kennt dabei zwei Arten von Aufenthaltsbewilligungen: Bei Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer von mehr als drei Monaten, aber weniger als einem Jahr werden Kurzaufenthaltsbewilligungen EG erteilt, bei unbefristeten Arbeitsverträgen oder solchen mit einer Dauer von mindestens einem Jahr Daueraufenthaltsbewilligungen EG mit einer Gültigkeit von fünf Jahren (Art. 6
SR 142.203 Verordnung vom 22. Mai 2002 über den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten, zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sowie unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (Verordnung über den freien Personenverkehr, VFP) - Verordnung über den freien Personenverkehr
VFP Art. 6 Ausländerausweise - 1 EU- und EFTA-Angehörige und ihre Familienangehörigen sowie Dienstleistungserbringer nach Artikel 2 Absatz 3, die eine Bewilligung gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen oder das EFTA-Übereinkommen besitzen, erhalten einen Ausländerausweis.
1    EU- und EFTA-Angehörige und ihre Familienangehörigen sowie Dienstleistungserbringer nach Artikel 2 Absatz 3, die eine Bewilligung gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen oder das EFTA-Übereinkommen besitzen, erhalten einen Ausländerausweis.
2    Der Ausländerausweis für den Nachweis der Niederlassungsbewilligung EU/EFTA wird zur Kontrolle mit einer Laufzeit von fünf Jahren ausgestellt. Er ist zwei Wochen vor Ende der Laufzeit der zuständigen Behörde zur Verlängerung vorzulegen.
3    Die Ausstellung und die Vorweisung der Ausländerausweise richten sich nach den Artikeln 71-72 VZAE34.
Anhang I des Freizügigkeitsabkommens, Art. 4
SR 142.203 Verordnung vom 22. Mai 2002 über den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten, zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sowie unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (Verordnung über den freien Personenverkehr, VFP) - Verordnung über den freien Personenverkehr
VFP Art. 4 Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA, Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und Grenzgängerbewilligung EU/EFTA - (Art. 6, 7, 12, 13, 20 und 24 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und
1    EU- und EFTA-Angehörigen wird nach den Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens oder des EFTA-Übereinkommens eine Kurzaufenthaltsbewilligung EU/ EFTA, eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA oder eine Grenzgängerbewilligung EU/EFTA erteilt.
2    Soweit das Bundesrecht nichts anderes bestimmt, gelten die Kurzaufenthalts- und die Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA für die ganze Schweiz.26
3    Die Grenzgängerbewilligung EU/EFTA für Staatsangehörige der EU und der EFTA gilt für die ganze Schweiz.27
3bis    ...28
4    Staatsangehörige der EU sowie der EFTA, die innerhalb eines Kalenderjahres insgesamt nicht länger als drei Monate in der Schweiz erwerbstätig sind, benötigen keine Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA.29
der Verordnung vom 22. Mai 2002 über die schrittweise Einführung des freien Personenverkehrs, VEP, SR 142.203).

Diese in Anwendung des Freizügigkeitsabkommens ausgestellten Bewilligungen haben nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nicht rechtsbegründenden Charakter, sondern bloss deklarative Bedeutung (Urteile des EuGH vom 5. Februar 1991 in der Rechtssache C-363/89, Roux, Slg. 1991, I-273, Rz. 12 sowie vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C-459/99, Mouvement contre le racisme, antisémitisme et la xénophobie [MRAX], Slg. 2002, I-6591, Rz. 74). Das bedeutet, dass der Aufenthalt bzw. die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch bei fehlender Bewilligung nicht rechtswidrig ist mit der Folge, dass der Arbeitgeber, welcher EU- oder EFTA-Staatsangehörige in der Schweiz ohne Aufenthalts- bzw. Arbeitserlaubnis beschäftigte, nicht nach Art. 23 Abs. 4 ANAG strafbar wäre. Allerdings ist vor dem Hintergrund der etappenweisen Einführung der vollen Personenfreizügigkeit zu beachten, dass die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen - mit Ausnahme solcher für Arbeitseinsätze von weniger als vier Monaten - für Erwerbstätige aus den alten EU-Mitgliedstaaten sowie Zypern und Malta während der ersten fünf Jahre, also bis Ende Mai 2007, kontingentiert war (Art. 10 des Freizügigkeitsabkommens; vgl. Art. 2
IR 0.813.151.4 Vereinbarung vom 5. Oktober 2015 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung des Fürstentums Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Zulassungsverfahren für Biozidprodukte gemäss der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten
EU Art. 2 Begriffe - 1 Als Biozidprodukte gelten Biozidprodukte und Biozidproduktfamilien nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a und s der Verordnung (EU) Nr. 528/2012.
1    Als Biozidprodukte gelten Biozidprodukte und Biozidproduktfamilien nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a und s der Verordnung (EU) Nr. 528/2012.
2    Als Zulassung gilt:
a  die nationale Zulassung eines Biozidprodukts;
b  die nationale Zulassung eines Biozidprodukts im vereinfachten Verfahren;
c  die zeitlich nachfolgende gegenseitige Anerkennung;
d  die zeitlich parallele gegenseitige Anerkennung einer Zulassung eines Biozidprodukts in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens;
e  die Unionszulassung eines Biozidprodukts;
f  die Zulassung gleicher Biozidprodukte;
g  die Genehmigung für den Parallelhandel eines Biozidprodukts;
h  die Verlängerung, Aufhebung oder Änderung einer der genannten Zulassungen.
des Protokolls zum
Freizügigkeitsabkommen betreffend die Übergangsregelung für Angehörige aus den neuen EU-Mitgliedstaaten). Soweit und solange die Zulassung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit der Kontingentierung - einer arbeitsmarktlichen Beschränkung im Sinne von Art. 10 des Freizügigkeitsabkommens - untersteht, ist für den Stellenantritt übergangsrechtlich doch noch eine Aufenthaltsbewilligung erforderlich (Art. 26 Abs. 2 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens). Die Arbeitsstelle darf und kann somit während des Übergangsregimes legal erst angetreten werden, wenn die entsprechende Bewilligung, welche gemäss Art. 6 Abs. 7 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens allerdings ohne Aufschub zu erteilen ist, vorliegt. Wird sie nicht eingeholt, kann deshalb der Straftatbestand der Beschäftigung ohne Bewilligung nach Art. 23 Abs. 4 ANAG erfüllt sein.

Im vorliegenden Fall geht es um unbefristete Arbeitsverhältnisse (act. 12 ff., 72 ff.), die der Kontingentierung unterstanden. Für den rechtmässigen Stellenantritt wären daher nach dem Gesagten Aufenthaltsbewilligungen erforderlich gewesen. Dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der ausländischen Arbeitskraft eine gültige Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA vorgelegen hat, ändert daran nichts. Denn eine solche Zusicherung stellt die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung der Erwerbstätigkeit lediglich in Aussicht (Art. 8
SR 142.203 Verordnung vom 22. Mai 2002 über den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten, zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sowie unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (Verordnung über den freien Personenverkehr, VFP) - Verordnung über den freien Personenverkehr
VFP Art. 8 Zusicherung der Bewilligung - (Anhang I Art. 1 Abs. 1 und 27 Abs. 2 i. V. m. Art. 10 Abs. 4d Freizügigkeitsabkommen)
VEP), berechtigt die ausländische Person aber nicht per se zum Stellen- bzw. Arbeitsantritt. Der diesbezügliche Einwand des Beschwerdeführers erweist sich deshalb als unbehelflich.

5.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, keine Arbeitgeberstellung im Sinne von Art. 23 Abs. 4 ANAG eingenommen zu haben, erweist sich seine Beschwerde ebenfalls als unbegründet.

5.1 In Art. 23 Abs. 4 ANAG ist zwar nicht ausdrücklich vom Arbeitgeber die Rede. Wie jedoch die Formulierung "wer .....Ausländer ..... beschäftigt ......" sowie die Gesetzesmaterialien (siehe AB 1987 S 32 ff.; AB 1987 N 1240 ff.) zeigen, hat der Gesetzgeber mit Art. 23 Abs. 4 ANAG verstärkt Personen bestrafen wollen, die Arbeiter rechtswidrig beschäftigen. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Anwendung der Norm indessen nicht auf Arbeitgeber im zivilrechtlichen Sinne (Art. 319 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 319 - 1 Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes, der nach Zeitabschnitten (Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen wird.
1    Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes, der nach Zeitabschnitten (Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen wird.
2    Als Einzelarbeitsvertrag gilt auch der Vertrag, durch den sich ein Arbeitnehmer zur regelmässigen Leistung von stunden-, halbtage- oder tageweiser Arbeit (Teilzeitarbeit) im Dienst des Arbeitgebers verpflichtet.
. OR) beschränkt. Nicht massgebend ist auch, von welchem Begriff des "Arbeitgebers" die Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer ausgeht. Der Anwendungsbereich von Art. 23 Abs. 4 ANAG ist mit Rücksicht auf dessen Sinn und Zweck vielmehr weit zu fassen. "Beschäftigen" im Sinne dieser Bestimmung bedeutet, jemanden eine Erwerbstätigkeit ausüben zu lassen. Auf die Natur des Rechtsverhältnisses kommt es nicht an (zum Ganzen BGE 128 IV 170 E. 4; vgl. schon BGE 99 IV 110). Bei juristischen Personen hat diejenige Person als verantwortlicher Arbeitgeber im Sinne des ANAG zu gelten, welche für die Personaleinstellung zuständig ist, d.h. wer selbständig und ohne Bewilligung oder nachträgliche Genehmigung eines Vorgesetzten die Stelle
besetzen darf (BGE 99 IV 110 E. 4; vgl. auch BGE 105 IV 172 E. 3; Valentin Roschacher, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG), Diss. Zürich 1991, S. 121).

5.2 Der Beschwerdeführer ist als Verwaltungsratspräsident der A.________ AG mit Einzelunterschriftsberechtigung im Handelsregister eingetragen. Seit dem Jahre 1991 gehört er der Geschäftsleitung an und zeichnet seit 1993 mit Einzelunterschrift. Er ist für zahlreiche Belange der Unternehmungsführung verantwortlich. Dazu gehört namentlich auch das Personalwesen (angefochtenes Urteil, S. 5). Eigenen Angaben zufolge ist er für sämtliche Administrativabläufe des Unternehmens zuständig, unter anderem auch für das Einholen allfällig erforderlicher Arbeitsbewilligungen ausländischer Arbeitskräfte (angefochtenes Urteil, S. 6). Vor diesem Hintergrund ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Stellung und Funktion im Unternehmen befugt war, Arbeitsverträge rechtsverbindlich abzuschliessen bzw. Arbeitskräfte selbständig einzustellen, ohne einer weiteren Genehmigung einer übergeordneten Stelle zu bedürfen bzw. unabhängig davon, ob die Anstellung mit oder ohne Einverständnis der übrigen Verwaltungsratsmitglieder erfolgte. Der Beschwerdeführer hat mithin Arbeitgeberstellung im Sinne von Art. 23 Abs. 4 ANAG innegehabt. Daran ändert entgegen einem Einwand in der Beschwerde nichts, dass zwei weitere
Angestellte der A.________ AG ebenfalls einzelzeichnungsberechtigt sind und am Einstellungsprozess der ausländischen Arbeitskräfte mitgewirkt haben. Auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz kann - auch in Bezug auf Art. 29
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
StGB - verwiesen werden.

6.
Der Beschwerdeführer bestreitet, fahrlässig gehandelt zu haben. Er habe die ausländische Arbeitskraft angewiesen, den Arbeitsvertrag zusammen mit der Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA der Wohngemeinde bzw. der kantonalen Fremdenpolizei zwecks Ausstellung der erforderlichen Arbeitsbewilligung vorzulegen. Die neue Arbeitskraft habe vorgegeben, den Behördengang während der Arbeitszeit zu erledigen, und habe die notwendige Zeit dafür freigenommen. Unter diesen Umständen habe der Beschwerdeführer annehmen dürfen, dass alles rechtens sei, zumal er für den Arbeitnehmer während 1 1/2 Jahren Quellensteuern entrichtet habe und während dieser Zeit nie darauf hingewiesen worden sei, dass mit der Anmeldung bzw. den Papieren des Ausländers etwas nicht stimmen könnte.

6.1 Wer bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte erkennen können, dass ein kontrollpflichtiger Ausländer zum Stellenantritt eine Bewilligung braucht, der von ihm beschäftigte Ausländer eine solche jedoch nicht besitzt, macht sich des fahrlässigen rechtswidrigen Beschäftigens eines Ausländers im Sinne von Art. 23 Abs. 4 ANAG schuldig (Roschacher, a.a.O., S. 123). Gemäss Art. 10 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 29 - Eine besondere Pflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit begründet oder erhöht, und die nur der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma19 obliegt, wird einer natürlichen Person zugerechnet, wenn diese handelt:
a  als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person;
b  als Gesellschafter;
c  als Mitarbeiter mit selbständigen Entscheidungsbefugnissen in seinem Tätigkeitsbereich einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Einzelfirma20; oder
d  ohne Organ, Mitglied eines Organs, Gesellschafter oder Mitarbeiter zu sein, als tatsächlicher Leiter.
BVO darf der Arbeitgeber keinen Ausländer eine Stelle antreten lassen, ohne sich vorher durch Einsicht in den Ausländerausweis oder durch Nachfrage bei der Fremdenpolizei zu vergewissern, dass der Arbeitnehmer zum Antritt dieser Stelle berechtigt ist.

6.2 Der Beschwerdeführer durfte sich entgegen seiner Auffassung nicht einfach auf die Zusicherung der ausländischen Arbeitskraft verlassen, sich zwecks Ausstellung der Arbeitsbewilligung an die Gemeinde bzw. die Fremdenpolizei zu wenden. Aus dem Umstand, für den ausländischen Angestellten Quellensteuern abgerechnet und bezahlt zu haben, kann er im Hinblick auf die Einhaltung aufenthaltsrechtlicher Vorschriften ebenfalls nichts zu seinen Gunsten ableiten. Als aufmerksamer Arbeitgeber hätte er sich durch Einsicht in den Ausländerausweis oder Nachfrage bei der Fremdenpolizei vielmehr vergewissern müssen, dass die ausländische Arbeitskraft über die erforderliche Bewilligung verfügte und damit zum Stellenantritt tatsächlich berechtigt war (vgl. Roschacher, a.a.O., 123). Dieser Sorgfaltspflicht ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Vorinstanz ist daher zu Recht von einer fahrlässigen Tatbegehung ausgegangen.

7.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).
7.1

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Dezember 2007

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Schneider Arquint Hill
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 6B_601/2007
Date : 07. Dezember 2007
Published : 25. Dezember 2007
Source : Bundesgericht
Status : Publiziert als BGE-134-IV-57
Subject area : Straftaten
Subject : Strafverfahren betreffend mehrfache fahrlässige Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitsbewilligung


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ANAG: 3  23
BGG: 42  66  80  81  90  100
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OR: 319
StGB: 29
VFP: 4  6  8
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