Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

6B 324/2020

Urteil vom 7. September 2020

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichterin Koch,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Advokat Lorenz Lauer,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Nichteintreten auf Einsprache gegen Strafbefehl (Verletzung der Verkehrsregeln usw.); Zustellfiktion,

Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 13. Januar 2020 (BES.2019.167).

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt verurteilte A.________ mit Strafbefehl vom 25. April 2019 wegen Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit, Verletzung der Verkehrsregeln und pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 320.-- und einer Busse von Fr. 3'500.--. Der Strafbefehl wurde am 26. April 2019 per Einschreiben versandt und A.________ am 29. April 2019 zur Abholung gemeldet. Am 17. Mai 2019 wurde die Sendung mit dem Vermerk "nicht abgeholt" an die Staatsanwaltschaft retourniert.
A.________ erfuhr vom Strafbefehl gemäss eigenen Angaben, als ihm das Strassenverkehrsamt Aargau mit Schreiben vom 14. Juni 2019 einen Führerausweisentzug in Aussicht stellte. Er erhob gegen den Strafbefehl mit E-Mail (ohne qualifizierte elektronische Signatur) vom 8. Juli 2019 Einsprache. Am 15. Juli 2019 verlangte er, vertreten durch seinen Anwalt, beim Strafgericht um Akteneinsicht. Das Strafgericht Basel-Stadt trat auf die Einsprache vom 8. Juli 2019 mit Verfügung vom 11. Juli 2019 infolge Verspätung und Formungültigkeit nicht ein. Dagegen gelangte A.________ am 22. Juli 2019 mit Beschwerde an das Appellationsgericht des Kantons Basel- Stadt. Gleichzeitig stellte er beim Strafgericht Basel-Stadt ein Gesuch um Fristwiederherstellung, wobei er erneut Einsprache erhob. Das Strafgericht leitete das Fristwiederherstellungsgesuch mit Verfügung vom 26. Juli 2019 zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft weiter.
Mit Entscheid vom 13. Januar 2020 wies das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die Beschwerde von A.________ gegen die Nichteintretensverfügung des Strafgerichts vom 11. Juli 2019 ab.

B.
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Entscheid des Appellationsgerichts vom 13. Januar 2020 sei aufzuheben und auf seine Einsprache vom 8. Juli 2019 sei einzutreten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt, er habe den Strafbefehl vom 25. April 2019 aufgrund einer Auslandsabwesenheit nicht entgegennehmen können. Der letzte Behördenkontakt wegen des Vorfalls vom 5. Juli 2018 habe acht Monate (resp. 250 Tage) vor der Zustellung des Strafbefehls stattgefunden. Aus seiner Wahrnehmung sei es am 5. Juli 2018 zu keinem Verkehrsunfall mit Sach- oder Personenschaden gekommen, was er der Kantonspolizei auch mehrfach mitgeteilt habe. Er habe von einer Erledigung der Angelegenheit ausgehen dürfen, nachdem der angeblich Geschädigte weder ihm noch seiner Haftpflichtversicherung gegenüber je irgendwelche Ansprüche geltend gemacht habe und - wie sich später herausgestellt habe - von der ganzen Angelegenheit ohnehin nichts mehr habe wissen wollen. Die Zustellfiktion gemäss Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
StPO gelange nicht zur Anwendung, da er mit Zustellungen nicht habe rechnen müssen.

1.2. Die Zustellung einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist, gilt am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste (Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
StPO). Die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und unter anderem dafür zu sorgen, dass ihnen behördliche Akten zugestellt werden können, welche das Verfahren betreffen (BGE 141 II 429 E. 3.1 S. 431 f.; 138 III 225 E. 3.1 S. 227 f.; Urteile 6B 110/2016 vom 27. Juli 2016 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 142 IV 286; 6B 674/2019 vom 19. September 2019 E. 1.4.2; je mit Hinweisen). Von einer verfahrensbeteiligten Person wird namentlich verlangt, dass sie für die Nachsendung ihrer an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz besorgt ist und der Behörde gegebenenfalls längere Ortsabwesenheiten mitteilt oder eine Stellvertretung ernennt (BGE 139 IV 228 E. 1.1 S. 230; Urteile 6B 110/2016 vom 27. Juli 2016 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 142 IV 286; 6B 674/2019 vom 19. September 2019 E. 1.4.2; je mit Hinweisen). Diese Obliegenheit beurteilt sich nach den konkreten Verhältnissen und dauert nicht unbeschränkt an (Urteile 6B 1052/2019 vom 4.
Dezember 2019 E. 2.2; 6B 674/2019 vom 19. September 2019 E. 1.4.3).

1.3. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.87
BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.96
und 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.96
BGG; BGE 146 IV 114 E. 2.1 S. 118, 88 E. 1.3.1 S. 91 f.). Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1 S. 92; 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 141 IV 369 E. 6.3 S. 375; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 146 IV 114 E. 2.1 S. 118, 88 E. 1.3.1 S. 92).

1.4. Zu prüfen ist, ob die Zustellfiktion im Sinne von Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
StPO vorliegend zur Anwendung gelangt und eine gültige Einsprache - unter dem Vorbehalt einer Fristwiederherstellung durch die Staatsanwaltschaft im Sinne von Art. 94
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 94 Wiederherstellung - 1 Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie die Wiederherstellung der Frist verlangen; dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft.
StPO (vgl. dazu BGE 142 IV 201 E. 2 S. 203 ff.) - im Juli 2019 folglich gar nicht mehr möglich war. Zwar war die am 8. Juli 2019 per E-Mail erfolgte Einsprache auch formungültig (vgl. Art. 354 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 354 Einsprache - 1 Gegen den Strafbefehl können bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen schriftlich Einsprache erheben:
i.V.m. Art. 110 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 110 Form - 1 Eingaben können schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Schriftliche Eingaben sind zu datieren und zu unterzeichnen.
und 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 110 Form - 1 Eingaben können schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Schriftliche Eingaben sind zu datieren und zu unterzeichnen.
StPO; BGE 142 IV 299 E. 1.1 S. 301 f.). Hätte die Einsprachefrist indes - mangels Anwendbarkeit der Zustellfiktion im Sinne von Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
StPO - erst mit der effektiven Kenntnisnahme vom Strafbefehl zu laufen begonnen, hätte der Beschwerdeführer innert der laufenden Einsprachefrist nach der formungültigen auch noch eine formgültige Einsprache einreichen können.

1.5.

1.5.1. Die Kantonspolizei Basel-Stadt verschickte im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens drei Vorladungen an den Beschwerdeführer, wobei nachgewiesenermassen die Vorladungen vom 7. und 23. Juli 2018 am 10. Juli resp. 2. August 2018 zugestellt werden konnten (angefochtener Entscheid E. 2.3.2 S. 4). Die Vorladung vom 10. Juli 2018 wurde der Kantonspolizei als "nicht abgeholt" retourniert. Die dem Beschwerdeführer zugestellten Vorladungen hielten explizit fest, dass ein polizeiliches Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Verursachens eines Verkehrsunfalls am 5. Juli 2018, um 15.00 Uhr, in Basel, V.________, eingeleitet worden sei und dieser hierzu in der Rolle als beschuldigte Person einvernommen werde. Der Beschwerdeführer nahm in seiner E-Mail an die Kantonspolizei vom 8. August 2018 Bezug auf die erhaltene Vorladung. Die Vorinstanz stellt daher willkürfrei fest, der Beschwerdeführer habe Kenntnis davon gehabt, dass gegen ihn wegen des Vorfalls vom 5. Juli 2018 ein Strafverfahren eröffnet worden war (angefochtener Entscheid E. 2.3.2 S. 4).

1.5.2. Der Beschwerdeführer leistete den Vorladungen keine Folge. Er wurde am 22. August 2018 daher in der von ihm gewünschten Form (per E-Mail) aufgefordert, bis am 10. September 2018 einen Termin für eine Befragung vorzuschlagen. Gleichzeitig erläuterte die Polizei ihm, dass die Akten auch ohne Ersteinvernahme durch die Polizei zur Weiterbearbeitung an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden, falls er innert der angesetzten Frist keine Terminvorschläge unterbreiten sollte (angefochtener Entscheid E. 2.4.2 S. 5; kant. Akten, Urk. 36). Mit E-Mail vom 3. September 2018 teilte der Beschwerdeführer der Kantonspolizei mit, er erachte eine Einvernahme nicht als zielführend (kant. Akten, Urk. 36). Der Strafbefehl erging rund acht Monate nach der E-Mail vom 22. August 2018, in welcher die Polizei nochmals auf einer Befragung beharrte, bzw. etwas mehr als sieben Monate nach der in der E-Mail vom 22. August 2018 angekündigten Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft per Mitte September 2018. Unter diesen Umständen entschied die Vorinstanz zu Recht, der Beschwerdeführer habe mit Zustellungen von behördlicher Seite rechnen müssen, weshalb die Zustellfiktion von Art. 85 Abs. 4 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
StPO greife. Damit erfolgte die am 8. Juli
2019 (per E-Mail) erhobene Einsprache verspätet.

1.5.3. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, verfängt nicht. Von vornherein unbegründet ist sein Einwand, beim Vorfall vom 5. Juli 2018 sei kein Sachschaden entstanden, da es sich dabei um eine durch nichts belegte Parteibehauptung handelt und die Frage im Übrigen im Strafverfahren hätte geklärt werden können. Der Beschwerdeführer musste sich zudem insbesondere auch angesichts seiner juristischen Ausbildung (vgl. Beschwerde Ziff. 43 S. 13) im Klaren darüber sein, dass sich das Strafverfahren wegen SVG-Delikten im Zusammenhang mit einem Strassenverkehrsunfall (d.h. Offizialdelikten, vgl. Art. 90
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
SVG und Art. 92
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 92 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt.
i.V.m. Art. 51
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 51 - 1 Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen.
SVG) nicht mit dem (stillschweigenden) Verzicht des mitbeteiligten Fahrzeugführers auf Schadenersatz oder dessen allfälliges Desinteresse am Strafverfahren erledigte. Der Beschwerdeführer musste im Falle der angekündigten Weiterleitung der Akten an die Staatsanwaltschaft daher auch den Erlass eines Strafbefehls in Betracht ziehen, zumal er sich weigerte, seinen Standpunkt im Rahmen einer förmlichen Befragung durch die Kantonspolizei in das Verfahren einzubringen.
Der Beschwerdeführer beruft sich zu Unrecht auf das Urteil 6B 674/2019 vom 19. September 2019. Entscheidend war im erwähnten Fall, dass im Anschluss an die polizeiliche Kontrolle wegen möglicher Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz, bei welcher der betroffenen Person die Eröffnung einer Strafuntersuchung in Aussicht gestellt wurde, keine behördlichen Kontakte stattfanden, der betroffenen Person insbesondere keine Termine oder Fristen für Vorladungen angesetzt oder angekündigt wurden und keinerlei Korrespondenz ausgetauscht wurde (Urteil 6B 674/2019 vom 19. September 2019 E. 1.4.3; vgl. dazu auch MATTHIAS SCHWAIBOLD, in: forumpoenale 4/2020 S. 177 ff.). Diese wusste im Zeitpunkt der erfolglosen Zustellung des Strafbefehls rund 11 Monate nach der Polizeikontrolle letztlich daher nicht, ob gegen sie im Anschluss an die Verkehrskontrolle tatsächlich ein Strafverfahren eröffnet worden war. Dem Beschwerdeführer wurde die Eröffnung eines Strafverfahrens demgegenüber nicht bloss in Aussicht gestellt, sondern er hatte Kenntnis davon, dass der Geschädigte wegen des Verkehrsunfalls vom 5. Juli 2018 Anzeige erstattet hatte, gegen ihn (den Beschwerdeführer) Ermittlungen liefen, die Polizei trotz seiner Weigerung auf seiner
Befragung beharrte und sein Fall mangels Terminvorschlägen für eine Einvernahme nach dem 10. September 2019 zur weiteren Bearbeitung an die Staatsanwaltschaft überwiesen werden wird. Abgesehen davon lag die letzte Prozesshandlung vorliegend - anders als im Urteil 6B 674/2019 vom 19. September 2019 - nicht elf, sondern lediglich acht Monate zurück. Der Beschwerdeführer kann aus dem erwähnten Bundesgerichtsurteil daher nichts zu seinen Gunsten ableiten, da dieses in einer anderen Konstellation erging.

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. September 2020

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 6B_324/2020
Datum : 07. September 2020
Publiziert : 25. September 2020
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafrecht (allgemein)
Gegenstand : Nichteintreten auf Einsprache gegen Strafbefehl (Verletzung der Verkehrsregeln usw.)


Gesetzesregister
BGG: 66 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
95 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
97 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.87
105 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.96
106
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
1    Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an.
2    Es prüft die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist.
SVG: 51 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 51 - 1 Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen.
90 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
92
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 92 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt.
StPO: 85 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 85 Form der Mitteilungen und der Zustellung - 1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
94 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 94 Wiederherstellung - 1 Hat eine Partei eine Frist versäumt und würde ihr daraus ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, so kann sie die Wiederherstellung der Frist verlangen; dabei hat sie glaubhaft zu machen, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft.
110 
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 110 Form - 1 Eingaben können schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Schriftliche Eingaben sind zu datieren und zu unterzeichnen.
354
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 354 Einsprache - 1 Gegen den Strafbefehl können bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen schriftlich Einsprache erheben:
BGE Register
138-III-225 • 139-IV-228 • 141-II-429 • 141-IV-369 • 142-IV-201 • 142-IV-286 • 142-IV-299 • 143-IV-241 • 146-IV-114 • 146-IV-88
Weitere Urteile ab 2000
6B_1052/2019 • 6B_110/2016 • 6B_324/2020 • 6B_674/2019
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
strafbefehl • basel-stadt • e-mail • strafgericht • monat • vorinstanz • bundesgericht • verkehrsunfall • verfahrensbeteiligter • kenntnis • strafuntersuchung • tag • fristwiederherstellung • sachverhaltsfeststellung • gerichtskosten • verletzung der verkehrsregeln • betroffene person • frist • termin • entscheid
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