Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B 320/2010

Urteil vom 7. Juni 2010
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Favre, Präsident,
Bundesrichter Wiprächtiger,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Giuseppe Dell'Olivo-Wyss,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Missachtung des Vortrittsrechts; Grundsatz in dubio pro reo; Anklageprinzip,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 17. Februar 2010.

Sachverhalt:

A.
A.________ überquerte am 26. Oktober 2007 auf einem Fussgängerstreifen die Zentralstrasse beim Verkehrskreisel Zentral- / Bahnhofstrasse in Wettingen. X.________ wird zur Last gelegt, mit seinem Personenwagen im Schritttempo auf ihn zugefahren zu sein und ihn leicht touchiert zu haben.

B.
Das Gerichtspräsidium Baden sprach X.________ mit Urteil vom 29. April 2009 schuldig der einfachen Verkehrsregelverletzung durch Nichtgewähren des Vortritts auf Fussgängerstreifen. Es bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 100.--. Die von X.________ dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 17. Februar 2010 ab.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sowie der Entscheid des Gerichtspräsidiums Baden seien aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der einfachen Verkehrsregelverletzung freizusprechen bzw. es sei das Verfahren einzustellen.

D.
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt.

Erwägungen:

1.
Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung des Urteils des Gerichtspräsidiums Baden vom 29. April 2009 verlangt, wendet er sich nicht gegen den letztinstanzlichen Entscheid. Auf die Beschwerde ist in diesem Punkt nicht einzutreten, denn Anfechtungsobjekt bildet einzig das kantonal letztinstanzliche Urteil der Vorinstanz vom 17. Februar 2010 (Art. 80 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 80 Vorinstanzen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.49
1    Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und gegen Entscheide der Beschwerdekammer und der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts.49
2    Die Kantone setzen als letzte kantonale Instanzen obere Gerichte ein. Diese entscheiden als Rechtsmittelinstanzen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen nach der Strafprozessordnung (StPO)50 ein oberes Gericht oder ein Zwangsmassnahmengericht als einzige kantonale Instanz entscheidet.51
BGG).

2.
2.1 Der Beschwerdeführer sieht das Anklageprinzip verletzt. Laut Strafbefehl des Bezirksamts Baden vom 22. April 2008 werde ihm vorgeworfen, am 26. Oktober 2007 um 16.36 Uhr einem Fussgänger den Vortritt auf einem Fussgängerstreifen nicht gewährt zu haben. Demgegenüber lege ihm die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau zur Last, die fragliche Verkehrsregelverletzung zwischen 16.36 und 20.00 Uhr begangen zu haben. Aufgrund dieser Ausdehnung der Tatzeit sei es ihm nicht mehr möglich, seine Verteidigungsrechte genügend wahrzunehmen (Beschwerde S. 4 ff.).

2.2 Nach dem aus Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
und Art. 32 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV sowie aus Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
und Ziff. 3 lit. a und b EMRK abgeleiteten Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Das Anklageprinzip bezweckt zugleich den Schutz der Verteidigungsrechte der angeschuldigten Person und dient dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion). Nach Art. 6 Ziff. 3 lit. a
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK hat die angeschuldigte Person Anspruch darauf, in möglichst kurzer Frist über die Art und den Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden. Das Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden, nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (BGE 133 IV 235 E. 6.3 S. 245 mit Hinweisen). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV) verlangt, dass der beschuldigten Person eine für sie nachteilige Änderung des Prozessthemas mitgeteilt und ihr Gelegenheit geboten wird, sich dagegen zu verteidigen (Robert Hauser und andere, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005,
§ 50 Rz. 19).

2.3 Im Strafbefehl des Bezirksamts Baden vom 22. April 2008, der am 19. November 2008 in Anwendung von § 197 Abs. 4 des Gesetzes [des Kantons Aargau] vom 11. November 1958 über die Strafrechtspflege (StPO; SAR 251.100) dem Bezirksgericht Baden überwiesen wurde, sind der Lebenssachverhalt und das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Delikt in sachlicher und örtlicher Hinsicht hinreichend konkretisiert. Dass die Zeitangaben von der Staatsanwaltschaft am 2. Dezember 2008 abgeändert wurden (von ursprünglich 16.36 Uhr auf 16.36 bis 20.00 Uhr), ändert an der genügenden Konkretisierung des Tatvorwurfs nichts. Nach den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz ist unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion des Anklageprinzips massgebend, dass die angeklagte Person genau weiss, was ihr angelastet wird, damit sie ihre Verteidigungsrechte angemessen ausüben kann. Ungenauigkeiten in den Zeitangaben sind solange nicht von entscheidender Bedeutung, als für die beschuldigte Person keine Zweifel darüber bestehen können, welches Verhalten ihr vorgeworfen wird (Urteil 6B 684/2007 vom 26. Februar 2008 E. 3.4 mit Hinweisen). Für den Beschwerdeführer war ohne Weiteres ersichtlich, welcher Vorfall Gegenstand der Anklage bildet. Zudem wurde ihm die
zeitliche Korrektur des Geschehens vorgängig, d.h. vor dem erstinstanzlichen Gerichtsverfahren, bekannt gegeben. Er hat sich denn auch diesbezüglich bereits vor dem Bezirksamt Baden, dem Gerichtspräsidium Baden und der Vorinstanz wiederholt geäussert. Dass und inwiefern ihm eine wirksame Verteidigung nicht möglich gewesen sein sollte, ist unter dem Gesichtspunkt des Anklagegrundsatzes nicht ersichtlich.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz die Verletzung der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV und Art. 6 Ziff. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK) vor.

3.2 Aus der in Art. 32 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV und Art. 6 Ziff. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK verankerten Unschuldsvermutung wird die Rechtsregel "in dubio pro reo" abgeleitet. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache der Anklagebehörde ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen, und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Dies prüft das Bundesgericht mit freier Kognition. Als Beweiswürdigungsregel besagt sie, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern dieser Grundsatz verletzt sein soll, prüft das Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür, das heisst, es greift nur ein, wenn das Sachgericht die beschuldigte Person verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche beziehungsweise schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel an deren Schuld fortbestehen. Bloss abstrakte und theoretische Zweifel sind nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann (BGE 127 I 38 E. 2a S. 40 f. mit Hinweisen).

3.3 Die erste Instanz, auf deren Erwägungen die Vorinstanz verweist, befindet die Zeugenaussagen von A.________ als detailliert und in sich stimmig. Sie erwägt, es sei unwahrscheinlich, dass der Zeuge den Beschwerdeführer wissentlich oder irrtümlich falsch belaste. Gleichzeitig lässt die erste Instanz die Ausführungen des Beschwerdeführers in ihre Beweiswürdigung einfliessen. Sie zeigt verschiedene Widersprüche in seinen Schilderungen auf. Beispielsweise habe der Beschwerdeführer anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 6. Februar 2008 eingeräumt, der Zentralstrasse entlanggefahren zu sein, während er anlässlich der Gerichtsverhandlung ausgeführt habe, die Bahnhofstrasse hinuntergefahren zu sein. Auch seien seine Schilderungen, in welche Richtung A.________ unterwegs gewesen sein soll, widersprüchlich, indem er ausgeführt habe, A.________ habe die Zentralstrasse respektive die Bahnhofstrasse überquert. Die Beschreibung, dass er die Bahnhofstrasse befahren habe und A.________ von der "Limmat-Seite" (und somit grob geschildert von Süden) her die Bahnhofstrasse überquert habe, sei zudem in sich widersprüchlich, da diese von Norden nach Süden verlaufe. Der Beschwerdeführer habe im Übrigen eingeräumt, von 17.25 bis 17.35 Uhr mit
seinem Fahrzeug in den Tägipark gefahren zu sein, der sich in einer Distanz von rund 600 Metern zum Tatort befinde. Endlich sei auch wenig glaubhaft, wenn der Beschwerdeführer sich anlässlich der Gerichtsverhandlung vom 29. April 2009 nicht mehr an die in der fraglichen Zeit gefahrene Strecke habe erinnern können, um kurz darauf in derselben Befragung eine detaillierte und (unter Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens und der zurückgelegten Distanz) wenig plausible Route zu schildern, welche nicht am besagten Verkehrskreisel Zentral- / Bahnhofstrasse vorbeiführe (angefochtenes Urteil S. 6 und erstinstanzlicher Entscheid S. 16 ff.).

3.4 Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass er über klare Entlastungsbeweise verfüge. Er verweist auf einen Telefonauszug sowie auf eine Quittung eines Coop-Restaurants im Tägipark. Offensichtlich unzutreffend sind seine Ausführungen, wonach aus dem Auszug hervorgehe, dass er um 16.36 Uhr verschiedene Telefongespräche geführt habe (Beschwerde S. 9). Vielmehr geht aus dem entsprechenden Beleg einzig hervor, dass unter anderem von 16.14 bis 16.24 Uhr sowie (erst wieder) ab 16.52 Uhr Gespräche geführt wurden (erstinstanzliche Akten pag. 16). Im Übrigen wiederholt der Beschwerdeführer lediglich die im kantonalen Verfahren vorgetragenen Tatsachenbehauptungen. Er legt einzig dar, wie die genannten Urkunden und seine Aussagen anlässlich der Befragungen vom 6. Februar 2008 und 29. April 2009 seiner Auffassung nach richtigerweise zu würdigen gewesen wären. Diese appellatorische Kritik vermag keine Willkür und keine Verletzung der Unschuldsvermutung darzutun. Insbesondere stellt er den erstinstanzlichen Erwägungen, wonach die im Tägipark um 17.37 Uhr ausgestellte Quittung nicht im Widerspruch stehe zum Vorwurf, wenige Minuten vor 17.35 Uhr den nahe gelegenen Kreisel Zentral- / Bahnhofstrasse befahren zu haben, lediglich seine eigene
Sichtweise gegenüber. Dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung im Ergebnis willkürlich sein sollte, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, und solches ist auch nicht ersichtlich (vgl. zum Begriff der Willkür BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4 f. mit Hinweisen).

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der aus dem Grundsatz "in dubio pro reo" abgeleiteten Beweislastregel vorbringt (Beschwerde S. 13 f.), ist seine Rüge unbegründet. Die Vorinstanz würdigt die von ihm eingereichte Quittung und gelangt zur Überzeugung, dass diese seine Anwesenheit am Tatort kurz vor 17.35 Uhr nicht ausschliesse. Sie würdigt im Übrigen die Zeugenaussagen sowie die Aussagen des Beschwerdeführers. Damit hält sie im Ergebnis fest, dass der Beschwerdeführer zu den für ihn ungünstigen Beweisergebnissen keine plausiblen entlastenden Umstände vorzubringen vermag. Dies ist verfassungs- und konventionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorinstanz stützt den Schuldspruch nicht auf den Vorwurf, der Beschwerdeführer habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Mithin überbindet sie ihm offenkundig weder die Beweislast noch nimmt sie an, er müsse seine Unschuld beweisen.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Juni 2010

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Favre Faga
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 6B_320/2010
Date : 07. Juni 2010
Published : 25. Juni 2010
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Straftaten
Subject : Missachtung des Vortrittsrechts; Grundsatz in dubio pro reo ; Anklageprinzip


Legislation register
BGG: 66  80
BV: 29  32
EMRK: 6
BGE-register
127-I-38 • 133-IV-235 • 135-V-2
Weitere Urteile ab 2000
6B_320/2010 • 6B_684/2007
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