Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B 1024/2018
Urteil vom 7. Februar 2019
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber Reut.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin MLaw Sarah Nobs,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510 Frauenfeld,
2. X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Andres Thürlimann,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Einstellung des Strafverfahrens (Mord, eventuell vorsätzliche Tötung, Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord),
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 6. September 2018 (SW.2018.65).
Sachverhalt:
A.
B.________ nahm am 2. Oktober 2017 in Anwesenheit von X.________, einer Freitodbegleiterin der Sterbehilfeorganisation Y.________, sowie drei weiteren Personen 15 g Natrium-Pentobarbital ein, worauf sie kurze Zeit später verstarb. Nachdem der getrennt lebende Ehegatte der Verstorbenen, A.________, Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet hatte, eröffnete die Staatsanwaltschaft am 15. Dezember 2017 eine Strafuntersuchung gegen X.________. Am 20. Juni 2018 verfügte die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens.
B.
Die dagegen von A.________ am 2. Juli 2018 erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Thurgau am 6. September 2018 ab.
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und stattdessen sei die Sache zur Durchführung einer Strafuntersuchung und Anklageerhebung an die Staatsanwaltschaft bzw. an die Vorinstanz zur Neufestsetzung der Kosten- und Entschädigungsfolgen zurückzuweisen.
Erwägungen:
1.
1.1. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse zuerkannt, wenn sie im kantonalen Verfahren adhäsionsweise Zivilansprüche geltend gemacht hat und der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung dieser Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; vgl. BGE 143 IV 434 E. 1.2.3 S. 439). Nach der Rechtsprechung muss die Privatklägerschaft die Zivilansprüche im Untersuchungsverfahren noch nicht (adhäsionsweise) geltend gemacht haben, damit sie zur Beschwerde gegen definitive Einstellungen befugt ist. Sie hat allerdings darzulegen, aus welchen Gründen sich die angefochtene Einstellung inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; 138 IV 86 E. 3 S. 88; 137 IV 246 E. 1.3.1 S. 248; je mit Hinweisen).
1.2. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um den Ehemann der Verstorbenen. Als nahem Angehörigen ist ihm in einer Strafuntersuchung wegen eines Tötungsdelikts grundsätzlich Opfereigenschaft zuzuerkennen (Art. 116 Abs. 2 StPO; Art. 1 Abs. 2 OHG [SR 312.5]). Er beansprucht sinngemäss Genugtuung für die Tötung seiner Ehegattin (vgl. Art. 47 OR). Dass sich der angefochtene Entscheid auf seine Zivilforderungen auswirkt, liegt klar zutage (vgl. BGE 138 IV 186 E. 1.4.2 S. 189 f.). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verfahrenseinstellung. Er beanstandet die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts und rügt eine Verletzung von Art. 319 Abs. 1 i.V.m. Art. 324 Abs. 1 StPO.
2.1. Die Staatsanwaltschaft verfügt nach Art. 319 Abs. 1 StPO unter anderem die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), kein Straftatbestand erfüllt ist (lit. b) oder Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen (lit. c). Der Entscheid über die Einstellung eines Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz "in dubio pro duriore" zu richten. Er bedeutet, dass eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit bzw. offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen angeordnet werden darf. Hingegen ist, sofern die Erledigung mit einem Strafbefehl nicht in Frage kommt, Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Ist ein Freispruch genauso wahrscheinlich wie eine Verurteilung, drängt sich in der Regel, insbesondere bei schweren Delikten, eine Anklageerhebung auf. Auf eine Anklageerhebung kann verzichtet werden, wenn eine Verurteilung unter Einbezug der gesamten Umstände aus anderen Gründen als von vornherein unwahrscheinlich erscheint (BGE 143 IV 241 E. 2.2.1 f. S. 243; 138 IV 186 E. 4.1 S. 190; je mit Hinweisen).
Art. 97 Abs. 1 BGG gelangt auch bei Beschwerden gegen eine Einstellung des Strafverfahrens zur Anwendung. Die Staatsanwaltschaft und die Beschwerdeinstanz dürfen der Beweiswürdigung durch das Sachgericht bei einer unklaren Beweislage nicht vorgreifen. Das Bundesgericht prüft bei der Willkürkognition nach Art. 97 Abs. 1 BGG im Rahmen einer Beschwerde gegen eine Einstellung daher nicht wie beispielsweise bei einem Schuldspruch, ob die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen willkürlich sind, sondern, ob die Vorinstanz willkürlich von einer "klaren Beweislage" ausging oder gewisse Tatsachen willkürlich für "klar erstellt" annahm. Dies ist der Fall, wenn offensichtlich nicht gesagt werden kann, es liege ein klarer Sachverhalt vor bzw. wenn ein solcher Schluss schlechterdings unhaltbar ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.2 S. 244 f.).
2.2. Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord sind nur strafbar, wenn der Täter aus selbstsüchtigen Beweggründen handelt und der Selbstmord zumindest versucht wurde (Art. 115
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
vorsätzliche oder fahrlässige - Tötung in mittelbarer Täterschaft unter Verwendung des Opfers als schuldloses Tatwerkzeug anzusehen (Urteil 6B 48/2009 vom 11. Juni 2009 E. 2.1 mit Hinweisen).
2.3. Die Vorinstanz stützt sich in Bezug auf die Frage, ob die Verstorbene selbstbestimmt und ernsthaft entschieden hat, ihr Leben beenden zu wollen, insbesondere auf die Beurteilung zweier Fachärzte. Diese attestierten der Verstorbenen zwei bzw. fünf Wochen vor dem Suizid Urteilsfähigkeit. Mit der Argumentation des Beschwerdeführers, wonach der langjährige Hausarzt Dr. med. C.________ bei der Verstorbenen zu einer anderen Beurteilung gekommen sei, setzt sich die Vorinstanz nachvollziehbar auseinander. Dr. med. C.________ sei ein Arzt für Allgemeine Innere Medizin, welcher die Verstorbene im Zusammenhang mit einer Wundbehandlung zuletzt fünf Monate vor dem Suizid gesehen habe. Demgegenüber lägen zeitnahe Einschätzungen von zwei Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie vor (Entscheid E. 6b S. 10 f.). Das Gutachten von Dr. med. D.________ wurde zwar im Rahmen eines laufenden Verfahrens vor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Bezirke Winterthur und Andelfingen erstellt. Gleichwohl äussert es sich zur Meinungsbildung der Verstorbenen in medizinischen Belangen. Gemäss den Erwägungen in der laut Vorinstanz überzeugenden und in jeder Hinsicht zutreffenden Einstellungsverfügung soll Dr. med. D.________ ausserdem mit der
Verstorbenen auch über die Sterbehilfeorganisation Y.________ gesprochen haben. Er sei sich sicher gewesen, dass sie ihrem Leben aus freien Stücken ein Ende habe setzen wollen (Entscheid E. 3a S. 6). Die Vorinstanz durfte unter diesen Umständen hinsichtlich der konkreten Selbsttötungshandlung willkürfrei von einer erhaltenen Urteilsfähigkeit ausgehen. Dass sie dabei die Aussagen des Hausarztes und des Beschwerdeführers, die beide die Urteilsfähigkeit in Zweifel zogen, sowie die vom Beschwerdeführer behauptete Beeinflussung durch eine möglicherweise am Erbe beteiligte Nichte nicht ausdrücklich berücksichtigte, ist angesichts der klaren fachärztlichen Schlussfolgerungen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durfte schliesslich auch einer von der Beschwerdegegnerin 2 verfassten E-Mail keine der Verurteilung dienende Beweisbedeutung beigemessen werden. Zwar bezeichnete die Beschwerdegegnerin 2 die Freitodbegleitung in jener E-Mail als "heikel". Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich indes ohne Weiteres, dass die Beschwerdegegnerin 2 nicht die Beurteilung des Sterbewunsches bzw. der Urteilsfähigkeit der Verstorbenen infrage stellte, sondern damit rechnete, dass der Beschwerdeführer rechtlich gegen sie bzw.
die Sterbehilfeorganisation Y.________ vorgehen werde (vgl. Einstellungsverfügung S. 11; kant. Akten E/10).
2.4. Die Vorinstanz durfte nach dem Dargelegten ohne in Willkür zu verfallen von einer klaren Beweislage ausgehen. Die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Einschätzung, dass eine Verurteilung der Beschwerdegegnerin 2 von vornherein als unwahrscheinlich erscheine, ist nicht zu beanstanden. Die Einstellung der Strafuntersuchung hält vor Bundesrecht stand.
3.
Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 29 Abs. 2
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
3.1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt, dass die Behörde die Argumente und Verfahrensanträge des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 143 III 65 E. 5.2 S. 70 f.; 140 I 99 E. 3.4 S. 102 f.; 136 V 351 E. 4.2 S. 355; je mit Hinweisen). Die Ablehnung von Beweisanträgen durch die Staatsanwaltschaft ist in der Regel nicht anfechtbar (Art. 318 Abs. 2
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
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uneingeschränkt überprüft (BGE 142 II 218 E. 2.8.1 S. 226 f.; 141 V 557 E. 3.1 S. 564; 132 V 387 E. 5.1 S. 390; je mit Hinweisen).
3.2. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Staatsanwaltschaft habe die Abnahme der von ihm eingereichten Audiodatei verweigert bzw. einen Beweisergänzungsantrag nicht berücksichtigt, ist er nicht zu hören. Wie sich aus den Akten ergibt, übermittelte die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers die Datei mit E-Mails vom 16. und 19. Februar 2018 der Kantonspolizei, welche ihrerseits der Staatsanwaltschaft einen USB-Stick samt zugehörigem E-Mailverkehr zustellte (kant. Akten RA2/5 ff.). Dass der Beschwerdeführer anschliessend den Antrag stellte, die Audiodatei forensisch auswerten zu lassen, ist weder dargetan noch ersichtlich. Insofern erweist sich die Rüge als unbegründet. Der Beschwerdeführer bringt im Übrigen allerdings zu Recht vor, die Vorinstanz habe sich zu seinem Beweisantrag, E.________ als Auskunftsperson zu befragen, nicht geäussert. Der angefochtene Entscheid nennt weder die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen (Art. 139 Abs. 2
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
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Bundesgericht geheilt werden, da es die Verletzung von Bundesrecht - hier Art. 139 Abs. 2
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
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4.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei der Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass sich der Beschwerdeführer i n Bezug auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs in guten Treuen zur Beschwerdeführung veranlasst sehen durfte. Es rechtfertigt sich daher, dem Beschwerdeführer lediglich eine reduzierte Entscheidgebühr aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
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SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 115 - Chiunque per motivi egoistici istiga alcuno al suicidio o gli presta aiuto è punito, se il suicidio è stato consumato o tentato, con una pena detentiva sino a cinque anni o con una pena pecuniaria160. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Der Kanton Thurgau hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 7. Februar 2019
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Reut