Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung III

C-5590/2011

Urteil vom 5. Dezember 2012

Richter Michael Peterli (Vorsitz),

Richter Francesco Parrino,
Besetzung
Richter Beat Weber,

Gerichtsschreiberin Sandra Tibis.

X._______, Serbien,

vertreten durch Rechtsanwalt Edmund Schönenberger,

Parteien Knezevac, RS-34205 Bare,

Zustelladresse: Edmund Schönenberger, Katzenrütistrasse 89, Postfach 333, 8153 Rümlang,

Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA,

Avenue Edmond-Vaucher 18, Postfach 3100,

1211 Genf 2,

Vorinstanz.

Gegenstand IV (unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren).

Sachverhalt:

A.
Der am (...) 1949 geborene, verheiratete serbische Staatsangehörige X._______ war in den Jahren 1979 bis 2005 (bis 1985 als Saisonnier) in der Schweiz erwerbstätig und entrichtete dabei Beiträge an die schweizerische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV; IV-act. 8, IVSTA-act. 47). Mit Gesuch vom 15. November 2005 (IV-act. 28) meldete sich X._______ zum Bezug einer schweizerischen Invalidenrente an. Mit Verfügung vom 5. November 2008 (IV-act. 65, IVSTA-act. 1) sprach ihm die IV-Stelle für Versicherte im Ausland (nachfolgend: IVSTA oder Vorinstanz) eine vom 1. August 2005 bis zum 31. Juli 2006 befristete halbe Invalidenrente zu. Gegen die Verfügung vom 5. November 2008 erhob X._______ mit Eingabe vom 28. November 2008 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Sache zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz. Mit Urteil vom 7. September 2010 (IVSTA-act. 11) hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde von X._______ in dem Sinne gut, dass es die angefochtene Verfügung aufhob und die Sache zwecks Durchführung einer polydisziplinären medizinischen Abklärung an die Vorinstanz zurückwies.

B.a Mit Eingabe vom 29. März 2011 (IVSTA-act. 31) beantragte X._______, vertreten durch Rechtsanwalt Edmund Schönenberger, für das wieder aufgenommene Verwaltungsverfahren die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung.

B.b Mit Verfügung vom 9. September 2011 wies die IVSTA das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im Verwaltungsverfahren ab. Zur Begründung führte sie aus, zwar sei davon auszugehen, dass X._______ bedürftig und das Verfahren nicht aussichtslos sei, hingegen sei aber für das vorliegende Verwaltungsverfahren eine anwaltliche Verbeiständung nicht notwendig.

C.
Gegen die Verfügung vom 9. September 2011 erhob X._______ (nachfolgend: Beschwerdeführer), vertreten durch Rechtsanwalt Edmund Schönenberger, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung sowohl für das Verwaltungs- als auch das Beschwerdeverfahren; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung führte er sinngemäss aus, sein Klient sei weder in sprachlicher noch in fachlicher Hinsicht in der Lage, im Verfahren vor der Vorinstanz seine Rechte rechtsgenüglich wahrzunehmen, so dass er auf anwaltliche Unterstützung angewiesen sei.

D.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 reichte die Vorinstanz beim Bundesverwaltungsgericht eine Kopie der beim Obergericht Zürich gegen den Vertreter des Beschwerdeführers eingereichte Disziplinarbeschwerde zur Kenntnisnahme ein.

E.
Mit Vernehmlassung vom 28. November 2011 beantragte die Vorinstanz die Abweisung der Beschwerde sowie das Aussprechen einer Disziplinarstrafe gegen den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers. Zur Begründung führte sie aus, die anwaltliche Vertretung sei vorliegend nicht notwendig, so dass auf eine unentgeltliche Verbeiständung zu verzichten sei. In Bezug auf die beantragte Disziplinarstrafe führte sie aus, der Vertreter des Beschwerdeführers habe sich im Beschwerdeverfahren, trotz hängiger Disziplinarbeschwerde bei der Anwaltsprüfungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich, mehrfach derart ungebührlich geäussert, so dass das Aussprechen einer Disziplinarstrafe angezeigt sei.

F.
Seine E-Mail-Eingabe vom 29. Dezember 2011 an das Obergericht Zürich sandte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zur Kenntnisnahme an das Bundesverwaltungsgericht; weiter liessen sich der Rechtsvertreter respektive der Beschwerdeführer nicht mehr vernehmen.

G.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien sowie die eingereichten Beweismittel ist - soweit für die Entscheidfindung erforderlich - in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.1 Gemäss Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) in Verbindung mit Art. 33 lit. d VGG und Art. 69 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG, SR 831.20) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden von Personen im Ausland gegen Verfügungen der IV-Stelle für Versicherte im Ausland. Eine Ausnahme im Sinne von Art. 32 VGG liegt nicht vor.

1.2 Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), soweit das VGG nichts anderes bestimmt (vgl. Art. 37 VGG). Gemäss Art. 3 lit. dbis VwVG bleiben in sozialversicherungsrechtlichen Verfahren die besonderen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG, SR 830.1) vorbehalten. Gemäss Art. 2 ATSG sind die Bestimmungen dieses Gesetzes auf die bundesgesetzlich geregelten Sozialversicherungen anwendbar, wenn und soweit die einzelnen Sozialversicherungsgesetze es vorsehen. Nach Art. 1 IVG sind die Bestimmungen des ATSG auf die Invalidenversicherung anwendbar (Art. 1a bis 70 IVG), soweit das IVG nicht ausdrücklich eine Abweichung vom ATSG vorsieht. Dabei finden nach den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln in formellrechtlicher Hinsicht mangels anderslautender Übergangsbestimmungen grundsätzlich diejenigen Rechtssätze Anwendung, welche im Zeitpunkt der Beschwerdebeurteilung Geltung haben (BGE 130 V 1 E. 3.2).

1.3 Hinsichtlich der Legitimation ist vorab festzuhalten, dass bei Auseinandersetzungen um die unentgeltliche Verbeiständung dem Rechtsvertreter bezüglich der Höhe des Honorars Parteistellung zukommt, nicht jedoch der vertretenen Partei. In Beschwerdeverfahren gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Prozessführung kommt der vertretenen Partei lediglich Parteistellung zu, sofern mit der angefochtenen Verfügung die unentgeltliche Prozessführung grundsätzlich verweigert wurde (vgl. zum Ganzen Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2009, Art. 59 Rz. 8), was vorliegend der Fall ist.

Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Verfügungen berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung, so dass er im Sinne von Art. 59 ATSG beschwerdelegitimiert ist.

1.4 Da die Beschwerde im Übrigen frist- und formgerecht (Art. 60 Abs. 1 ATSG und Art. 52 Abs. 1 VwVG) eingereicht wurde, ist darauf einzutreten.

2.1 Nach dem Zerfall der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien blieben zunächst die Bestimmungen des Abkommens vom 8. Juni 1962 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung (SR 0.831. 109.818.1; im Folgenden: Abkommen) für alle Staatsangehörigen des ehemaligen Jugoslawiens anwendbar (BGE 126 V 198 E. 2b, BGE 122 V 381 E. 1 mit Hinweis). Zwischenzeitlich hat die Schweiz mit gewissen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens (Kroatien, Slowenien, Mazedonien), nicht aber mit Serbien, neue Abkommen über Soziale Sicherheit abgeschlossen. Für den Antragsteller als serbischer Staatsangehöriger findet demnach weiterhin das schweizerisch-jugoslawische Abkommen Anwendung. Nach Art. 2 des im Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung vom 9. September 2011 anwendbaren Abkommens stehen die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten in ihren Rechten und Pflichten aus den in Art. 1 des Abkommens genannten Rechtsvorschriften, zu welchen die schweizerische Bundesgesetzgebung über die Invalidenversicherung gehört, einander gleich, soweit nichts anderes bestimmt ist. Bestimmungen, die hinsichtlich der Voraussetzungen des Anspruchs auf eine schweizerische Invalidenrente sowie der anwendbaren Verfahrensvorschriften von dem in Art. 2 des Abkommens aufgestellten Grundsatz der Gleichstellung abweichen, finden sich weder im Abkommen selbst noch in anderen, auf Serbien anwendbaren völkerrechtlichen Vereinbarungen.

Nach dem Gesagten bestimmt sich der Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im Verfahren vor der Vorinstanz nach dem schweizerischen Recht.

2.2 Nach der Rechtsprechung stellt das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verwaltungsverfügung (hier: 9. September 2011) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 129 V 1 E. 1.2 mit Hinweis).

2.3 In materiell-rechtlicher Hinsicht ist auf jene Bestimmungen abzustellen, die für die Beurteilung des Anspruchs jeweils relevant waren und in Kraft standen.

2.4 Die Beschwerdeführenden können im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss des Missbrauchs oder der Überschreitung des Ermessens, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts sowie Unangemessenheit des Entscheids rügen (Art. 49 VwVG).

3.
Nachfolgend ist zu prüfen, ob die Vorinstanz mit Verfügung vom 9. September 2011 den Anspruch des Beschwerdeführers auf unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren zu Recht verneint hat.

3.1.1 Die Vorinstanz begründete die Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Prozessführung in der angefochtenen Verfügung damit, dass vorliegend ohnehin nur medizinische Fragen zu beurteilen seien. Die Prozessarmut und die fehlende Aussichtslosigkeit seien zwar gegeben, aber eine anwaltliche Verbeiständung dränge sich nur in Ausnahmefällen auf, wenn schwierige rechtliche oder tatsächliche Fragen dies als notwendig erscheinen lassen würden und eine Verbeiständung durch Verbandsvertreter, Fürsorger oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen nicht in Betracht fielen. Der Fall weise keine besonderen Schwierigkeiten auf, so dass nach der Rückweisung der Sache durch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 7. September 2010 keine anwaltschaftliche Verbeiständung mehr notwendig gewesen sei.

3.1.2 Der Beschwerdeführer machte seinerseits geltend, die Vorinstanz habe verkannt, dass sich eine Verbeiständung als notwendig erwiesen habe, um den Rückweisungsentscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. September 2010 zu erwirken, welchen es nun im vorliegenden Verfahren zu vollstrecken gelte. Dabei seien zahlreiche medizinische Unterlagen zu sichten und Rechtsfragen zu prüfen gewesen, denen der Beschwerdeführer als Laie nicht gewachsen sei, zumal er nicht deutscher Muttersprache sei.

3.2 Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ist als Grundrecht in Art. 29 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) verankert. In Bezug auf das Sozialversicherungsverfahren, welches kostenlos ist, wurde diese Garantie in Art. 37 Abs. 4 ATSG umgesetzt. Nach dieser Bestimmung wird der gesuchstellenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt, wo die Verhältnisse es erfordern. Art. 37 Abs. 4 ATSG ist Ausfluss der heute gefestigten Lehre und Rechtsprechung, wonach der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren grundsätzlich anerkannt ist (vgl. zu dieser Entwicklung Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2009, Art. 37 Rz. 17 ff.; ebenso Stefan Meichssner, Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege [Art. 29 Abs. 3 BV], Basel 2008, S. 61 f.).

Die unentgeltliche Verbeiständung im Sozialversicherungsverfahren ist grundsätzlich nur ausnahmsweise zu gewähren, und an die Voraussetzungen der sachlichen Notwendigkeit ist - insbesondere auch mit Blick auf die Offizialmaxime - ein strenger Massstab anzulegen (Urteile des Bundesgerichts [BGer] I 746/06 vom 8. November 2006 E. 3.1 und I 812/05 vom 24. Januar 2006 E. 4.2 mit Hinweisen). Nach Lehre und Rechtsprechung soll die Formulierung "Wo die Verhältnisse es erfordern" der Absicht des Gesetzgebers Ausdruck verleihen, wonach an die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung im Verwaltungsverfahren höhere Anforderungen zu stellen sind als im Beschwerdeverfahren, da ein Beschwerdeverfahren in der Regel komplexer ist als ein Verwaltungsverfahren. Die Komplexität des Verfahrens bildet somit ein entscheidendes Element für die Beurteilung der Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung. Je nach Stadium des Verfahrens oder nach Verfahrenskonstellation kann die Vertretung auch im erstinstanzlichen Verfahren geboten sein, insbesondere im Fall einer Rentenrevision oder wenn sich ein Verwaltungsverfahren an eine Rückweisung durch eine Gerichtsbehörde anschliesst (vgl. BGE 132 V 200 E. 4.1, BGE 125 V 32 E. 2 und 4b; Ueli Kieser, a.a.O., Art. 37 Rz. 22 f.). Die Komplexität der zu lösenden Fragen ist jedoch nicht absolut, sondern in Abhängigkeit von den Fähigkeiten der betroffenen Person zu beurteilen. Massgebend ist auch die Frage, ob die Vertretung durch einen Sozialarbeiter oder durch Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen in Betracht kommt (BGE 132 V 200 E. 4.1). Schliesslich kann eine unentgeltliche Vertretung im Verwaltungsverfahren auch erforderlich sein, wenn ein besonders starker Eingriff in die Rechtsstellung der betroffenen Partei droht (Urteil des BGer 2P.234/2006 vom 14. Dezember 2006 E. 3.2 und 3.3; BGE 125 V 32 E. 4b; Ueli Kieser, a.a.O., Art. 37 Rz. 23).

3.3 Im vorliegenden Fall wird die unentgeltliche Verbeiständung für ein Verfahren beantragt, welches auf Anordnung des Bundesverwaltungsgerichts ergänzend durchgeführt wurde (vgl. Urteil C-7640/2008 vom 7. September 2010). Das Bundesverwaltungsgericht wies die Sache mit der Begründung an die IVSTA zurück, der rechtserhebliche Sachverhalt sei unvollständig festgestellt worden und es sei nach Durchführung einer polydisziplinären Begutachtung über den Rentenanspruch neu zu verfügen.

Die Begründung der Vorinstanz, die Abklärung von medizinischen Fragen, welche von Amtes wegen den Ärzten obliege, mache einen unentgeltlichen Rechtsbeistand entbehrlich, trifft in dieser Absolutheit nicht zu. Nach der Rechtsprechung rechtfertigt die Offizialmaxime lediglich, an die Voraussetzungen, unter denen eine anwaltliche Verbeiständung sachlich geboten ist, einen strengen Massstab anzulegen (vgl. Urteil des BGer I 746/06 vom 8. November 2006 E. 3.1). Jedoch kann aus dem Umstand allein, dass in einem Verfahren die Offizialmaxime gilt, nicht auf fehlende Notwendigkeit der Vertretung geschlossen werden (vgl. Urteil des BGer 2P.234/2006 vom 14. Dezember 2006 E. 3.4; BGE 130 I 180 E. 3.1). Auch wenn die Offizialmaxime für die betroffene Partei im Vergleich zur Dispositionsmaxime komfortabler ist, bedeutet dies nicht, dass ein sozialversicherungsrechtliches Verfahren deswegen leicht zu durchschauen wäre, zumal wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um ein Verwaltungsverfahren nach einer Rückweisung handelt, in welchem ergänzende medizinische Begutachtungen durchzuführen sind. In der Literatur wird zu Recht darauf hingewiesen, dass von der Offizialmaxime beherrschte Verfahren für juristisch ungebildete Personen kaum einfacher zu verstehen seien, zumal Letzteren eine mitunter umfassende Mitwirkungspflicht obliege und sie nicht vor Fehlleistungen der Behörden gefeit seien (vgl. Stefan Meichssner, a.a.O., S. 131).

Sowohl die Verfahrenskonstellation der ergänzenden Begutachtung nach Rückweisung durch das Bundesverwaltungsgericht als auch die Schwierigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Fragen sprechen für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung. Schliesslich ist festzuhalten, dass die drohende Einstellung respektive Befristung der Invalidenrente die Rechtsstellung des Beschwerdeführers stark berührt. Somit ist auch unter diesem Gesichtspunkt die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung zu bejahen. Nach dem Gesagten sind somit die besonderen Voraussetzungen für die ausnahmsweise Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im Verwaltungsverfahren im vorliegenden Fall erfüllt. Die Vorinstanz hat das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung zu Unrecht abgewiesen, zumal auch die weiteren Voraussetzungen (fehlende Aussichtslosigkeit und Bedürftigkeit) unbestrittenermassen gegeben sind, weshalb die vorliegende Beschwerde in dieser Hinsicht gutzuheissen ist. Demzufolge hätte die Vorinstanz im Verwaltungsverfahren dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine angemessene Entschädigung bezahlen müssen, wozu sie vorliegend aufzufordern ist.

4.
Mit Vernehmlassung vom 28. November 2011 beantragte die IVSTA, gegenüber dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sei eine Disziplinarstrafe gemäss Art. 60 VwVG auszusprechen.

4.1 Gemäss Art. 60 Abs. 1 VwVG kann die Beschwerdeinstanz Parteien oder deren Vertreter, die den Anstand verletzen oder den Geschäftsgang stören, mit Verweis oder mit Ordnungsbusse bis zu 500 Franken bestrafen. Diese Bestimmung dient der Durchsetzung der Verfahrensdisziplin im Beschwerdeverfahren. Sie soll sicherstellen, dass vor dem Gericht eine sachliche, verfahrensbezogene Auseinandersetzung geführt wird. Entscheidrelevante Vorwürfe sollen nicht unnötig verletzend, sondern mit dem durch die Sache gebotenen Anstand vorgebracht werden. Als ungebührlich gelten insbesondere Ausführungen, die geeignet sind, die Würde eines Menschen zu verletzen, indem sie etwa persönliche, verleumderische, beleidigende oder ehrverletzende Verunglimpfungen einer Gegenpartei enthalten (Urteile des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer] A 372/2012 vom 25. Mai 2012 E. 3 und A-1454/2006 vom 26. September 2007 E. 1.5.1). Dabei wird die Grenze des noch Zulässigen nicht erst mit der Strafbarkeit des Verhaltens, zum Beispiel wegen Ehrverletzung, überschritten (Philippe Weissenberger, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], VwVG Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Zürich/Basel/Genf 2009, Rz. 27 zu Art. 60 ). Eine Disziplinierung nach Art. 60 VwVG setzt voraus, dass die Verfehlungen während eines hängigen Beschwerdeverfahrens (lite pendente) begangen wurden. Die Tathandlung muss nicht unmittelbar im Rahmen des Geschäftsverkehrs mit der Beschwerdeinstanz begangen werden. Es genügt, wenn sie während eines laufenden Verfahrens erfolgt und sich auf dieses bezieht beziehungsweise auswirkt, etwa bei grob abschätzigen Äusserungen über die Verfahrensbeteiligten oder die Beschwerdebehörde vor den Medien oder im Internet (Philippe Weissenberger, a.a.O., Rz. 17 und 25 zu Art. 60).

4.2 In der vorliegend zu beurteilenden Beschwerde, auf welche sich die Vorinstanz mit ihrem Antrag bezieht, lässt der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter mit Bezug auf die Vorinstanz Folgendes ausführen: "Man greift sich an den Kopf und fragt, ob hier eine geistige Umnachtung, Amtsmissbrauch oder die Kumulation von beidem im Spiel ist." Ferner führte er aus: "Der Redaktor dieser Begründung scheint von einer Leseschwäche befallen zu sein." Und schliesslich bezeichnete er die Mitarbeitenden der Vorinstanz als "Schreibtischtäter". Diese Äusserungen sind nicht ohne Weiteres als unproblematisch einzustufen, sondern liegen zweifellos bereits im Grenzbereich des noch Tolerierbaren, da sie unnötig verletzend und unsachlich verstanden werden könnten. Insbesondere mit Blick auf den Umstand, dass es der Rechtsvertreter und nicht der (persönlich betroffene und deshalb möglicherweise emotional reagierende) Beschwerdeführer ist, der diese Aussagen machte, ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass sich solche Aussagen zwar an der Grenze des Anstands bewegen, jedoch vorliegend von der Auferlegung einer Ordnungsbusse abzusehen ist, obschon es sich nicht um eine erstmalige Verfehlung im Rahmen eines Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht handelt (vgl. das Verfahren des BVGer C 1990/2011 und das Urteil des BVGer C 2096/2006 vom 5. März 2007 E. 3.3). Ferner ist vorliegend über allfällige Verfehlungen im Vorverfahren oder in anderen Verfahren nicht zu entscheiden, da die Äusserungen nicht während des hängigen Beschwerdeverfahrens erfolgten respektive kein direkter Zusammenhang zum vorliegenden Verfahren besteht. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist aber darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht künftig solche Äusserungen nicht mehr tolerieren und entsprechend sanktionieren wird.

4.3 Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Beschwerde gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben ist. Die Vorinstanz ist aufzufordern, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das Verwaltungsverfahren eine angemessene Entschädigung zuzusprechen. Der Antrag der Vorinstanz auf Aussprache einer Disziplinarstrafe gegenüber dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist abzuweisen.

5.
Nachfolgend ist über allfällige Verfahrenskosten sowie Parteientschädigungen zu befinden.

5.1 Streitigkeiten im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege unterliegen grundsätzlich nicht der Kostenpflicht, weshalb keine Gerichtskosten zu erheben sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts I 30/03 vom 22. Mai 2003 E. 7; SVR 2002 ALV Nr. 3 E. 5).

5.2 Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere notwendige Auslagen der Partei (Art. 8
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 8 Parteientschädigung
1    Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere Auslagen der Partei.
2    Unnötiger Aufwand wird nicht entschädigt.
VGKE). Der Beschwerdeführer ist im vorliegenden Verfahren anwaltlich vertreten. Ihm ist daher unter Berücksichtigung des Prozessausgangs zu Lasten der IVSTA eine Parteientschädigung für die ihm entstandenen notwendigen Kosten zuzusprechen. Da keine Kostennote eingereicht wurde, ist die Parteientschädigung aufgrund der Akten festzusetzen (Art. 14 Abs. 2
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 14 Festsetzung der Parteientschädigung
1    Die Parteien, die Anspruch auf Parteientschädigung erheben, und die amtlich bestellten Anwälte und Anwältinnen haben dem Gericht vor dem Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen.
2    Das Gericht setzt die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtlich bestellten Anwälte und Anwältinnen auf Grund der Kostennote fest. Wird keine Kostennote eingereicht, so setzt das Gericht die Entschädigung auf Grund der Akten fest.
VGKE). Eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 500.-- erscheint unter Berücksichtigung des angefallenen und gebotenen Aufwandes angemessen.

5.3 Der Antrag auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das vorliegende Verfahren ist zufolge Obsiegen des Beschwerdeführers als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, und die Verfügung vom 9. September 2011 wird aufgehoben. Die Vorinstanz wird aufgefordert, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das Verwaltungsverfahren eine angemessene Entschädigung zuzusprechen.

2.
Der Antrag der Vorinstanz auf Aussprache einer Disziplinarstrafe gegen den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

4.
Dem Beschwerdeführer wird für das vorliegende Verfahren eine Parteientschädigung zu Lasten der IVSTA in der Höhe von Fr. 500.-- zugesprochen, und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

5.
Dieses Urteil geht an:

- den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. ...)

- das Bundesamt für Sozialversicherungen

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Michael Peterli Sandra Tibis

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 14 Festsetzung der Parteientschädigung
1    Die Parteien, die Anspruch auf Parteientschädigung erheben, und die amtlich bestellten Anwälte und Anwältinnen haben dem Gericht vor dem Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen.
2    Das Gericht setzt die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtlich bestellten Anwälte und Anwältinnen auf Grund der Kostennote fest. Wird keine Kostennote eingereicht, so setzt das Gericht die Entschädigung auf Grund der Akten fest.
., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 14 Festsetzung der Parteientschädigung
1    Die Parteien, die Anspruch auf Parteientschädigung erheben, und die amtlich bestellten Anwälte und Anwältinnen haben dem Gericht vor dem Entscheid eine detaillierte Kostennote einzureichen.
2    Das Gericht setzt die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtlich bestellten Anwälte und Anwältinnen auf Grund der Kostennote fest. Wird keine Kostennote eingereicht, so setzt das Gericht die Entschädigung auf Grund der Akten fest.
BGG).

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Decision information   •   DEFRITEN
Document : C-5590/2011
Date : 05. Dezember 2012
Published : 18. Dezember 2012
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Sozialversicherung
Subject : IV (unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren)


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ATSG: 2  37  59  60
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VGKE: 7  8  14
VwVG: 3  49  52  60  64
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