Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6F 11/2022
Urteil vom 4. Juli 2022
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Gesuchsteller,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Postfach 1201, 6431 Schwyz,
Gesuchsgegnerin,
Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer, Kollegiumstrasse 28, 6430 Schwyz.
Gegenstand
Gesuch um Fristwiederherstellung gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 9. März 2022 (6B 54/2022),
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht trat am 9. März 2022 auf die am 17. Januar 2022 (Poststempel) vom damaligen Beschwerdeführer eingereichte Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 13. Dezember 2021 gestützt auf Art. 62 Abs. 3

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 62 Sicherstellung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung - 1 Die Partei, die das Bundesgericht anruft, hat einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten zu leisten. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden. |
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1 | Die Partei, die das Bundesgericht anruft, hat einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten zu leisten. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden. |
2 | Wenn die Partei in der Schweiz keinen festen Wohnsitz hat oder nachweislich zahlungsunfähig ist, kann sie auf Begehren der Gegenpartei zur Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung verpflichtet werden. |
3 | Der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin setzt zur Leistung des Kostenvorschusses oder der Sicherstellung eine angemessene Frist. Läuft diese unbenutzt ab, so setzt der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin der Partei eine Nachfrist. Wird der Kostenvorschuss oder die Sicherheit auch innert der Nachfrist nicht geleistet, so tritt das Bundesgericht auf die Eingabe nicht ein. |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 108 Einzelrichter oder Einzelrichterin - 1 Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung entscheidet im vereinfachten Verfahren über: |
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1 | Der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung entscheidet im vereinfachten Verfahren über: |
a | Nichteintreten auf offensichtlich unzulässige Beschwerden; |
b | Nichteintreten auf Beschwerden, die offensichtlich keine hinreichende Begründung (Art. 42 Abs. 2) enthalten; |
c | Nichteintreten auf querulatorische oder rechtsmissbräuchliche Beschwerden. |
2 | Er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin damit betrauen. |
3 | Die Begründung des Entscheids beschränkt sich auf eine kurze Angabe des Unzulässigkeitsgrundes. |
Mit Eingabe vom 18. März 2022 ersucht der damalige Beschwerdeführer und heutige Gesuchsteller um Wiederherstellung der versäumten Frist zur Leistung des ihm im vorangegangenen bundesgerichtlichen Verfahren auferlegten Kostenvorschusses und um Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens. Den Kostenvorschuss für das Verfahren 6B 54/2022 hat der damalige Beschwerdeführer und heutige Gesuchsteller am 14. März 2022 bezahlt.
2.
Gemäss Art. 50 Abs. 1

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 50 Wiederherstellung - 1 Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt. |
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1 | Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt. |
2 | Wiederherstellung kann auch nach Eröffnung des Urteils bewilligt werden; wird sie bewilligt, so wird das Urteil aufgehoben. |
Bedient sich die Partei zur Erfüllung der Kostenvorschusspflicht einer Erfüllungsgehilfin, so ist ihr das Verhalten der Hilfsperson wie ein eigenes zuzurechnen (Art. 101

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 101 - 1 Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.46 |
3.
Der Gesuchsteller bringt in der Sache kurz zusammengefasst im Wesentlichen vor, mit der Schweizerischen Post und der mit dieser als Partnerin handelnden B.________ AG einen E-Post-Vertrag mit Scanning Service abgeschlossen zu haben. Beim Abschluss des Auftrags habe er dem Produktebeschrieb entnehmen können, dass ihm sämtliche Post, also A-Post und eingeschriebene Post, nachgeschickt würde. Dass Gerichtsurkunden gemäss den AGB der B.________ AG davon ausgenommen seien, habe er nicht wissen können, weil ihm dies, als er das Produkt abonniert habe, nicht mitgeteilt worden sei. Die fraglichen AGB habe er nie erhalten oder gesehen; sie würden daher nicht greifen. Auch habe er mit einer solchen Sonderregelung gerade für Gerichtsurkunden nicht rechnen müssen. Die Zustellungen seien davon abgesehen nicht rechtmässig erfolgt; die Kostenvorschussverfügungen seien ihm vom Scanning Service physisch als nicht gescannte A-Post zugestellt worden. Er habe deshalb auch nicht erkennen können, dass er eine Gerichtsurkunde des Bundesgerichts erhalten habe. In seinem Vertrauen auf eine ordnungsgemässe Zustellung sei er aber zu schützen und dürfe nicht Opfer einer willkürlich gewählten, für ihn nicht voraussehbaren Versandart werden. Dass die
Kostenvorschussverfügungen als Gerichtsurkunde und nicht per A-Post oder reguläres Einschreiben zugestellt würden, habe er auch nicht erwarten müssen. Der Empfang von einer Gerichtsurkunde sei zu gewährleisten. Vorliegend gebe es nur für die erste Gerichtsurkunde eine Empfangsbestätigung, nicht jedoch für die zweite; die Nachfrist habe damit gar nicht zu laufen begonnen. Eine Wiederherstellung nicht zu gewähren, wäre vorliegend überspitzt formalistisch, weil er alle Vorkehrungen getroffen habe, um sich seine Post ins Ausland zustellen zu lassen. Es könne ihm kein Verschulden angelastet werden.
4.
Im Verfahren 6B 54/2022 wurden die Kostenvorschussverfügung vom 18. Januar 2022 und die Nachfristverfügung vom 9. Februar 2022 an die vom damaligen Beschwerdeführer im Rechtsmittel bezeichnete Adresse in der Schweiz verschickt. Das Bundesgericht versandte beide Verfügungen - wie im Inland üblich - mit Gerichtsurkunde. Dass und weshalb diese Versandart "willkürlich gewählt" oder "nicht voraussehbar" sein sollte, erschliesst sich nicht. Die beiden Verfügungen konnten zugestellt werden; den diesbezüglich Empfangsbestätigungen der Post vom 19. Januar 2022 und 10. Feburar 2022 (Ausgabedaten) können nicht nur die Zustelldaten, sondern auch Namen und Unterschrift der Empfangsperson sowie deren Beziehung zum damaligen Beschwerdeführer mit dem Vermerk "Bevollmächtigter" entnommen werden. Der heutige Gesuchsteller räumt vor Bundesgericht in seinem Gesuch selbst ein, ein Unternehmen - die B.________ AG - beauftragt zu haben, seine Post während seiner Landesabwesenheit in Empfang zu nehmen und ihm ins Ausland nachzusenden. Aus einem von ihm als Beilage eingereichten Schreiben der B.________ AG vom 17. März 2022 geht zudem hervor, dass der Gesuchsteller die Dienstleistung "ePost Scanning Service für Privatkunden" abonniert hat. Dem Schreiben
lässt sich weiter entnehmen, dass bei Bestellung des fraglichen Produkts auf der vom Kunden angegebenen Domiziladresse ein Nachsendeauftrag der Schweizerischen Post an den Scanning Partner der B.________ AG eingerichtet werde. Auch Gerichtsurkunden würden vom Nachsendeauftrag erfasst und an das Scancenter gesendet. Dort würden sie vom Scancenter entgegengenommen und gälten ab dann als zugestellt. Die entsprechenden Vollmachten dazu erteilten die Kunden vertraglich (vgl. Ziff. 7 AGB Scanning Service).
Daraus ergibt sich insgesamt, dass das Unternehmen B.________ AG durch den Gesuchsteller beauftragt wurde, seine Post und damit (auch) Gerichtsurkunden für ihn entgegenzunehmen. Die bundesgerichtlichen Verfügungen vom 18. Januar 2022 und 9. Februar 2022 sind folglich rechtsgültig und ordnungsgemäss zugestellt worden. Das beauftragte Unternehmen ist nämlich als Erfüllungsgehilfin bzw. Hilfsperson zu betrachten, deren Verhalten einschliesslich allfälliger Fehlleistungen sich der Gesuchsteller als Auftraggeber bei der Ausführung des Auftrags zurechnen lassen muss (Art. 101

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 101 - 1 Wer die Erfüllung einer Schuldpflicht oder die Ausübung eines Rechtes aus einem Schuldverhältnis, wenn auch befugterweise, durch eine Hilfsperson, wie Hausgenossen oder Arbeitnehmer vornehmen lässt, hat dem andern den Schaden zu ersetzen, den die Hilfsperson in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht.46 |
erweist sich auch der Nichteintretensentscheid 6B 54/2022 in der Sache als rechtens.
5.
Die Gerichtskosten (Art. 65

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
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1 | Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
2 | Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. |
3 | Sie beträgt in der Regel: |
a | in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 200-5000 Franken; |
b | in den übrigen Streitigkeiten 200-100 000 Franken. |
4 | Sie beträgt 200-1000 Franken und wird nicht nach dem Streitwert bemessen in Streitigkeiten: |
a | über Sozialversicherungsleistungen; |
b | über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts; |
c | aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken; |
d | nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200224. |
5 | Wenn besondere Gründe es rechtfertigen, kann das Bundesgericht bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge hinausgehen, jedoch höchstens bis zum doppelten Betrag in den Fällen von Absatz 3 und bis zu 10 000 Franken in den Fällen von Absatz 4. |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
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1 | Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |
2 | Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden. |
3 | Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht. |
4 | Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist. |
5 | Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht :
1.
Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 4. Juli 2022
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill