Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

1C 517/2018

Urteil vom 4. April 2019

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Chaix, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Fonjallaz, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Eugen David,

gegen

Gemeinde Speicher,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jörg Schoch,
Regierungsrat des Kantons Appenzell Ausserrhoden, Regierungsgebäude, 9102 Herisau.

Gegenstand
Planverfahren betr. Parzelle Nr. 1405, GB Speicher; Besetzung des Gerichts,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung,
vom 30. August und 6. September 2018 (O4V 13 15).

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG erwarb am 5. März 1983 die Parzelle Nr. 1405 im Gebiet "Obere Schwendi" in der Gemeinde Speicher. Dieses rund 23'000 m² grosse Grundstück war im Zonenplan von 1978 der Ein- und Zweifamilienhauszone zugewiesen. Am 22. September 1985 stimmten die Stimmbürger der "Auszonungsinitiative Obere Schwendi" zu, in der verlangt wurde, die Parzelle Nr. 1405 (und weitere Parzellen) in die Zone "Übriges Gemeindegebiet" zu überführen.
Seither wird über die Zonierung des Gebiets "Obere Schwendi" und insbesondere der Parzelle Nr. 1405 gestritten. Die ersten vier vom Gemeinderat beschlossenen Teilzonenpläne wurden entweder von den Stimmbürgern verworfen oder im Rechtsmittelverfahren aufgehoben (vgl. dazu den Sachverhalt des Entscheids 1C 307/2017 vom 9. Januar 2018). Am 7. Oktober 1998 legte der Gemeinderat den fünften Teilzonenplan auf, der die Zuweisung der Parzelle Nr. 1405 zur Landwirtschaftszone vorsieht. Dagegen erhob die A.________ AG am 9. November 1998 Einsprache und, nach deren Abweisung, am 19. April 1999 Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Appenzell Ausserrhoden. Die Stimmbürger der Gemeinde Speicher stimmten der Teilzonenplanänderung von 1998 am 29. November 2009 zu.

B.
Mit Eingabe vom 10. Dezember 2012 erhob die A.________ AG Rechtsverweigerungsbeschwerde gegen den Regierungsrat beim Obergericht Appenzell Ausserrhoden.
Am 26. März 2013 wies der Regierungsrat den Rekurs der A.________ AG ab und genehmigte den Teilzonenplan von 1998. Dagegen erhob die A.________ AG Beschwerde ans Obergericht (Verfahren O4V 13 15).
Das Obergericht schrieb daraufhin die Rechtsverweigerungsbeschwerde am 24. April 2013 als gegenstandslos geworden ab. Das Bundesgericht hiess die dagegen erhobene Beschwerde der A.________ AG am 18. März 2014 gut und wies die Sache zur Beurteilung an das Obergericht zurück (Urteil 1C 539/2013).
Am 7. Juli 2016 hiess das Obergericht die Rechtsverweigerungsbeschwerde teilweise gut und im Übrigen ab. In teilweiser Gutheissung einer Beschwerde der A.________ AG stellte das Bundesgericht fest, dass die Gesamtdauer des Planungsverfahrens in Bezug auf Parzelle Nr. 1405 das Beschleunigungsgebot verletze (Urteil 1C 307/2017 vom 9. Januar 2018).

C.
Im Verfahren O4V 13 15 ordnete das Obergericht mit Beschluss vom 4. Juli 2018 verschiedene Beweismassnahmen an. Dieser Beschluss wurde von Gerichtsschreiber B.________ unterschrieben.
Die A.________ AG machte am 11. Juli 2018 geltend, B.________ dürfe nicht mehr am Verfahren mitwirken, weil er per Ende September 2017 in den Ruhestand getreten sei. Mit Eingabe vom 21. August 2018 beantragte sie daher die Feststellung der Nichtigkeit aller seit 1. Oktober 2017 im Verfahren O4V 13 15 erlassenen Beschlüsse, Verfügungen und Entscheide.
Am 30. August/6. September 2018 erliess das Obergericht einen Zwischenentscheid, in dem es feststellte, dass die vierte Abteilung des Obergerichts in ihrer bisher den Parteien bekannt gegebenen Zusammensetzung unverändert für die Streitsache zuständig sei. Es wies die Unzuständigkeitseinrede der Beschwerdeführerin sowie das Feststellungsbegehren ab (Disp-Ziff. 1). Ausserdem ordnete es verschiedene Beweismassnahmen definitiv an (Disp.-Ziff. 2-4).
Dagegen hat die A.________ AG am 5. Oktober 2018 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der Zwischenentscheid sei aufzuheben.

D.
Das Regierungsrat beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Es hielt fest, dass die A.________ AG keine aufschiebende Wirkung beantragt habe, weshalb im Interesse einer beförderlichen Streiterledigung der bereits eingeleitete Schriftenwechsel zum Bodengutachten vor Obergericht fortgesetzt werde.
Mit Eingabe vom 3. Dezember 2018 macht die Beschwerdeführerin vorsorgliche Ausführungen zum Gutachten vom 29. Oktober 2018.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein Zwischenentscheid, der die Besetzung des Gerichts betrifft. Gemäss Art. 92 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 92 - 1 Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
1    Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die Beschwerde zulässig.
2    Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden.
BGG ist gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren die Beschwerde zulässig. Der Begriff des Ausstands im Sinne dieser Bestimmung ist weit zu verstehen. Darunter fallen auch andere Zwischenentscheide über die Zusammensetzung der entscheidenden Behörde. Es handelt sich dabei um gerichtsorganisatorische Fragen, die endgültig entschieden werden sollen, bevor das Verfahren fortgesetzt wird (Urteil 1B 517/2017 vom 13. März 2018 E. 1 mit Hinweis, nicht publ. in BGE 144 I 70).
Die Beschwerdeführerin ist als Partei des obergerichtlichen Verfahrens zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 89 Beschwerderecht - 1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer:
1    Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;
b  durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist; und
c  ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat.
2    Zur Beschwerde sind ferner berechtigt:
a  die Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann;
b  das zuständige Organ der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals;
c  Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt;
d  Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt.
3    In Stimmrechtssachen (Art. 82 Bst. c) steht das Beschwerderecht ausserdem jeder Person zu, die in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist.
BGG). Auf die Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.

2.
In der Sache ist streitig, ob B.________ nach seinem vorzeitigen Ruhestand am 30. September 2017 noch als Gerichtsschreiber im hängigen Verfahren vor Obergericht amtieren durfte. Die Beschwerdeführerin rügt überdies eine Verletzung von Ausstandsregeln (Art. 8 Abs. 1 i.V.m. Art. 59 des kantonalen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. September 2002 [VRPG/AR; gBS 143.1] sowie Art. 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV und Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK), weil B.________ nicht am Zwischenentscheid über seine eigene Teilnahme am Verfahren hätte mitwirken dürfen. Diese Rüge ist vorab zu prüfen.

2.1. Nach Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV und Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Diese Garantien sind auch auf Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber einer richterlichen Behörde anwendbar, sofern diese an der Willensbildung des Spruchkörpers mitwirken (BGE 125 V 499 E. 2b S. 501 mit Hinweisen). Dies ist im Kanton Appenzell Ausserrhoden unstreitig der Fall (vgl. Art. 33 Abs. 2 des kantonalen Justizgesetzes vom 13. September 2010 [JG/AR; bGS 145.31]).

2.2. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters wird verletzt, wenn bei objektiver Betrachtung Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit oder die Gefahr der Voreingenommenheit begründen. Voreingenommenheit und Befangenheit werden nach der Rechtsprechung angenommen, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können in einem bestimmten Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein (BGE 140 I 240 E. 2.2 S. 242; 137 I 227 E. 2.1 S. 229; je mit Hinweisen). Nicht verlangt wird, dass der Richter oder Gerichtsschreiber tatsächlich voreingenommen ist, sondern es genügt der objektiv gerechtfertigte Anschein.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Richter oder Gerichtsschreiber insbesondere als befangen anzusehen, wenn er über ein gegen ihn gerichtetes Ausstands- oder Ablehnungsgesuch entscheidet bzw. am Entscheid über ein solches Gesuch mitwirkt, weil niemand unparteiischer Richter in eigener Sache sein könne (BGE 114 Ia 153 E. 3a/aa S. 156). Eine Ausnahme von dieser Regel wird anerkannt, wenn kein nach Massgabe des Gesetzes geeigneter Ausstandsgrund geltend gemacht wird oder das Ausstandsgesuch als rechtsmissbräuchlich erscheint (BGE 114 Ia 278 E. 1 S. 278 f.; Urteil 5A 605/ 2013 vom 11. November 2013 E. 3.5 mit Hinweisen).
Wird dagegen kein Ausstandsgesuch gestellt, sondern geltend gemacht, der Spruchkörper sei nicht ordnungsgemäss besetzt, weil das Zuteilungsverfahren verfassungswidrig sei, so entscheidet das Bundesgericht praxisgemäss vorfrageweise, in der vorgesehenen Besetzung, über diesen Einwand (vgl. BGE 144 I 37 E. 2 S. 38 ff.; in BGE 144 I 70 nicht publizierte E. 2).

2.4. Vorliegend machte die Beschwerdeführerin vor Obergericht nicht geltend, dass B.________ befangen sei, sondern sie vertrat die Auffassung, dieser sei nicht mehr Teil des Spruchkörpers, weil sein Anstellungsvertrag mit dem Obergericht erloschen sei. Es handelte sich somit nicht um ein Ausstandsgesuch, sondern um ein Gesuch betreffend die Zusammensetzung des Gerichts.
Diese Rüge betraf jedoch nicht das Zuteilungsverfahren oder die Gerichtsorganisation als solche, sondern den rechtlichen Status einer einzigen Person und deren Mitwirkung am Verfahren. Betroffen war somit nicht das Gesamtgericht (wie in den Entscheiden BGE 144 I 37 und 70), sondern nur B.________. War dieser vom Zwischenentscheid über die Zusammensetzung des Spruchkörpers somit in besonderer Weise betroffen, war dies objektiv geeignet, Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit zu wecken.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin kann auch nicht als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden: Nachdem das Obergericht in seinem amtlichen Rechenschaftsbericht 2017 über den vorzeitigen Ruhestand von B.________ per 1. Oktober 2017 informiert hatte und dieser im Staatskalender 2018 nicht mehr als Gerichtsschreiber aufgeführt wurde, war es legitim und jedenfalls nicht rechtsmissbräuchlich, dessen weitere Mitwirkung am Verfahren in Frage zu stellen.
Unter diesen Umständen verletzte die Mitwirkung von B.________ am Entscheid über seine Zugehörigkeit zum Spruchkörper Art. 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV und Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK.

3.
Ein unter Missachtung von Ausstandsvorschriften zustande gekommener Entscheid ist grundsätzlich unabhängig von seiner inhaltlichen Richtigkeit aufzuheben (Urteil 2A.364/1995 vom 14. Februar 1997 E. 4, in: ZBl 99/1998 S. 289; Pra 1997 Nr. 118 S. 631 mit Hinweisen). Vorliegend ist eine Heilung im Übrigen schon aufgrund der engeren Kognition des Bundesgerichts ausgeschlossen.
Die Sache ist daher ans Obergericht zurückzuweisen, um unter Mitwirkung eines anderen Gerichtsschreibers erneut darüber zu entscheiden, ob B.________ am Verfahren O4V 13 15 als Gerichtsschreiber fungieren darf und, falls nein, ob die unter seiner Mitwirkung erlassenen Beschlüsse und Verfügungen seit 1. Oktober 2017 nichtig oder aufzuheben sind. Zu diesen Verfügungen zählen auch die Beweismassnahmen in Disp.-Ziff. 2-4 des angefochtenen Zwischenentscheids: Diese sind (nur) aufzuheben, wenn B.________ nicht als Gerichtsschreiber am Verfahren mitwirken darf. Dies ist vom Obergericht und nicht vom Bundesgericht zu entscheiden. Aufzuheben ist daher einzig Disp.-Ziff. 1 des angefochtenen Zwischenbeschlusses; über den Bestand der übrigen Disp.-Ziff. wird das Obergericht entscheiden müssen.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, Disp.-Ziff. 1 des angefochtenen Zwischenentscheids aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens obsiegt der Beschwerdeführer und hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG). Da sich die Gemeinde Speicher nicht geäussert und insbesondere keinen Antrag gestellt hat, hat der Kanton die Parteientschädigung zu bezahlen. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Disp.-Ziff. 1 des Zwischenentscheids des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, vom 30. August und 6. September 2018, wird aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid an das Obergericht zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Appenzell Ausserrhoden hat die Beschwerdeführerin mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Gemeinde Speicher, dem Regierungsrat und dem Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. April 2019

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Chaix

Die Gerichtsschreiberin: Gerber
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 1C_517/2018
Date : 04. April 2019
Published : 22. April 2019
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Raumplanung und öffentliches Baurecht
Subject : Planverfahren betr. Parzelle Nr. 1405, GB Speicher; Besetzung des Gerichts


Legislation register
BGG: 66  68  89  92
BV: 30
EMRK: 6
BGE-register
114-IA-153 • 114-IA-278 • 125-V-499 • 137-I-227 • 140-I-240 • 144-I-37 • 144-I-70
Weitere Urteile ab 2000
1B_517/2017 • 1C_307/2017 • 1C_517/2018 • 1C_539/2013 • 2A.364/1995
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86 Nr. 118