Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BP.2017.26 (Hauptverfahren BV.2017.24)

Verfügung vom 3. Mai 2017 des verfahrensleitenden Richters der Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Andreas J. Keller, verfahrens­leitender Richter Gerichtsschreiberin Chantal Blättler Grivet Fojaja

Parteien

B. Holding GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Blaise Eckert, Gesuchstellerin

gegen

1. Eidgenössische Steuerverwaltung, Gesuchsgegnerin

2. Eidgenössische Steuerverwaltung, Direktor, Vorinstanz

Gegenstand

Vorsorgliche Massnahmen (Art. 388 StPO analog)

Sachverhalt:

A. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (nachfolgend „ESTV“) führt eine besondere Steueruntersuchung gemäss Art. 190 ff
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 190 Voraussetzungen - 1 Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
1    Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
2    Schwere Steuerwiderhandlungen sind insbesondere die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge (Art. 175 und 176) und die Steuervergehen (Art. 186 und 187).
. des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer („DBG“) gegen die B. Holding GmbH und gegen Unbekannt wegen Verdachts auf schwere Steuerwiderhandlungen (Verfahrensnummer 2391) sowie ein Verwaltungsstrafverfahren gestützt auf Art. 67 Abs. 1
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 190 Voraussetzungen - 1 Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
1    Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
2    Schwere Steuerwiderhandlungen sind insbesondere die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge (Art. 175 und 176) und die Steuervergehen (Art. 186 und 187).
des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer („VStG“) gegen Unbekannt wegen Verdachts auf Abgabebetrug (Art. 14 Abs. 2
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 14 - 1 Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Bewirkt der Täter durch sein arglistiges Verhalten, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
3    Wer gewerbsmässig oder im Zusammenwirken mit Dritten Widerhandlungen nach Absatz 1 oder 2 in Abgaben- oder Zollangelegenheiten begeht und sich oder einem andern dadurch in besonders erheblichem Umfang einen unrechtmässigen Vorteil verschafft oder das Gemeinwesen am Vermögen oder an andern Rechten besonders erheblich schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    Sieht ein Verwaltungsgesetz für eine dem Absatz 1, 2 oder 3 entsprechende nicht arglistig begangene Widerhandlung eine Busse vor, so ist in den Fällen nach den Absätzen 1-3 zusätzlich eine Busse auszufällen. Deren Bemessung richtet sich nach dem entsprechenden Verwaltungsgesetz.
VStrR) und eventuell Hinterziehung der Verrechnungssteuer (Art. 61
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 14 - 1 Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Bewirkt der Täter durch sein arglistiges Verhalten, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
3    Wer gewerbsmässig oder im Zusammenwirken mit Dritten Widerhandlungen nach Absatz 1 oder 2 in Abgaben- oder Zollangelegenheiten begeht und sich oder einem andern dadurch in besonders erheblichem Umfang einen unrechtmässigen Vorteil verschafft oder das Gemeinwesen am Vermögen oder an andern Rechten besonders erheblich schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    Sieht ein Verwaltungsgesetz für eine dem Absatz 1, 2 oder 3 entsprechende nicht arglistig begangene Widerhandlung eine Busse vor, so ist in den Fällen nach den Absätzen 1-3 zusätzlich eine Busse auszufällen. Deren Bemessung richtet sich nach dem entsprechenden Verwaltungsgesetz.
VStG) im Umfang von rund CHF 2.4 Mrd., begangen im Geschäftsbereich der B. Holding GmbH (Verfahrensnummer 2392; Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.1 und act. 1.2).

B. In diesem Zusammenhang führte die ESTV am 8. Dezember 2016 unter anderem in den Räumlichkeiten der A. AG in Z. eine Hausdurchsuchung durch (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.3), anlässlich derer Dokumente sichergestellt und gleichentags versiegelt wurden (Asservate A.001 bis A.008). Ebenso wurden EDV-Daten kopiert.

C. Mit Eingabe vom 15. Dezember 2016 erhob die B. Holding GmbH gegen die Hausdurchsuchung Beschwerde (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.6; vgl. separates Verfahren BV.2016.29).

D. Wie sich später herausstellte (vgl. dazu das Schreiben der ESTV vom 31. März 2017, Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.20), beschlagnahmte die ESTV am 20. Dezember 2016 die zwischenzeitlich aufbereiteten EDV-Daten (Asservate A.013 bis A.014), da die A. AG gegen deren Durchsuchung keine Einsprache erhoben hatte.

E. Mit Beschluss vom 18. Januar 2017 trat die Beschwerdekammer auf die Beschwerde der B. Holding GmbH gegen die Hausdurchsuchung (vgl. supra lit. C.) mangels Vorliegens eines aktuellen praktischen Interesses nicht ein und wies im Entscheid darauf hin, dass die B. Holding GmbH ihre Einwendungen im Entsiegelungsverfahren werde geltend machen können (vgl. Beschluss der Beschwerdekammer BV.2016.29 vom 18. Januar 2017).

F. Dem Schreiben der ESTV vom 31. März 2017 zufolge, zog die A. AG am 18. Januar 2017 ihre Einsprache bezüglich der sichergestellten Dokumente (Asservate A.001 bis A.008) zurück, woraufhin die ESTV die Dokumente durchsuchte und die Asservate A.002, A.003 und A.008 beschlagnahmte. Aus den beschlagnahmten Dokumenten seien pag. 52.002.001-003 (aus Asservat A.002) und pag. 52.003.0001-0024 (aus Asservat A.003) in die Untersuchungsakten des Verwaltungsstrafverfahrens aufgenommen worden (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.20).

G. Mit Schreiben vom 21. Februar 2017 gelangte die B. Holding GmbH an die ESTV und beantragte, es sei eine abschliessende Liste derjenigen Dokumente zu erstellen, die gemäss Übereinkunft mit der A. AG von der Entsiegelung befreit worden seien und es sei zu bestätigen, dass die von der B. Holding GmbH verlangte Siegelung der bei der A. AG sichergestellten Dokumente aufrecht erhalten bleibe und die ESTV bis zum formellen Entsiegelungsentscheid durch die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts keine Untersuchungshandlungen vornehme (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.12).

H. Die ESTV antwortete mit Schreiben vom 28. Februar 2017, dass sowohl die Frage, ob die B. Holding GmbH betreffend sichergestellte Akten bei Dritten ein Einspracherecht habe, wie die Frage, ob die B. Holding GmbH Partei im Verwaltungsstrafverfahren sei, Gegenstand von am Bundesstrafgericht hängigen Verfahren seien, weshalb die ESTV darauf verzichte, über die von der B. Holding GmbH mit Schreiben vom 21. Februar 2017 gestellten Anträge zu befinden (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.13).

I. Dagegen erhob die B. Holding GmbH mit Eingabe vom 6. März 2017 beim Direktor der ESTV (nachfolgend „Direktor“) Beschwerde und ersuchte zusätzlich zur Beschwerde in der Hauptsache um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (Hauptverfahren act. 1.14; separates Verfahren BV.2017.20).

J. Der Direktor wies mit Zwischenentscheid vom 10. März 2017 den Antrag auf aufschiebende Wirkung ab (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.15).

K. Dagegen gelangte die B. Holding GmbH mit Beschwerde vom 16. März 2017 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragte, der ESTV seien sämtliche Untersuchungshandlungen hinsichtlich der am 8. Dezember 2016 in den Räumlichkeiten der A. AG sichergestellten Dokumente bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens zu untersagen; eventualiter sei der Beschwerde vom 6. März 2017 die aufschiebende Wirkung zu erteilen (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.16).

L. Der Direktor trat mit Entscheid vom 18. April 2017 auf die Beschwerde der B. Holding GmbH in der Hauptsache (vgl. supra lit. I) nicht ein (Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.22).

M. Dagegen gelangt die B. Holding GmbH mit Beschwerde vom 24. April 2017 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und beantragt in der Hauptsache, es sei zu bestätigen, dass die anlässlich der Hausdurchsuchung bei der A. AG sichergestellten Dokumente versiegelt seien und die ESTV sei zu verpflichten, eine Liste derjenigen Dokumente zu erstellen, die von der Siegelung befreit worden seien. Zudem beantragt die B. Holding GmbH, der ESTV seien im Rahmen einer vorsorglichen Massnahme sämtliche Untersuchungshandlungen hinsichtlich der am 8. Dezember 2016 in den Räumlichkeiten der A. AG sichergestellten Dokumente bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens zu untersagen (act. 1).

N. Mit Eingabe vom 28. April 2017 nahm der Direktor namens der ESTV aufforderungsgemäss Stellung zum Antrag betreffend vorsorgliche Massnahmen (act. 3).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Der verfahrensleitende Richter zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 67 Abs. 1
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 190 Voraussetzungen - 1 Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
1    Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
2    Schwere Steuerwiderhandlungen sind insbesondere die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge (Art. 175 und 176) und die Steuervergehen (Art. 186 und 187).
VStG richtet sich das Verfahren wegen des Verdachts auf Abgabebetrug gemäss Art. 14 Abs. 2
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 14 - 1 Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Bewirkt der Täter durch sein arglistiges Verhalten, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
3    Wer gewerbsmässig oder im Zusammenwirken mit Dritten Widerhandlungen nach Absatz 1 oder 2 in Abgaben- oder Zollangelegenheiten begeht und sich oder einem andern dadurch in besonders erheblichem Umfang einen unrechtmässigen Vorteil verschafft oder das Gemeinwesen am Vermögen oder an andern Rechten besonders erheblich schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    Sieht ein Verwaltungsgesetz für eine dem Absatz 1, 2 oder 3 entsprechende nicht arglistig begangene Widerhandlung eine Busse vor, so ist in den Fällen nach den Absätzen 1-3 zusätzlich eine Busse auszufällen. Deren Bemessung richtet sich nach dem entsprechenden Verwaltungsgesetz.
VStrR, eventuell Hinterziehung der Verrechnungssteuer gemäss Art. 61 lit. a
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 14 - 1 Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Bewirkt der Täter durch sein arglistiges Verhalten, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
3    Wer gewerbsmässig oder im Zusammenwirken mit Dritten Widerhandlungen nach Absatz 1 oder 2 in Abgaben- oder Zollangelegenheiten begeht und sich oder einem andern dadurch in besonders erheblichem Umfang einen unrechtmässigen Vorteil verschafft oder das Gemeinwesen am Vermögen oder an andern Rechten besonders erheblich schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    Sieht ein Verwaltungsgesetz für eine dem Absatz 1, 2 oder 3 entsprechende nicht arglistig begangene Widerhandlung eine Busse vor, so ist in den Fällen nach den Absätzen 1-3 zusätzlich eine Busse auszufällen. Deren Bemessung richtet sich nach dem entsprechenden Verwaltungsgesetz.
VStG nach den Artikeln 19 – 50 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0).

2.

2.1 Das VStrR regelt die Anordnung vorsorglicher Massnahmen nicht, sodass grundsätzlich auf die Bestimmungen der StPO (in analogiam) zurückzugreifen ist (BGE 139 IV 246 E. 1.2 und 3.2). Nach dessen Art. 388 StPO trifft die Verfahrensleitung der Rechtmittelinstanz die notwendigen und unaufschiebbaren verfahrensleitenden und vorsorglichen Massnahmen. Es muss sich mithin um Massnahmen handeln, die nicht bis zum Abschluss des Verfahrens aufgeschoben werden können (Mini, Codice svizzero di procedura penale [CPP], Commentario, Zürich/ St. Gallen 2010, N 3 zu Art. 388). Mit anderen Worten ist die Massnahme weder notwendig noch unaufschiebbar, wenn damit bis zum Endentscheid in der Hauptsache gewartet werden kann, ohne dass der gesuchstellenden Person ein nicht wiedergutzumachender Nachteil drohte.

2.2 Damit ist zu prüfen, ob die Abweisung des Gesuchs einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Beschwerdeverfahren bewirken kann, bei dem es unter anderem um die Fragen geht, ob der Gesuchstellerin ein Einspracherecht hinsichtlich der bei der A. AG sichergestellten Dokumente zukommt und ob die anlässlich der Hausdurchsuchung vom 8. Dezember 2016 in den Räumlichkeiten der A. AG sichergestellten Daten und Dokumente nach wie vor unter Siegel stehen.

2.3 Die Gesuchstellerin macht diesbezüglich geltend, solange nicht über diese Fragen entschieden worden sei, müsse der ESTV die Durchsuchung der sichergestellten Dokumente untersagt werden. Es bestehe ansonsten die Gefahr, dass die ESTV Einsicht in Dokumente erhalte, an deren Geheimhaltung die Gesuchstellerin ein rechtlich geschütztes Interesse habe. Es handle sich hierbei insbesondere um Korrespondenz der Gesuchstellerin, die dem Berufsgeheimnis unterlägen (act. 1 S. 14 f.).

2.4 Ob der Gesuchstellerin tatsächlich ein Einspracherecht hinsichtlich der bei der A. AG sichergestellten Dokumente und Daten zukommt, beschlägt die Begründetheit der Beschwerde und ist hier nicht abschliessend zu beantworten. Immerhin erscheint die von der Gesuchstellerin vertretene Auffassung, dass ihr ein diesbezügliches Einspracherecht zustehe, nicht von vornherein haltlos. Es ist in diesem Zusammenhang auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen, wonach all diejenigen Personen berechtigt sind, die Siegelung zu beantragen, die unabhängig der Besitzverhältnisse ein rechtlich geschütztes Interesse an der Geheimhaltung des Inhalts der Aufzeichnungen haben (BGE 140 IV 28 E. 4.3.2). Selbst wenn die in diesem Sinne berechtigte Person es versäumte habe, einen Sieglungsantrag zu stellen, sei sie berechtigt, am Entsieglungsverfahren teilzunehmen (Urteil des Bundesgerichts 1B_454/2016 vom 24. Januar 2017, E. 3.2). Zwar bezieht sich diese Rechtsprechung auf Entsiegelungsverfahren im Strafverfahren nach StPO, in Anbetracht der Tendenz der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Entsiegelungsverfahren nach VStrR gleich zu behandeln wie jene im Strafverfahren, erscheint eine Ausweitung des Einspracherechts auch im Verwaltungsstrafverfahren nicht von vornherein als abwegig. Da im vorliegend massgeblichen Verwaltungsstrafverfahren ferner wegen Delikte, die im Geschäftsbereich der Gesuchstellerin begangen worden seien, ermittelt wird, ist nicht ausgeschlossen, dass sich unter den bei der A. AG sichergestellten Dokumente und Daten solche befinden, an denen die Gesuchstellerin ein rechtlich geschütztes Geheimhaltungsinteresse geltend machen kann. Während die ESTV die Untersuchungshandlungen hinsichtlich der anlässlich der Hausdurchsuchung bei der A. AG sichergestellten Dokumente in Papierform (Asservate A.001 bis A.008) abgeschlossen hat, sind Durchsuchungshandlungen der ESTV mit Bezug auf die EDV-Daten (Asservate A.013 bis A.014) noch am Laufen. Die ESTV führte diesbezüglich aus, sie habe begonnen, die EDV-Daten mittels Suchbegriffen zu triagieren. Bis heute habe die Triage noch nicht abgeschlossen werden können (vgl. Hauptverfahren BV.2017.24, act. 1.20). Es besteht deshalb die Gefahr, dass die ESTV diesbezüglich Einsicht in Daten erhielte, an deren Geheimhaltung die Gesuchstellerin unter Umständen
ein rechtlich geschütztes Interesse hat. Dieser rechtliche Nachteil liesse sich auch durch einen für die Gesuchstellerin günstigen Endentscheid nicht beseitigen (vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 1B_454/2016 vom 24. Januar 2017, E. 3.2). Die Anordnung einer vorsorglichen Massnahme, die für die Dauer des Hauptverfahrens bis zu dessen rechtskräftigen Abschlusses weitere Durchsuchungshandlungen der ESTV an den EDV-Daten untersagt, ist deshalb geeignet und erforderlich, um diesen Nachteil abzuwenden. Die Massnahme ist schliesslich auch verhältnismässig: Das Interesse der ESTV während des Hauptverfahrens Untersuchungshandlungen durchführen zu dürfen, ist weniger gewichtig als das Interesse der Gesuchstellerin an der Wahrung ihrer Geheimhaltungsinteressen, die einer Durchsuchung allenfalls definitiv entgegenstehen. Die Voraussetzungen für den Erlass einer vorsorglichen Massnahme im dargelegten Sinne sind damit gegeben.

Demnach verfügt der verfahrensleitende Richter:

Der ESTV werden ab sofort bis zur rechtskräftigen Erledigung des Hauptverfahrens BV.2017.24 sämtliche Untersuchungshandlungen im Verwaltungsstrafverfahren 2392 hinsichtlich der Asservate A.013 und A.014 untersagt.

Bellinzona, 3. Mai 2017

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der verfahrensleitende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an (vorab per Fax):

- Rechtsanwalt Jean-Blaise Eckert, unter Beilage einer Kopie von act. 3

- Eidgenössische Steuerverwaltung

- Eidgenössische Steuerverwaltung, Direktor

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BP.2017.26
Datum : 03. Mai 2017
Publiziert : 04. Oktober 2017
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Vorsorgliche Massnahmen (Art. 388 StPO analog).


Gesetzesregister
DBG: 190
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 190 Voraussetzungen - 1 Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
1    Besteht der begründete Verdacht, dass schwere Steuerwiderhandlungen begangen wurden oder dass zu solchen Beihilfe geleistet oder angestiftet wurde, so kann der Vorsteher des EFD die ESTV ermächtigen, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine Untersuchung durchzuführen.
2    Schwere Steuerwiderhandlungen sind insbesondere die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge (Art. 175 und 176) und die Steuervergehen (Art. 186 und 187).
StPO: 388
VStG: 61  67
VStrR: 14
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 14 - 1 Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer die Verwaltung, eine andere Behörde oder einen Dritten durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder sie in einem Irrtum arglistig bestärkt und so für sich oder einen andern unrechtmässig eine Konzession, eine Bewilligung oder ein Kontingent, einen Beitrag, die Rückerstattung von Abgaben oder eine andere Leistung des Gemeinwesens erschleicht oder so bewirkt, dass der Entzug einer Konzession, einer Bewilligung oder eines Kontingents unterbleibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Bewirkt der Täter durch sein arglistiges Verhalten, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
3    Wer gewerbsmässig oder im Zusammenwirken mit Dritten Widerhandlungen nach Absatz 1 oder 2 in Abgaben- oder Zollangelegenheiten begeht und sich oder einem andern dadurch in besonders erheblichem Umfang einen unrechtmässigen Vorteil verschafft oder das Gemeinwesen am Vermögen oder an andern Rechten besonders erheblich schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    Sieht ein Verwaltungsgesetz für eine dem Absatz 1, 2 oder 3 entsprechende nicht arglistig begangene Widerhandlung eine Busse vor, so ist in den Fällen nach den Absätzen 1-3 zusätzlich eine Busse auszufällen. Deren Bemessung richtet sich nach dem entsprechenden Verwaltungsgesetz.
BGE Register
139-IV-246 • 140-IV-28
Weitere Urteile ab 2000
1B_454/2016
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorsorgliche massnahme • beschwerdekammer • hausdurchsuchung • bundesstrafgericht • verwaltungsstrafverfahren • siegel • bundesgericht • hauptsache • frage • rechtlich geschütztes interesse • geheimhaltung • verdacht • entscheid • verrechnungssteuer • endentscheid • rechtsanwalt • wiese • aufschiebende wirkung • akte • bundesgesetz über die direkte bundessteuer
... Alle anzeigen
Entscheide BstGer
BP.2017.26 • BV.2016.29 • BV.2017.20 • BV.2017.24