Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_388/2016

Urteil vom 2. November 2016

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Andreas Imobersteg,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 26. April 2016.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügungen vom 11. Februar und 11. März 2009 sprach die IV-Stelle Bern A.________ u.a. gestützt auf das Gutachten der Frau Dr. med. B.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 10. Juni 2008 rückwirkend ab 1. August 2007 eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu. Nachdem der Anspruch zweimal bestätigt worden war (Mitteilungen vom 4. März 2010 und 6. Juni 2013), ersuchte die Versicherte mit Schreiben vom 12. Juli 2014 um Erhöhung der Rente wegen eines verschlechterten Gesundheitszustandes. Nach Einholung eines Verlaufsgutachtens bei Dr. med. B.________ vom 9. Juli 2015 und nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren wies die IV-Stelle mit Verfügung vom 18. November 2015 das Begehren ab.

B.
Die Beschwerde der A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 26. April 2016 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, der Entscheid vom 26. April 2016 sei aufzuheben und die IV-Stelle zu verpflichten, ihr gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 100 % ab 1. Juli 2014 eine ganze Rente zu gewähren, allenfalls unter Rückweisung der Akten zwecks Vornahme weiterer Abklärungen.
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von:
a  Bundesrecht;
b  Völkerrecht;
c  kantonalen verfassungsmässigen Rechten;
d  kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen;
e  interkantonalem Recht.
beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
1    Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann.
2    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.86
BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
1    Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat.
2    Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht.
3    Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.95
BGG). Zu den grundsätzlich frei überprüfbaren Rechtsfragen gehören die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 61 Verfahrensregeln - Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht bestimmt sich unter Vorbehalt von Artikel 1 Absatz 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196846 nach kantonalem Recht. Es hat folgenden Anforderungen zu genügen:
a  Das Verfahren muss einfach, rasch und in der Regel öffentlich sein.
b  Die Beschwerde muss eine gedrängte Darstellung des Sachverhaltes, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten. Genügt sie diesen Anforderungen nicht, so setzt das Versicherungsgericht der Beschwerde führenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten wird.
c  Das Versicherungsgericht stellt unter Mitwirkung der Parteien die für den Entscheid erheblichen Tatsachen fest; es erhebt die notwendigen Beweise und ist in der Beweiswürdigung frei.
d  Das Versicherungsgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden. Es kann eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid zu Ungunsten der Beschwerde führenden Person ändern oder dieser mehr zusprechen, als sie verlangt hat, wobei den Parteien vorher Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zum Rückzug der Beschwerde zu geben ist.
e  Rechtfertigen es die Umstände, so können die Parteien zur Verhandlung vorgeladen werden.
f  Das Recht, sich verbeiständen zu lassen, muss gewährleistet sein. Wo die Verhältnisse es rechtfertigen, wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt.
fbis  Bei Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist; sieht das Einzelgesetz keine Kostenpflicht bei solchen Streitigkeiten vor, so kann das Gericht einer Partei, die sich mutwillig oder leichtsinnig verhält, Gerichtskosten auferlegen.
g  Die obsiegende Beschwerde führende Person hat Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen.
h  Die Entscheide werden, versehen mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung sowie mit den Namen der Mitglieder des Versicherungsgerichts schriftlich eröffnet.
i  Die Revision von Entscheiden wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel oder wegen Einwirkung durch Verbrechen oder Vergehen muss gewährleistet sein.
ATSG (Urteil 9C_278/2016 vom 22. Juli 2016 E. 3.3). Dagegen ist etwa Tatfrage und lediglich unter eingeschränktem Blickwinkel zu prüfen, ob eine im Kontext von Art. 17 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
1    Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
a  um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder
b  auf 100 Prozent erhöht.17
2    Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat.
ATSG erhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse vorliegt (Urteil 8C_485/2010 vom 21. September 2010 E. 2.1). Im Übrigen gilt die eingeschränkte Kognition des Bundesgerichts in tatsächlicher Hinsicht auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153).

2.
Streitgegenstand bildet die vorinstanzlich bestätigte Ablehnung des Gesuchs der Beschwerdeführerin um Erhöhung der halben Rente durch die Beschwerdegegnerin. Die massgeblichen Grundlagen zur Revision einer Rente im Sinne der Anpassung an geänderte Verhältnisse (Art. 17 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
1    Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
a  um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder
b  auf 100 Prozent erhöht.17
2    Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat.
ATSG) sowie der Grundsatz der freien Beweiswürdigung und die Rechtsprechung zum Beweiswert ärztlicher Berichte werden in E. 2 und E. 3.4 des angefochtenen Entscheids richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.

3.
Das kantonale Verwaltungsgericht hat festgestellt, die Rentenzusprache mit Verfügung vom 11. Februar und 11. März 2009 sei (lediglich) auf der Diagnose einer mittelgradigen bis schweren depressiven Episode mit somatischen Symptomen erfolgt. Die von der damaligen psychiatrischen Expertin in ihrem Verlaufsgutachten vom 9. Juli 2015 zusätzlich neu diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung sei nicht hinreichend ausgewiesen. Diese Diagnose beruhe auf den erstmals im Rahmen der Anmeldung bei der Invalidenversicherung 2007 aktenkundigen Angaben der Versicherten von in der Kindheit erlittenen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen. Bei den Ausführungen zur posttraumatischen Belastungsstörung von Seiten der involvierten Mediziner handle es sich somit um eine unterschiedliche Beurteilung eines im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalts, was im Rahmen von Art. 17 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
1    Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
a  um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder
b  auf 100 Prozent erhöht.17
2    Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat.
ATSG unbeachtlich sei. Im Weitern begründe die (damalige und heutige) Gutachterin die geltend gemachte Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Wesentlichen mit einer fortgeschrittenen Desintegration, dem subjektiv schlechter gewordenen Befinden und der Verstärkung der therapeutischen Bemühungen. Massgebend seien indessen nicht die subjektiven Angaben
der Beschwerdeführerin, sondern einzig die objektiven Befunde, welche sich im relevanten Zeitraum nicht verschlechtert hätten. Es sei somit seit der Verfügung vom 11. Februar 2009 keine wesentliche Veränderung in den medizinischen Verhältnissen erstellt.

4.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und der Regeln über den Beweis (vgl. dazu BGE 133 V 196 E. 1.4 S. 200 und Urteil 9C_190/2016 vom 20. Juni 2016 E. 3) sowie eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz (E. 1 hiervor). Zur Begründung bringt sie unter anderem vor, sowohl die psychiatrische Gutachterin als auch die behandelnden Ärztinnen und Therapeuten gingen von einer im Vergleich zum Erlass der ersten Verfügung eingetretenen Verschlechterung des Gesundheitszustandes aus. Das kantonale Verwaltungsgericht sei ohne erkennbaren Grund von der Expertise abgewichen, was dem Urteil 8C_101/2011 vom 14. September 2011 widerspreche. Danach hätte es weitere Instruktionsmassnahmen im Hinblick auf eine ergänzende Klärung des medizinischen Sachverhalts treffen müssen.

4.1. Aus dem Urteil 8C_101/2011 vom 14. September 2011 E. 3.3 ergibt sich der Grundsatz, dass die IV-Stellen von einem versicherungsextern eingeholten Gutachten nach Art. 44
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 44 Gutachten - 1 Erachtet der Versicherungsträger im Rahmen von medizinischen Abklärungen ein Gutachten als notwendig, so legt er je nach Erfordernis eine der folgenden Arten fest:
1    Erachtet der Versicherungsträger im Rahmen von medizinischen Abklärungen ein Gutachten als notwendig, so legt er je nach Erfordernis eine der folgenden Arten fest:
a  monodisziplinäres Gutachten;
b  bidisziplinäres Gutachten;
c  polydisziplinäres Gutachten.
2    Muss der Versicherungsträger zur Abklärung des Sachverhaltes ein Gutachten bei einem oder mehreren unabhängigen Sachverständigen einholen, so gibt er der Partei deren Namen bekannt. Diese kann innert zehn Tagen aus den Gründen nach Artikel 36 Absatz 1 Sachverständige ablehnen und Gegenvorschläge machen.
3    Mit der Bekanntgabe der Namen stellt der Versicherungsträger der Partei auch die Fragen an den oder die Sachverständigen zu und weist sie auf die Möglichkeit hin, innert der gleichen Frist Zusatzfragen in schriftlicher Form einzureichen. Der Versicherungsträger entscheidet abschliessend über die Fragen an den oder die Sachverständigen.
4    Hält der Versicherungsträger trotz Ablehnungsantrag an den vorgesehenen Sachverständigen fest, so teilt er dies der Partei durch Zwischenverfügung mit.
5    Bei Gutachten nach Absatz 1 Buchstaben a und b werden die Fachdisziplinen vom Versicherungsträger, bei Gutachten nach Absatz 1 Buchstabe c von der Gutachterstelle abschliessend festgelegt.
6    Sofern die versicherte Person es nicht anders bestimmt, werden die Interviews in Form von Tonaufnahmen zwischen der versicherten Person und dem Sachverständigen erstellt und in die Akten des Versicherungsträgers aufgenommen.
7    Der Bundesrat:
a  kann für Gutachten nach Absatz 1 die Art der Vergabe des Auftrages an eine Gutachterstelle regeln;
b  erlässt Kriterien für die Zulassung von medizinischen und neuropsychologischen Sachverständigen für alle Gutachten nach Absatz 1;
c  schafft eine Kommission mit Vertreterinnen und Vertretern der verschiedenen Sozialversicherungen, der Gutachterstellen, der Ärzteschaft, der Neuropsychologinnen und Neuropsychologen, der Wissenschaft sowie der Patienten- und Behindertenorganisationen, welche die Zulassung als Gutachterstelle, das Verfahren zur Gutachtenerstellung und die Ergebnisse der medizinischen Gutachten überwacht. Die Kommission spricht öffentliche Empfehlungen aus.
ATSG nicht abweichen dürfen, ohne sich hierfür zumindest auf eine fachärztliche Meinungsäusserung etwa des Regionalen Ärztlichen Dienstes stützen zu können. Vorliegend besteht kein Grund, von dieser Regel abzuweichen. Dabei braucht die im Verlaufsgutachten vom 9. Juli 2015 (neu) gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD-10 F43.1 nicht erörtert zu werden. Ebenso erübrigen sich Ausführungen zur Rechtsprechung, wonach Konstellationen mit einem erst lange nach den traumatischen Ereignissen beginnenden Krankheitsverlauf in dem Sinne ausser Betracht zu bleiben haben, dass die Annahme einer invalidisierenden posttraumatischen Belastungsstörung nicht gerechtfertigt ist (Urteile 9C_39/2014 vom 19. Mai 2014 E. 4.3, 8C_200/2013 vom 16. September 2013 E. 4.3 und 9C_228/2013 vom 26. Juni 2013 E. 4.1.2-3, in: SVR 2014 IV Nr. 1 S. 1).

4.2.

4.2.1. Wie das kantonale Verwaltungsgericht insoweit unbestritten festgestellt hat, lagen zwischen der psychischen Dekompensation 2006, welche zur Anmeldung bei der Invalidenversicherung führte, und den Missbrauchsvorfällen rund 30 Jahre, was nach dem Gesagten die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung als fraglich erscheinen lässt. Entgegen seinen weiteren Feststellungen trifft jedoch offensichtlich nicht zu, dass Hinweise auf eine regelmässige, wegen des sexuellen Missbrauchs erforderlich gewordene psychiatrische Behandlung in diesem Zeitraum fehlen. Gemäss dem Gutachten vom 10. Juni 2008 hatte sich die Beschwerdeführerin erstmals 1994, somit bereits im Alter von 21 Jahren in psychotherapeutische Behandlung begeben, und mit Hilfe verschiedener therapeutischer Ansätze versucht, ihr Trauma zu bewältigen. Ebenfalls habe sie im Alter von 16 Jahren einen ersten Suizidversuch unternommen.

4.2.2. Indes kommt es im Rahmen der Invaliditätsbemessung grundsätzlich nicht auf die Diagnose, sondern einzig darauf an, welche Auswirkungen eine Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit hat. Massgebend ist in erster Linie der psychopathologische Befund und der Schweregrad der Symptomatik (Urteil 9C_634/2015 vom 15. März 2016 E. 6.1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 136 V 279 E. 3.2.1 S. 281). Danach beurteilt sich auch, ob der Gesundheitszustand in revisionsrechtlich erheblicher Weise geändert hat oder sich anders auf die Erwerbsfähigkeit bzw. den Invaliditätsgrad auswirkt, in positivem Sinne durch Verbesserung der Arbeitsfähigkeit aufgrund einer Angewöhnung oder Anpassung an die Behinderung (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 11), etwa aufgrund einer therapeutischen Behandlung. Es können sich bereits bestandene Symptome verstärken oder ein anderes Gewicht erhalten, die versicherte Person kann mit den Beschwerden weniger gut umgehen, indem etwa die Aufrechterhaltung des bestehenden Gesundheitszustandes an die Substanz geht und übermässig Ressourcen erfordert, oder eine Therapie zeitigt nicht mehr dieselbe Wirkung, was sich negativ auf die Arbeitsfähigkeit auswirkt.

4.2.3. Der Umstand allein, dass nach Feststellung der Vorinstanz die Versicherte die im Verlaufsgutachten vom 9. Juli 2015 erwähnten Beschwerden (Albträume, szenisches Erinnern und Wiedererleben sowie olfaktorisches Triggern mit nachfolgend Einigelungs-/Abkapselungszuständen von überwältigenden körperlichen Reaktionen wie Ekel, Brechreiz, Starre und Paralysiertheit) grösstenteils bereits im Rahmen der ersten Begutachtung 2008 geltend gemacht hatte, schliesst somit eine im Sinne von Art. 17 Abs. 1
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
1    Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
a  um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder
b  auf 100 Prozent erhöht.17
2    Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat.
ATSG erhebliche Änderung der Arbeitsfähigkeit bzw. des Invaliditätsgrades nicht aus. Gemäss dem Verlaufsgutachten vom 9. Juli 2015 ist insofern eine Änderung gegenüber der Begutachtung 2008 eingetreten, als nicht mehr die depressive Symptomatik im engeren Sinne im Vordergrund steht, sondern die Erschöpfung, das Ausgelaugt-Sein, der Schmerz, sowohl körperlicher als auch seelischer Art und damit einhergehend die zunehmende Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit bei fehlenden therapeutischen Fortschritten trotz diesbezüglich verstärkten Bemühungen. Eine Verschlechterung des Zustandes, so die Gutachterin, liege auf der Hand. Die Symptomatik sei nunmehr stärker, und es liege zur Zeit keine Arbeitsfähigkeit vor. Das chronisch-progressive Leiden
sei fortgeschritten und die soziale Desintegration grösser geworden. Der psychopathologische Befund sei indes weniger ausgeprägt als bei der Begutachtung im Jahre 2008. Die Beschwerdeführerin sei absolut glaubwürdig.

4.3. Nach dem Gesagten weist das Gutachten - entgegen der Feststellung der Vorinstanz - klarerweise und ausreichend begründet eine massgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin aus. Entgegen der Feststellung der Vorinstanz gründet diese Verschlechterung nicht auf der Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung (welche für sich allein noch nichts aussagt zum Ausmass der Arbeitsunfähigkeit), sondern, wie erwähnt, auf der Befunderhebung und den Hinweisen der Gutachterin zu den Auswirkungen des Leidens im Alltag der Beschwerdeführerin. Dass bei dieser Aktenlage - insbesondere ohne dass ein Bericht des regionalärztlichen Dienstes eingeholt worden war - der Standpunkt vertreten wurde, am Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin sei keine wesentliche und objektive Veränderung eingetreten, ist nicht haltbar. Die zusätzliche Aussage der Gutachterin, wonach trotz dieser Verschlechterung der psychopathologische Befund weniger ausgeprägt erscheine, steht wohl in einem gewissen Widerspruch zum Ausgeführten. Diese Diskrepanz wäre indessen Anlass gewesen, die Beschwerdeführerin nochmals durch eine andere sachverständige Person psychiatrisch begutachten zu lassen. Zu diesem Zweck ist die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen (BGE 139 V 99 E. 1.1 S. 100). Die Beschwerde ist im Eventualstandpunkt begründet.

5.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
1    Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben.
2    Wird ein Fall durch Abstandserklärung oder Vergleich erledigt, so kann auf die Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Unnötige Kosten hat zu bezahlen, wer sie verursacht.
4    Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist.
5    Mehrere Personen haben die ihnen gemeinsam auferlegten Gerichtskosten, wenn nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung zu tragen.
BGG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
1    Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind.
2    Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen.
3    Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen.
4    Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
5    Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen.
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 26. April 2016 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 2. November 2016

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler
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Document : 9C_388/2016
Date : 02. November 2016
Published : 01. Dezember 2016
Source : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Subject area : Invalidenversicherung
Subject : Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision)


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