Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
6B_413/2016
Urteil vom 2. August 2016
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber Faga.
Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Aufschub des Strafvollzugs zu Gunsten einer ambulanten Massnahme; Revision,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 8. März 2016.
Sachverhalt:
A.
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X.________ am 5. September 2014 im Berufungsverfahren gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 6. Dezember 2012 des gewerbsmässigen Betrugs und des betrügerischen Konkurses schuldig. Es verurteilte ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 22 Monaten, dies teilweise als Zusatzstrafe zu zwei Entscheiden des Bezirksgerichts Zürich aus den Jahren 2006 und 2008. Den zu vollziehenden Teil der Freiheitsstrafe legte es auf zehn Monate und die Probezeit auf fünf Jahre fest. Zudem widerrief das Obergericht den bedingten Vollzug einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu Fr. 30.--.
Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde in Strafsachen von X.________ mit Urteil 6B_994/2014 vom 24. November 2014 nicht ein.
B.
Am 26. Oktober 2015 trat X.________ die Freiheitsstrafe im Sinne eines modifizierten Strafvollzugs in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) an. Die behandelnden Ärzte der PUK stellten am 4. Dezember 2015 beim Amt für Justizvollzug ein Gesuch um Durchführung einer ambulanten Massnahme. Nachdem das Gesuch an das Bezirksgericht und später an das Obergericht weitergeleitet worden war, reichte X.________ am 26. Januar 2016 beim Obergericht ein Revisionsgesuch ein. Darin beantragte er in Aufhebung des Obergerichtsurteils vom 5. September 2014 den Aufschub der Freiheitsstrafe zugunsten einer ambulanten Massnahme.
Am 8. März 2016 trat das Obergericht auf das Revisionsgesuch nicht ein.
C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Beschluss des Obergerichts vom 8. März 2016 sei aufzuheben, und es sei die Freiheitsstrafe zugunsten einer ambulanten Massnahme aufzuschieben. Eventualiter sei ein neues psychiatrisches Gutachten einzuholen. X.________ ersucht zudem um unentgeltliche Prozessführung.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Vorinstanz ist auf das gegen ihr Urteil vom 5. September 2014 gerichtete Revisionsgesuch in Anwendung von Art. 412 Abs. 2

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 412 Vorprüfung und Eintreten - 1 Das Berufungsgericht nimmt in einem schriftlichen Verfahren eine vorläufige Prüfung des Revisionsgesuchs vor. |
differenzialdiagnostisch: Störung durch Kokain, schädlicher Gebrauch [ICD-10 F14.1]) hätten die Experten die Massnahmeindikation klar verneint. Es treffe entgegen dem Dafürhalten des Beschwerdeführers nicht zu, dass die Gutachter einzig eine dissoziale Persönlichkeitsstörung festgestellt hätten. Ebenso wenig hätten die Gutachter eine Beeinträchtigung durch eine organische Störung ausgeschlossen. Obgleich andere Ärzte zu einer anderen Gewichtung der psychischen Störungen und zu einer abweichenden Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Massnahme gekommen seien, liesse dies das im Strafverfahren erstellte Gutachten nicht als fehlerhaft erscheinen. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern das Gutachten mangelhaft sein soll. Das Gesuch der behandelnden Ärzte der PUK um Durchführung einer ambulanten Massnahme vermöge die tatsächliche Grundlage des Urteils nicht zu erschüttern (Entscheid S. 4 ff.).
1.2. Der Beschwerdeführer macht unter Hinweis auf verschiedene Schreiben geltend, seine schwere psychische Erkrankung an ADHS sei vom Gutachter Dr. med. A.________ nicht vollumfänglich erkannt worden. Dies sei bedenklich und zeige, dass das Gutachten falsch sei. Eine medikamentöse Behandlung in der PUK habe rasch angeschlagen und zu einem deutlichen Rückgang der Symptome geführt. Der Gutachter Dr. med. A.________ erwähne eine psychische Störung, hingegen könne nach dessen Einschätzung die Diagnose einer hyperkinetischen Störung nicht gestellt werden (Beschwerde S. 2 f.).
1.3.
1.3.1. Die Revision im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn: |
|
a | der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat; |
b | eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und |
c | die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen. |
Ein neues Gutachten kann Anlass zur Wiederaufnahme geben, wenn es neue Tatsachen nachweist oder darzutun vermag, dass die tatsächlichen Annahmen im früheren Urteil ungenau oder falsch waren. Dabei kann es sich auch um ein Privatgutachten handeln. Ein neues Gutachten bildet noch keinen Revisionsgrund, soweit es lediglich eine vom früheren Gutachten abweichende Meinung vertritt. Es muss vielmehr mit überlegenen Gründen abweichen und klare Fehler des früheren Gutachtens aufzeigen, die geeignet sind, die Beweisgrundlage des Urteils zu erschüttern (Urteil 6B_539/2008 vom 8. Oktober 2008 E. 1.3 mit Hinweis auf BGE 101 IV 247 E. 2 S. 249; Urteile 6P.93/2004 vom 15. November 2004 E. 4 und 6S.452/2004 vom 1. Oktober 2005 E. 2.2; Stephan Gass, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2013, N. 95 zu Art. 385

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 385 - Die Kantone haben gegenüber Urteilen, die auf Grund dieses oder eines andern Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Verurteilten zu gestatten. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 65 - 1 Sind bei einem Verurteilten vor oder während des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder einer Verwahrung nach Artikel 64 Absatz 1 die Voraussetzungen einer stationären therapeutischen Massnahme gegeben, so kann das Gericht diese Massnahme nachträglich anordnen.67 Zuständig ist das Gericht, das die Strafe ausgesprochen oder die Verwahrung angeordnet hat. Der Vollzug einer Reststrafe wird aufgeschoben. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 65 - 1 Sind bei einem Verurteilten vor oder während des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder einer Verwahrung nach Artikel 64 Absatz 1 die Voraussetzungen einer stationären therapeutischen Massnahme gegeben, so kann das Gericht diese Massnahme nachträglich anordnen.67 Zuständig ist das Gericht, das die Strafe ausgesprochen oder die Verwahrung angeordnet hat. Der Vollzug einer Reststrafe wird aufgeschoben. |

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe - 1 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann die Revision verlangen, wenn: |
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a | der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem endgültigen Urteil (Art. 44 EMRK) festgestellt hat, dass die EMRK oder die Protokolle dazu verletzt worden sind, oder den Fall durch eine gütliche Einigung (Art. 39 EMRK) abgeschlossen hat; |
b | eine Entschädigung nicht geeignet ist, die Folgen der Verletzung auszugleichen; und |
c | die Revision notwendig ist, um die Verletzung zu beseitigen. |
TIEMANN, Die Wiederaufnahme in Strafsachen, 3. Aufl. 2014, N. 235 ff.).
Rechtsfrage ist, ob die letzte kantonale Instanz von den richtigen Begriffen der "neuen Tatsache", des "neuen Beweismittels" und deren "Erheblichkeit" ausgegangen ist. Ob eine Tatsache oder ein Beweismittel neu ist, stellt eine Tatfrage dar. Ebenso, ob eine neue Tatsache oder ein neues Beweismittel geeignet ist, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils zu erschüttern. Rechtsfrage ist wiederum, ob die allfällige Veränderung der tatsächlichen Grundlagen zu einem für die verurteilte Person günstigeren Urteil führen kann (BGE 130 IV 72 E. 1 S. 73 mit Hinweisen).
1.3.2. Bei der vorläufigen und summarischen Prüfung des Revisionsgesuchs im Sinne von Art. 412

SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 412 Vorprüfung und Eintreten - 1 Das Berufungsgericht nimmt in einem schriftlichen Verfahren eine vorläufige Prüfung des Revisionsgesuchs vor. |
1.4. Der Beschwerdeführer beanstandet die psychiatrische Expertise von Dr. med. A.________ und med. pract. B.________ vom 30. Juli 2012 im Wesentlichen mit der Begründung, die früheren Gutachter hätten seine massive Erkrankung an ADHS nicht erkannt. Mit diesem und den weiteren in der Beschwerdeschrift enthaltenen Kritikpunkten hat sich die Vorinstanz auseinandergesetzt. Insbesondere unterstreicht sie, dass die Experten das Vorliegen von ADHS respektive einer hyperkinetischen Störung eingehend thematisiert und eine Massnahmeindikation klar verneint haben. Mit den vorinstanzlichen Erwägungen befasst sich der Beschwerdeführer nicht ansatzweise. Er belässt es damit, die im kantonalen Verfahren vorgebrachte Argumentation zu wiederholen. Wohl wendet das Bundesgericht Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 106 Rechtsanwendung - 1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an. |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. |
|
a | das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen; |
b | die Art und Weise der Übermittlung; |
c | die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.18 |
Hinweisen). Dies ist hier nicht der Fall. Unzutreffend ist zudem die erneute Behauptung des Beschwerdeführers, laut Gutachter könne die Diagnose einer hyperkinetischen Störung nicht mit der notwendigen Sicherheit gestellt werden. Die Vorinstanz hat die durch die Gutachter gestellten Diagnosen richtig zusammengefasst (E. 1.1 hievor; vgl. Expertise S. 44 f., 47, 51 und 54).
Die Schreiben der den Beschwerdeführer behandelnden Ärzte der PUK vom 5. November 2015 und 4. Dezember 2015 sind - entgegen der Bezeichnung in der Beschwerde - keine Privatgutachten oder gerichtliche Expertisen. Sie vermögen laut Vorinstanz keine Mängel am Gutachten aus dem Jahre 2012 aufzuzeigen und die Beweisgrundlage des Urteils vom 5. September 2014 nicht zu erschüttern. Gleiches gilt für die weiteren Schriftstücke, auf die der Beschwerdeführer neu abstellt und die nebst dem Elektroenzephalogramm-Befund einzig auf eine Anpassungsstörung (ICD-10 F43.2) verweisen und seine Hafterstehungsfähigkeit verneinen (act. 2/5-9). Es handelt sich dabei zudem um unechte Noven (weil sie bereits vor dem angefochtenen Beschluss bestanden und im kantonalen Verfahren nicht eingereicht wurden), welche vor Bundesgericht nicht vorgebracht werden dürfen (Art. 99 Abs. 1

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 99 - 1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. |
verfällt.
2.
Da die Beschwerde den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. |
|
a | das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen; |
b | die Art und Weise der Übermittlung; |
c | die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.18 |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 66 Erhebung und Verteilung der Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten werden in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann das Bundesgericht die Kosten anders verteilen oder darauf verzichten, Kosten zu erheben. |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 64 Unentgeltliche Rechtspflege - 1 Das Bundesgericht befreit eine Partei, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der Gerichtskosten und von der Sicherstellung der Parteientschädigung, sofern ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. |

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 65 Gerichtskosten - 1 Die Gerichtskosten bestehen in der Gerichtsgebühr, der Gebühr für das Kopieren von Rechtsschriften, den Auslagen für Übersetzungen, ausgenommen solche zwischen Amtssprachen, und den Entschädigungen für Sachverständige sowie für Zeugen und Zeuginnen. |
|
a | über Sozialversicherungsleistungen; |
b | über Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts; |
c | aus einem Arbeitsverhältnis mit einem Streitwert bis zu 30 000 Franken; |
d | nach den Artikeln 7 und 8 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 200224. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 2. August 2016
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Faga