Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
4A 196/2015
Urteil vom 1. September 2015
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Niquille,
Gerichtsschreiber Luczak.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Pascal Engelberger,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Bundesbahnen SBB,
vertreten durch SBB Immobilien, Recht, Compliance und Beschaffung,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Räumung; Passivlegitimation; Rechtskraft,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 18. März 2015.
Sachverhalt:
A.
A.________ (Gesuchsgegner, Beschwerdeführer) unterzeichnete am 20. August 1987 einen Vertrag. Als Vertragsparteien sind als Vermieter die " SCHWEIZERISCHEN BUNDESBAHNEN (SBB), [...]" (SBB) angegeben, als Mieter Herr "A.________, Loszentrale, X.________strasse, in U.________ ". Die SBB überliessen dem Mieter in der Fussgängerunterführung des Bahnhofs U.________ einen Platz von ca. 10 m2. Auf der Mietfläche durfte der Mieter einen Verkaufs-Container (Losverkaufsstelle von ca. 2 m Länge und ca. 2 m Breite) aufstellen, der in seinem Eigentum sei. Am 16. Dezember 2011 kündigten die SBB diesen Mietvertrag per 30. Juni 2012. Der Gesuchsgegner focht diese Kündigung an. Mit Urteil vom 18. November 2013 erklärte das Bezirksgericht Luzern die Kündigung als wirksam und gültig und wies das Erstreckungsbegehren des Gesuchgegners ab. Die von diesem gegen das Urteil erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern am 24. März 2014 ab. Dieses Urteil blieb unangefochten und bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
B.
Am 7. Juli 2014 stellte die Schweizerische Bundesbahnen SBB AG (Gesuchstellerin, Beschwerdegegnerin) beim Bezirksgericht ein Räumungsgesuch. Der Einzelrichter hiess das Gesuch am 18. Dezember 2014 im Wesentlichen gut und verpflichtete den Gesuchsgegner, die gemietete Fläche in der Fussgängerunterführung innert zehn Tagen seit Rechtskraft des Entscheids vollständig zu räumen, zu reinigen und zu verlassen, unter Androhung einer Ungehorsamsstrafe nach Art. 292
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 292 - Wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet, wird mit Busse bestraft. |
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Gesuchsgegner dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts vom 18. März 2015 aufzuheben und auf das Ausweisungsgesuch nicht einzutreten respektive dieses abzuweisen. Er hat innert laufender Beschwerdefrist seine Beschwerde ergänzt. Seinem Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gab das Bundesgericht am 10. Juli 2015 statt. Der Beschwerdeführer beantragt sodann, das Verfahren zu sistieren bis das Bundesverwaltungsgericht in einem dieselbe Angelegenheit betreffenden Verfahren entschieden habe. Die Beschwerdegegnerin wie auch das Kantonsgericht schliessen auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Beschwerdeführer hat unaufgefordert eine Replik eingereicht. Die Beschwerdegegnerin hat auf Gegenbemerkungen verzichtet und auch das Kantonsgericht hat keine eingereicht.
Erwägungen:
1.
Die Vorinstanz hält fest, der für die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen massgebende Streitwert liege über Fr. 15'000.--, womit diese im zu beurteilenden mietrechtlichen Fall gegeben wäre (Art. 74 Abs. 1 lit. a
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 74 Streitwertgrenze - 1 In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens beträgt: |
|
1 | In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens beträgt: |
a | 15 000 Franken in arbeits- und mietrechtlichen Fällen; |
b | 30 000 Franken in allen übrigen Fällen. |
2 | Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nach Absatz 1 nicht, so ist die Beschwerde dennoch zulässig: |
a | wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt; |
b | wenn ein Bundesgesetz eine einzige kantonale Instanz vorsieht; |
c | gegen Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen; |
d | gegen Entscheide des Konkurs- und Nachlassrichters oder der Konkurs- und Nachlassrichterin; |
e | gegen Entscheide des Bundespatentgerichts. |
1.1. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, aus dem Mietvertrag gehe zweifelsfrei hervor, dass die "Loszentrale" beziehungsweise die E.________ AG (nachfolgend Aktiengesellschaft), deren Verwaltungsräte er und seine Brüder B.A.________ und C.A.________ seien, Partei des Mietvertrages sei. Er ist der Meinung, damit fehle es an der Passivlegitimation, die von Amtes wegen zu prüfen sei. Es sei nicht zulässig, sich diesbezüglich auf die willkürlichen Feststellungen im Anfechtungsverfahren zu stützen, bei dem die Aktiengesellschaft nicht Partei gewesen sei, so dass sie ihre Rechte nie habe wahren können. Zudem ist er der Auffassung, es bestehe ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Nutzung. Mit dem Abschluss des Vertrages sei (zumindest konkludent) eine Bewilligung erteilt worden. Das vom Beschwerdeführer und der Aktiengesellschaft im Rahmen einer Rechtsverweigerungsbeschwerde angegangene Bundesverwaltungsgericht werde zu beurteilen haben, ob die Kündigung respektive der Entzug der Bewilligung zufolge Verletzung von Grundrechten unwirksam sei. Mit Blick darauf beantragt er, das Verfahren vor Bundesgericht zu sistieren.
1.2. Der Beschwerdeführer hat die von der Beschwerdegegnerin ausgesprochene Kündigung erfolglos angefochten. Im Anfechtungsverfahren wurde zwischen den Prozessparteien über die Gültigkeit der Kündigung rechtskräftig entschieden. Partei dieses Verfahrens war nach seinen eigenen Ausführungen der Beschwerdeführer und nicht die Aktiengesellschaft. Passivlegitimiert zur Vollstreckung der Kündigung, über deren Gültigkeit im Anfechtungsverfahren entschieden wurde, kann nur der Beschwerdeführer sein (respektive allenfalls dessen Rechtsnachfolger), nicht die Aktiengesellschaft, die nicht am Anfechtungsverfahren beteiligt war.
1.3. Allfällige Ansprüche privat- oder öffentlich-rechtlicher Natur der Aktiengesellschaft oder des Beschwerdeführers, die der ausgesprochenen Kündigung entgegenstanden, hätte er im Anfechtungsverfahren geltend machen müssen. Er kann die im Anfechtungsverfahren rechtskräftig entschiedene Streitfrage der Gültigkeit der Kündigung nicht im Vollstreckungsverfahren neu aufrollen. Einem derartigen Vorgehen steht die Rechtskraftwirkung des Urteils über die Kündigungsanfechtung entgegen (BGE 115 II 187 E. 3b S. 190 f.). Daher ist eine Sistierung des Verfahrens bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht angezeigt. Über die Gültigkeit der Kündigung wurde im Verhältnis zum Beschwerdeführer rechtskräftig entschieden.
1.4. Allfällige Rechte der Aktiengesellschaft, die der beantragten Räumung entgegenstehen, müsste die Aktiengesellschaft gegenüber ihrer behaupteten Vertragspartnerin geltend machen und durchsetzen. Diese Frage ist nicht Teil des gegen den Beschwerdeführer angestrengten Vollstreckungsverfahrens, das nicht das Verhältnis zwischen der Aktiengesellschaft und der Beschwerdegegnerin betrifft.
Immerhin ist anzumerken, dass entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers der von ihm eingereichte Vertrag nicht auf die Aktiengesellschaft als Vertragspartnerin deutet. Unterstrichen ist der Name des Beschwerdeführers, nicht die "Loszentrale". Dies spricht dagegen, dass sie als Vertragspartei angesehen wurde, abgesehen davon dass auch die Unterschrift nicht im Namen und mit der Firma der Aktiengesellschaft erfolgte. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer, indem er die Kündigung anfocht und sich nicht auf seine fehlende Mieterstellung berief, zeigte, dass auch er als Unterzeichner des Mietvertrages tatsächlich nicht von der Mieterstellung der Aktiengesellschaft ausging. Zudem bleibt die Frage, ob sich die Aktiengesellschaft angesichts dieses Verhaltens ihres Verwaltungsrates nach Treu und Glauben überhaupt noch darauf berufen könnte, nicht er sondern sie selbst sei Mietpartei. Die Frage braucht indessen nicht abschliessend behandelt zu werden. Der Beschwerdeführer könnte aus einer allfälligen privat- oder öffentlich-rechtlichen Berechtigung der Aktiengesellschaft jedenfalls nichts zu seinen Gunsten ableiten.
2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit mit Blick auf die mangelhafte Begründung (der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt wird ohne substanziierte Sachverhaltsrüge ergänzt; BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254 f.) überhaupt darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig. Die Beschwerdegegnerin ist nicht durch einen externen Anwalt, sondern durch den Rechtsdienst ihrer Abteilung Immobilien vertreten. Mangels eines besonders hohen Aufwandes steht ihr keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
|
1 | Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
2 | Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. |
3 | Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. |
4 | Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar. |
5 | Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 68 Parteientschädigung - 1 Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
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1 | Das Bundesgericht bestimmt im Urteil, ob und in welchem Mass die Kosten der obsiegenden Partei von der unterliegenden zu ersetzen sind. |
2 | Die unterliegende Partei wird in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei nach Massgabe des Tarifs des Bundesgerichts alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. |
3 | Bund, Kantonen und Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen wird in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegen. |
4 | Artikel 66 Absätze 3 und 5 ist sinngemäss anwendbar. |
5 | Der Entscheid der Vorinstanz über die Parteientschädigung wird vom Bundesgericht je nach Ausgang des Verfahrens bestätigt, aufgehoben oder geändert. Dabei kann das Gericht die Entschädigung nach Massgabe des anwendbaren eidgenössischen oder kantonalen Tarifs selbst festsetzen oder die Festsetzung der Vorinstanz übertragen. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. September 2015
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Luczak