BGE 66 I 152
27. Auszug aus dem Urteil vom 4. Oktober 1940 i. S. Simon gegen beide Basel.
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Regeste:
Art. 46 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um. |
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1 | Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um. |
2 | Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10 |
3 | Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11 |
Der Platz für die Lagerung von Maschinen sowie Bureauräumlichkeiten zur
Besorgung der kaufmännischen Arbeiten sind auch dann ständige Anlagen einer
einfachen Gesellschaft, die im Sinn der Rechtsprechung ein Steuerdomizil
begründen wenn sie einem Teilhaber gehören, der Lagerplatz von der
Gesellschaft nicht ständig benützt wird, dafür aber stets zur Verfügung steht,
und wenn der kaufmännische im Verhältnis zum technischen Betrieb eine mehr
untergeordnete Bedeutung aufweist.
Art. 46 al. 2 CF: installations permanentes fondant un domicile fiscal au sens
de la jurisprudence.
La place qui sert à entreposer des machines ainsi que les bureaux où se fait
le travail administratif constituent, pour une société simple, des
installations permanentes, même lorsqu'elles appartiennent à l'un des
associés, que la place de dépôt n'est pas constamment utilisée par la société
tout en étant toujours à disposition, et que le côté commercial de
l'exploitation joue un rôle plutôt secondaire par rapport au côté technique.
Art. 46 cp. 2 CF: impianti permanenti che costituiscono un domicilio fiscale
ai sensi della giurisprudenza.
Il piazzala che serve di deposito delle macchine come pure gli uffici, ove si
compie il lavoro amministrativo, costituiscono, per una società semplice,
impianti permanenti anche qualora essi appartengano ad uno dei soci e il
piazzale non sia sempre utilizzato dalla società, pur essendo sempre a sua
disposizione e il lato commerciale dell'azienda sia d'importanza piuttosto
secondaria rispetto a quello tecnico.
A. Der Rekurrent Josef Simon-Gürtler wohnt in Allschwil. Er besitzt in
Basel-Stadt Grundstücke und versteuert dort diese, im Kanton Baselland das
übrige Vermögen und das Einkommen aus Vergütungen der Firma Emmy Simon sowie
den Anteil aus Ertrag eines Baggergeschäftes. Dieses betreibt der Rekurrent
gemeinsam mit der Kollektivgesellschaft Eberhard & Bösch in Basel. Es besteht
darin, dass die beiden Teilhaber mit den ihnen gehörenden Baggermaschinen und
dem für deren Bedienung nötigen Personal in verschiedenen Kantonen teils
selbst Baggeraufträge ausführen, teils die Maschinen vermieten und dabei den
Baggerführer stellen. Bei
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Ausführung grösserer Arbeiten bleiben die Bagger oft während längerer Zeit
auswärts stehen. Sind dagegen für sie keine Arbeitsaufträge vorhanden, so
werden sie auf dem Werkplatz von Eberhard & Bösch unter freiem Himmel
gelagert. Die erforderlichen Revisionen werden dort ausgeführt. Die
kaufmännischen Arbeiten werden in den Bureauräumlichkeiten der
Kollektivgesellschaft besorgt, wofür diese ausser den Spesen 1% der
Rechnungsbeträge erhält. Mit dem Aufsuchen von Aufträgen sind teils der
Rekurrent von Allschwil aus, zum grösseren Teil dagegen die
Kollektivgesellschaft beschäftigt. Auf Gewinn und Verlust haben beide
Gesellschafter je zur Hälfte Anspruch.
B. Mit Verfügung vom 20. Dezember 1939 verlangte die Steuerverwaltung von
Basel-Stadt bei der Veranlagung des Rekurrenten für das Steuerjahr 1938, dass
dieser auch den Gewinnanteil aus dem Baggergeschäft in Basel-Stadt versteuere.
Auf Einsprache hin setzte sie am 29. Februar 1940 die Einkommenssteuer für das
Jahr 1938 auf Fr. 4000. fest. Simon rekurrierte dagegen.
In Baselland schätzte sich der Rekurrent im August 1939 für die Steuerperiode
1939/41 zur Einkommenssteuer ein unter Einbeziehung des Ertragsanteils aus dem
Baggergeschäft. Gegen den Entscheid der kantonalen Taxationskommission vom 29.
Dezember 1939 erklärte er Rekurs, weil Basel-Stadt ihn für jenes Einkommen
ebenfalls besteuern wolle. Er wurde aber von der Rekurskommission in diesem
Punkte abgewiesen, mit der Begründung, die den Baggerbetrieb führende
Gesellschaft besitze in Basel keine ständigen körperlichen Anlagen und die
Besorgung der Bureauarbeiten durch Eberhard und Bösch stelle keine quantitativ
und qualitativ erhebliche Tätigkeit dar, sodass der Rekurrent für den ihm
zufliessenden Ertrag am Wohnort steuerpflichtig sei (Rekursentscheid vom
4./24. Mai 1940).
C. Simon hat dagegen am 24. Mai 1940 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er
beantragt, das Bundesgericht möge feststellen, dass in Bezug auf einen Teil
des
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steuerbaren Vermögens und Einkommens für 1938 bezw. 1939 eine
Doppelbesteuerung vorliege.
D. Der Regierungsrat von Basel-Stadt schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
soweit sie sich gegen diesen Kanton richtet. Aus den tatsächlichen
Verhältnissen ergebe sich, dass der Rekurrent an einem in Basel-Stadt
niedergelassenen Unternehmen beteiligt sei, sodass für das Einkommen daraus
und das investierte Kapital die Steuerhoheit diesem Kanton zustehe; er habe
sie am 20. Dezember 1938 noch rechtzeitig geltend gemacht.
E. Der Regierungsrat von Basel-Landschaft beantragt die Abweisung der
Beschwerde gegenüber diesem Kanton. Er hält mit der Rekurskommission daran
fest, dass Simon nicht an der Kollektivgesellschaft Eberhard und Bösch
beteiligt, sondern mit dieser nur Miteigentümer von Baggermaschinen sei, die
gegen Entgelt ausgeliehen würden. In Basel bestehe kein eigentlicher
Geschäftsbetrieb, noch seien ständige Anlagen vorhanden. Das Aufsuchen von
Aufträgen besorge der Rekurrent teilweise von seinem Wohnort aus, wo er an
sich auch die verhältnismässig einfachen Bureauarbeiten besorgen könnte.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde gegenüber dem Kanton Basel-Landschaft
gutgeheissen.
Aus den Erwägungen:
Da die dem Baggerbetrieb dienenden Maschinen gemeinsames Eigentum des
Rekurrenten und der Kollektivgesellschaft Eberhard und Bösch sind, denen auch
der Geschäftsertrag grundsätzlich je zur Hälfte zufällt, und da sich mit dem
Aufsuchen von Aufträgen, wenn auch nicht in gleichem Masse, doch beide
Gesellschafter beschäftigen, ist der Rekurrent nicht Darlehensgläubiger der
Kollektivgesellschaft, sondern Gesellschafter; das Gesellschaftsverhältnis
besteht allerdings nicht in einer Beteiligung an der Kollektivgesellschaft,
sondern darin, dass er zusammen mit ihr zur Erzielung eines Ertrages aus der
Vermietung von Maschinen oder der Ausführung von Baggerarbeiten tätig ist und
dass der Baggerbetrieb
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zugleich einen Teilbetrieb der Kollektivgesellschaft darstellt. Das im
Baggergeschäft angelegte Vermögen und der daraus fliessende Ertrag können nach
der Praxis des Bundesgerichtes in Doppelbesteuerungssachen im Kanton
Basel-Stadt dann besteuert werden, wenn die einfache Gesellschaft dort
ständige Anlagen und Einrichtungen besitzt, die der Geschäftstätigkeit dienen
(BGE 48 I 408). Von diesem objektiven Merkmal der Geschäftsniederlassung wurde
nur ausnahmsweise, nämlich in Fällen abgesehen, wo das Verhältnis zwischen dem
formellen Sitz einer Gesellschaft und dem Orte ihrer Geschäftsführung in Frage
stand und ein Steuerdomizil am letzteren angenommen, auch wenn eigene ständige
Anlagen und Einrichtungen fehlten (BGE 45 I 204). Doch ist daran festzuhalten,
wo es sich um die Abgrenzung der Bedeutung des Wohnsitzes der natürlichen
Person zum Ort des Geschäftsbetriebes handelt.
Als ständige Anlagen des Baggerbetriebes fallen in Betracht einerseits der
Werkplatz, auf den die Maschinen jeweilen gebracht werden, wenn keine
Arbeitsaufträge vorhanden sind, und anderseits die Bureauräumlichkeiten und
Einrichtungen, in und mit denen sich der kaufmännische Betrieb (Korrespondenz,
Buchhaltung, Lohnauszahlungen, Rechnungsstellung, Entgegennahme der Zahlungen
usw.) abwickelt. Zwar mag zutreffen, dass der kaufmännische im Verhältnis zum
technischen Betrieb eine mehr untergeordnete Bedeutung aufweist. Doch
berechtigt dies nicht zur Folgerung, dass er im Gegensatz zu Unternehmen, bei
denen die kaufmännischen Arbeiten umfangreicher sind, als objektives Merkmal
der Geschäftsniederlassung nicht ausreiche. Wenn sie an sich nicht sehr
umfangreich sein mögen, hat dies nicht darin seinen Grund, dass sie zum Teil
anderswo besorgt würden; auch die Werbetätigkeit, die der Rekurrent von
Allschwil aus ausübt, ist gegenüber derjenigen der Kollektivgesellschaft
gering. Ebenso spielt sich der technische Betrieb nicht am Wohnort des
Rekurrenten, sondern überall dort ab, wo Arbeiten auszuführen sind.
Schliesslich
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kommt nichts darauf an, dass die kommerziellen Arbeiten gegenüber denjenigen
der Kollektivgesellschaft nicht verselbständigt sind, sondern in Verbindung
mit diesen abgewickelt werden (BGE 41 I 433, 41 I 442). Und dem Lagerplatz
kann der Charakter der ständigen Anlage nicht deshalb abgesprochen werden,
weil er für den Baggerbetrieb nicht ständig benützt wird. Es genügt, dass er
für die Lagerung der Maschinen verwendet werde, sobald sie in Ermangelung von
Arbeitsaufträgen eingestellt werden müssen. Wenn nämlich die Bagger vom
bisherigen Arbeitsplatz nicht direkt zu einer neuen Arbeitsstelle gebracht
werden können, so wäre ihre Aufbewahrung nicht an einem beliebigen Orte
möglich: sie bedürfen zur Vermeidung von Schädigungen einer gewissen Wartung
und zur Erhaltung ihrer Verwendbarkeit der Aufsicht und periodischer Revision,
sodass ohne den Lagerplatz der Firma Eberhard und Bösch nicht wohl auszukommen
wäre. Das massgebende Kriterium der ständigen Anlage, die ein Steuerdomizil
des Erwerbsunternehmens zu begründen vermag, kann übrigens entgegen der
Auffassung des Kantons Basel-Landschaft nicht darin liegen, ob der Betrieb an
sich ohne die Anlagen auskommen könnte, ob er ihrer bedürfe oder ständig
bedürfe, sondern allein darin, ob sie tatsächlich vorhanden sind und jeder
Zeit der Benützung offen stehen (BGE 41 I 433). Bureauräumlichkeiten und
Werkplatz stehen allerdings nicht im Eigentum der einfachen, sondern der
Kollektivgesellschaft und sind ein Teil ihrer ständigen Anlagen zum Betriebe
des Baugeschäftes. Doch genügt nach der Rechtsprechung, dass daran der
einfachen Gesellschaft das Benützungsrecht zusteht und dass die Anlagen für
deren Betrieb verwendet werden (BGE 46 I 31, 47 I 294).
Aus der Annahme eines Steuerdomizils des Baggergeschäftes in Basel-Stadt folgt
die Aufhebung der basellandschaftlichen Veranlagung des Rekurrenten für das
Jahr 1939, soweit damit dessen Gesellschaftsanteil und der Ertrag daraus
betroffen wird.