292 Staatsrecht

gutgeheissen und dementsprechend werden die angefochtenen Steuerentscheide
vom 14. und 15. August 1918 teilweise aufgehoben.

40. Urteil vom 10. Juni 1921 i. S. Hofmann gegen Zürich und Graubünden.
Arzt, der ausserhalb seines Wobnsitzkantons drei bis vier

Monate als Kurarzt in einem Bade tätig ist. Das Einkommen aus dieser
Kurpraxis ist am Kurorte zu versteuern.

A. Der Rekurrent Dr. Hofmann ist seit 6 Jahren '

über die Badesaison (3 bis 4 Monate) Kurarzt im Bade Fideris
(Graubünden). Während des Restes des Jahres wohnt er in eigenem Hause in
Zürich und beschäftigt sich in sozialer Fürsorge, in geringem Masse auch
mit Ausübung der ärztlichen Praxis. Die Steuern auf seinem Einkommen
als Kurarzt in Fideris hat er bis jetzt dort, diejenigen auf seinem
übrigen ' Einkommen und dem Vermögen in Zürich entrichtet. Anlässlich
der endgültigen Einschätzung für die Jahre 1919 und 1920 auf Grund des
neuen zürcherischen Steuergesetzes teilte ihm die Finanzdirektion des
Kantons Zürich als zur Entscheidung von Steuerpflichtfragen zuständige
Behörde am 21. Februar 1921 mit, dass sie ihn für sein ganzes Ein-kommen,
mit Einschluss der Einnahmen aus der ärztlichen Tätigkeit in Fideris
als in Zürich steuerpflichtig betrachte.

B. Mit Eingabe vom 9. März 1921 hat Dr. Hofmann '

gegenüber dem darin liegenden Versuche einer Doppelbesteuerung den Schutz
des Bundesgerichts angerufen. Er macht geltend, dass auch Graubünden,
bezw. Fideris nach eingezogenen Erkundigungen auf seinem Be--

.Doppelbesteuerung N° 40. 293

steuerungsrechte inbezug auf das streitige Berufseinkommen beharre. Der
Entscheid der Finanzdirektion sei umso weniger verständlich, als das
zürcherische amtliche Einschätzungsformular selbst den Abzug des Er-trages
aus auswärtigem Geschäftsbetriebe vom steuerbaren Einkommen vorsehe.

C. Der Kleine Rat des Kantons Graubünden hat sich dem Standpunkte und
den Ausführungen des Rekurrenten angeschlossen.

Der Regierungsrat des Kantons Zürich trägt auf Abweisung der Beschwerde,
soweit sie sich gegen Zürich richte, an. Der Rekurrent habe seinen
zivilrechtlichen Wohnsitz zweifellos in Zürich. Der Aufenthalt in
Fides-is vermöge als bloss vorübergehender dort kein Steuerdomizil zu
begründen. Aus dem Gesichtspunkte des sogenannten Sommeraufenthaltes
nicht, weil der Rekurrent dort nicht in eigenem Hause wohne. Und aus
dem Gesichtspunkte der auswärtigen Geschz'iftsniederlassung nicht,
weil er die Kurarzttätigkeit nicht in selbständiger Stellung, sondern
im Dienste der Kurhausgesellschaft ausübe, die ihm dafür ein Entgelt
in Form freier Wohnung (Wohnund Schlafzimmer), und freier Station für
sich und seine Frau entrichte und auch das Sprechund Wartezimmer sowie
die Medikamente (Apotheke) stelle. Dass der Rekurrent daneben von
den Patienten ein Honorar fordern dürfe, ändere an dem bestehenden
Abhängigkeitsverhältnis nichts. Das Berufseinkommen unselbständig
Erwerbender sei aber am Wohnsitz, nicht am Erwerbsorte zu versteuern. Es
würde für die Annahme einer ausserkantonalen Geschäftsniederlassung
auch das weitere Erfordernis," nämlich der Besitz ständiger körperlicher
Anlagen oder Einrichtungen an dem betreffenden Orte, von denen aus die
Erwerbstätigkeit vor sich gehe, fehlen. Die dem Rekurrenten in Fideris
zur Verfügung gestellten Räume samt Einrichtung gehörten nicht ihm,
sondern dem Kur si hause Fideris. ,

2.94 Staatsrecht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Es braucht nicht untersucht zu werden, ob das regelmässige mehrmonatliche
Verweilen des Rekurrenten in Fideris geeignet wäre, für ihn hier ein
allgemeines Stenerdomizil während der betreffenden Zeit zu begründen. Da
sich der Streit heute ausschliesslich um die Steuerhoheit hinsichtlich des
Erwerbes aus der Kurarzttätigkeit im Bad Fideris dreht, genügt es für die
Lösung des Konfliktes zu Gunsten Graubündens, dass der Rekurrent inbezug
hierauf in einer Beziehung zum letzteren Kanton steht, welche derjenigen
zum Wohnsitzkanton Zürich vergeht. Dies trifft aber zu. Der Grundsatz,
dass der Pflichtige, der ausserhalb seines Wohnsitzes in einem anderen
Kanton eine selbständige Erwerbstätigkeit in ständigen körperlichen
Anlagen oder Einrichtungen ausübt, das darin investierte Kapital und
das daraus fliessende Einkommen am Orte dieser Geschäftsniederlassung
und nicht am Wohnsitz zu versteuern hat, ist in der Praxis bisher
allerdings in erster Linie für kaufmännische und gewerbliche Betriebe
ausgesprochen worden. Er muss aber, wie schon einmal erkannt wurde (AS
20 S. 9 Erw. 3), in der Doktrin anerkannt ist und übrigens von Zürich
an sich nicht bestritten wird, ebenso gut für die zu Erwerbszwecken
erfolgende Ausübung eines freien (wissenschaftlichen) Berufes gelten,
da die Gründe, welche dafür sprechen, insoweit für die Abgrenzung der
Steuerhoheiten die wirtschaftliche Zuständigkeit der Einkormnensquelle
und nicht den sonstigen Mittelpunkt der Beziehungen des Steuersubjektes
entscheidend sein zu lassen, in einem wie im anderen Falle in gleicher
Weise zutreffen. Dass die Anlagen oder Einrichtungen, deren sich der
Pflichtige'zu seiner Erwerbstätigkeit bedient, sein Eigentum seien,
ist dabei nach feststehender Praxis (vgl. z. B. AS 40 I S. 74) nicht"
erforderlich. Es genügt, dass die Tätigkeit in solchen, bezw. von solchen,
einem festen Mittel-- " bwin). um... ,'.,A.., ; ._.si_--

.·(D·I.-s-x. _.

Doppelbesteuerung N° 40. 295

punkte in dem betreffenden Kantone aus ausgeübt wird und es sich nicht
um ein blosses Hinübergreifen einzelner Erwerbshandlungen über den
Wohnsitzkanton hinaus in das Gebiet anderer Kantone handelt. Auch versucht
Zürich zu Unrecht, dem Rekurreuten den Charakter eines selbständig
III-werdenden abzusprechen. Es kann dabei nicht entscheidend in Betracht
fallen, dass der Rekurrent, weil seine Berufsausübung zugleich den
Interessen eines anderen Unternehmens, der Kurhausgesellschaft Fideris
dient, von dieser dafür einen gewissen Entgelt erhält und wohl auch
hinsichtlich der Art der Führung der Praxis ihr gegenüber bestimmte
Verpflichtungen übernommen hat. Massgebend muss sein, auf wessen Rechnung
die fragliche Tätigkeit vor sich geht, 01. h. wem der ökonomische Ertrag
daraus zufällt. Dies ist aber unbestrittenermassen der Rekurrent, da er es
ist, der den Patienten für die ärztliche Behandlung Rechnung stellt, die
Honorare für sich einzieht und be-hält, während die Knrhausgeseilschaft
davon keinen weiteren Vorteil als denjenigen hat, den das Vorhandensein
eines Kurarztes allgemein dem Etablissement bringt. Man hat es
demnach trotz einem gewissen Ab-hängigkeitsverhältnis des Rekurrenten
zu der Kurhausgesellschaft, doch nicht mit einer blossen salarierten
Betätigung im Betriebe eines anderen, sondern mit einer Erwerbstätigkeit
zu tun, bei der der Rekurrent selbst wirtschaftlich und rechtlich als
der Unternehmer er-scheint und die deshalb für die Besteuerung dem
selbständigen Betriebe eines industriellen oder Handelsunternehmens an
dem betreffenden Orte gleichgehalten werden muss. Dass sie nicht das
ganze Jahr, sondern je-weilen nur einige Monate dauert, ändert an der
rechtlichen Beurteilung nichts. Der Fall ist in dieser Beziehung der
gleiche wie derjenige des Inhabers eines Saisonladengeschäftes an einem
Kurorte, der ebenfalls das Einkommen aus diesem Betriebe hier und nicht
an seinem Wohnsitze oder sonstigen Geschäftssitze zu versteuern hat.

296 staatsrecht-

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Beschwerde wird gutgeheissen und festgestellt, dass der Kanton Zürich
nicht berechtigt ist, den Rekurrenten für dessen Einkommen als Kurarzt
in Hderis pro 1919 und 1920 zu besteuern.

41. Arx-St du 16 septembre 1921 dans la cause Société Suisse pour
Passe-same du mobilier contre Commune de Bulle.

Double imposition : Constitue non une taxe mais un impot proprement dit,
.suscèptible d'ailleurs d'appeler l'appli-

cation de l'art. 46 al. 2 Const. féd., la contribution v an·

nuelle' réclamée par une commune pour se couvrir des frais occasionnés
par l'éclairage public. Application du principe au cas d'une société
d'assurance qui possède dans la commune en question une simple agence
non creatrice d'un domicile fiscal.

A. La Commune de Bulle & confié l'éclairage public, soit l'éclairage
des mes et places de la ville, ainsi que celui des hätjments de
l'administration, à une société privée, la Société électrique de
Bulle. Pour subvenir aux frais de eet éclairage, le Conseil communal a
fait adapter par l'assemblée des contrîhuables un règlement prévoyant
la création d'une contribution'spéciale à prélever chaque année
et que sont teuus de payer (art. ler) suivant leur position: a)
les rentiers; iz) les propriétaires; c) les chefs de menage; d) les
établissements de credit et maisons de commerce de la ville ; e) les
établissements de credit et maisons de commerce du dehors qui Ont des
agences, succursales ou entrepòts dans la localité, et f) les personnes
exereant une profession quelconque ou ayant un emploi public ou privé
à Bulle.Doppelbesteuerung. N° 41. 297

L'article 2 du reglement dispose : Cette répartition sera kalte au
moyen d'une taxe allem de 3 à 50 francs qui sera fixée par le Conseil
commnnal pour chacun des contribuahles rentrant dans la categorie -de
ceux cidessus spécifiés ; l'art. 3: Dans la taxation, il sera term compte
de la position exceptionnelle de la population rurale. si

La contribution pour l'éclairage public perone par la Commune de
Bulle n'est pas rangée parmi les impòts djts de commune prévus par
la législation fribourgeoise. Ceux ci ne comprennent en effet. que
les impòts orgiinaires sur la fortune, les revenue et rentes Viagères,
l'impòt sur les ménages (art. 275 de la loi sur les communes et paroisses
du 19 mai 1894), ainsi que les impöts djts extraordinaires ou centimes
additionnels qui s'ajoutent aux impòts pergus par l'Etat sur les droits de
mutation d'immeubles, les droits de sucoession et les patentes d'auberge,
les chiens, les voitures et enfin un impòt sur le mohilier (art. ler de
la loi du 24 novembre 1877 modifié par la loi du 27 novembre 1907). La
Commune de Bulle n'était donc pas tenue de solliciter pour son règlement
l'autorisation du Conseil d'Etat, et de

vkalt le règlement actuellement en vigueur, adopté à

nouveau par l'assemblée des eonfribuahles le 20 aoüt 1920, a été
simplement soumis à l'approbation du Préfet. Cette approbation a été
donnée le 11 novembre 1920. Le produit de la contribution pour l'éclairage
et les frais s'équilibrent approximativement. C'est ainsi que le projet
de budget pour 1919 prévoyait 8000 fr. aux recettes et 8400 fr. aux
dépenses, alors que le compte des profits et pertes, pour cette meme
année, faisait res-

sortir aux recettes 7867 fr. 20 et 8825 fr. 70 au cha-

pjtre des dépenses.

B. La Société suisse pour l'assurance du mohilier a son siege à Berne
et posséde à Bulle une agence diligée par un sieur F. Glasson.

La Commune de'Bulle ayant reclame à la dite société
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Dokument : 47 I 292
Datum : 10. Juni 1921
Publiziert : 31. Dezember 1921
Quelle : Bundesgericht
Status : 47 I 292
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 292 Staatsrecht gutgeheissen und dementsprechend werden die angefochtenen Steuerentscheide


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
doppelbesteuerung • weiler • monat • 1919 • bundesgericht • unternehmung • steuerhoheit • ausserhalb • honorar • patient • entscheid • autonomie • bern • begründung des entscheids • verhältnis zwischen • berufsausübungsbewilligung • baute und anlage • apotheke • charakter • regierungsrat
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