114 II 426
82. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Dezember 1988 i.S. M. gegen S. (Berufung)
Regeste (de):
- Ablösung einer Dienstbarkeit; Anwendung des Grundsatzes der Identität bei der Vereinigung von zwei Grundstücken (Art. 736 Abs. 1 ZGB).
- Wird das berechtigte Grundstück mit einem anderen Grundstück vereinigt, so bleibt für die Beurteilung des Interesses an der Dienstbarkeit allein das Interesse des ursprünglich berechtigten Grundstückes massgeblich. Besteht für dieses Grundstück kein Interesse mehr, so kann die Dienstbarkeit gelöscht werden (E. 2a-2c).
- Mehrbelastung infolge der Vereinigung von zwei Grundstücken (Art. 739 ZGB).
- Durch die Vereinigung des berechtigten mit einem nichtberechtigten Grundstück darf sich aus der Dienstbarkeit keine Mehrbelastung ergeben. Kann die Mehrbelastung im vorliegenden Fall dadurch vermieden werden, dass der Kreis der Berechtigten eingeschränkt wird? Frage offengelassen (E. 2d).
Regeste (fr):
- Suppression d'une servitude; application du principe de l'identité en cas de réunion de deux fonds (art. 736 al. 1 CC).
- En cas de réunion du fonds dominant à un autre fonds, seul l'intérêt du fonds originellement dominant est déterminant pour juger de l'intérêt à la servitude. Lorsqu'il ne subsiste plus aucun intérêt pour ce fonds, la servitude peut être radiée (consid. 2a-2c).
- Augmentation des charges ensuite de réunion de deux fonds (art. 739 CC).
- La réunion du fonds dominant à un fonds qui ne l'est pas ne doit pas entraîner une augmentation des charges découlant de la servitude subsistante. L'augmentation des charges peut-elle, en l'espèce, être évitée du fait que le cercle des ayants droit est restreint? Question laissée indécise (consid. 2d).
Regesto (it):
- Soppressione di una servitù; applicazione del principio dell'identità in caso di riunione di due fondi (art. 736 cpv. 1 LEF).
- In caso di riunione del fondo dominante con altro fondo, per valutare l'interesse alla servitù rimane determinante il solo interesse del fondo originariamente dominante. Ove non esista più alcun interesse per quest'ultimo fondo, la servitù può essere cancellata (consid. 2a-2c).
- Aggravamento dell'onere in seguito alla riunione di due fondi (art. 739 CC).
- La riunione del fondo dominante con un fondo che non lo è non può comportare un aggravamento dell'onere risultante dalla servitù esistente. Può l'aggravamento dell'onere essere evitato nella fattispecie limitando la cerchia degli aventi diritto? Questione lasciata indecisa (consid. 2d).
Sachverhalt ab Seite 427
BGE 114 II 426 S. 427
A.- M. ist Eigentümer der aneinandergrenzenden Grundstücke Nr. 5977 und Nr. 8605 in Winterthur-Altstadt. Diese Grundstücke sind mit einem alten Fuss- und Fahrwegrecht belastet, das zugunsten eines ehemaligen Grundstückes Nr. 2081 besteht. Dieses Grundstück ist zusammen mit dem ehemaligen Grundstück Nr. 5846 zur Liegenschaft Nr. 8104 vereinigt worden, die im Eigentum von S. steht. Anlässlich der Einführung des Eidgenössischen Grundbuches kam es zwischen den Parteien zu Differenzen über Bestand und Umfang dieser Grunddienstbarkeit.
B.- Am 1. September 1986 reichte M. beim Einzelrichter des Bezirksgerichts Winterthur Klage ein. Er beantragte die ersatzlose Löschung des Fuss- und Fahrwegrechts. Eventuell verlangte er die Feststellung, dass er berechtigt sei, gemäss Art. 736 Abs. 2 ZGB die vollständige Ablösung der Dienstbarkeit zu verlangen, wobei die entsprechende Entschädigung festzusetzen sei. S. beantragte widerklageweise die Feststellung, dass die Grunddienstbarkeit, datiert vom Jahre 1865, zugunsten der ganzen heutigen, mit einem Mehrfamilienhaus überbauten Liegenschaft Nr. 8104 bestehe und im Grundbuch entsprechend einzutragen sei. Mit Urteil vom 30. Juni 1987 wies der Einzelrichter Klage und Widerklage ab. Er wies das Grundbuchamt Winterthur-Altstadt an, zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Liegenschaft alt Kataster Nr. 2081 von und zur Rosentalstrasse ein Fusswegrecht zu Lasten der Liegenschaften Nr. 5977 und Nr. 8605 einzutragen. Entsprechend dem Begehren des Beklagten legte er fest, dieses Fusswegrecht stehe nur den im Grundbuch eingetragenen Eigentümern und deren Familienangehörigen, nicht aber den Mietern der berechtigten Liegenschaft zu.
C.- Gegen dieses Urteil erklärten beide Parteien Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Mit Urteil vom 3. Mai 1988 wies die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich die Klage ab, hiess die Widerklage gut und wies das Grundbuchamt Winterthur-Altstadt an, im Grundbuch ein Fusswegrecht von und zur Rosentalstrasse zugunsten des jeweiligen Eigentümers der Liegenschaft Nr. 8104 einzutragen. Im übrigen wurde das bezirksgerichtliche Urteil bestätigt.
BGE 114 II 426 S. 428
E.- M. hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt dessen Aufhebung und wiederholt die im kantonalen Verfahren gestellten Anträge auf Löschung der Dienstbarkeit, eventuell gegen Entschädigung. S. schliesst auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Vor Bundesgericht ist nach wie vor umstritten, ob das Fusswegrecht zugunsten der alten Parzelle Nr. 2081 zu löschen oder zugunsten der neuen Parzelle Nr. 8104 einzutragen sei. a) Nach Art. 736 Abs. 1 ZGB kann der Belastete die Löschung einer Dienstbarkeit verlangen, wenn diese für das berechtigte Grundstück alles Interesse verloren hat. Unter dem Interesse für das berechtigte Grundstück versteht die Rechtsprechung das Interesse des Eigentümers des Grundstückes an der Ausübung der Dienstbarkeit gemäss deren Inhalt und Umfang. Dabei ist vom Grundsatz der Identität auszugehen, der besagt, dass eine Dienstbarkeit nicht zu einem anderen Zweck aufrechterhalten werden darf als jenem, zu dem sie errichtet worden ist (BGE 107 II 334 f. mit Hinweisen). Zu prüfen ist somit in erster Linie, ob der Eigentümer des berechtigten Grundstückes noch ein Interesse an der Ausübung der Dienstbarkeit hat und ob sich dieses Interesse mit dem ursprünglichen Zweck deckt, zu dem die Dienstbarkeit begründet worden ist. b) Gemäss dem ursprünglichen Eintrag aus dem Jahre 1865 besass der jeweilige Besitzer des Wohnhauses Nr. 560 und des dazugehörigen Grundstückes Nr. 339 jederzeit ein ungehindertes und unentgeltliches Fuss- und Fahrwegrecht über die Grundstücke des Klägers. Das Fuss- und Fahrwegrecht diente einem Landwirtschaftsbetrieb, der ca. 1952 eingestellt wurde. Nach den Feststellungen des Bezirksgerichts, auf welche die Vorinstanz verwiesen hat, stand das Interesse an der Ausübung des Fahrwegrechts in einem engen Zusammenhang mit den Bedürfnissen dieses Landwirtschaftsbetriebs.
Aufgrund dieser Feststellungen hat das Bezirksgericht befunden, dass das ursprüngliche Interesse am Fahrwegrecht mit der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs weggefallen und das Fahrwegrecht zu löschen sei. Dies ist heute nicht mehr umstritten. Bestritten ist hingegen der Bestand des Fusswegrechts.
BGE 114 II 426 S. 429
c) Die Vorinstanz hat angenommen, das Fusswegrecht könne aufrechterhalten werden, weil es heute demselben Zweck diene wie früher. Diese Beurteilung kann nicht geteilt werden. Es mag zwar zutreffen, dass nach wie vor ein allgemeines Interesse daran besteht, die Rosentalstrasse und das Erholungsgebiet nördlich und östlich davon auf direktem Weg zu erreichen, ohne einen Umweg über den Lindspitz und die Rosenbergstrasse in Kauf nehmen zu müssen. Massgeblich ist jedoch allein das Interesse für den Eigentümer des Restgrundstückes Nr. 2081. Denn nur für diesen Parzellenteil, der durch den Bau der Rychenbergstrasse vom übrigen Grundstück abgetrennt worden ist, ist die ursprüngliche Dienstbarkeit im Kaufvertrag vom 22. November 1950 aufrechterhalten worden. Im Zusammenhang mit dem Eigentum an diesem Restgrundstück ist nun aber kein Interesse an der Beibehaltung des strittigen Fussweges ersichtlich. Das Restgrundstück umfasst lediglich 98,5 m2 und kann aufgrund seiner Grösse nicht überbaut werden. Ein Interesse allfälliger Bewohner, die Rosentalstrasse oder das nördlich und östlich davon gelegene Erholungsgebiet zu erreichen, fällt daher ausser Betracht. Aber auch als Zugang zum Grundstück besteht kein Interesse am Fussweg. Das Restgrundstück Nr. 2081 liegt unmittelbar an der Rychenbergstrasse. Es ist daher nicht einzusehen, inwiefern es von Vorteil wäre, wenn diese nur sehr beschränkt verwendbare Restparzelle zusätzlich über einen besonderen Fussweg von der doch recht weit entfernten Rosentalstrasse her erreicht werden könnte. Der Beklagte verlangt denn auch, das Fusswegrecht sei neu zugunsten der Eigentümer des Grundstückes Nr. 8104 einzutragen, zu welchem die aneinanderliegenden Grundstücke Nr. 2081 und Nr. 5846 vereinigt worden sind. Dies ändert an der Ausgangslage jedoch nichts. Durch die Vereinigung zweier Grundstücke kann eine Dienstbarkeit, an der jedes Interesse verlorengegangen ist, nicht zu neuem Leben erweckt werden. Dies gilt jedenfalls insoweit, als auch nach der Vereinigung für den ursprünglich berechtigten Grundstücksteil kein Interesse an der Dienstbarkeit ersichtlich ist, sondern die Bedürfnisse der mit dem berechtigten Grundstück vereinigten Liegenschaft herangezogen werden müssen. Mit dem Ersatz des Interesses des ursprünglich berechtigten Grundstücksteils an der Dienstbarkeit durch das Interesse des neu hinzugekommenen Grundstücksteils würde die Zweckbestimmung der Dienstbarkeit geändert. Dies muss vom Kläger nicht hingenommen werden (BGE 107 II 334 f.; 94 II 150).
BGE 114 II 426 S. 430
d) Zum gleichen Ergebnis führt eine weitere Überlegung. Werden zwei Grundstücke vereinigt, so beurteilt sich die Frage, ob eine Dienstbarkeit auch zugunsten des zum berechtigten Grundstück hinzugeschlagenen Grundstückes ausgeübt werden dürfe, nach Art. 739 ZGB, der bestimmt: "Ändern sich die Bedürfnisse des berechtigten Grundstückes, so darf dem Verpflichteten eine Mehrbelastung nicht zugemutet werden." Der gleiche Gedanke liegt auch Art. 91 Abs. 3
SR 211.432.1 Ordonnance du 23 septembre 2011 sur le registre foncier (ORF) ORF Art. 91 Procédure de traitement - 1 La procédure de traitement des données du grand livre s'ouvre avec l'inscription au journal. |
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BGE 114 II 426 S. 431
kommen, wie es dem Beklagten und der Vorinstanz offenbar vorschwebt, so ist an sich eine irreguläre Personalservitut nach Art. 781
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