Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung I

A-1211/2012

Urteil vom 21. Februar 2013

Richter Michael Beusch (Vorsitz),

Besetzung Richter Pascal Mollard, Richter Daniel Riedo,

Gerichtsschreiber Ralf Imstepf.

A._______ Holding AG,
Parteien
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Mehrwertsteuer (3. Quartal 2007 bis 4. Quartal 2009);
Gegenstand
Vorsteuerabzugsberechtigung.

Sachverhalt:

A.

A.a Die A._______ Holding AG (nachfolgend: die Steuerpflichtige) mit Sitz in Z._______ bezweckt den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an in- und ausländischen Unternehmungen aller Art. Sie kann Liegenschaften erwerben und veräussern. Die Steuerpflichtige ist seit dem 1. Juli 2007 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen.

A.b Im August 2010 führte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) bei der Steuerpflichtigen eine Kontrolle gemäss Art. 78 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (MWSTG, SR 641.20) durch. Untersucht wurden die Perioden vom 3. Quartal 2007 bis zum 4. Quartal 2009 (Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009). Die ESTV kam zum Schluss, dass die Steuerpflichtige zu Unrecht die Vorsteuern aus dem von ihr getätigten Kauf und der Prägung von Silber zu sog. "A._______-Münzen" abgezogen habe, da diese Eingangsleistungen ausschliesslich "dem von der Steuer ausgenommenen Bereich der Holdinggesellschaft" zuzuordnen seien und "aus der heutigen Sicht zudem keine für den unternehmerischen Zweck begründeten Investitionen" darstellen würden. Infolgedessen belastete die ESTV der Steuerpflichtigen mit "Einschätzungsmitteilung Nr. 355'512 / Verfügung" vom 18. August 2010 den Betrag von Fr. 369'477. zuzüglich Zins.

B.
Hiergegen liess die Steuerpflichtige am 16. September 2010 "Einsprache" an die ESTV erheben mit dem Begehren, die in der angefochtenen Verfügung der ESTV festgesetzte Steuernachforderung sei aufzuheben. Eventualiter sei festzustellen, dass der Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Veräusserung des Silbers bzw. der "A._______-Münzen" das Recht zustehe, die Vorsteuern auf dem Silberkauf bzw. auf den Prägungskosten für die "A._______-Münzen" vollumfänglich geltend zu machen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, dass kein ausgenommener Umsatz vorliege, welcher eine Vorsteuerkürzung erlauben würde. Auch bestünde ein sachlich-wirtschaftlicher, unmittelbarer Verwendungskonnex zwischen dem steuerbaren Eingangs- und dem späteren steuerbaren Ausgangsumsatz. Die Steuerpflichtige habe daher das Recht, den Vorsteuerabzug am Ende der Abrechnungsperiode geltend zu machen, in welcher sie die Rechnung erhalten habe.

C.
Mit als "Einspracheentscheid" bezeichnetem Dokument vom 3. Februar 2012 wies die ESTV die Einsprache ab. Zur Begründung führte die ESTV im Wesentlichen an, dass eine tatsächliche Verwendung der Eingangsleistungen für steuerbare Umsätze nicht ersichtlich sei. Eine lediglich für die Zukunft beabsichtigte Verwendung genüge für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht. Dies gelte sowohl für die Vorsteuern auf dem Kaufpreis des Silbers als auch für diejenigen auf den Prägungskosten.

D.
Gegen diesen "Einspracheentscheid" liess die Steuerpflichtige (nachfolgend: die Beschwerdeführerin) am 2. März 2012 Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht erheben. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid mit der darin verfügten Steuernachforderung unter Kostenfolgen aufzuheben. Gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG bestehe die Berechtigung, unter dem Recht des alten Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 2. September 1999 (aMWSTG, AS 2000 1300) angefallene Vorsteuern - welche nicht abgezogen werden konnten - im Rahmen der Einlageentsteuerung per 1. Januar 2010 geltend zu machen. Die ESTV habe sich daher anlässlich der Kontrolle im Jahr 2010 nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Vornahme des Abzugs angeblich nicht rückforderungsberechtigt gewesen sei, sondern sie hätte auch zu prüfen gehabt, ob dies auch im Zeitpunkt der Kontrolle noch der Fall gewesen war. Die ESTV habe diese Überlegung im Beiblatt zur EM Nr. 355'512 angestellt, indem sie festgehalten habe, dass "aus heutiger Sicht" die Silberkäufe keine für den unternehmerischen Zweck begründete Investition darstelle. Obwohl dadurch die Einlageentsteuerung angesprochen worden sei, habe sich die ESTV im "Einspracheentscheid" nicht mehr dazu geäussert und damit ihre Begründungspflicht verletzt. Denn falls die ESTV im Einspracheverfahren zum Schluss gekommen wäre, die Einlageentsteuerung sei entgegen den Ausführungen im besagten Beiblatt Gegenstand der Prüfung und des ihr nachfolgenden Verfahrens, hätte sie die Feststellung im Entscheid ausdrücklich festhalten und begründen müssen. Auch sei falsch, dass es sich bei den Silberkäufen um keine für den unternehmerischen Zweck begründete Investition handle, da die Beschwerdeführerin gar keinen nichtunternehmerischen Bereich aufweise. Die Silberkäufe würden der Beschwerdeführerin zur sicheren Verwaltung der Überschussliquidität ihrer Unternehmensgruppe dienen, was zu ihrer Aufgabe als Holding gehöre und damit direkt vom Unternehmenszweck gedeckt sei.

Ungeachtet ihres vermeintlichen Anspruchs auf Einlageentsteuerung hält die Beschwerdeführerin daran fest, dass auch unter den Bestimmungen zum aMWSTG die betreffenden Vorsteuern abzugsfähig seien. So seien die Silberkäufe und die Prägungen nicht dem ausgenommenen Bereich zurechenbar, da sie für den steuerbaren - und nicht für einen von der Steuer ausgenommenen - Wiederverkauf bestimmt seien. Zudem gelte die Feststellung der ESTV, dass die blosse Absicht einer steuerbaren Verwendung für den Vorsteuerabzug nicht genüge, nicht absolut, sondern nur in denjenigen Fällen, in denen objektiv eine gewisse Unsicherheit bestehe, ob sich diese Absicht auch verwirklichen könne oder werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die Beschwerdeführerin das von ihr gekaufte Silber früher oder später wieder veräussern werde.

E.
In ihrer Vernehmlassung vom 16. April 2012 schliesst die ESTV auf vollumfängliche, kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf überhaupt einzutreten sei. Sie macht sinngemäss geltend, dass die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG nicht Verfahrensgegenstand bilde. Es fehle diesbezüglich schon das Anfechtungsobjekt, da sich der "Einspracheentscheid" - gegen welchen vorliegend Beschwerde erhoben wurde - lediglich auf die kontrollierten Perioden vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009 beziehe und nicht auf die Einlageentsteuerung nach neuem Recht. Da die Einlageentsteuerung nicht im "Einspracheentscheid" behandelt sei und dieser im Laufe des Rechtsmittelverfahrens nicht erweitert oder qualitativ verändert werden könne, sei sie nicht Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren. Durch die Formulierung im Beiblatt zur EM Nr. 355'512 ("und stellen aus heutiger Sicht zudem keine für den unternehmerischen Zweck begründeten Investitionen dar") werde der Teilaspekt "Einlageentsteuerung" - entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin - nicht zum Verfahrensgegenstand erhoben.

In Bezug auf die Verweigerung des Vorsteuerabzugs verweist die ESTV auf ihre Ausführungen im "Einspracheentscheid" vom 3. Februar 2012. Es stehe ausser Frage, dass keine Ausgangsumsätze den Vorleistungen (Kauf des Silbers und Prägung) gegenüber stehen würden. Eine tatsächliche Verwendung für steuerbare Leistungen an Unternehmen sei nicht nachgewiesen. Im Übrigen begründet die ESTV die Nachbelastung nicht mehr damit, dass die Eingangsleistungen für ausgenommene Ausgangsleistungen verwendet würden. Ihr stehe es frei, im Laufe des Steuerjustizverfahrens die Begründung eines in der Sache korrekten Entscheids anzupassen, zu präzisieren bzw. sogar zu ersetzen.

F.
Mit Schreiben vom 16. Mai 2012 nahm die Beschwerdeführerin Stellung zur Vernehmlassung der ESTV. Sie macht darin weiterhin geltend, dass die Thematik der Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilde. Im Übrigen nehme sie zur Kenntnis, dass die ESTV nicht mehr an ihrer Begründung festhalte, die streitigen Aufwendungen seien dem von der Steuer ausgenommenen Bereich zuzuordnen. In Bezug auf die Verweigerung des Vorsteuerabzugs aufgrund angeblich fehlender Ausgangsumsätze verweist die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf die Ausführungen in ihrer Beschwerde vom 2. März 2012.

Auf die Ausführungen in den Eingaben der Parteien wird - soweit entscheidwesentlich - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG, SR 173.32) beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG gegeben ist. Eine solche liegt nicht vor. Die ESTV ist eine Behörde im Sinn von Art. 33 VGG, gegen deren Verfügungen die Beschwerde zulässig ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde sachlich zuständig. Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss dessen Art. 37 das Verfahren nach dem VwVG.

1.2

1.2.1 Ehe die Frage der funktionalen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet wird (E. 1.2.3), ist vorab das anwendbare Recht festzustellen (E. 1.2.2).

1.2.2 Am 1. Januar 2010 trat das MWSTG in Kraft. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen sowie die darauf gestützt erlassenen Vorschriften bleiben grundsätzlich weiterhin auf alle während ihrer Geltungsdauer eingetretenen Tatsachen und entstandenen Rechtsverhältnisse anwendbar (Art. 112 Abs. 1 MWSTG). Da sich der vorliegende Sachverhalt in den Jahren 2007 bis 2009 zugetragen hat, untersteht das vorliegende Verfahren in materieller Hinsicht grundsätzlich dem aMWSTG.

Demgegenüber ist das neue mehrwertsteuerliche Verfahrensrecht im Sinn von Art. 113 Abs. 3 MWSTG auf sämtliche im Zeitpunkt des Inkrafttretens hängige Verfahren anwendbar. Allerdings ist Art. 113 Abs. 3 MWSTG insofern restriktiv zu handhaben, als gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung nur eigentliche Verfahrensnormen sofort auf hängige Verfahren anzuwenden sind, und es dabei nicht zu einer Anwendung von neuem materiellen Recht auf altrechtliche Sachverhalte kommen darf (ausführlich: Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A 1113/2009 vom 23. Februar 2010 E. 1.3 und A 1447/2010 vom 11. November 2011 E. 1.3).

1.2.3 Hinsichtlich der funktionalen Zuständigkeit ist Folgendes zu bemerken: Im vorliegenden Fall wurde eine als "Einspracheentscheid" bezeichnete Verfügung der Vorinstanz angefochten. Der Erlass eines Einspracheentscheids setzt ausführungsgemäss voraus, dass vorgängig eine Verfügung erging, welche überhaupt Gegenstand eines Einspracheverfahrens bilden kann (statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A 3480/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 1.2.2 f.). Ob eine solche in der "Einschätzungsmitteilung Nr. 355'512 / Verfügung" erblickt werden kann oder nicht, braucht vorliegend nicht abschliessend beurteilt zu werden. Unbestrittenermassen handelt es sich nämlich beim "Einspracheentscheid" vom 3. Februar 2012 um eine Verfügung gemäss Art. 5 VwVG. Indem der Beschwerdeführer gegen diesen beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhob, hat er einen allfälligen Verlust des Einspracheverfahrens zumindest in Kauf genommen. Seine vorbehaltlose Beschwerdeführung direkt beim Bundesverwaltungsgericht wäre unter diesen Umständen - in analoger Anwendung von Art. 83 Abs. 4 MWSTG - als "Zustimmung" zur Durchführung des Verfahrens der Sprungbeschwerde zu werten, zumal der "Einspracheentscheid" einlässlich begründet ist (statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A 3480/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 1.2.4 mit weiteren Hinweisen). Das Bundesverwaltungsgericht ist demnach für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde auch funktional zuständig.

1.3 Das Bundesverwaltungsgericht kann den angefochtenen Entscheid vom 3. Februar 2012 grundsätzlich in vollem Umfang überprüfen. Der Beschwerdeführer kann neben der Verletzung von Bundesrecht (Art. 49 Bst. a VwVG) und der unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 49 Bst. b VwVG) auch die Rüge der Unangemessenheit erheben (Art. 49 Bst. c VwVG; André Moser/Michael Beusch/Lorenz Kneubühler, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, Basel 2008, Rz. 2.149 ff.). Aus dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen folgt, dass es ohne Einschränkung zulässig ist, im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst nach Ablauf der Beschwerdefrist im Rahmen einer allfälligen Replik oder von Schlussbemerkungen eine neue rechtliche Begründung vorzubringen. Diese ist zu berücksichtigen, wenn sie als ausschlaggebend erscheint, der Streitgegenstand dadurch nicht ausgeweitet wird und die Verspätung nicht auf nachlässige Prozessführung oder Verfahrensverschleppung zurückzuführen ist (Art. 32 Abs. 2 VwVG; BGE 131 II 200 E. 3.2). Grundsätzlich nicht zulässig sind hingegen neue Rechtsbegehren (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-6156/2007 vom 17. Dezember 2007 E. 2.3).

1.4 Die Beweiswürdigung endet mit dem richterlichen Entscheid darüber, ob eine rechtserhebliche Tatsache als erwiesen zu gelten hat oder nicht. Als Regelbeweismass gilt der volle (strikte) Beweis. Dieser ist erbracht, wenn das Gericht am Vorliegen der behaupteten Tatsache keine ernsthaften Zweifel mehr hat oder allenfalls verbleibende Zweifel als leicht erscheinen (BGE 130 III 321 E. 3.2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-845/2011 vom 7. Februar 2012 E. 1.3.2). Gemäss dem - durch die Mitwirkungspflicht der Partei eingeschränkten - Untersuchungsgrundsatz trägt die Behörde die Beweisführungslast (subjektive oder formelle Beweislast). Wie sich allfällige Zweifel nach abgeschlossener Sachverhaltsermittlung auf den Entscheid der Behörde auswirken, wird hingegen nicht geregelt. Für die (materielle) Beweislast ist - mangels spezialgesetzlicher Regelung - Art. 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210) in analoger Anwendung massgebend. Gemäss dem darin verankerten Rechtsprinzip trägt derjenige den Nachteil der "Nichtnachweislichkeit" einer Tatsache, der aus ihr Rechte ableiten wollte. Im Steuerrecht gilt grundsätzlich, dass die Steuerbehörde für die steuerbegründenden und mehrenden Tatsachen den Nachweis zu erbringen hat, während der steuerpflichtigen Person der Nachweis der Tatsachen obliegt, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (statt vieler: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-5938/2011 vom 4. Juli 2012 E. 2.1.2; Ernst Blumenstein/Peter Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 454). Dies bedeutet betreffend Vorsteuerabzug wie auch Geltendmachen der Einlageentsteuerung, dass der Steuerpflichtige für das Vorhandensein der Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen beweisbelastet ist.

1.5 Gegenstand des Beschwerdeverfahrens kann nur sein, was Gegen-stand des vorinstanzlichen Verfahrens war oder nach richtiger Gesetzesauslegung hätte sein sollen (Anfechtungsobjekt). Gegenstände, über welche die Vorinstanz nicht entschieden hat, und über die sie nicht zu entscheiden hatte, sind aus Gründen der funktionellen Zuständigkeit durch die zweite Instanz nicht zu beurteilen (Urteile des Bundesgerichts 2C_642/2007 vom 3. März 2008 E. 2.2, 2A.121/2004 vom 16. März 2005 E. 2.1; statt vieler: BVGE 2010/12 E. 1.2.1). Der Streitgegenstand wird zudem durch die Parteianträge definiert und braucht mit dem Anfechtungsobjekt nicht übereinzustimmen. Er darf sich im Laufe des Beschwerdeverfahrens nur verengen, er kann nicht erweitert oder qualitativ verändert werden (Urteil des Bundesgerichts 2A.121/2004 vom 16. März 2005 E. 2.1; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-607/2012 vom 20. Dezember 2012 E. 1.2). Was Streitgegenstand ist, bestimmt sich nach dem angefochtenen Entscheid und den Parteibegehren (BGE 133 II 35 E. 2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-4956/2012 vom 15. Januar 2013 E. 2.2.1).

Ein Antrag, der über das hinausgeht, was von der Vorinstanz entschieden wurde, oder der mit dem Gegenstand der angefochtenen Verfügung nichts zu tun hat, ist ungültig. Ausnahmsweise werden Antragsänderungen und -erweiterungen, die im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen, aus prozessökonomischen Gründung jedoch zugelassen. Voraussetzungen dafür sind, dass einerseits ein sehr enger Bezug zum bisherigen Streitgegenstand besteht, so dass von einer Tatbestandsgesamtheit gesprochen werden kann, und andererseits die Verwaltung im Laufe des Verfahrens Gelegenheit hatte, sich zu dieser neuen Streitfrage zu äussern (Urteil des Bundesgerichts 1A.254/2004 vom 7. Februar 2005 E. 2.3, BVGE 2009/37 E. 1.3.1; Moser/Beusch/Kneubühler, a.a.O., Rz. 2.210).

2.

2.1 Der Bund erhebt eine allgemeine Verbrauchssteuer nach dem System der Netto-Allphasensteuer mit Vorsteuerabzug (Mehrwertsteuer; Art. 130 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101], Art. 1 Abs. 1 aMWSTG und Art. 1 Abs. 1 MWSTG). Die Erhebung der Mehrwertsteuer erfolgt namentlich nach dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität mit Anrechenbarkeit der Vorsteuer sowie unter Berücksichtigung der Überwälzbarkeit und der Wirtschaftlichkeit der Erhebung (Art. 1 Abs. 2 aMWSTG und Art. 1 Abs. 3 MWSTG).

2.2 Der Vorsteuerabzug, der ein zentrales Element des Mehrwertsteuersystems darstellt, bewirkt, dass der Unternehmer nur seinen Nettoumsatz versteuern muss, obgleich die Bemessungsgrundlage das Gesamtentgelt ohne Umsatzsteuer ist (Urteil des Bundesgerichts 2C_653/2008 vom 24. Februar 2009 E. 6.3; Alois Camenzind/Niklaus Honauer/Klaus A. Vallender, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], Bern 2003, 2. Aufl., Rz. 1360). Der Vorsteuerabzug ist prinzipiell nichts anderes als das Gegenstück zur Ausgangsumsatzsteuer. Infolge der Trennung zwischen Ausgangsumsatzsteuer und Vorsteuer sind beim steuerpflichtigen Unternehmer die beiden Bereiche voneinander zu unterscheiden; sie müssen unabhängig voneinander ermittelt werden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-5620/2008 vom 11. November 2009 E. 2.2).

2.3 Verwendet der Steuerpflichtige Gegenstände oder Dienstleistungen für steuerbare Ausgangsleistungen, so kann er in seiner Steuerabrechnung u. a. die ihm von anderen Steuerpflichtigen mit den Angaben nach Art. 37 aMWSTG in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen und Dienstleistungen oder die von ihm für den Bezug von Dienstleistungen aus dem Ausland deklarierte Steuer abziehen (Art. 38 Abs. 1 Bst. a und b sowie Abs. 2 aMWSTG). Die Vorsteuer kann auch abgezogen werden, wenn die Gegenstände oder Dienstleistungen für Tätigkeiten nach Art. 19 Abs. 2 aMWSTG oder für Tätigkeiten verwendet werden, die steuerbar wären, würden sie in der Schweiz bewirkt (Art. 38 Abs. 3 aMWSTG).

2.4 Nach konstanter Lehre und Rechtsprechung müssen, damit der Vorsteuerabzug beansprucht werden kann, folgende Voraussetzungen erfüllt sein: a) Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht nur für Steuerpflichtige (Art. 38 Abs. 1 aMWSTG); b) Der Vorsteuerabzug ist nur für solche Leistungen möglich, die von einem anderen Unternehmer mit der Mehrwertsteuer belastet erbracht wurden (Art. 38 Abs. 1 und 2 aMWSTG); c) Die Leistungen müssen für einen geschäftlich begründeten Zweck oder für den Export erbracht werden (Art. 38 Abs. 2 aMWSTG), wobei die zulässigen Zwecke in Art. 38 Abs. 2 und 3 aMWSTG abschliessend umschrieben sind; d) Der Abzug darf nicht ausdrücklich ausgeschlossen sein (Art. 38 Abs. 5 und 39 aMWSTG) oder "zur Erzielung eines von der Besteuerung ausgenommenen Umsatzes" (Art. 18 aMWSTG) bzw. eines Nichtumsatzes (Art. 38 Abs. 4 aMWSTG) eingesetzt werden; e) Es muss ein genügender Nachweis in Form einer Rechnung bestehen (Art. 38 Abs. 1 Bst. a in Verbindung mit Art. 37 aMWSTG) (vgl. statt vieler: Urteil des Bundesgerichts 2C_45/2008 vom 16. Dezember 2008 E. 3.2).

2.5 Für einen Vorsteuerabzug ist gemäss Art. 38 Abs. 1 aMWSTG, wie soeben dargelegt (E. 2.4), unter anderem erforderlich, dass die mit der Vorsteuer belasteten Gegenstände und Dienstleistungen für einen geschäftlich begründeten Zweck gemäss Abs. 2 der Bestimmung verwendet werden, namentlich für steuerbare Lieferungen und Dienstleistungen. Verlangt wird gemäss Rechtsprechung ein "objektiv wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen steuerbarer Eingangs- und Ausgangsleistung" (statt vieler: BGE 132 II 353 E. 8.2 f.). Dabei ist neben der unmittelbaren Verwendung auch eine mittelbare Verwendung anerkannt, bei welcher die Eingangsleistung nur indirekt in den Ausgangsumsatz einfliesst. Nicht genügend ist gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts eine lediglich für die Zukunft beabsichtigte Verwendung; das - vorliegend materiell massgebende (oben E. 1.2.2) - aMWSTG knüpft an die tatsächliche Verwendung der Eingangsleistung für steuerbare Umsätze an und nicht nur an die Unternehmereigenschaft (Urteil des Bundesgerichts 2A.349/2004 vom 1. Dezember 2004 E. 4.3.2 mit Hinweis auf Daniel Riedo, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, Bern 1999, S. 257 ff.; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A 1376/2006 vom 20. November 2007 E. 5.2, A-1361/2006 vom 19. Februar 2007 E. 5.2). Diese Rechtsprechung ergibt sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut, der eine "Verwendung der Gegenstände oder Dienstleistungen" für die in Art. 38 Abs. 2 aMWSTG genannten Zwecke, das heisst, für steuerbare Lieferungen (Bst. a), steuerbare Dienstleistungen (Bst. b), für optierte Umsätze (Bst. c) und für bestimmte weitere Zwecke, die hier nicht von Bedeutung sind (Bst. d), verlangt.

2.6 Nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen die nach Art. 18 aMWSTG von der Steuer ausgenommenen Umsätze (Art. 17 aMWSTG). Werden bezogene Leistungen nicht für einen geschäftlich begründeten Zweck bzw. nicht für einen steuerbaren Ausgangsumsatz verwendet, liegt Endverbrauch beim Steuerpflichtigen vor, welcher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (statt vieler: BGE 132 II 353 E. 8.2).

2.7 Sind die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs zum Zeitpunkt des Leistungsempfangs nicht gegeben, treten sie jedoch später ein, so kann der Vorsteuerabzug gemäss Art. 32 MWSTG bei Eintritt der Voraussetzungen nachgeholt werden (Tobias Felix Rohner, Der nachträgliche Vorsteuerabzug [Einlageentsteuerung] im schweizerischen MWSTG und nach der 6. MwSt.-Richtlinie der EU, Diss. St. Gallen 2007, S. 109 f.; Riedo, a.a.O., S. 273 ff.). Gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG gelten die Bestimmungen über die Einlageentsteuerung nach Art. 32 MWSTG auch für Leistungen, für die vor dem Inkrafttreten des MWSTG (also vor dem 1. Januar 2010) kein Anspruch auf Vorsteuerabzug gegeben war. Eingangsleistungen, welche vor Inkrafttreten des MWSTG bezogen worden sind und für welche kein Vorsteuerabzugsrecht bestand, können demnach zum Vorsteuerabzug unter neuem Recht berechtigen, falls die Voraussetzungen für die Einlageentsteuerung erfüllt sind (Ivo P. Baumgartner/Diego Clavadetscher/Martin Kocher, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, Einführung in die neue Mehrwertsteuerordnung, Langenthal 2010, § 13 Rz. 12). Gemäss Art. 32 Abs. 1 MWSTG müssen dafür die Kriterien des Vorsteuerabzugsrechts (Art. 28 ff . MWSTG) erfüllt sein. Der Vorsteuerabzug kann in solchen Fällen in derjenigen Abrechnungsperiode vorgenommen werden, in der die Voraussetzungen hierfür eingetreten sind.

3.

3.1 Vorliegend macht die Beschwerdeführerin geltend, sie sei spätestens mit dem Inkrafttreten des MWSTG am 1. Januar 2010 gestützt auf Art. 113 Abs. 2 MWSTG vorsteuerabzugsberechtigt geworden. Ungeachtet dieser Vorsteuerberechtigung aus Einlageentsteuerung sei sie aber schon unter altem Recht vorsteuerabzugsberechtigt gewesen, da sie das gekaufte Silber und die bezogenen Prägungsdienstleistungen für steuerbare Zwecke verwendet habe. Der Abzug der Vorsteuer auf diesen Eingangsleistungen sei daher rechtens. Die von der ESTV erlassene Verfügung zur Zahlung der in den Perioden vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009 geltend gemachten Vorsteuer müsse daher aufgehoben werden. Die ESTV verneint dagegen die Vorsteuerabzugsberechtigung der Beschwerdeführerin mit dem Argument, dass diese den für den Vorsteuerabzug unter altem Recht notwendigen Verwendungszweck für einen steuerbaren Ausgangsumsatz nicht nachgewiesen habe. Die geltend gemachte Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG sei nicht Streitgestand des vorliegenden Verfahrens.

Aufgrund dieser Sachlage ist zunächst zu klären, ob die Beschwerdeführerin unter altem Recht vorsteuerabzugsberechtigt für die bezogenen Leistungen (Silber und Prägungen) war (E. 3.2). Ist dies zu verneinen, muss in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG Streitgegenstand des Verfahrens bildet (E. 3.3). Wäre nämlich die Einlageentsteuerung vorliegend Streitgegenstand und sind deren Voraussetzungen gemäss Art. 113 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 32 MWSTG erfüllt, hätte dies zur Folge, dass die Beschwerdeführerin den ihr verwehrten Vorsteuerabzug für die fraglichen Eingangsleistungen unter neuem Recht geltend machen könnte.

Nicht mehr im Streit liegt die Frage, ob die geltend gemachten Vorsteuern einem von der Steuer ausgenommenen Bereich der Steuerpflichtigen zuzuordnen sind (E. 2.6). Die ESTV verzichtet richtigerweise im Beschwerdeverfahren auf ein derartiges Vorbringen. Ein von der Steuer ausgenommener Ausgangsumsatz der Beschwerdeführerin, welchem die streitigen Vorsteuern zurechenbar wären, ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

3.2

3.2.1 Unbestrittenermassen hat die Beschwerdeführerin in den Jahren 2008 und 2009 Silber gekauft, welches ihr (physisch) geliefert wurde. Einen Teil dieses Silbers hat sie nach eigenen Angaben zur Prägung von selbstgestalteten Münzen verwendet. Bis zum heutigen Zeitpunkt sei dieses Silber und die geprägten Münzen nicht weiterveräussert worden. Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist für die Gewährung des Vorsteuerabzugsrechts gemäss den Bestimmungen des vorliegend anwendbarem aMWSTG zwingend eine Verwendung der Eingangs- für die Ausgangsleistungen erforderlich (E. 2.3). Nicht genügend ist eine lediglich für die Zukunft beabsichtigte Verwendung (E. 2.5). Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass diese Rechtsprechung nicht absolut gelte, sondern nur in denjenigen Fällen, in denen objektiv eine gewisse Unsicherheit bestehe, ob sich die beabsichtigte Verwendung auch verwirklichen werde. Vorliegend bestehe kein Zweifel, dass das Silber und die Münzen künftig zur Erzielung eines steuerbaren Ausgangsumsatzes verwendet würden.

3.2.2 Diese Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen nicht zu überzeugen. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts - welche sich auf den klaren Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des Art. 38 aMWSTG stützt (E. 2.5) - lässt keinen Zweifel daran, dass eine lediglich beabsichtigte Verwendung der Eingangsumsätze zur Erzielung steuerbarer Ausgangsumsätze nicht genügt. Weder setzt sich der Beschwerdeführer mit dieser Rechtsprechung hinreichend substantiiert auseinander noch sind Gründe ersichtlich, diese mehrfach bestätigte höchstrichterliche Rechtsprechung in Frage zu stellen. Den Nachweis eines aktuellen steuerbaren Verwendungszwecks - welcher ihr gemäss allgemeiner Beweislastverteilungsregel (E. 1.4) obliegen würde - vermag die Beschwerdeführerin nicht zu erbringen. Entgegen ihren Äusserungen bestehen nämlich erhebliche Zweifel, dass das gekaufte Silber bzw. die geprägten Silbermünzen tatsächlich für steuerbare Ausgangsumsätze verwendet werden sollten. Es erscheint diesbezüglich insbesondere wenig glaubhaft, dass die sog. "A._______-Münzen" mit dem Portrait des Verwaltungsratspräsidenten der Beschwerdeführerin, B._______, tatsächlich für einen steuerbaren Ausgangsumsatz verwendet werden könnten. Auch bezüglich des Verwendungszwecks der nicht geprägten Silberbarren bleibt die Beschwerdeführerin bei vagen Ausführungen. Zwar führt sie an, dass die Silberkäufe "der sicheren Verwaltung der Überschussliquidität ihrer Unternehmensgruppe" diene, was zu ihrer "Aufgabe als Holding" gehöre und damit "direkt vom Unternehmenszweck gedeckt" sei. Diese "Verwaltung der Überschussliquidität" hätte aber auch ohne physische Lieferung des Silbers erfolgen können. Es erscheint zweifelhaft, dass mit dem Kauf einer einzigen Edelmetallart der Zweck der sicheren Verwaltung allfälliger Liquidität erreicht werden kann. Die physische Lieferung legt vielmehr den Schluss nahe, dass auch das restliche Silber zu "A._______-Münzen" verarbeitet werden soll bzw. verarbeitet hätte werden sollen. Die ESTV hat damit zu Recht die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Vorsteuern für die Perioden vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009 im Umfang von Fr. 369'477.-- zurückgefordert. Auch der diesbezüglich verlangte Verzugszins seit 15. Mai 2009 (mittlerer Verfall) ist nicht zu beanstanden.

3.3

3.3.1 Da die Beschwerdeführerin in Bezug auf das eingekaufte Silber bzw. dessen Prägung unter altem Recht nicht vorsteuerabzugsberechtigt war (E. 3.2), muss geprüft werden, ob allenfalls ein Vorsteuerabzugsrecht im Sinne der Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG vorliegend zur Anwendung kommt. Es stellt sich diesbezüglich vorab die Frage, ob eine solche Einlageentsteuerung überhaupt Streitgegenstand ist.

3.3.2 Anfechtungsobjekt des vorliegenden Verfahrens bildet die als "Einspracheentscheid" bezeichnete Verfügung vom 3. Februar 2012. Das Anfechtungsobjekt bildet zwar nicht den Streitgegenstand, aber den Rahmen, über den dieser nicht hinausgehen darf (E. 1.5.1). Im vorliegenden Fall beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des "Einspracheentscheids". Da die Verfügung insgesamt angefochten wird, sind gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung Anfechtungsobjekt und Streitgegenstand identisch. Angefochten (und damit streitig) ist somit im vorliegenden Beschwerdeverfahren das gesamte im "Einspracheentscheid" vom 3. Februar 2012 geregelte Rechtsverhältnis. Da grundsätzlich nur das Dispositiv anfechtbar ist, ergibt sich der Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren aus dem Dispositiv des "Einspracheentscheids". Diesem ist unter Ziffer 2 zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin der ESTV für die Perioden vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009 über die bisherigen Selbstdeklarationen hinaus Fr. 369'477.-- nebst Verzugszins seit 15. Mai 2009 schulde und daher zu bezahlen habe. Diese Steuernachforderung wird durch die Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift vom 2. März 2012 ans Bundesverwaltungsgericht bestritten. Streitgegenstand im vorliegenden Fall bildet somit grundsätzlich die vom Beschwerdeführer bestrittene Mehrwertsteuerschuld im Umfang von Fr. 369'477.-- zuzüglich Verzugszins mit Bezug auf die Perioden vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009.

3.3.3 Wie oben dargestellt (E. 2.7), besteht nach neuem Recht die Möglichkeit gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG, bei gegebenen weiteren Voraussetzungen, Vorsteuerbelastungen, welche unter altem Recht nicht zum Abzug berechtigten, ab erster Abrechnungsperiode 2010 zu entsteuern. Vorliegend ist aber nicht diese erste Periode 2010 zu beurteilen, sondern die Perioden vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009. Dies geht aus dem Dispositiv des "Einspracheentscheids" ausdrücklich hervor. Der Streitgegenstand, welcher sich durch das aus dem "Einspracheentscheid" herrührende Rechtsverhältnis definiert, ist somit zeitlich auf die genannten Perioden begrenzt. Die Frage, ob Art. 113 Abs. 2 MWSTG auf die Perioden vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009 angewendet werden muss, stellt sich somit vorliegend mangels Zugehörigkeit zum Streitgegenstand nicht. Mit ihrem Vorbringen, sie erfülle die Voraussetzungen für die Einlageentsteuerung und müsse daher - selbst für den Fall, dass die Vorsteuerkürzung unter altem Recht rechtmässig war - die Mehrwertsteuerschuld im Umfang der von der ESTV vorgenommen Kürzungen im Umfang von Fr. 369'477.-- nicht bezahlen, vermag die Beschwerdeführerin in vorliegendem Verfahren daher nicht durchzudringen.

3.3.4 Daran vermag auch die von der Beschwerdeführerin erwähnte Formulierung der ESTV im Beiblatt zur EM Nr. 355'512 nichts zu ändern. Entgegen ihren Vorbringen wird die Thematik der Einlageentsteuerung mit dieser Formulierung ("und stellen aus heutiger Sicht zudem keine für den unternehmerischen Zweck begründeten Investitionen dar") nicht ausdrücklich angesprochen. Zwar stellt die Interpretation der Beschwerdeführerin, dass die ESTV mit der Formulierung die Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG andeutete, eine, doch offensichtlich nicht die einzig mögliche Interpretation dar. Gegen die Auslegung der Beschwerdeführerin spricht etwa die Tatsache, dass weder in ihrer "Einsprache" vom 16. September 2010 noch im hier angefochtenen "Einspracheentscheid" die Einlageentsteuerung angesprochen bzw. erwähnt wird. Die Einlageentsteuerung wird somit m.a.W. nicht durch das Rechtsverhältnis, welches durch den "Einspracheentscheid" definiert wird, geregelt. Im Ergebnis gelingt damit der Beschwerdeführerin der Nachweis nicht, dass die Thematik der Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG bereits im Vorverfahren streitig war. Bei der Möglichkeit der Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG handelt es sich zudem nicht um einen Aspekt, der von Amtes wegen berücksichtigt werden müsste. Es stellt vielmehr ein Recht des Steuerpflichtigen dar, welches von diesem grundsätzlich selber geltend gemacht werden muss. Da die Frage der Einlageentsteuerung bis zur Beschwerde vor Bundesverwaltungsgericht nicht vorgebracht wurde, wird - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - durch das Nichtbeachten des Art. 113 Abs. 2 MWSTG durch die ESTV im "Einspracheentscheid" die Begründungspflicht nicht verletzt.

3.3.5

3.3.5.1 Da für den Fall, dass die Voraussetzungen von Art. 113 Abs. 2 MWSTG gegeben wären, Vorsteuern zurückverlangt werden könnten, ist der Beschwerdeführerin allerdings insofern zuzustimmen, dass die Anwendung dieser Bestimmung in einem gewissen Zusammenhang mit der im Dispositiv des "Einspracheentscheids" verfügten Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin steht. Ausnahmsweise lässt das Bundesverwaltungsgericht Antragsänderungen und erweiterungen, die im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen, aus prozessökonomischen Gründen zu, wenn einerseits ein sehr enger Bezug zum bisherigen Streitgegenstand besteht und andererseits die Verwaltung im Laufe des Verfahrens Gelegenheit hatte, sich zu dieser neuen Streitfrage zu äussern (E. 1.6). Es ist daher zu prüfen, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt (E. 3.3.5.2).

3.3.5.2 Wie bereits dargelegt (E. 3.3.3), ist vorliegend das Vorsteuerabzugsrecht für die Perioden vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2009 zu beurteilen, und nicht dasjenige für die erste Periode des Jahres 2010. Das diesbezügliche Abzugsrecht für die erste Periode 2010 steht damit schon bezüglich der zeitlichen Distanz nicht in einem von der Rechtsprechung verlangten engen Bezug mit demjenigen für die zu beurteilenden Perioden. Mithin kann keine Rede davon sein, eine gemeinsame Behandlung des Vorbringens der Beschwerdeführerin bezüglich Art. 113 Abs. 2 MWSTG mit dem vorliegend streitigen Vorsteuerabzugsrecht gemäss altem Recht dränge sich auf.

Überdies wäre durch die Erweiterung des Streitgegenstands in Anwendung dieser Rechtsprechung keine oder nur eine geringfügige Verbesserung der Verfahrensökonomie zu erwarten. Da die erstmalige Prüfung der Voraussetzungen der Einlageentsteuerung gemäss Art. 113 Abs. 2 MWSTG samt den dafür nötigen Abklärungen von Vornherein nicht dem Bundesverwaltungsgericht als gerichtlicher Rechtsmittelinstanz obliegen kann, sondern der ESTV als Verwaltungsbehörde, wäre die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die ESTV zurückzuweisen. Die Überprüfung der Voraussetzungen der Einlageentsteuerung würde dementsprechend der ESTV obliegen, womit der Beschwerdeführerin in Bezug auf eine rasche Verfahrenserledigung nicht geholfen wäre. Die Anwendung der ausnahmsweisen Erweiterung des Streitgegenstandes würde im Ergebnis somit schon deren eigentliche Zwecksetzung - nämlich die Verbesserung der Verfahrensökonomie - verfehlen.

3.3.6 Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Frage nach der Anwendbarkeit des Art. 113 Abs. 2 MWSTG nicht Verfahrensgegenstand bildet und daher auch nicht vom Bundesverwaltungsgericht zu würdigen ist (E. 1.5 f.).

4.

Ausgangsgemäss ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Verfahrenskosten im Betrag vom Fr. 14'000.-- sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen und mit dem von ihr in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Eine Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.
Die Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 14'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Sie werden mit dem von ihr in derselben Höhe geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.
Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde)

- die Vorinstanz (Ref-Nr. ...; Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Michael Beusch Ralf Imstepf

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff ., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : A-1211/2012
Datum : 21. Februar 2013
Publiziert : 06. März 2013
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Indirekte Steuern
Gegenstand : Mehrwertsteuer (3. Quartal 2007 bis 4. Quartal 2009); Vorsteuerabzugsberechtigung


Gesetzesregister
BGG: 42  82
BV: 130
MWSTG: 1  28  32  78  83  112  113
VGG: 31  32  33
VwVG: 5  32  37  49  63  64
ZGB: 8
BGE Register
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