TPF 2008 56, p.56

suffisamment précise des faits de la cause pour laquelle un mandat d'arrêt international a été décerné à l'endroit de A., nombre d'informations pertinentes (dates, faits, lieux, noms de victimes, de participants, personnes physiques ou morales, modus operandi) lui ayant été dévoilées dans le cadre des échanges d'écritures.

TPF 2008 56

14. Auszug aus dem Entscheid der II. Beschwerdekammer in Sachen A. gegen Bundesamt für Justiz vom 22. April 2008 (RR.2008.46)

Auslieferung an Kroatien; Auslieferungshaft; Verhältnismässigkeit.
Art. 50 Abs. 3
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 50 Aufhebung der Haft - 1 18 Tage nach der Festnahme hebt das BJ die Haft auf, wenn das Auslieferungsersuchen und die dazugehörigen Unterlagen nicht bei ihm eingetroffen sind.96 Diese Frist kann aus besonderen Gründen bis auf 40 Tage verlängert werden.
1    18 Tage nach der Festnahme hebt das BJ die Haft auf, wenn das Auslieferungsersuchen und die dazugehörigen Unterlagen nicht bei ihm eingetroffen sind.96 Diese Frist kann aus besonderen Gründen bis auf 40 Tage verlängert werden.
2    Befindet sich der Verfolgte bereits in Haft, so beginnt die Frist mit der Versetzung in die Auslieferungshaft.
3    Die Auslieferungshaft kann in jedem Stande des Verfahrens ausnahmsweise aufgehoben werden, wenn dies nach den Umständen angezeigt erscheint. Der Verfolgte kann jederzeit ein Haftentlassungsgesuch einreichen.
4    Im Übrigen gelten für die Haftentlassung sinngemäss die Artikel 238-240 StPO97.98
IRSG

Die Auslieferungshaft ist unverhältnismässig, wenn sie die im ersuchenden Staat zu erwartende Freiheitsstrafe übersteigt. Der Rechtshilferichter muss bei der Beantwortung dieser Frage besondere Vorsicht walten lassen (E. 3.3). Befand sich der Verfolgte gestützt auf den gleichen Sachverhalt bzw. auf das gleiche verurteilende Erkenntnis bereits in anderen Staaten in Auslieferungshaft, so ist die in diesen Staaten erfolgte Haft, selbst wenn dem Auslieferungsersuchen in der Folge nicht stattgegeben wurde, bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der schweizerischen Auslieferungshaft mitzuberücksichtigen (E. 3.4). In casu erwies sich die Aufrechterhaltung der Auslieferungshaft als unverhältnismässig (E. 3.5 und 3.6).

Extradition vers la Croatie; détention extraditionnelle; proportionnalité.
Art. 50 al. 3 EIMP

La détention en vue d'extradition est disproportionnée lorsqu'elle dépasse la peine privative de liberté à laquelle la personne détenue devra s'attendre dans l'état requérant. Lors de l'examen de cette question, le juge de l'entraide devra faire preuve d'une prudence particulière (consid. 3.3). Si, en raison des mêmes faits, respectivement en raison des mêmes éléments constitutifs, la personne poursuivie a déjà été placée en détention extraditionnelle dans d'autres Etats, cette détention devra être prise en compte lors de l'examen de la proportionnalité de la détention extraditionnelle suisse même si dans les autres pays la requête d'extradition a été refusée (consid. 3.4). En l'espèce, le maintien de la détention extraditionnelle s'est avérée disproportionnée (consid. 3.5 et 3.6).

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Estradizione alla Croazia; carcerazione in vista d'estradizione; proporzionalità.
Art. 50 cpv. 3 AIMP

La carcerazione in vista d'estradizione è sproporzionata se supera la pena detentiva che ci si deve aspettare nello Stato richiedente. Nel valutare questa questione, il giudice dell'assistenza deve dar prova di particolare prudenza (consid. 3.3). Se la persona perseguita si era già trovata in stato di carcerazione in vista d'estradizione in altri Stati a causa della stessa fattispecie, rispettivamente della stessa sentenza di condanna, la carcerazione avvenuta in tali Stati, anche quando alla relativa domanda di estradizione non è stato dato seguito, deve essere comunque tenuta in considerazione nell'esame della proporzionalità della carcerazione svizzera in vista d'estradizione (consid. 3.4). Nel caso in questione il mantenimento della carcerazione si è rivelato sproporzionato (consid. 3.5 e 3.6).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

A. wurde mit Entscheid vom 25. November 2003 in Kroatien im Kontumazialverfahren wegen mehrfachen Diebstahls zu 1 Jahr und 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Gestützt auf ein kroatisches Fahndungsersuchen hat das Bundesamt für Justiz (nachfolgend "Bundesamt") am 21. März 2007 die provisorische Auslieferungshaft von A. angeordnet. Am 30. März 2007 wurde die Versetzung von A. in Auslieferungshaft verfügt. Die Beschwerde von A. gegen den Auslieferungshaftbefehl wurde von der II. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts abgewiesen.

Die Auslieferung von A. für die dem kroatischen Auslieferungsersuchen zugrunde liegenden Straftaten wurde vom Bundesamt am 20. Juni 2007 bewilligt, unter Vorbehalt des Entscheids des Bundesstrafgerichts über die Einsprache des politischen Delikts bzw. der politischen Verfolgung sowie unter Vorbehalt eines rechtskräftigen, ablehnenden Asylentscheids. Mit Entscheid vom 4. Oktober 2007 hat die II. Beschwerdekammer die Einrede des politischen Delikts abgewiesen und die Beschwerde insofern teilweise gutgeheissen, als der Vollzug der Auslieferung von der Bedingung abhängig gemacht wurde, dass das kroatische Justizministerium eine förmliche Zusicherung abgibt, wonach A. das Recht zugesichert wird, ein neues Gerichtsverfahren zu verlangen, worin die durch EMRK und UNO-Pakt II garantierten Rechte gewährleistet werden. Das kroatische Justizministerium hat am 25. Oktober 2007 eine entsprechende Garantieerklärung eingereicht.

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Das Bundesamt für Migration (nachfolgend "BFM") ist am 12. Juli 2007 auf das Asylgesuch von A. vom 11. bzw. 18. Mai 2007 nicht eingetreten. Die von A. gegen den Nichteintretensentscheid erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 20. September 2007 gutgeheissen und die Angelegenheit zur Weiterführung des Verfahrens und materiellen Behandlung an das BFM zurückgewiesen. Mit Entscheid vom 23. November 2007 hat das BFM das Asylgesuch von A. abgewiesen und dessen Wegweisung aus der Schweiz verfügt. Gegen diesen Entscheid gelangte A. erneut ans Bundesverwaltungsgericht.
A. hat am 14. Februar 2008 ein Gesuch um Entlassung aus der Auslieferungshaft gestellt. Gegen die Abweisung des Haftentlassungsgesuchs durch das Bundesamt gelangt A. mit Beschwerde vom 10. März 2008 an die II. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.

Die II. Beschwerdekammer hat die Beschwerde gutgeheissen.

Aus den Erwägungen:

3.3 Gemäss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte findet Art. 5 Ziff. 3
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK nur auf die Untersuchungshaft im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. c
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK, nicht jedoch auf die Auslieferungshaft gemäss Art. 5 Ziff. 1 lit. f
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit - (1) Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
a  rechtmässiger Freiheitsentzug nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug wegen Nichtbefolgung einer rechtmässigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung;
c  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Vorführung vor die zuständige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d  rechtmässiger Freiheitsentzug bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e  rechtmässiger Freiheitsentzug mit dem Ziel, eine Verbreitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rauschgiftsüchtigen und Landstreichern;
f  rechtmässige Festnahme oder rechtmässiger Freiheitsentzug zur Verhinderung der unerlaubten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist.
EMRK Anwendung (Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Quinn gegen Frankreich vom 22. März 1995, Série A, Bd. 311, Ziff. 53; i.S. Bogdanovski gegen Italien vom 14. Dezember 2006, Ziff. 59). Auch die Schweizerische Bundesverfassung enthält keine speziellen Garantien im Zusammenhang mit der Auslieferungshaft (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 171). Die Auslieferungshaft, wie auch die Untersuchungshaft in einem nationalen Strafverfahren, stellt jedoch eine Einschränkung des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf persönliche Freiheit dar und hat daher das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu beachten (Art. 10 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
und Art. 31 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
i.V.m. Art. 36 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
1    Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
2    Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein.
3    Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein.
4    Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar.
BV; TPF RR.2007.124 vom 30. August 2007 E. 2.2.3). Das Auslieferungsverfahren muss zudem beförderlich vorangetrieben werden, ansonsten die Auslieferungshaft nicht mehr gerechtfertigt erscheint (Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Quinn gegen Frankreich vom 22. März 1995, Série A, Bd. 311, Ziff. 48; i.S. Bogdanovski gegen Italien vom 14. Dezember 2006, Ziff. 59; BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 171).

TPF 2008 56, p.59

Eine an sich gerechtfertigte Untersuchungshaft darf die mutmassliche Dauer der zu erwartenden Freiheitsstrafe nicht übersteigen. Der Haftrichter darf die Untersuchungshaft daher nur solange erstrecken, als sie nicht in grosse zeitliche Nähe der im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung konkret zu erwartenden Dauer der freiheitsentziehenden Sanktion rückt, wobei die Möglichkeit der Ausfällung einer lediglich bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe grundsätzlich nicht zu berücksichtigen ist (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 170 f.; 132 I 21 E. 4.1 S. 27 f.; 128 I 149 E. 2.2 S. 151; 124 I 208 E. 6 S. 215, je mit Hinweisen).

Auch die Auslieferungshaft kann sich als unverhältnismässig erweisen, wenn sie die im ersuchenden Staat zu erwartende Freiheitsstrafe übersteigt und daher mit dem Unrechtsgehalt der mutmasslichen Straftat in keinem Verhältnis mehr steht (vgl. TPF RR.2007.124 vom 30. August 2007 E. 2.2.3). Die Schweiz hat sich jedoch grundsätzlich nicht zur Strafverfolgungspolitik des ersuchenden Staates zu äussern (BGE 121 II 296 E. 4a S. 299 f.; TPF RR.2007.34 vom 29. März 2007 E. 5.1 und 5.2; RR.2007.44 vom 3. Mai 2007 E. 5.2.1; RR.2007.128+129 vom 5. November 2007 E. 4.2). Der Verfolgte hat auch keinen Anspruch darauf, im Staat mit dem mildesten Rechtssystem beurteilt und inhaftiert zu werden, und der Umstand, dass den Verfolgten im ersuchenden Staat eine härtere Strafe erwartet, als wenn er für die selbe Tat in der Schweiz zur Rechenschaft gezogen worden wäre, stellt grundsätzlich kein Auslieferungshindernis dar (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. J. M. gegen Schweiz, VBP 62/1998 Nr. 89 S. 907; TPF RR.2007.128+129 vom 5. November 2007 E. 4.2). Der Rechtshilferichter muss daher bei der Beurteilung der im ersuchenden Staat zu erwartenden Freiheitsstrafe und der Verhältnismässigkeit der schweizerischen Auslieferungshaft besondere Vorsicht walten lassen.

3.4 Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Untersuchungshaft die auf schweizerisches Ersuchen im Ausland erfolgte Auslieferungshaft mitzuberücksichtigen (BGE 133 I 168 E. 4.1 S. 171). Zu einem analogen Ergebnis kam das Bundesstrafgericht im Entscheid TPF 2007 124 im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Vermögenswerten. Werden Vermögenswerte in der Schweiz zuerst im (später delegierten) nationalen Strafverfahren und in der Folge rechtshilfeweise beschlagnahmt und besteht zwischen dem ehemaligen schweizerischen Strafverfahren und dem Strafverfahren im rechtshilfeersuchenden Staat ein hinreichender sachlicher Konnex, so ist für die Frage

TPF 2008 56, p.60

der Beurteilung der Verhältnismässigkeit der Beschlagnahme vom früheren Zeitpunkt auszugehen, ab welchem die Betroffenen de facto nicht mehr über die Vermögenswerte verfügen konnten (TPF 2007 124 E. 8.2 S. 133 ff.). Gleiches muss auch im Rahmen der schweizerischen Auslieferungshaft für die zuvor bereits in anderen Staaten erstandene Auslieferungshaft gelten. Befand sich der Verfolgte daher, wie vorliegend, gestützt auf den gleichen Sachverhalt bzw. auf das gleiche verurteilende Erkenntnis bereits in anderen Staaten in Auslieferungshaft, so ist die in diesen Staaten erfolgte Haft, selbst wenn dem Auslieferungsersuchen in der Folge nicht stattgegeben wurde, bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der schweizerischen Auslieferungshaft mitzuberücksichtigen.
3.5 Die Auslieferungshaft des Beschwerdeführers in der Schweiz dauert seit dem 21. März 2007, mithin 13 Monate an. Zuvor wurde der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Auslieferung zur Vollstreckung des Urteils des Gemeindegerichts Sisak vom 25. November 2003 zudem am 8. November 2005 in Stuttgart (Deutschland) festgenommen und in Auslieferungshaft versetzt. Nachdem Kroatien jedoch trotz zweimaliger Erinnerung die von den deutschen Behörden verlangten Erklärungen und Zusicherungen nicht eingereicht hatte, wurde die Auslieferung des Beschwerdeführers mit Entscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. April 2006 verweigert und der Beschwerdeführer nach rund fünf Monaten aus der Auslieferungshaft entlassen. Die vom Beschwerdeführer in Belgien, der Niederlande und Frankreich geltend gemachte Auslieferungshaft ist demgegenüber, abgesehen von einer sechswöchigen, jedoch nicht näher erläuterten Haft in Belgien, nicht ausreichend belegt.

3.6 Der Beschwerdeführer wurde in Kroatien im Kontumazialverfahren wegen mehrfachen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil hat er in Kroatien Einsprache erhoben und die Durchführung eines ordentlichen Verfahrens verlangt. Kommt es auch im ordentlichen Verfahren zu einer Verurteilung des Beschwerdeführers, so muss mit einer Strafe im gleichen Rahmen gerechnet werden.
Alleine die in der Schweiz (13 Monate) und in Deutschland (fünf Monate) erfolgte Auslieferungshaft im Zusammenhang mit dem Urteil vom 25. November 2003 rückt daher in grosse Nähe der im Falle einer definitiven Verurteilung zu erwartenden Freiheitsstrafe von 20 Monaten. Hinzu kommt, dass das Bundesverwaltungsgericht auf Anfrage der Beschwerdegegnerin vom 10. Januar und 20. Februar 2008 am 28. Februar 2008 wissen liess,

TPF 2008 56, p.61

dass das Beschwerdeverfahren in Sachen Asyl derzeit noch nicht spruchreif sei und der Schriftenwechsel mit dem BFM erst ab ca. Mitte März 2008 stattfinden wird, weshalb mit einem umgehenden Entscheid auch bei beförderlicher Behandlung des Verfahrens nicht gerechnet werden könne.
Die insgesamt 18 Monate dauernde Auslieferungshaft erscheint angesichts der gesamten Umstände und unter Berücksichtigung insbesondere auch der Tatsache, dass die definitive Auslieferung des Beschwerdeführers angesichts des noch hängigen Asylverfahrens voraussichtlich auch in den kommenden zwei Monaten nicht stattfinden können wird, unverhältnismässig und nicht mehr gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer ist daher aus der Auslieferungshaft zu entlassen.

TPF 2008 61

15. Auszug aus dem Entscheid der II. Beschwerdekammer in Sachen A. gegen Bundesamt für Justiz vom 30. April 2008 (RR.2007.186)

Auslieferung an die United Nations Interim Administration Mission in Kosovo (UNMIK); völkerrechtliche Staatsqualität (Dreielemententheorie).
Art. 1 Abs. 1 lit. a
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 1 Gegenstand - 1 Dieses Gesetz regelt, soweit andere Gesetze oder internationale Vereinbarungen nichts anderes bestimmen, alle Verfahren der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in Strafsachen, insbesondere:4
1    Dieses Gesetz regelt, soweit andere Gesetze oder internationale Vereinbarungen nichts anderes bestimmen, alle Verfahren der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in Strafsachen, insbesondere:4
a  die Auslieferung strafrechtlich verfolgter oder verurteilter Personen (zweiter Teil);
b  die Rechtshilfe zur Unterstützung eines Strafverfahrens im Ausland (dritter Teil);
c  die stellvertretende Verfolgung und Ahndung strafbarer Handlungen (vierter Teil);
d  die Vollstreckung ausländischer Strafentscheide (fünfter Teil).
2    ...5
3    Dieses Gesetz ist nur auf Strafsachen anwendbar, in denen nach dem Recht des ersuchenden Staates der Richter angerufen werden kann.
3bis    Dieses Gesetz ist, soweit andere Gesetze oder internationale Vereinbarungen nichts anderes bestimmen, sinngemäss auf Verfahren der Zusammenarbeit in Strafsachen mit internationalen Gerichten oder anderen zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen mit strafbehördlichen Funktionen anwendbar, wenn das Verfahren:
a  Delikte nach dem Zwölften Titelbis, dem Zwölften Titelter oder dem Zwölften Titelquater des Strafgesetzbuchs6 betrifft; oder
b  Straftaten im Bereich des übrigen Strafrechts betrifft und das Gericht oder die Einrichtung auf einer Resolution der Vereinten Nationen beruht, die für die Schweiz verbindlich ist oder die von der Schweiz unterstützt wird.7
3ter    Der Bundesrat kann zudem in einer Verordnung festlegen, dass dieses Gesetz sinngemäss auf Verfahren der Zusammenarbeit in Strafsachen mit weiteren internationalen Gerichten oder anderen zwischen- oder überstaatlichen Einrichtungen mit strafbehördlichen Funktionen anwendbar ist, wenn:
a  die Errichtung des Gerichts oder der Einrichtung auf einer Rechtsgrundlage beruht, welche die Kompetenzen des Gerichts oder der Einrichtung in strafrechtlicher und strafprozessualer Hinsicht eindeutig festlegt;
b  das Verfahren vor dem Gericht oder der Einrichtung die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze garantiert; und
c  die Zusammenarbeit der Wahrung der Interessen der Schweiz dient.8
4    Aus diesem Gesetz kann kein Anspruch auf Zusammenarbeit in Strafsachen abgeleitet werden.9
IRSG

Wenn man von der Bestrafung durch internationale Gerichtshöfe absieht, gilt die Staatsqualität als Grundlage für die Berechtigung, ein Rechtshilfeersuchen an einen anderen Staat zu richten (E. 1.1). Die Staatlichkeit setzt ein Staatsgebiet, ein Staatsvolk und eine Form von effektiver souveräner Staatsgewalt voraus (Dreielemententheorie). Die drei Elemente müssen dabei in Beziehung zueinander stehen, d.h. die Staatsgewalt muss über ein entsprechendes Gebiet mit entsprechender Bevölkerung ausgeübt werden (E. 1.2). Der Kosovo erfüllt alle Merkmale eines Staates gemäss der Dreielemententheorie (E. 1.4). Staatennachfolge: Frage des anwendbaren Rechts (E. 1.5).

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