Urteilskopf

86 III 91

24. Entscheid vom 30. November 1960 i.S. Zur Linde A. G.

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 91

BGE 86 III 91 S. 91

A.- In der Grundpfandbetreibung, die Alphonse Orsat gegen die Zur Linde A. G. führt, schätzte das Betreibungsamt Zürich 5 die Pfandliegenschaft einschliesslich Zugehör auf Fr. 362'400. Da die Schuldnerin gestützt auf Art. 99 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 99 - 1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
1    Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
2    Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.
und 9 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17
VZG eine neue Schätzung durch Sachverständige verlangte, liess die untere Aufsichtsbehörde die Liegenschaft durch Architekt Oskar Germann schätzen. Dessen Gutachten vom 4. April 1960 bezifferte den Verkehrswert der (wegen des Verlaufs der Baulinien nicht neu überbaubaren) Liegenschaft einschliesslich der Zugehör auf Fr. 448'000, den mutmasslichen Expropriationswert auf rund Fr. 450'000. Das Betreibungsamt Zürich 5 brachte diese Schätzung den Beteiligten am 16. Mai 1960 zur Kenntnis mit dem Bemerken, dem betreibenden Grundpfandgläubiger und der Schuldnerin werde eine Frist von zehn Tagen angesetzt, "um bei der Aufsichtsbehörde... gegen Vorschuss der Kosten eine weitere Schätzung durch Sachverständige zu verlangen, widrigenfalls obige Schätzung rechtskräftig wird". Die Schuldnerin stellte am 27. Mai 1960 bei der untern Aufsichtsbehörde ein entsprechendes Gesuch. Diese holte hierauf bei Bezirksrichter Dr. iur. Werner Romang, dipl. Architekt, eine Oberexpertise ein. Dr. Romang kam in
BGE 86 III 91 S. 92

seinem Schätzungsbericht vom 25. August 1960 zum Schluss, der Verkehrswert der Liegenschaft betrage höchstens Fr. 450'000. Auf Grund dieses Gutachtens entschied die untere Aufsichtsbehörde am 6. September 1960, der Schätzungswert der Liegenschaft werde definitiv auf Fr. 450'000 festgesetzt.
B.- Diesen Entscheid zog die Schuldnerin an die kantonale Aufsichtsbehörde weiter mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die untere Aufsichtsbehörde anzuweisen, einen neuen Experten zu bestellen. Eventuell sei ihr (der Schuldnerin) zu gestatten, einen eigenen Experten zu bestimmen (!) oder den neuen Experten aus einem Dreiervorschlag auszuwählen; (ganz) eventuell sei der Schätzungswert auf Fr. 750'000 festzusetzen. Sie machte geltend, die von der untern Aufsichtsbehörde übernommene Schätzung Dr. Romangs sei unangemessen.
Am 11. November 1960 hat die kantonale Aufsichtsbehörde den Rekurs abgewiesen. Sie stützte sich dabei vor allem auf das Gutachten von Architekt Germann.
C.- Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde hat die Schuldnerin an das Bundesgericht rekurriert mit dem Antrag, die Vorinstanz sei anzuweisen, eine neue Expertise zu veranlassen, und der Schätzungswert sei auf Fr. 750'000 festzusetzen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.
Erwägungen

Erwägungen:
Nach Art. 9 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17
VZG, der gemäss Art. 99 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 99 - 1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
1    Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
2    Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.
VZG bei der Grundpfandverwertung entsprechend anwendbar ist, werden Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt. Diese Vorschrift ist ein Ausfluss des Grundsatzes, dass die (obere) kantonale Aufsichtsbehörde über Fragen der Angemessenheit dem Grundsatze nach abschliessend zu befinden hat. Das Bundesgericht kann einen kantonalen Entscheid über eine solche Frage nur daraufhin überprüfen,
BGE 86 III 91 S. 93

ob die Vorinstanz bundesrechtliche Verfahrensvorschriften verletzt oder (was ebenfalls eine Gesetzwidrigkeit im Sinne von Art. 19
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 19 - Die Beschwerde an das Bundesgericht richtet sich nach dem Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 200529.
SchKG bedeuten würde) das ihr zustehende Ermessen überschritten habe (vgl. hinsichtlich der Anfechtung von Schätzungsentscheiden wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften BGE 83 III 66 f. mit Hinweisen). Im vorliegenden Falle kann entgegen der Auffassung der Rekurrentin keine Rede davon sein, dass die Vorinstanz gemäss Art. 9 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 9 - 1 Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
1    Die Schätzung soll den mutmasslichen Verkaufswert des Grundstückes und seiner Zugehör, unabhängig von einer allfälligen Kataster- oder Brandassekuranzschätzung, bestimmen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Pfandforderungen sind summarisch anzugeben, jedoch ist zu ihrer Feststellung ein Widerspruchsverfahren nicht einzuleiten.
2    Jeder Beteiligte ist berechtigt, innerhalb der Frist zur Beschwerde gegen die Pfändung (Art. 17 Abs. 2 SchKG) bei der Aufsichtsbehörde gegen Vorschuss der Kosten eine neue Schätzung durch Sachverständige zu verlangen. Hat ein Gläubiger die Schätzung beantragt, so kann er Ersatz der Kosten vom Schuldner nur dann beanspruchen, wenn die frühere Schätzung des Betreibungsamtes wesentlich abgeändert wurde. Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung werden endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt.17
und 99 Abs. 2
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 99 - 1 Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
1    Nach der Mitteilung des Verwertungsbegehrens an den Schuldner und gegebenenfalls den Dritteigentümer des Grundpfandes (Art. 155 Abs. 2 SchKG) fordert das Betreibungsamt einen Auszug aus dem Grundbuch über das zu versteigernde Grundstück ein (Art. 28 und 73 hiervor) und ordnet die Schätzung an (Art. 9 Abs. 1 und 23 hiervor).
2    Das Ergebnis der Schätzung ist, wenn es nicht in die Steigerungspublikation nach Artikel 29 hiervor aufgenommen wird, dem Gläubiger, der die Verwertung verlangt, sowie dem Schuldner und einem allfälligen Dritteigentümer mit der Anzeige mitzuteilen, dass sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der Aufsichtsbehörde eine neue Schätzung durch Sachverständige im Sinne des Artikels 9 Absatz 2 hiervor verlangen können.
VZG eine Oberexpertise hätte einholen müssen. Nach dem Wortlaut und Sinn dieser Vorschriften haben die Beteiligten nur auf eine neue Schätzung durch Sachverständige Anspruch. Aus der Bestimmung, dass die kantonale Aufsichtsbehörde Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung endgültig beurteilt, lässt sich keineswegs ableiten, dass dort, wo zwei kantonaleAufsichtsinstanzen bestehen, nicht nur die untere, sondern auch die obere Instanz ein Gutachten einzuholen habe. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde darf ihren Entscheid vielmehr ohne Beizug eines neuen Sachverständigen fällen, wenn ihr das von der untern Aufsichtsbehörde eingeholte Gutachten zu genügen scheint. Andernfalls hätten die Beteiligten je nach der kantonalen Behördenorganisation auf eine oder auf zwei neue Schätzungen Anspruch, was sich sachlich nicht rechtfertigen liesse. Indem die Vorinstanz die von der Rekurrentin beantragte Anordnung einer Oberexpertise ablehnte, hat sie also keine bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften verletzt. Den Schätzungswert auf Grund eines bereits vorliegenden Gutachtens festzusetzen, ist nur insofern unzulässig, als die Aufsichtsbehörden sich nicht unter Berufung auf eigene Sachkenntnis darauf beschränken dürfen, die Schätzung des Betreibungsamtes oder eines von diesem beigezogenen Sachverständigen zu überprüfen (BGE 60 III 190). Darum handelt es sich im vorliegenden Falle aber nicht. Die untere Aufsichtsbehörde hat hier nicht bloss eine, sondern sogar zwei neue Schätzungen angeordnet.
BGE 86 III 91 S. 94

Eine Ermessensüberschreitung kann der Vorinstanz so wenig wie eine Verletzung bundesrechtlicher Verfahrensregeln vorgeworfen werden...