Urteilskopf

85 II 597

82. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. Dezember 1959 i. S. Wwe Vogelsang und Zürcher Kantonalbank gegen Vogelsang.
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 597

BGE 85 II 597 S. 597

A.- Der am 20. Dezember 1955 verstorbene August Vogelsang-Altenburger hinterliess als gesetzliche Erben die Witwe Olga Vogelsang-Altenburger und einen Sohn aus seiner frühern, geschiedenen Ehe, Arthur Gustav Vogelsang. In seinem Testament vom 27. März 1955 hatte er den Sohn enterbt und die zweite Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. In einem Testamentsnachtrag vom 10. September
BGE 85 II 597 S. 598

1955 hatte er die Zürcher Kantonalbank als Willensvollstreckerin bezeichnet.
B.- Das Testament wurde am 2. Februar 1956 eröffnet. Am 5. Dezember 1956 leitete der enterbte Sohn des Erblassers, Arthur Vogelsang, gegen dessen Witwe beim zuständigen Friedensrichteramt Klage ein mit den Begehren: 1. die Enterbung des Klägers sei als ungültig zu erklären;
2. der Nachlass sei festzustellen;
3. die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger den Pflichtteil auszuzahlen. Die Beklagte erhob den Einwand, die Klage müsste ausserdem gegen die Willensvollstreckerin gerichtet werden. Daher leitete Arthur Vogelsang am 24. Mai 1957 eine gleichlautende Klage gegen die Zürcher Kantonalbank als Willensvollstreckerin ein. Die beiden Klagen wurden vereinigt und das Verfahren in Bezug auf die Klagebegehren 2 und 3 eingestellt bis zur rechtskräftigen Erledigung des Klagebegehrens 1.
C.- Diesem Begehren gegenüber beriefen sich die Beklagten in erster Linie auf Verjährung: Der Kläger habe von der Verletzung seiner Rechte am 2. Februar 1956, bei der Eröffnung des seine Enterbung verfügenden Testamentes, Kenntnis erhalten. Nun habe er zwar gegen die Beklagte 1 vor Ablauf der Verjährungsfrist des Art. 533
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1    Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
2    Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
3    Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.
ZGB, gegen die Beklagte 2 dagegen erst nach Ablauf dieser Frist geklagt. Infolge der Verjährung dieser letztern Klage sei nun aber auch die erste unwirksam, da der Willensvollstrecker notwendig am Verfahren teilnehmen müsse, also zwischen ihm und dem zum Nachteil des Klägers begünstigten Erben eine notwendige Streitgenossenschaft bestehe. Die Klage gegen die Beklagte 1 allein sei nicht zulässig. Im übrigen wurden die im Testament angegebenen Enterbungsgründe als zutreffend bezeichnet.
D.- Das Bezirksgericht Zürich hat mit Urteil vom

BGE 85 II 597 S. 599

20. Januar 1959 "die Herabsetzungsklage" (Begehren 1) gegen die Beklagte 2 mangels Passivlegitimation abgewiesen, gegen die Beklagte 1 dagegen gutgeheissen und die Enterbung des Klägers als ungültig erklärt.
E.- Gegen dieses Urteil erklärten die Beklagten Berufung an das Obergericht mit dem Antrag, die Klage sei gegen die Beklagte 1 mit Bezug auf das Begehren 1 abzuweisen und demgemäss die im Testament ausgesprochene Enterbung des Klägers als gültig zu erklären. Der Kläger schloss sich der Berufung an mit dem Antrag, die Herabsetzungsklage sei auch gegen die Beklagte 2 gutzuheissen. Das Obergericht befand jedoch mit Urteil vom 23. Juni 1959 sowohl die Berufung "der Beklagten 1" wie auch die Anschlussberufung des Klägers als unbegründet und bestätigte das erstinstanzliche Urteil.
F.- Mit vorliegender Berufung an das Bundesgericht halten die Beklagten am Antrag auf Abweisung beider Klagen fest. In der Begründung wird gerügt, das obergerichtliche Urteil verletze die Art. 518
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 518 - 1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters.
1    Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters.
2    Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen.
3    Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu.
und 533
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1    Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
2    Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
3    Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.
, sowie die Art. 477
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
, 478
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 478 - 1 Der Enterbte kann weder an der Erbschaft teilnehmen noch die Herabsetzungsklage geltend machen.
1    Der Enterbte kann weder an der Erbschaft teilnehmen noch die Herabsetzungsklage geltend machen.
2    Der Anteil des Enterbten fällt, sofern der Erblasser nicht anders verfügt hat, an die gesetzlichen Erben des Erblassers, wie wenn der Enterbte den Erbfall nicht erlebt hätte.
3    Die Nachkommen des Enterbten behalten ihr Pflichtteilsrecht, wie wenn der Enterbte den Erbfall nicht erlebt hätte.
und 479
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB. Der Kläger beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. (Streitwert.)

2. Die Beklagte 2, der gegenüber das Obergericht die Klage abgewiesen hat, ist durch das Urteil nicht beschwert. Auf ihre Berufung ist daher nicht einzutreten. Der Kläger seinerseits beharrt in der bundesgerichtlichen Instanz nur mehr auf der Gutheissung der Klage gegenüber der Beklagten 1, gemäss dem obergerichtlichen Urteil. Dennoch bleibt die Rechtsstellung der Beklagten 2 zu prüfen mit Rücksicht auf den von der Beklagten 1 in erster Linie erhobenen Einwand, die Klage hätte sich auch gegen die Beklagte 2, als notwendige Streitgenossin neben ihr selbst, richten müssen und sei nun wegen Verjährung der erst
BGE 85 II 597 S. 600

nachträglich gegen die Beklagte 2 erhobenen Klage auch ihr selbst gegenüber als unwirksam zu erachten.
3. Das Obergericht verneint die Passivlegitimation des Willensvollstreckers in Bezug auf die Herabsetzungsklage (Art. 522
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 522 - 1 Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist:
1    Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist:
1  der Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge;
2  der Zuwendungen von Todes wegen;
3  der Zuwendungen unter Lebenden.
2    Enthält eine Verfügung von Todes wegen Bestimmungen über die Teile der gesetzlichen Erben, so sind sie als blosse Teilungsvorschriften aufzufassen, wenn kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist.
ZGB), so dass sich eine solche Klage weder gegen ihn allein noch gegen ihn und zugleich gegen den durch die Verfügung des Erblassers Begünstigten als notwendige passive Streitgenossen zu richten habe. Freilich könne ein Willensvollstrecker, der die Herausgabe der Erbschaft unter Berufung auf ein pflichtwidriges Testament verweigere, gerichtlich zur Herausgabe angehalten werden, "aber nicht durch Erbschaftsklage". Seine Rechte und Pflichten seien andere als diejenigen eines mit Herabsetzungsklage belangten Erben (wie hier der Beklagten 1); somit bestehe keine notwendige Streitgenossenschaft. Dem hält der Vertreter der Beklagten vor allem entgegen, man habe es bei dem vorderhand einzig zu beurteilenden Klagebegehren 1 nicht mit einer Herabsetzungs-, sondern mit einer Ungültigkeitsklage zu tun. Zu Unrecht. Gewiss lautet das Begehren 1 dahin, die vom Erblasser ausgesprochene Enterbung des Klägers sei als "ungültig" zu erklären. Der Kläger beruft sich jedoch auf keinen Ungültigkeitsgrund im Sinne von Art. 519
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 519 - 1 Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1    Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1  wenn sie vom Erblasser zu einer Zeit errichtet worden ist, da er nicht verfügungsfähig war;
2  wenn sie aus mangelhaftem Willen hervorgegangen ist;
3  wenn ihr Inhalt oder eine ihr angefügte Bedingung unsittlich oder rechtswidrig ist.
2    Die Ungültigkeitsklage kann von jedermann erhoben werden, der als Erbe oder Bedachter ein Interesse daran hat, dass die Verfügung für ungültig erklärt werde.
und 520
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 520 - 1 Leidet die Verfügung an einem Formmangel, so wird sie auf erhobene Klage für ungültig erklärt.
1    Leidet die Verfügung an einem Formmangel, so wird sie auf erhobene Klage für ungültig erklärt.
2    Liegt die Formwidrigkeit in der Mitwirkung von Personen, die selber oder deren Angehörige in der Verfügung bedacht sind, so werden nur diese Zuwendungen für ungültig erklärt.
3    Für das Recht zur Klage gelten die gleichen Vorschriften wie im Falle der Verfügungsunfähigkeit.
ZGB. Er ficht die Enterbung lediglich wegen Unrichtigkeit der im Testament angegebenen Enterbungsgründe an und verlangt demgemäss, wie es Art. 479 Abs. 3
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ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB (mit einem hier nicht zutreffenden Vorbehalt) vorsieht, nur die Auszahlung seines Pflichtteils (laut dem zur Erläuterung des Begehrens 1 heranzuziehenden Begehren 3). Diese Klage ist keine Ungültigkeitsklage im Sinne der Art. 519 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 519 - 1 Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1    Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1  wenn sie vom Erblasser zu einer Zeit errichtet worden ist, da er nicht verfügungsfähig war;
2  wenn sie aus mangelhaftem Willen hervorgegangen ist;
3  wenn ihr Inhalt oder eine ihr angefügte Bedingung unsittlich oder rechtswidrig ist.
2    Die Ungültigkeitsklage kann von jedermann erhoben werden, der als Erbe oder Bedachter ein Interesse daran hat, dass die Verfügung für ungültig erklärt werde.
. ZGB, sondern eine besondere Art der Herabsetzungsklage im Sinne der Art. 522 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 522 - 1 Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist:
1    Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist:
1  der Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge;
2  der Zuwendungen von Todes wegen;
3  der Zuwendungen unter Lebenden.
2    Enthält eine Verfügung von Todes wegen Bestimmungen über die Teile der gesetzlichen Erben, so sind sie als blosse Teilungsvorschriften aufzufassen, wenn kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist.
. ZGB. Der Grund der Klage liegt darin, dass der Kläger die ihm gegenüber erfolgte Enterbung, d.h. eben den Entzug des ihm zukommenden Pflichtteils (Art. 477 Abs. 1
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ZGB Art. 477 - Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1  wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2  wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Angehörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflichten schwer verletzt hat.
ZGB), nicht als gerechtfertigt gelten lässt. Eine solche Klage auf Schutz des Pflichtteils gegenüber einer mangels Grundangabe oder wegen Unrichtigkeit
BGE 85 II 597 S. 601

der Grundangabe nicht gerechtfertigten Enterbung wird denn auch allgemein als Herabsetzungsklage betrachtet (Erläuterungen zum Vorentwurf des ZGB, S. 391 der 2. Ausgabe; TUOR, 2. Auflage, N. 3 und 6, und ESCHER, 3. Auflage, N. 2 und 3 zu Art. 479
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 479 - 1 Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
1    Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Enterbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
2    Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Angabe an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
3    Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Enterbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit aufrecht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten verträgt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offenbaren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
ZGB). In Bezug auf die Herabsetzungsklage kommt nun dem Willensvollstrecker grundsätzlich weder die Aktiv- noch die Passivlegitimation zu, wie die Vorinstanz im Einklang mit der herrschenden Lehre zutreffend entschieden hat (vgl. TUOR, 2. Auflage, N. 34, und ESCHER, 3. Auflage, N. 30 zu Art. 518
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 518 - 1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters.
1    Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters.
2    Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen.
3    Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu.
ZGB, mit weitern Literaturangaben; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 5. Juni 1956: BlZR 56 Nr. 89). Wohl kommt der Willensvollstrecker in den Fall, für die Erbschaft als solche Prozesse zu führen, sei es als Kläger zur Geltendmachung von Erbschaftsaktiven, sei es als Beklagter gegenüber einer gegen die Erbschaft erhobenen Forderungsansprache (vgl. BGE 53 II 208, BGE 54 II 200, BGE 59 II 119). Dabei handelt er im gemeinsamen Interesse aller Erben. In Bezug auf eine Testamentsungültigkeitsklage lässt sich seine Passivlegitimation bejahen, wenn sie gerade die Anordnung der Willensvollstreckung anficht (vgl. BGE 44 II 107 ff.; ESCHER, a.a.O. N. 28). Unter Umständen hat der Willensvollstrecker Veranlassung und Befugnis, gegen einen gesetzlichen Erben auf Herausgabe von Erbschaftssachen zu klagen, um die ihm obliegenden Verrichtungen besorgen zu können (BGE 77 II 125 /26), wie anderseits ein Erbe, um sein Erbbetreffnis zu erhalten, auf eine Klage gegen den Willensvollstrecker angewiesen sein kann (BGE 51 II 49; Urteil vom 17. Februar 1955 i.S. Aubry gegen Schuler, Erw. 3; solches Vorgehen kommt auch in Frage zur Erlangung von Auskunft und Urkundeneinsicht: BGE 82 II 566 /67). Herabsetzungsprozesse sind dagegen in aller Regel unter den materiell Beteiligten selbst auszufechten. Wenn in BGE 51 II 49 ff. der Willensvollstrecker als passiv legitimiert erachtet wurde auch gegenüber einer (in eventuellem Sinn erhobenen) Herabsetzungsklage, so deshalb,
BGE 85 II 597 S. 602

weil ihm der Erblasser über die eigentliche Willensvollstreckung hinaus die Vermögensverwaltung auf Lebenszeit einer Pflichtteilserbin zugewiesen hatte und er ihr mit Berufung hierauf das Erbschaftsgut vorenthielt. Im vorliegenden Falle hat man es aber mit einer schlichten Willensvollstreckung zu tun, die als solche unbestritten ist. Der Streit geht nur um die Erbberechtigung des Klägers, die ihm der Erblasser durch Enterbung entzogen hat. Darüber hat sich der Kläger, der die Enterbung nicht gelten lässt und daher auf seinem Pflichtteil beharrt, mit der Witwe des Erblassers auseinanderzusetzen, die gemäss dem Testament als Alleinerbin anerkannt sein will und ihm infolge seiner Enterbung den Pflichtteil streitig macht. Zu diesem die Erbberechtigungen betreffenden Streit Partei zu ergreifen, steht der Willensvollstreckerin nicht zu. Der Kläger war somit nicht gehalten, sie als Streitgenossin neben der Witwe des Erblassers ins Recht zu fassen.
4. Um ihre abweichende Ansicht zu begründen, führen die Beklagten ein Beispiel an, das zeigen soll, dass die Auseinandersetzung über eine Enterbung nicht füglich den materiell Beteiligten überlassen werden dürfe, wenn der Erblasser gerade im Hinblick auf die von ihm ausgesprochene Enterbung einen Willensvollstrecker eingesetzt hat: "Ein Testator enterbt einen gesetzlichen Erben. Dieser Erbe verwirkt die Anfechtungsfrist. Die nachträgliche verspätete Anfechtung wird von den übrigen Erben anerkannt, aber vom Willensvollstrecker, der vom Erblasser ausdrücklich zu diesem Zweck ernannt wurde, bestritten, weil es gegen den Willen des Testators wäre, wenn der Enterbte doch auf Grund einer Einigung mit den übrigen Erben Erbe würde." Dieses Beispiel erscheint nicht als schlüssig. Wollte man dem Willensvollstrecker die Befugnis einräumen, eine nicht binnen der Frist des Art. 533
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1    Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
2    Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
3    Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.
ZGB angefochtene Enterbung gegenüber der Gesamtheit der Erben durchzusetzen, so würde hiefür die Zuerkennung eines auf diesen Fall beschränkten Feststellungs- und Interventionsrechtes genügen.
BGE 85 II 597 S. 603

Daraus wäre nicht abzuleiten, dem Willensvollstrecker komme allgemein in Bezug auf die Herabsetzungsklage die Passivlegitimation zu. Übrigens besteht auch kein genügender Grund, ihm ein Feststellungs- und Interventionsrecht im erwähnten Sinne zuzuerkennen. Den nach Ablauf jener Frist belangten Erben steht frei, von der Erhebung der Verjährungseinrede abzusehen (Art. 142
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 142 - Der Richter darf die Verjährung nicht von Amtes wegen berücksichtigen.
OR; dass man es entsprechend dem Wortlaut von Art. 533
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1    Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
2    Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
3    Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.
ZGB mit Verjährung und nicht mit Verwirkung zu tun habe, wird entgegen abweichenden Ansichten neuerdings von ESCHER, 3. Auflage, N. 1 am Ende zu Art. 533
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 533 - 1 Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
1    Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.
2    Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig geworden, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
3    Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.
in Verbindung mit N. 1 zu Art. 521
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 521 - 1 Die Ungültigkeitsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres, von dem Zeitpunkt an gerechnet, da der Kläger von der Verfügung und dem Ungültigkeitsgrund Kenntnis erhalten hat, und in jedem Falle mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage der Eröffnung der Verfügung an gerechnet.
1    Die Ungültigkeitsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres, von dem Zeitpunkt an gerechnet, da der Kläger von der Verfügung und dem Ungültigkeitsgrund Kenntnis erhalten hat, und in jedem Falle mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage der Eröffnung der Verfügung an gerechnet.
2    Gegenüber einem bösgläubigen Bedachten verjährt sie im Falle der Verfügungsunfähigkeit des Erblassers oder der Rechtswidrigkeit oder Unsittlichkeit unter allen Umständen erst mit dem Ablauf von 30 Jahren.
3    Einredeweise kann die Ungültigkeit einer Verfügung jederzeit geltend gemacht werden.
ZGB, dargelegt und entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts; vgl. BGE 75 II 193 Erw. 3 betreffend die Herabsetzungsklage und BGE 83 II 509 /10 betreffend die Ungültigkeitsklage). Im übrigen können sich die Erben über eine angefochtene Enterbung gütlich verständigen und so die jedem zustehende Erbberechtigung in einer auch vom Willensvollstrecker zu beachtenden Weise festlegen.
5. (Zu den Enterbungsgründen.)

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Soweit auf die Berufung eingetreten werden kann, wird sie abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Juni 1959 bestätigt.