Urteilskopf

82 II 371

52. Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. September 1956 i.S. Stadtgemeinde Zürich gegen Winistörfer.
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 372

BGE 82 II 371 S. 372

A.- Der mittellose C. Winistörfer, geb. 1877, musste vom Fürsorgeamt der Stadt Zürich vom 5. Mai 1949 bis zu seinem Tode (21. Dezember 1952) unterstützt werden. Am 16. Juni 1949 schloss das Fürsorgeamt mit dem im Kanton Bern wohnhaften Sohne Winistörfer eine Vereinbarung ab, wonach dieser ab 1. Mai 1949 an die Kosten der Unterstützung seines Vaters einen monatlichen Beitrag von Fr. 120.-- zu bezahlen hatte. Auf Grund dieser Verpflichtung bezahlte der Sohn dem Fürsorgeamt bis zum Tode des Vaters Fr. 5040.--. Für Fr. 5313.55 geleisteter Unterstützungen blieb das Fürsorgeamt ungedeckt. Nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Sohne stellte das Fürsorgeamt am 6. April 1955 beim Regierungsstatthalteramt Thun das Begehren, jener sei zu verpflichten, diesen Betrag von Fr. 5313.55 zu ersetzen.
B.- Der Regierungsstatthalter sowie, in Abweisung der Rekurse beider Parteien gegen dessen Entscheid, der Regierungsrat des Kantons Bern haben das Rückerstattungsbegehren teilweise gutgeheissen dahin, dass Winistörfer Sohn in Anwendung von Art. 328
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 328 - 1 Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
1    Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
2    Die Unterhaltspflicht der Eltern und des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners bleibt vorbehalten.462
/29
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 29 - 1 Wird jemandem die Führung seines Namens bestritten, so kann er auf Feststellung seines Rechtes klagen.
1    Wird jemandem die Führung seines Namens bestritten, so kann er auf Feststellung seines Rechtes klagen.
2    Wird jemand dadurch beeinträchtigt, dass ein anderer sich seinen Namen anmasst, so kann er auf Unterlassung dieser Anmassung sowie bei Verschulden auf Schadenersatz und, wo die Art der Beeinträchtigung es rechtfertigt, auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung klagen.
ZGB verurteilt wird, dem Fürsorgeamt an die Unterstützung des Vaters für die Zeit vom 5. Mai 1949 bis zum Tode (21. Dezember
BGE 82 II 371 S. 373

1952) einen weitern Betrag von Fr. 60.- im Monat, insgesamt (für 44 Monate) Fr. 2640.-- zu bezahlen. Der Regierungsrat führt aus, der Beitrag von Fr. 120.-- des Beklagten sei durch einen aussergerichtlichen Vergleich festgesetzt worden. Das Fürsorgeamt sei damals, nach den vom Beklagten gegebenen Auskünften, von einem Bruttoeinkommen von Fr. 14 700.-- und einem Vermögen von Fr. 52'000.-- ausgegangen. Dabei habe ihm der Beklagte zugegebenermassen verschwiegen, dass er in seine Bieler Liegenschaft aus eigenen Mitteln Fr. 47 000.-- investiert und diese dadurch im Werte entsprechend erhöht hatte. Er habe also das Fürsorgeamt damals über die Höhe seines Vermögens in einen Irrtum versetzt. Dass es sich dabei um eine absichtliche Täuschung gehandelt hätte, sei nicht hinreichend nachgewiesen; es möge sein, dass der Beklagte wirklich nicht daran gedacht habe, dass er diese Aufwendungen in den Verhandlungen mit dem Amt hätte erwähnen müssen. Auf jeden Fall aber liege ein Irrtum über einen Sachverhalt vor, der vom Amt nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des abgeschlossenen Vergleiches betrachtet wurde. Dieser sei daher für das Fürsorgeamt im Sinne von Art. 24 Ziff. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
OR unverbindlich. Von der Verheimlichung habe das Amt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft im November 1953 Kenntnis erhalten und noch im gleichen Monat den Beklagten zur Nachzahlung aufgefordert, den Vergleich also rechtzeitig angefochten. In Ansehung des neu entdeckten Vermögensteils von Fr. 47 000.--, anderseits der Tatsache, dass sich der Vater nie um den Sohn gekümmert habe, erscheine eine Nachzahlung von Fr. 60.- pro Unterstützungsmonat angemessen.
C.- Gegen diesen Entscheid legte das Fürsorgeamt die vorliegende Hauptberufung ein mit dem Begehren um Zusprechung seiner ganzen Nachforderung von Fr. 5313.55. Mit Anschlussberufung beantragt Winistörfer Abweisung des ganzen Nachleistungsbegehrens.
BGE 82 II 371 S. 374

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der Beklagte bestreitet dem Fürsorgeamt zunächst die Aktivlegitimation zu der Nachforderung mit der Begründung, die öffentliche Armenpflege könne nur an Stelle des Unterstützungsbedürftigen und nur solange dieser einen Anspruch habe, einen Verwandtenunterstützungsanspruch geltend machen. Dieser erlösche daher mit dem Tode des Unterstützten und damit auch die Aktivlegitimation der Armenbehörde zur Inanspruchnahme des Verwandten. Würde man etwas anderes annehmen, so liefe das praktisch auf einen Rückerstattungsanspruch hinaus, was nicht der Sinn des Art. 328
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 328 - 1 Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
1    Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
2    Die Unterhaltspflicht der Eltern und des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners bleibt vorbehalten.462
ZGB sein könne. Nach konstanter Rechtsprechung gibt jedoch das ZGB der unterstützungspflichtigen Armenbehörde die Befugnis, von den pflichtigen Verwandten neben laufenden Beiträgen Ersatz für die bereits geleisteten Unterstützungen zu verlangen. Dieser Ersatzanspruch ist aber auf die Leistungen beschränkt, die der Unterstützungsberechtigte oder die unterstützende Behörde bei Kenntnis der Person und der Verhältnisse des unterstützungspflichtigen Verwandten zu der Zeit hätte fordern können, da die Unterstützungen geleistet wurden, deren Ersatz verlangt wird (BGE 74 II 22,BGE 76 II 115). Dieser Rückgriffsanspruch muss vom unterstützenden Gemeinwesen - abgesehen von der eigentlichen Verjährung - mit tunlichster Beförderung geltend gemacht werden (a.a.O.). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, erhält das Gemeinwesen, sobald es eine Unterstützung ausgerichtet hat, gegenüber dem beitragspflichtigen Verwandten im Sinne von Art. 329 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 329 - 1 Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1    Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist.
1bis    Kein Anspruch auf Unterstützung kann geltend gemacht werden, wenn die Notlage auf einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Betreuung eigener Kinder beruht.464
2    Erscheint die Heranziehung eines Pflichtigen wegen besonderer Umstände als unbillig, so kann das Gericht die Unterstützungspflicht ermässigen oder aufheben.465
3    Die Bestimmungen über die Unterhaltsklage des Kindes und über den Übergang seines Unterhaltsanspruches auf das Gemeinwesen finden entsprechende Anwendung.466
ZGB einen Ersatzanspruch nach Massgabe von Abs. 1. Auf Entstehung und Bestand desselben kann es keinen Einfluss haben, ob der Unterstützte zufälligerweise früher oder später stirbt; denn der Anspruch geht ja auf Ersatz von Leistungen, die dem Unterstützten zu seinen Lebzeiten tatsächlich ausgerichtet worden sind und die durch seinen Tod nicht ungeschehen gemacht werden. Eine andere Auslegung
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würde, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, manchen unterstützungspflichtigen Verwandten dazu anreizen, die Verhandlungen mit der Armenbehörde über seine Beitragspflicht möglichst lange hinauszuziehen in der Hoffnung, der Unterstützte werde inzwischen sterben und damit der Ersatzanspruch dahinfallen. Das unterstützende Gemeinwesen kann auch nach dem Tode des Unterstützten bereits im Gange befindliche gerichtliche oder aussergerichtliche Verhandlungen mit dem Pflichtigen fortsetzen oder sogar solche neu beginnen. Es verliert seine Ansprüche gegenüber dem pflichtigen Blutsverwandten nur dann, wenn es mit deren Geltendmachung ungebührlich lange zögert oder wenn sich der Pflichtige geradezu auf die Verjährung berufen kann (BGE a.a.O.). Von einem Erlöschen des Ersatzanspruches und damit der Aktivlegitimation des Gemeinwesens mit dem Tode des Unterstützten kann keine Rede sein. Die Fälle sind häufig, wo das Gemeinwesen erst nach dem Tode des Unterstützten die pflichtigen Verwandten belangen kann (z.B. Urteil [staatsrl.] vom 12. Oktober 1950 i.S. Stadtgemeinde Zürich c. Lüthi und Schaffhausen; vom 20. Mai 1952 i.S. Schiesser c. Linthal); es kann sogar nach dem Tode des Unterstützten und des Unterstützungspflichtigen des letztern Erben in Anspruch nehmen (Urteil vom 18. Juni 1953 i.S. Hofstetter c. Teufen). Die Aktivlegitimation des Fürsorgeamtes der Stadt Zürich zur Nachforderung ist mithin gegeben.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob die zwischen dem Fürsorgeamt und dem Beklagten am 16. Juli 1949 geschlossene Vereinbarung als Vergleich im juristischtechnischen Sinne - Beseitigung des zwischen den Parteien inbezug auf ein Rechtsverhältnis bestehenden Streites durch gegenseitige Zugeständnisse (BGE 41 II 617) - oder als gewöhnlicher Vertrag zu betrachten ist; denn auch ein Vergleich kann wegen wesentlichen Grundlagenirrtums angefochten werden, nämlich wenn nachgewiesen ist, dass beide Parteien von einem gewissen Sachverhalte, der sich nachher als irrtümlich erweist, ausgegangen sind oder dass
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die eine Partei mit Wissen der andern Partei einen Sachverhalt irrtümlicherweise.als gegeben betrachtet hat (BGE 48 II 107f.; vgl. H. MONFRINI, La transaction extrajudiciaire, Diss. Lausanne 1937, S. 131 ff.). a) Die Vorinstanz nimmt nun insofern einen Irrtum des Fürsorgeamtes an, als der Beklagte im Jahre 1949 diesem verschwiegen habe, aus eigenen Mitteln Fr. 47'000.-- für seine Liegenschaft in Biel aufgewendet und damit deren Wert im gleichen Betrage erhöht zu haben. Diese Feststellung tatsächlicher Natur ist für das Bundesgericht verbindlich. Soweit die Berufung geltend macht, der verschwiegene Teil des Vermögens mache mehr als Fr. 47 000.-- aus, ist sie daher nicht zu hören. Absichtliche Täuschung ist nicht nachgewiesen; nimmt die Vorinstanz doch als möglich an, dass der Beklagte nicht daran gedacht habe, dass er diese Investitionen in den Verhandlungen mit dem Fürsorgeamt hätte erwähnen müssen. Dagegen lag beim Fürsorgeamt ein Irrtum bezüglich eines für die Bemessung des Unterstützungsbeitrages wesentlichen Sachverhaltes, eben der Höhe des Vermögens des Beklagten, vor, der das Amt zur Anfechtung der Vereinbarung berechtigt. b) Demgegenüber wendet der Beklagte in seiner Anschlussberufung ein, die Berufung auf den Irrtum sei in casu gemäss Art. 25 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 25 - 1 Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht.
1    Die Berufung auf Irrtum ist unstatthaft, wenn sie Treu und Glauben widerspricht.
2    Insbesondere muss der Irrende den Vertrag gelten lassen, wie er ihn verstanden hat, sobald der andere sich hierzu bereit erklärt.
OR unstatthaft, weil gegen Treu und Glauben verstossend. Es habe dem Fürsorgeamt damals freigestanden, neben der Auskunft des Beklagten weitere Beweismittel, insbesondere die Steuerakten, einzuverlangen und die gerichtliche Festsetzung der Unterstützungsbeiträge zu verlangen. Wenn das Fürsorgeamt sich mit den Auskünften des Beklagten begnügt und keinen Prozess eingeleitet habe, müsse es selber die Folge dieser Nachlässigkeit tragen und könne sich nicht auf wesentlichen Irrtum berufen. Eine Wahrheitspflicht der in Anspruch genommenen Verwandten hat indessen die Rechtsprechung bejaht (BGE 76 II 115f.). Dass der Belangte bewusst falsche Angaben gemacht habe, ist für die Anfechtung nicht
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erforderlich, sonst läge absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 28 - 1 Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
1    Ist ein Vertragschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zu dem Vertragsabschlusse verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrtum kein wesentlicher war.
2    Die von einem Dritten verübte absichtliche Täuschung hindert die Verbindlichkeit für den Getäuschten nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlusses die Täuschung gekannt hat oder hätte kennen sollen.
OR vor. Aber selbst wenn der Beklagte keine Offenbarungspflicht verletzt hat, ist Irrtum des Vergleichspartners möglich und hier nach den Feststellungen der Vorinstanz gegeben. Auf seinen Irrtum darf sich selbst der fahrlässig Irrende berufen (Art. 26
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OR Art. 26 - 1 Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
1    Hat der Irrende, der den Vertrag nicht gegen sich gelten lässt, seinen Irrtum der eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben, so ist er zum Ersatze des aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen Schadens verpflichtet, es sei denn, dass der andere den Irrtum gekannt habe oder hätte kennen sollen.
2    Wo es der Billigkeit entspricht, kann der Richter auf Ersatz weiteren Schadens erkennen.
OR). Höchstens um Fahrlässigkeit handelt es sich, wenn der Beklagte dem Fürsorgeamt vorwirft, es habe gewusst, dass er Eigentümer der Liegenschaft in Biel sei, und hätte sich daher mit den erhaltenen Auskünften nicht zufrieden geben dürfen. Die Auskunftsmittel, deren Nichtbenützung der Beklagte dem Amt entgegenhält, standen ja a fortiori ihm selbst zur Verfügung, und da er selbst zur Wahrheit verpflichtet war, kann er der Gegenpartei nicht vorwerfen, ihm vertraut zu haben. c) Nachdem das Fürsorgeamt erst anlässlich des Verkaufes der Bieler Liegenschaft des Beklagten im November 1953 von der Verschweigung des darin liegenden Mehrwertes Kenntnis erhalten hatte, genügte die noch im gleichen Monat an den Beklagten gestellte Aufforderung zur Nachzahlung sowohl dem Erfordernis beförderlicher Geltendmachung im Sinne der Praxis (BGE 74 II 22) als der einjährigen Anfechtungsfrist gemäss Art. 31 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 31 - 1 Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt.
1    Wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurückfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt.
2    Die Frist beginnt in den Fällen des Irrtums und der Täuschung mit der Entdeckung, in den Fällen der Furcht mit deren Beseitigung.
3    Die Genehmigung eines wegen Täuschung oder Furcht unverbindlichen Vertrages schliesst den Anspruch auf Schadenersatz nicht ohne weiteres aus.
OR.
3. In der Anschlussberufung macht der Beklagte gegenüber der Nachforderung Verjährung geltend. Er hatte diese Einrede bereits in seiner Klageantwort vom 31. Mai 1955 an den Regierungsstatthalter von Thun erhoben und in der Rekursantwort vom 7. Januar 1956 an die Vorinstanz durch Verweisung auf jene aufrechterhalten. Die Einrede ist mithin vor Bundesgericht nicht neu vorgebracht. Der Ersatzanspruch des Gemeinwesens gegen die Verwandten verjährt innert der 5jährigen Frist von Art. 128 Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 128 - Mit Ablauf von fünf Jahren verjähren die Forderungen:
1  für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen;
2  aus Lieferung von Lebensmitteln, für Beköstigung und für Wirtsschulden;
3  aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren, ärztlicher Besorgung, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren sowie aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern.
OR. Die Verjährung tritt, da die Ersatzforderung mit der Auszahlung der Unterstützung durch das Gemeinwesen fällig wird, für jede einzelne von den Verwandten zu ersetzende Unterstützungsleistung mit Ablauf von
BGE 82 II 371 S. 378

5 Jahren seit deren Erbringung durch das Gemeinwesen ein (BGE 76 II 117Erw. 5; zit. Urteil i.S. Hofstetter). Die Verjährung wurde durch die Rückerstattungsklage des Fürsorgeamtes vom 6. April 1955 unterbrochen (Art. 135 Ziff. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 135 - Die Verjährung wird unterbrochen:
1  durch Anerkennung der Forderung von seiten des Schuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung;
2  durch Schuldbetreibung, durch Schlichtungsgesuch, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen Gericht oder einem Schiedsgericht sowie durch Eingabe im Konkurs.
OR). Verjährt ist demnach die Nachforderung für die Unterstützungsleistungen vom 1. Mai 1949 bis 6. April 1950, also für 10 1/5 Monate.
4. .....

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen, die Anschlussberufung teilweise gutgeheissen und der vom Beklagten an die Klägerin nachzuzahlende Betrag auf Fr. 2028.-- festgesetzt.