Urteilskopf

80 III 99

21. Entscheid vom 23. September 1954 i.S. Stebler.

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 100

BGE 80 III 99 S. 100

A.- Gegen den Rekurrenten, ehemaligen Bundesbeamten, wurde in Bern die Betreibung Nr. 25695 angehoben und dort am 26. Januar 1954 das Fortsetzungsbegehren gestellt. Das Betreibungsamt Bern vollzog am 2. Februar 1954 eine Pfändung, die jedoch von der kantonalen Aufsichtsbehörde am 5. April 1954 aufgehoben wurde, mit der Weisung, eine neue Pfändung vorzunehmen. Im April liess das Betreibungsamt Bern den "nunmehr" in Basel wohnenden Schuldner durch das dortige Betreibungsamt einvernehmen, und am 29. Mai 1954 pfändete es in Wabern bei Bern, wo die Familie des Schuldners wohnen geblieben war, in dessen Anwesenheit Wein und Spirituosen, welche die Ehefrau des Schuldners als ihr Eigentum ansprach, und ferner a) eine Darlehensforderung des Schuldners gegen Kurt St. und b) eine von ihm gegenüber dem Bunde geltend gemachte Forderung von Fr. 50'000.-- wegen ungerechtfertigter Entlassung. Es schätzte diese beiden Forderungen nur auf je Fr. 1.-.
B.- Nach Empfang der Pfändungsurkunde beschwerte sich der Schuldner über das Betreibungsamt Bern mit dem Begehren um Aufhebung der Pfändung; das erwähnte Amt sei anzuweisen, eine neue Pfändung requisitorisch in Basel durchführen zu lassen. Er bemängelte verschiedene Angaben der Pfändungsurkunde wie auch die Ankündigung der am 29. Mai vollzogenen Pfändung; ferner verwies er auf seinen Wohnort Basel; sein gelegentliches Verweilen bei der im übrigen von ihm getrennt in Wabern/Bern lebenden Familie habe den Vollzug einer Pfändung an diesem Orte nicht gerechtfertigt. Er beanstandete die Schätzung der gepfändeten Gegenstände, bezeichnete die beiden gepfändeten Forderungen als unpfändbar und die Pfändung angeblichen Dritteigentums als unzulässig,
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zumal er auf andere, in Basel befindliche Aktiven hingewiesen habe.
C.- Die kantonale Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde am 20. August 1954 teilweise gut, indem sie das Betreibungsamt Bern anwies, die Forderung gegen den Bund nur "soweit Lohnguthaben betreffend" zu pfänden und den gepfändeten Betrag anzugeben. Im übrigen wies sie die Beschwerde ab.
D.- Mit vorliegendem Rekurse hält der Schuldner in vollem Umfang an der Beschwerde fest.
Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Der Rekurrent anerkennt den Betreibungsort Bern und beschwert sich nur über die Art der Pfändungsankündigung und des Pfändungsvollzuges. Da aber die kantonale Aufsichtsbehörde feststellt, er sei "nunmehr in Basel wohnhaft", muss von Amtes wegen abgeklärt werden, ob er in Basel allenfalls bereits vor der Pfändungsankündigung festen Wohnsitz erworben habe. In diesem Falle wäre das Betreibungsamt Bern zur Fortsetzung der Betreibung nicht mehr zuständig gewesen (Gegenschluss aus Art. 53
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
SchKG), und zwar hätte man es mit einer unbedingt zwingenden Verfahrensnorm zu tun, mit der Folge der Nichtigkeit der vom unzuständigen Betreibungsamt vorgenommenen Pfändungshandlungen (BGE 68 III 35). Ob der Rekurrent (dessen Familie, die er "gelegentlich" besucht, in Wabern bei Bern wohnen geblieben ist) in Basel einen festen Wohnsitz im Sinne von Art. 46
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 46 - 1 Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
1    Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
2    Die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen und Gesellschaften sind an ihrem Sitze, nicht eingetragene juristische Personen am Hauptsitze ihrer Verwaltung zu betreiben.
3    Für die Schulden aus einer Gemeinderschaft kann in Ermangelung einer Vertretung jeder der Gemeinder am Orte der gemeinsamen wirtschaftlichen Tätigkeit betrieben werden.83
4    Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist am Ort der gelegenen Sache zu betreiben.84
SchKG (entsprechend Art. 23
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1    Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
3    Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
ZGB) erworben hat, und wann dies allenfalls geschehen ist, lässt sich den vorliegenden Akten nicht mit Sicherheit entnehmen. Das führt zur Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, welche über den für die Fortsetzung der Betreibung zutreffenden Betreibungsort zu entscheiden und, wenn sich Bern als
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unzuständig erweisen sollte, die nichtigen Handlungen des Betreibungsamtes Bern aufzuheben haben wird. Hiebei ist nicht etwa der Zeitpunkt der Pfändungsankündigung vom 25. Mai 1954, sondern - für das ganze weitere Verfahren - derjenige der ersten Pfändungsankündigung massgebend, es wäre denn, dass sie ihrerseits nichtig war oder wegen Gesetzesverletzung aufgehoben wurde. War die Pfändungsankündigung, die dem Fortsetzungsbegehren vom 25. Januar 1954 Folge gab und zur Pfändung vom 2. Februar 1954 führte, gültig, so kommt es somit nur darauf an, ob der Rekurrent damals seinen Wohnsitz in Bern beibehalten oder schon nach Basel verlegt hatte. Denn der ordentliche Betreibungsort, wie er in dem Zeitpunkt gegeben ist, da es in der betreffenden Betreibung einmal zu einer gültigen Pfändungsankündigung kommt, soll für das ganze weitere Betreibungsverfahren fortbestehen, gleichgültig ob der Schuldner später an einen andern Ort übersiedelt und dann allenfalls neue, ihm wiederum anzukündigende Pfändungen erfolgen. Sollte also hier eine gültige Pfändungsankündigung Ende Januar oder Anfang Februar 1954 ergangen und der Rekurrent erst am 18. Februar nach Basel verzogen sein (wie in einem Brief seiner Ehefrau vom 25. Juli 1954 zu lesen ist), so wäre der Betreibungsort Bern bestehen geblieben.

2. In diesem Falle konnten, was zu den Rekursvorbringen bemerkt sei, gewöhnliche (d.h. nicht in Wertpapieren verkörperte) Forderungen des Rekurrenten (in dessen Gegenwart) in Bern als dem weiterhin für diese Betreibung zu fingierenden Wohnorte gepfändet werden (vgl. JAEGER, N. 5 zu Art. 89
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 89 - Unterliegt der Schuldner der Betreibung auf Pfändung, so hat das Betreibungsamt nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens unverzüglich die Pfändung zu vollziehen oder durch das Betreibungsamt des Ortes, wo die zu pfändenden Vermögensstücke liegen, vollziehen zu lassen.
SchKG). Im übrigen ist hier zu den Rekursvorbringen nicht Stellung zu nehmen. Werden sie doch gegenstandslos, falls die in Bern ergangenen Fortsetzungshandlungen sich als nichtig erweisen sollten. Andernfalls wird die kantonale Aufsichtsbehörde sie bei der neuen Beurteilung der Beschwerde zu berücksichtigen haben.
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Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.