S. 295 / Nr. 51 Obligationenrecht (d)

BGE 79 II 295

51. Urteil der I. Zivilabteilung vom 31. August 1953 i. S. Künzle gegen
Bayrische Hypotheken- und Wechselbank.

Regeste:
Internationales Privatrecht, Kauf; Prozesskosten.
Befugnis der Parteien, im Gebiet des internationalen Schuldrechts das
anwendbare Recht zu bestimmen. Diese Rechtswahl kann auch noch erst im Prozess
getroffen werden (Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 1).
Kauf, Sukzessivlieferungsgeschäft. Einfluss von Lieferungsverzögerungen des
Verkäufers und von Zahlungsrückständen des Käufers für erfolgte
Teillieferungen (Erw. 2).
Sicherstellung der Parteientschädigung (Art. 150 Abs. 2 OG), kann nicht
verlangt werden für bereits erwachsene Kosten (Erw. 3).
Droit international privé, vente; frais de procès.
Pouvoir des parties de déterminer le droit applicable dans le domaine du droit
international des obligations. Les parties peuvent déterminer ce droit pendant
le procès encore (changement de jurisprudence) - (consid. 1).
Vente par livraisons successives. Influence que les retards dans les
livraisons du vendeur et les paiements de l'acheteur peuvent avoir sur les
livraisons partielles déjà faites (consid. 2).
La fourniture de sûretés en garantie des dépens (art. 150 al. 2 OJ) ne peut
pas être demandée pour des frais déjà faits (consid. 3).
Diritto internazionale privato, vendita; spese processuali.
Potere delle parti di determinare il diritto applicabile nel campo del diritto
internazionale delle obbligazioni. La scelta di questo diritto può essere
fatta anche soltanto nel corso della cassa (cambiamento della giurisprudenza)
(consid. 1).
Vendita con forniture successive. Influsso che i ritardi delle forniture del
venditore e i pagamenti del compratore possono avere sulle forniture parziali
già eseguite (consid. 2).
La prestazione di garanzie per le spese ripetibili (art. 150 cp. 2 OG) non può
essere chiesta per spese già fatte (consid. 3).

A. - Gemäss 3 Kaufverträgen vom 26. Juli 1951 verkaufte Benedikt Schneider in
Lindau dem in Kreuzlingen

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wohnhaften Anton Künzle 150 t. Luzernenheu, 50 t. deutsches Naturwiesenheu und
10 Waggons Weizenstroh. Die vorgesehenen Teillieferungen langten mit
Verzögerungen ein, weshalb Künzle wiederholt auf Beschleunigung der
Lieferungen drängte. Da er seinerseits mit der Bezahlung der erfolgten
Lieferungen im Rückstand war, teilte ihm Schneider mit Schreiben vom 9.
November 1951 mit, er werde weitere Lieferungen nur vornehmen, nachdem Künzle
die bereits erfolgten Teillieferungen bezahlt habe. Daraufhin setzte Künzle
ihn in Verzug und erklärte, er werde nur noch den Gegenwert für laufende
Lieferungen überweisen, die restliche Forderung dagegen mit seinen Ansprüchen
aus Verzugsfolgen verrechnen. Angesichts dieser Stellungnahme lehnte Schneider
mit Schreiben vom 17. November 1951 weitere Lieferungen ab und verlangte
Bezahlung der erfolgten Teillieferungen. Künzle erwiderte am 23. November
unter Zustellung einer Abrechnung, dass er das Guthaben Schneiders mit seinen
Schadenersatzansprüchen aus Deckungskäufen verrechne.
B. - In der Folge belangte die Bayrische Hypotheken und Wechselbank als
Zessionarin Schneiders den Künzle auf Bezahlung einer Kaufpreisrestforderung
von Fr. 10000, die sie im Laufe des Verfahrens auf Fr. 6602.70 herabsetzte,
nebst Zins. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage mit der Begründung, er
schulde nichts, da ihm gegenüber der an sich unbestrittenen Kaufpreisforderung
von Fr. 6602.70 Gegenforderungen in höherem Betrag aus Schadenersatzansprüchen
wegen Vertragsverletzung durch den Verkäufer zustünden.
C. - Das Obergericht des Kantons Thurgau schützte mit Urteil vom 19. Februar
1953 die Klage im Betrage von Fr. 6602.70 nebst 5% Zins seit 7. Dezember 1951.
Mit der vorliegenden Berufung hält der Beklagte am Antrag auf Klageabweisung
fest.
Die Berufungsbeklagte beantragt Nichteintreten auf die Berufung, eventuell
Abweisung derselben.
Nach Einreichung der schriftlichen Berufungsantwort

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hat die Berufungsbeklagte sodann unter Hinweis auf die dem Berufungskläger
gemäss Publikation im Handelsamtsblatt bewilligte Nachlassstundung das
Begehren gestellt, der Berufungskläger sei zur Kostenversicherung nach
Massgabe von Art. 150 Abs. 2 OG anzuhalten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- a) Da sich der Prozess um ein Geschäft des internationalen Handelsverkehrs
dreht, ist vorerst von Amtes wegen die Frage des anwendbaren Rechts abzuklären
denn gemäss Art. 43 OG ist das Bundesgericht zur materiellen Entscheidung des
Streitfalles nur zuständig, wenn dieser vom schweizerischen Rechte beherrscht
ist. Untersteht er dem ausländischen Recht, so ist eine materielle Überprüfung
durch das Bundesgericht ausgeschlossen, und zwar gilt dies auch, soweit der
kantonale Richter an Stelle des ihm nicht bekannten ausländischen Rechts das
schweizerische als Ersatzrecht zur Anwendung gebracht hat. Dagegen würde es
eine mit der Berufung anfechtbare Verletzung des schweizerischen Rechts
bedeuten, wenn der kantonale Richter dieses nicht als blosses Ersatzrecht,
sondern unmittelbar angewendet hat, während nach den Kollisionsnormen des
schweizerischen internationalen Privatrechts ausländisches Recht massgebend
gewesen wäre (BGE 77 II 274 und dort erwähnte Entscheide).
b) Das Bundesgericht hat im Gebiete des internationalen Schuldrechts von jeher
jedenfalls hinsichtlich der Vertragswirkungen das von den Parteien beim
Abschluss des Vertrages ausdrücklich oder stillschweigend vereinbarte Recht
als massgebend betrachtet. In seiner neuesten Rechtsprechung hat es diesem
Recht auch die das Zustandekommen des Vertrages betreffenden Fragen
unterstellt, die früher nach dem Recht des Abschlussortes beurteilt wurden
(BGE 75 II 83 ff. und dort erwähnte Entscheide). Beim Fehlen einer
Parteivereinbarung ist das Recht desjenigen Landes anwendbar, mit dem das
Rechtsverhältnis den engsten räumlichen Zusammenhang aufweist; dieser

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besteht in der Regel mit dem Recht des Landes derjenigen Partei, welche die
charakteristische Leistung des in Frage stehenden Vertragsverhältnisses zu
erbringen hat (BGE 78 II 77 f. und dort erwähnte Entscheide).
c) Im vorliegenden Falle haben die Parteien beim Abschluss des Vertrages sich
nicht darüber ausgesprochen, welchem Recht ihr Vertragsverhältnis unterstehen
solle. Erst im Prozess hat die Klägerin sich unter Hinweis auf die
Möglichkeit, dass allenfalls auch deutsches Recht anwendbar sein könnte, auf
schweizerisches Recht berufen. Der Beklagte hat dazu bemerkt, er habe gegen
die Anwendung schweizerischen Rechts nichts einzuwenden, womit diese Frage
entschieden sein dürfte. Die kantonalen Gerichte haben zur Frage des
anwendbaren Rechts überhaupt nicht Stellung genommen, sondern ihrem Entscheid
kurzerhand das schweizerische Recht zu Grunde gelegt.
Nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundes -gerichts würde indessen eine
solche erst im Prozess erfolgte Berufung auf schweizerisches Recht für sich
allein noch keine gültige Rechtswahl bedeuten. Eine solche läge vielmehr nur
vor, wenn schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine ausdrückliche
Rechtskürung erfolgte oder doch zum mindesten schon damals schlüssige
Anhaltspunkte da für bestanden, dass die Parteien den übereinstimmenden Willen
hatten, ihre Rechtsbeziehungen dem nach der im Prozess angerufenen Recht zu
unterstellen (BGE 62 II 125, 63 II 44, 75 II 64, 78 II 79). Ausgangspunkt
dieser Einstellung bildete, wie aus dem grundlegenden Entscheid BGE 62 II 126
hervorgeht, die Überzeugung, dass das anwendbare Recht unwandelbar sein müsse;
ein Rechtsverhältnis bestehe - so wird im erwähnten Entscheid ausgeführt kraft
des Rechtes, auf Grund dessen es zustande gekommen sei, oder es bestehe
überhaupt nicht; seine Existenzgrundlage könne nicht nachträglich durch eine
andere ersetzt werden. Eine Wandelbarkeit des anwendbaren Rechtes käme
höchstens dort in Betracht, wo sie die Parteien von Anfang an vorgesehen
hätten.

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Nach dieser Rechtsprechung wäre somit im vorliegenden Falle wegen Fehlens
einer gültigen Rechtswahl der Parteien gemäss den eingangs dargelegten
Grundsätzen auf das deutsche Recht abzustellen, da der engste räumliche
Zusammenhang auf dieses hinweist.
d) Am Grundsatz der Unwandelbarkeit des anwendbaren Rechts, von dem die
bisherige Rechtsprechung ausgegangen ist, kann jedoch nach erneuter Prüfung
nicht festgehalten werden (vgl. auch STAUFFER, «Bundesgericht und
Parteiautonomie auf dem Gebiete des internationalen Schuldrechts», in der
Festgabe für Lewald, s. 393 ff.).
Wie schon dargelegt, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts
die Vertragsparteien beim Vorliegen eines internationalen Tatbestandes befugt,
das für ihre Rechtsbeziehungen massgebende Recht selber zu bestimmen. Diese
Anerkennung der Parteiautonomie stellt nach dem schweizerischen Recht, das als
lex lori für die Qualifikation der Anknüpfungsbegriffe massgebend ist, eine
eigentliche selbständige Kollisionsnorm dar, die sich von der
materiellrechtlichen Parteiautonomie (Vertragsfreiheit) des internen Rechts
begrifflich unterscheidet. Die Vertragsfreiheit räumt den Parteien die
Befugnis ein, ihre Rechtsbeziehungen im Rahmen der Rechtsordnung, der sie
primär unterstehen, inhaltlich frei zu gestalten. Die kollisionsrechtliche
Parteiautonomie dagegen erkennt dem Parteiwillen - vorbehältlich der
öffentlichen Ordnung - die Kraft einer originären Rechtsquelle zu, indem er
primär die Rechtsordnung zu bestimmen vermag, der das in Frage stehende
zwischenstaatliche Rechtsverhältnis in seiner Gesamtheit unterstellt sein
soll. Dass dem Parteiwillen nach dem schweizerischen Kollisionsrecht diese von
der Rechtsprechung des Bundesgerichts seit jeher anerkannte Tragweite in der
Tat zukommt, findet sich durch das positive Recht bestätigt in Art. 3 Abs. 1
lit. d des BG über das Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden, vom 13.
Juni 1941. Dort wird den Parteien empfohlen, im Anstellungsvertrag das
anwendbare Recht und den

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Gerichtsstand zu bestimmen, wenn sich der Wohnsitz der einen Partei im Ausland
befindet. Diese Regelung wäre ohne das Bestehen einer kollisionsrechtlichen
Parteiautonomie aber nicht denkbar.
In der Literatur ist lange von der grossen Mehrheit der Autoren bestritten
worden, dass dem Parteiwillen solche kollisionsrechtliche Funktion beigemessen
werden könne. Es wurde insbesondere als eine logische Unmöglichkeit
hingestellt, dem Vertrag, um dessen Gültigkeit es gehe, die für die
Entscheidung eben dieser Frage massgebende Rechtsordnung zu entnehmen (vgl.
hierüber etwa BOERLIN, Die örtliche Rechtsanwendung bei Kaufverträgen, in ZSR
nF:33 S. 214 f. SCHNITZER, Die Parteiautonomie im internen und internationalen
Privatrecht, in SJZ 35 S. 305 ff.; ferner die Verweisungen bei WIDMER, Die
Bestimmung des massgebenden Rechts im internationalen Vertragsrecht, S. 62
ff., sowie bei MOSER, Vertragsabschluss Vertragsgültigkeit und Parteiwille im
internationalen Obligationen recht, S. 146 f.), insbes. S. 164 f.). In neuerer
Zeit setzt sich indessen die Anerkennung der kollisionsrechtlichen Natur der
Parteiverweisung in zunehmendem Masse durch. Dieser Wandlung liegt zur
Hauptsache die Erkenntnis zu Grunde, dass die Rechtswahl auf einem
eigentlichen, zum materiellen Hauptvertrag hinzutretenden Verweisungsvertrag
beruht, der mit jenem zu einem einheitlichen Ganzen verbunden oder von ihm
getrennt abgeschlossen werden kann. Damit ist dem oben erwähnten, von den
Gegnern der kollisionsrechtlichen Parteiautonomie erhobenen Vorwurf des
Zirkelschlusses der Boden entzogen. Denn die für die Beurteilung des
Hauptvertrages massgebende Rechtsordnung wird nicht diesem selbst, sondern dem
davon zu unterscheidenden Verweisungsvertrag entnommen, der seinerseits auf
einer von der lex lori dargebotenen Kollisionsnorm berteilt (vgl. hiezu RAAPE.
Internationales Privatrecht, 3. Aufl. S. 280 ff. HAUDEK, Die Bedeutung des
Parteiwillens im internationalen Privatrecht, S. 4 ff. 88 ff. WIDMER, a.a.O.
S. 62 ff., 123 MOSER, a.a.O. S. 227, 233).

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Erfolgt die Rechtswahl somit durch einen besonderen Verweisungsvertrag so ist
nicht einzusehen, weshalb sie nicht auch nachträglich, insbesondere erst im
Prozess, zulässig sein sollte. Für den Verweisungsvertrag muss, entsprechend
seiner Vertragsnatur, der Grundsatz der Vertragsfreiheit gelten. Dann sind die
Parteien aber auch befugt, seinen Inhalt nachträglich zu ändern, indem sie an
Stelle einer ursprünglich gewählten Rechtsordnung eine andere, nach dem
Sachverhalt ebenfalls in Betracht kommende treten lassen, und zwar mit
Rückwirkung, soweit das materielle Vertragsverhältnis nicht bereits
abgewickelt ist. Eine derartige Ersetzung der rechtlichen Grundlage bedeutet
keine begriffliche Unmöglichkeit wird sie doch im intertemporalen Recht, wenn
auch als Ausnahme, vom Gesetz selber vorgesehen (ZGB SchlT Art. 2, 3). Ferner
ist darauf hinzuweisen, dass in der Praxis des internationalen Privatrechts
die Wandelbarkeit sich, ohne Unzukömmlichkeiten und ohne auf Kritik zu
stossen, tatsächlich schon längst insofern durchgesetzt hat als die kantonalen
Gerichte sehr häufig auf Grund entsprechender Ermächtigung ihrer
Prozessordnungen das schweizerische Recht als Ersatzrecht für das an sich
anwendbare, ihnen aber nicht bekannte ausländische Recht zur Anwendung
bringen.
Ist aber der Übergang von einem gekürten Recht zum andern den Parteien
erlaubt, so muss es ihnen auch freistehen, die Rechtsordnung, die beim Fehlen
einer Rechtswahl Platz greifen würde, auf dem Wege nachträglicher Vereinbarung
durch eine andere zu ersetzen (so jedenfalls dem Grundsatze nach auch
NUSSBAUM, Deutsches internationales Privatrecht, S. 250). Hiefür spricht auch
die Erfahrungstatsache, dass die Parteien beim Abschluss des Vertrages an die
Frage des anwendbaren Rechts meistens gar nicht denken. Diese Frage stellt
sich vielmehr erst nachträglich, wenn bei der Abwicklung des Geschäftes
Schwierigkeiten auftreten. Einigen sich die Parteien nun in diesem Zeitpunkt
in einem internationalprivatrechtlichen Fall über die anwendbare
Rechtsordnung. so ist kein

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zwingender Grund ersichtlich, der diesem Vorgehen entgegenstehen würde.
e) Im vorliegenden Falle steht der Abschluss eines solchen nachträglichen
Verweisungsvertrages ausser Zweifel, da die Parteien sich bei der
übereinstimmenden Berufung auf schweizerisches Recht darüber Rechenschaft
gaben, dass allenfalls auch die Anwendbarkeit deutschen Rechtes in Erwägung
gezogen werden könnte. Wie jeder Vertrag kann aber auch der Verweisungsvertrag
stillschweigend, durch konkludentes Verhalten, abgeschlossen werden. Eine
solche schlüssige übereinstimmende Willensbekundung darf auch darin erblickt
werden, dass beide Parteien sich im Prozess ohne weiteres auf ein bestimmtes
Recht berufen (so auch NUSSBAUM, a.a.O. S. 250). Als Ausdruck des
gegenwärtigen, auf eine Vornahme der Rechtswahl im Zeitpunkt des Prozesses
gerichteten Willens kommt solcher Berufung auf eine bestimmte Rechtsordnung
weit grösseres Gewicht zu als dort, wo es sich lediglich darum handelt, sie im
Sinne der früheren Rechtsprechung als Indiz für einen schon zur Zeit des
Vertragsschlusses vorhandenen Willen auszuwerten.
f) Für die Zulassung einer Rechtswahl erst im Prozess sprechen schliesslich
auch noch gewichtige praktische Gründe. Auf diese Weise wird nämlich eine
weitgehende Anwendbarkeit der lex lori, d.h. der dem Richter am besten
vertrauten einheimischen Rechtsordnung erreicht und die Notwendigkeit der
Anwendung fremden Rechtes, der immer etwas Problematisches anhaftet, auf ein
Mindestmass eingeschränkt, indem diese nur dort Platz zu greifen hat, wo nach
der gesamten Sachlage die Massgeblichkeit des einheimischen Rechts
unzweifelhaft ausgeschlossen werden muss.
Im weiteren ist daran zu erinnern, dass gemäss ständiger Rechtsprechung die
Berufung hinsichtlich des als blosses Ersatzrecht herangezogenen
schweizerischen Rechtes nicht zulässig ist. Auf diese Weise kann sich daher
eine vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüfbare Auslegung
schweizerischen Rechtes herausbilden. Dieser

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Unzukömmlichkeit wird weitgehend vorgebeugt, wenn man den Parteien die
Möglichkeit bietet, durch übereinstimmende Anrufung des schweizerischen
Rechtes dessen unmittelbare Anwendung und damit die Berufungsfähigkeit der
Streitsache herbeizuführen.
Liegt nach den vorstehenden Ausführungen mithin eine gültige Parteiverweisung
auf das schweizerische Recht vor, so ist auf die materielle Behandlung der
Sache einzutreten.
2.- Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
war im Sommer 1951 wegen der damals in Süddeutschland herrschenden Maul- und
Klauenseuche die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten aus Deutschland
nach der Schweiz mit Schwierigkeiten verbunden es musste insbesondere damit
gerechnet werden, dass bei weiterer Ausbreitung der Seuche die
Einfuhrmöglichkeit zurückgehen werde. Das war dem Berufungskläger bekannt, da
er, wie die Vorinstanz weiter feststellt, aus dem gleichen Grunde schon bei
vorhergehenden Geschäften von Schneider nur mit Verzögerungen hatte beliefert
werden können. Von diesen Feststellungen ausgehend hat die Vorinstanz sodann
gefolgert, wenn Künzle gleichwohl wieder neue Kaufverträge mit Schneider
abgeschlossen habe, so zeige dies, dass er die Möglichkeit von
Lieferungsrückständen habe in Kauf nehmen wollen. Unter diesen Umständen müsse
darum eine stillschweigende Vereinbarung der Parteien im Sinne einer Lieferung
nach den vorhandenen Möglichkeiten angenommen werden, mit der Massgabe, dass
der Verkäufer im Sinne einer privaten Kontingentierung die ihm zur Verfügung
stehende Ware auf alle seine Schweizer Abnehmer habe verteilen dürfen, wie er
es in Wirklichkeit getan habe.
Diese von der Vorinstanz auf Grund von Indizien, also auf dem Wege der
Beweiswürdigung vorgenommene Ermittlung der Willensmeinung beider Parteien ist
aber nach der Rechtsprechung (BGE 69 II 319 ff.) für das Bundesgericht
wiederum verbindlich; insbesondere ist die von der Berufung dagegen erhobene
Rüge der Willkür im Berufungsverfahren unzulässig.

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Ist aber von der erwähnten Willensmeinung der Parteien auszugehen, so erweist
sich die Auffassung des Berufungsklägers, es seien ihm aus der
Lieferungsverzögerung Schadenersatzansprüche gegenüber dem Verkäufer erwachsen
und er dürfe gestützt auf sie ohne Bezahlung der früheren Teillieferungen
weitere solche verlangen, als offensichtlich unbegründet. Entgegen der Ansicht
des Berufungsklägers kann auch nicht angenommen werden, eine Berechtigung der
letzteren Art stehe ihm auf Grund einer stillschweigenden Vereinbarung mit dem
Verkäufer zu. Richtig ist allerdings, dass dieser wie schon bei früheren
Geschäften Zahlungsverzögerungen geduldet hat. Derartige Duldung ist jedoch
nicht einer vertraglichen Abmachung gleichzusetzen. Eine solche ist aber
zwischen den Parteien nicht getroffen worden, wie die Vorinstanz für das
Bundesgericht verbindlich feststellt durch den Hinweis darauf, dass der
Berufungskläger auch nicht einmal ernsthaft behauptet habe, mit der Bezahlung
von Teillieferungen durchschnittlich 4 Monate zuwarten zu dürfen.
Unstichhaltig ist auch der Einwand des Berufungsklägers, dem Verkäufer habe,
da er vorleistungspflichtig gewesen sei, die Berechtigung gefehlt, dem mit den
Zalilungen in Rückstand gekommenen Käufer weitere Lieferungen nur noch Zug um
Zug zu machen. Denn das hat der Verkäufer im Unterschied von dem in der
Berufung erwähnten Entscheid BGE 52 II 139 gar nicht gefordert, sondern er
machte nur die weitere Belieferung von der Leistung der rückständigen
Zahlungen abhängig, wozu er nach Art. 82
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 82 - Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat.
OR befugt war. Die Berufung erweist
sich somit als unbegründet.
3.- Zu dem von der Berufungsbeklagten gestellten Kostenversicherungsbegehren
ist zu bemerken, dass zwar Zahlungsunfähigkeit im Sinne des Art. 150 Abs. 2 OG
an sich gegeben ist, wenn eine Prozesspartei ein Gesuch um Nachlaßstundung
stellt, da sie damit ihre Insolvenz eingesteht (vgl. über die entsprechende
Rechtslage im Anwendungsgebiet von Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
BV Kommentar BURCKHARDT,

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2. Aufl. S. 561). Da der vom Berufungskläger nachgesuchte Nachlassvertrag zur
Stunde noch nicht bestätigt ist, der Gesuchsteller also nicht wieder
aufrechtstehend geworden ist (vgl. BURCKHARDT a.a.O.), ist er grundsätzlich
zur Sicherstellung der Prozesskosten verpflichtet.
Durch die Kostenversicherungspflicht nach Art. 150 Abs. 2 OG soll jedoch eine
Prozesspartei vor Auslagen bewahrt werden, wenn die Ersatzmöglichkeit seitens
der Gegenpartei zweifelhaft erscheint. Daraus ergibt sich zwingend, dass eine
solche Kostenversicherung dann nicht mehr in Frage kommt, wenn im Zeitpunkt,
in dem das Gesuch gestellt wird, die Kosten schon erwachsen sind. Da auf die
vorliegende Berufung das schriftliche Verfahren zur Anwendung gelangt und die
Sache gestützt auf Art. 60 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
OG im Zirkulationsweg erledigt wird, war die
Prozesstätigkeit der Berufungsbeklagten mit der Einreichung der schriftlichen
Berufungsantwort abgeschlossen. Infolgedessen ist das
Kostenversicherungsgesuch gegenstandslos.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons
Thurgau vom 19. Februar 1953 wird bestätigt.