S. 311 / Nr. 53 Familienrecht (d)

BGE 78 II 311

53. Urteil vom 11. September 1952 i. S. Schnell gegen Albrecht.

Regeste:
Vaterschaftsklage. Die Ergebnisse der Untersuchung des Blutes der Beteiligten
auf die Zugehörigkeit zu den Untergruppen A1 - A2 und zu den verschiedenen
Rhesus-Typen können unter Umständen erhebliche Zweifel über die Vaterschaft
des Beklagten rechtfertigen (Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB).
Action en paternité. Les résultats de l'analyse du sang des intéressés quant à
leur appartenance aux sous-groupes Ai - A2 et aux différents types rhésus
peuvent suivant les circonstances justifier des doutes sérieux sur la
paternité du défendeur (art. 314 al. 2 CC).

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Azione di paternità. I risultati dell'analisi del sangue degli interessati
quanto alla loro appartenenza ai sottogruppi A1 - A2 e ai diversi tipi rhesus
possono giustificare, secondo le circostanze, seri dubbi stilla paternità del
convenuto (art. 314 cp. 2 CC).

Im Vaterschaftsprozess der am 28. Oktober 1947 geborenen Klägerin gegen den
Beklagten nahm das Obergericht des Kantons Zürich als bewiesen an, dass der
Beklagte der Mutter während der kritischen Zeit beigewohnt habe. Den Nachweis,
dass sie während dieser Zeit auch noch mit den vom Beklagten genannten Dritten
Umgang gehabt habe, erklärte das Obergericht als gescheitert. Es verwarf auch
die Einrede des unzüchtigen Lebenswandels.
Bei der Blutgruppenbestimmung, die das Obergericht auf Antrag des Beklagten
anordnete, kam der Experte Dr. E. Hardmeier, Oberarzt des
Gerichtlich-Medizinischen Instituts der Universität Zürich, dessen Befunde bei
der von ihm veranlassten Kontrolluntersuchung durch Dr. P. Andersen, Leiter
der Serologischen Abteilung des entsprechenden Instituts der Universität
Kopenhagen, durch -wegs bestätigt wurden, in seinem Gutachten vom 23. Dezember
1949 zu folgenden Schlüssen Auf Grund der Bestimmung der klassischen
Blutgruppen (A, B, AB, O) sowie der Faktoren M und N und der Erbgesetze dieser
Bluteigenschaften sei die Vaterschaft des Beklagten möglich. Auf Grund der
eindeutigen Ergebnisse der Bestimmung der Untergruppen A1 und A2 (Mutter und
Kind A1B, Beklagter) und der Erbgesetze dieser Untergruppen könne der Beklagte
dagegen als Vater ausgeschlossen werden. Das gleiche gelte hinsichtlich der
Bestimmung des Rhesus-Faktors samt Untergruppen (Mutter Rh1 CDe, Kind Rh2 cDE,
Beklagter rh cde). Die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des
Vaterschaftsausschlusses auf Grund der A1-A2-Methode sei nach seiner (des
Experten) Auffassung eine so hohe, dass erhebliche Zweifel an der Vaterschaft
des Beklagten im Sinne von Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB ohne weiteres gerechtfertigt
seien. Ein Ausschluss nach der Rhesus-Methode dürfe mit grosser
Wahrscheinlichkeit

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als richtig bezeichnet werden, - doch habe er Bedenken, auf Grund eines
Ausschlusses allein nach dieser Methode von erheblichen Zweifeln im Sinne von
Mt. 314 Abs. 2 zu sprechen. Im vorliegenden Falle aber, wo zu dem schon für
sich allein ausreichenden Ausschluss nach der A1-Methode der Ausschluss auf
Grund der (selbständigen) Rhesus-Methode hinzukomme, dürfe von «praktisch
absoluter Sicherheit des Vaterschaftsausschlusses des Beklagten» gesprochen
werden.
Als der Beistand der Klägerin gegen die forensische Verwertbarkeit dieser
Methoden Bedenken äusserte, holte das Obergericht bei Dr. Hardmeier über die
Schlüssigkeit der Blutgruppenbestimmung auf Grund der Untergruppen A1 und A2
sowie des Rhesus-Faktors samt Untergruppen ein Ergänzungsgutachten ein. In
diesem am 19. Januar 1951 abgegebenen zweiten Gutachten, das die erwähnten
Methoden unter Heranziehung der einschlägigen Literatur in umfassender Weise
würdigt, stellt der Experte fest:
a) Bei sachgemässer Technik der Bestimmung der Untergruppen A1 und A2 und bei
eindeutigem Resultat (d. h. wenn keine der sehr seltenen intermediären
A1-A2-Typen vorliegen) sei ein Vaterschaftsausschluss auf Grund der Erbgesetze
der Untergruppen A1 und A2 abgesehen von den sog. A2B-Ausschlüssen (d. h.
Ausschlüssen, die darauf beruhen, dass eine der untersuchten Personen der
Untergruppe A2B angehört) mit einer sehr grossen Wahrscheinlichkeit richtig
und nach seiner persönlichen Überzeugung geeignet, erhebliche Zweifel an der
Vaterschaft eines Beklagten zu rechtfertigen. Die Fehlermöglichkeit liege sehr
wahrscheinlich unter einem Promille. Die gegenwärtige Zuverlässigkeit der
A1-N-Methode entspreche ziemlich genau der Zuverlässigkeit der M-N Methode im
Jahre 1938 (in welchem Jahre das Gerichtlich-Medizinische Institut der
Universität Zürich die Gutachten abgegeben hatte, welche das Bundesgericht
dazu führten, den Ausschluss der Vaterschaft eines bestimmten Mannes nach
dieser Methode als zur Begründung erheblicher Zweifel

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bzw. zur Entkräftung der Mehrverkehreinrede geeignet anzuerkennen: Entscheid
vom 2. Juni 1939 i. S. Schmid gegen Martin und BGE 65 II 124 ff., 66 II 65
ff.).
b) Bei technisch einwandfreier Rhesus-Bestimmung (die für forensische Zwecke
durch zwei verschiedene Institute mit Testseren verschiedener Herkunft
vorgenommen und nur bei übereinstimmenden Befund verwertet werden sollte) sei
einem Vaterschaftsausscbluss auf Grund der Rhesus- Methode eine sehr hohe
Beweiskraft beizumessen, wenn das Kind eine Eigenschaft C, D oder E (oder
zwei, ja drei solcher Eigenschaften) aufweise, die es weder von seiner Mutter
noch vom fraglichen Manne geerbt haben könne. Die Wahrscheinlichkeit für die
Richtigkeit eines solchen Vaterschaftsausschlusses sei nach seiner Auffassung
eine derart hohe, dass erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB
gerechtfertigt seien. Zwei weitere Art en des Vaterschaftsausschlusses auf
Grund der Rhesusbestimmung seien weniger beweiskräftig (vgl. die
Zusammenfassung der Ausführungen Dr. Hardmeiers über die verschiedenen
Ausschluss-Regeln im Artikel von Prof. SCHWARZ in SJZ 47 S. 321 ff., 323 24).
c) Im vorliegenden Falle dürfe eine Fehlbestimmung der Untergruppen A1 und A2
als praktisch ausgeschlossen gelten, haben sich keine Anhaltspunkte für
intermediäre Typen ergeben und handle es sich nicht um einen der diskutablen
A2B-Ausschlüsse, sodass mit Bezug auf das Ergebnis der A1-A2-Methode an der
Schlussfolgerung des ersten Gutachtens festzuhalten sei. Auch bei der
Bestimmung der Rhesus-Eigenschaften könne die Möglichkeit eines Fehlers
praktisch ausgeschlossen werden. Das Kind besitze nach dieser Untersuchung
eine Eigenschaft, nämlich E, die es weder von seiner Mutter noch vom Beklagten
geerbt haben könne. Der Erbgang des Genpaares Ee, auf dem dieser E-Ausschluss
beruhe, sei durch ein grosses Beobachtungsmaterial besonders gut bestätigt
worden. Unter diesen Umständen könne die Schlussfolgerung des ersten
Gutachtens mit Bezug auf das Ergebnis der Rhesus

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Methode etwas positiver dahin formuliert werden, dass bei der vorliegenden Art
des Rhesus-Ausschlusses und bei Berücksichtigung der dreimaligen Bestimmung
mit verschiedenen Seren die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit dieses
Vaterschaftsschlusses als so gross bezeichnet werden könne, dass schon allein
dadurch erhebliche Zweifel im Sinne von Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB gerechtfertigt
seien. - Selbst wenn man bei jeder der beiden erwähnten Methoden (A1 - A2 und
Rhesus) eine Fehlerquelle von 1:500 annähme, was sicher zu viel sei, wäre
angesichts der Kombination der beiden Ausschlüsse mit einer Fehlerquelle von
nur 1:250000 zu rechnen, d. h. unter 250000 Fällen käme es nur einmal vor,
dass ein solcher doppelter Ausschluss nicht richtig wäre. Eine solche
Fehlerquelle könne als äusserst minim bezeichnet werden. Sie liege sicher noch
unter der Fehlerquelle, wie sie gegenwärtig auch noch für einen Ausschluss
nach den klassischen Blutgruppen offen gelassen werden müsse. Die tatsächliche
Fehlerquelle dürfte beim vorliegenden doppelten Ausschluss bei ca. 1:1000000
ca. 0,001 Promille liegen. Eine solche Fehlerquelle sei derart minim, dass
seines Erachtens wohl mit dem ersten Gutachten von praktisch absoluter
Sicherheit des Vaterschaftsausschlusses des Beklagten gesprochen werden könne.
Auf Grund dieses Gutachtens, dein es sich anschloss, hat das Obergericht mit
Urteil vom 25. März 1952 in Anwendung von Art. 314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB die Klage
abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Beistand der Klägerin die Berufung an das
Bundesgericht erklärt. Er macht geltend, das angefochtene Urteil verletze Art.
314 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB, weil die vom Experten angewandten und vom Obergericht
übernommenen Methoden noch zu wenig gesichert seien, um forensisch verwertet
werden zu können. Der Beklagte schliesst auf Bestätigung des angefochtenen
Urteils.

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Das Bundesgericht zieht in Erwägung
Die Frage, wie zuverlässig eine von einem Experten angewandte
wissenschaftliche Methode sei, ist im wesentlichen eine Tat frage. Die
Vorinstanz konnte ohne Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften dem
Gutachten von Dr. Hardmeier folgen, wonach der Ausschluss der Vaterschaft auf
Grund der A1-A2-Methode und der Rhesus-Methode heute unter der Voraussetzung,
dass die Bestimmung der fraglichen Bluteigenschaften mit der gebotenen
Sorgfalt erfolgt und zu einem eindeutigen Befunde führt, bei der hier in Frage
stehenden Konstellation so sicher ist, dass die Wahrscheinlichkeit eines
Fehlers beim Ausschluss nur durch die oder andere dieser Methoden unter 1: 500
und im Falle der Kombination beider Ausschlüsse unter 1:250000 liegt. Für das
Bundesgericht besteht nach der äusserst gründlichen Begutachtung der erwähnten
Methoden durch den von der Vorinstanz bestellten Experten kein Anlass, über
die grundsätzliche Frage der Zuverlässigkeit ihrer Ergebnisse ein weiteres
Gutachten einzuholen, wie das seinerzeit hinsichtlich des
Vaterschaftsausschlusses auf Grund der Bestimmung der klassischen Blutgruppen
geschehen war (BGE 61 II 72 ff.). Dass die Blutuntersuchung im vorliegenden
Falle mit aller erforderlichen Sorgfalt vorgenommen wurde, lässt sich nicht
bezweifeln. Das Bundesgericht hat deshalb davon auszugehen, dass die
Vaterschaft des Beklagten auf Grund der A1-A2-Methode und Rhesus-Methode mit
dem vom Experten angegebenen Grade von Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Lässt sich die Vaterschaft des Beklagten nach zwei Methoden ausschliessen,
deren Ergebnisse schon dann, wenn nur die eine oder andere den Ausschluss
erlaubt, höchstens in einem unter 500 Fällen und beim Ausschluss durch beide
höchstens in einem unter 250000 Fällen unrichtig sind, so sind unbestreitbar
erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten im Sinne von Art. 314
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB gerechtfertigt.

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Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des
Obergerichtes des Kantons Zürich vom 25. März 1952 bestätigt -