S. 302 / Nr. 52 Familienrecht (d)

BGE 78 II 302

52. Auszug aus dem Urteil der Il. Zivilabteilung vorn 11. Juli 1952 i. S.
Stutz gegen Stutz-Gurewitsch.

Regeste:
Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Scheidung (Art. 154 ZGB).
1. a) Für eingebrachtes Frauengut, das die Frau in der Ehe wegen ungenügender
Leistungsfähigkeit des Mannes zum Unterhalt der Familie verbrauchen musste,
hat sie eine Ersatzforderung.
b) Entbindung des Ehemannes von Frauengutsersatzschuld gestützt auf Art. 151
ZGB: Voraussetzungen der Verrechnung.
2. a) Auf ihre Ersatzforderung kann der Richter der Frau nicht
Errungenschaftsgegenstände, die dem Manne (bzw. beiden Ehegatten gemeinsam)
gehören, in natura zuweisen.
b) Sonderfall: Errungenschaftsgrundstück im Gesamteigentum der Ehegatten ohne
Gütergemeinschaft; Liquidation nach dem Recht der einfachen Gesellschaft.
Liquidation du régime matrimonial après divorce (art. 154 CC).
1. a) A droit à une récompense la femme qui a consacré ses apports à
l'entretien de la famille parce que le mari n'était pas capable d'y pourvoir
d'une façon suffisante.

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b) Le mari peut, en vertu de l'art. 151 CC, être libéré de la dette qu'il a
contractée envers sa femme pour non-représentation des apports de celle-ci.
Conditions de la compensation.
2. a) Le juge ne peut attribuer in natura à la femme, à valoir sur sa créance,
des acquêts appartenant au mari (ou aux deux époux en commun).
b) Cas particulier: Immeuble formant un acquêt appartenant en commun aux époux
sans que ceux-ci soient soumis au régime de la communauté de biens liquidation
selon les principes applicables à la société simple.
Liquidazione del regime matrimoniale in caso di divorzio (art. 154 CC).
1. a) Ha diritto a risarcimento la moglie che ha adoperato suoi apporti al
mantenimento della famiglia pel fatto che il marito non era in grado di
provvedervi in misura sufficiente.
b) Il marito può essere liberato, in virtù dell'art. 151 CC, dal debito
contratto verso sua moglie a risarcimento degli apporti di lei mancanti.
Presupposti della compensazione.
2. a) Il giudice non può attribuire in natura alla moglie, a valere sul di lei
credito, acquisti appartenenti al marito (o ai due coniugi in comunione).
b) Caso particolare: Immobile che costituisce un acquisto appartenente in
comunione ai due coniugi senza ch'essi siano assoggettati al regime della
comunione dei beni; liquidazione secondo i principi della società semplice.

Bei der Heirat im Jahre 1942 brachte die Ehefrau ein Kapitalvermögen von ca.
Fr. 60000.- in die Ehe. Daraus bestritten die Parteien während derselben im
wesentlichen ihren Unterhalt, da der Ehemann es abgesehen von unerheblichen
Gelegenheitseinnahmen zu keinem Einkommen brachte. Im Jahre 1947 kauften die
Parteien zu gesamter Hand ohne Einsatz von Frauengut, nur gegen
Hypothekenübernahme, eine Liegenschaft und betrieben darin ein Kinderheim, das
schliesslich nach Einleitung der Scheidung 1951 wegen unzulänglicher Führung
durch die Frau behördlich geschlossen wurde.
Als Folge der Scheidung war vor Bundesgericht namentlich die güterrechtliche
Auseinandersetzung streitig, worüber folgende
Erwägungen
3.- Das Zivilgericht hatte das von der Klägerin eingebrachte, in der Ehe
verbrauchte und daher vom

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Beklagten zu ersetzende Kapitalvermögen auf Fr. 59405.55 beziffert und zu
dieser Summe einen Betrag von Fr. 2000.- als Restanz des Erlöses aus einem von
der Klägerin vor der Heirat gekauften, in der Ehe verkauften Bechsteinflügel
hinzugerechnet, vom sich ergebenden Totalbetrag der Frauengutsersatzforderung
von Fr. 61405.55 jedoch einen Pauschalbetrag von Fr. 15405.55 abgezogen, den
die Klägerin als Rückschlagsanteil auf sich nehmen müsse, weil sie bei
Eingehen der Ehe in Kauf genommen habe, für die ersten 2 bis 3 Jahre für die
ehelichen Lasten aus ihren Mitteln aufkommen zu müssen.
Das Appellationsgericht erklärte diesen Abzug eines Rückschlagsanteils als
nicht gerechtfertigt nachdem sich aber die Klägerin vor zweiter Instanz mit
dieser Kürzung abgefunden hatte, musste es aus diesem prozessualen Grunde bei
einer Frauengutsersatzforderung von Fr. 46000.- sein Bewenden haben.
Vor Bundesgericht beantragt der Beklagte nun nochmalige Reduktion der
Forderung auf Fr. 15000.-, d. h. auf rund 1/4 der ursprünglichen
Fratiengutsforderung von Fr. 61405.-, event. nach richterlichem Ermessen. Zur
Begründung führt er aus: a) Es würde gegen die bona fides verstossen, wenn in
einem Falle wie dem vorliegenden mechanisch auf den Grundsatz der
Ersatzpflicht gemäss Art. 201
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 201 - 1 Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehegatte seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt darüber.
1    Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehegatte seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt darüber.
2    Steht ein Vermögenswert im Miteigentum beider Ehegatten, so kann kein Ehegatte ohne Zustimmung des andern über seinen Anteil verfügen, sofern nichts anderes vereinbart ist.
ZGB abgestellt würde, zumal die Klägerin neben
dem Ehemanne über ihre Wertschriften verfügen konnte und auch tatsächlich
verfügte wenn sie also aus eigener Initiative Frauengut für die Bedürfnisse
des Haushalt es verwendete, weil der Beklagte nicht in der Lage war, dieselben
aus seinem Erwerb voll zu decken. so hat sie «dazu noch in Erfüllung einer
moralischen Pflicht die entsprechende Reduktion ihres Frauengutes verursacht».
Übrigens habe die Klägerin nicht nur, wie das Zivilgericht annahm, mit einer
Erwerbslosigkeit seinerseits von etwa zwei Jahren rechnen müssen vielmehr sei
es, da er die vielversprechende und erfolgreiche Gründung des Kinderheims
durch- und weitergeführt, bis jene es

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ihm entzogen habe, richtig und gerecht, dass bis 1947, also für fünf Jahre,
ein Abzug in der entsprechenden Höhe von Fr. 7000.- per Jahr, somit Fr.
35000.-, vorgenommen werde. b) Der verbleibende Rest von Fr. 25000.- sei
sodann unter dem Gesichtspunkt des Art. 151 ZGB mit Rücksicht auf seine
Schuldlosigkeit nochmals nach richteilichem Ermessen, mindestens aber um Fr.
10000.- herabzusetzen, sodass eine Frauengutsersatzforderung von Fr. 15000.-
verbleibe, die er anzunehmen bereit sei.
a) Die Betrachtungsweise, wonach die Klägerin den Rückschlag selber verursacht
bezw. ihn zum voraus in Kauf genommen habe, geht indessen fehl. Selbst wenn
die Klägerin die allmähliche Liquidation und Verausgabung ihres Kapitals für
die Bedürfnisse des Haushaltes selber durchgeführt oder einer dahingehenden
Verwaltung durch den Ehemann zugestimmt hat, kann nicht verkannt werden, dass
die Ursache dieser Zwangslage der Ehefrau beim Manne liegt. Für solche Fälle,
wo der Ehefrau schlechterdings keine andere Wahl bleibt, als mit ihren Mitteln
für die Bedürfnisse der Familie einzuspringen, ist der Vorbehalt der
Verursachung in Art. 154 Abs. 2 i. f. (ebenso wie bei den einzelnen
Güterständen, Art. 189, 214, 240 je Abs. 2) offenbar nicht angebracht worden;
darauf weist auch die Ordnung der Beweislast hin, wonach es für die Abwälzung
des Rückschlages auf die Ehefrau keinesfalls genügt, dass der Ehemann
Nichtverursachung durch ihn selbst nachweist, was übrigens der Beklagte eben
nicht kann. Auch aus Art. 161 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 161 - Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
ZGB kann eine Pflicht der Ehefrau, einen
so entstandenen Verlust zu ihren Lasten zu nehmen, nicht abgeleitet werden.
Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, geht die Pflicht des Ehemannes, für
den Unterhalt der Familie aufzukommen, bei dessen Unfähigkeit nicht auf die
Ehefrau über. Wohl ist sie verpflichtet, in diesem Falle zur Deckung der
notwendigen Lebenskosten auch die Substanz ihres Frauengutes anzugreifen
(bezw. angreifen zu lassen) für

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daherige Kapitalaufwendungen entsteht aber eine entsprechende Ersatzforderung
(BGE 52 II 424 ff.). Auf die vom Beklagten ebenfalls angezogene bona fides
stellen die einschlägigen Vorschriften nicht besonders ab, und auf Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB
beruft er sich - mit Recht nicht ausdrücklich. Der Einwand des Beklagten
endlich, die Klägerin habe den Mehrbetrag über die anerkannten Fr. 15000.-
hinaus für persönliche Bedürfnisse und Anschaffungen verwendet, stösst sich an
der für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellung der
Vorinstanz, wo nach das Frauengut für die laufenden Bedürfnisse der
fünfköpfigen Familie aufgezehrt worden ist. Sofern diese Aufwendungen höher
als absolut nötig gewesen sein sollten, kamen sie nicht nur der Klägerin,
sondern auch den Kindern und dem Beklagten selbst zugute. der offenbar weder
selbst bereit gewesen wäre noch seiner Familie hätte zumuten wollen, sich mit
einem Lebensstandard unter dem Existenzminimum zu begnügen, bis er finanziell
auf eigenen Füssen stellen würde. Sollte übrigens die Klägerin mit ihren
persönlichen Ansprüchen zu wenig bescheiden gewesen sein, so wäre dem wohl
durch den Abstrich von rund Fr. 15000.- an ihrer Frauengutsforderung, den sie
sich hat gefallen lassen, genügend Rechnung getragen.
b) Der zweite Standpunkt des Beklagten, er habe gestützt auf Art. 151 ZGB auf
eine weitere Reduktion der Frauengutsersatzforderung um mindestens Fr. 10000.-
Anspruch, scheitert zum vornherein an der grundsätzlichen Unanwendbarkeit des
Art. 151 zu seinen Gunsten. weil er als, wenn nicht allein, so doch jedenfalls
wesentlich mitschuldiger Ehegatte von der Klägerin keine Entschädigung unter
diesem Titel beanspruchen kann, mit der er insoweit seine
Frauengutsersatzschuld verrechnen könnte, wie es in der von ihm angerufenen
Erwägung des Bundesgerichts (BGE 52 II 427 u.) deutlich vorausgesetzt wird.
Von dieser Voraussetzung seiner Schuldlosigkeit kann natürlich nicht einfach
aus Billigkeitsgründen abgesehen

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werden, auch wenn der Ehemann eine solche Entschädigung nur zum Zwecke der
Entbindung von der Frauengutsersatzschuld verlangt weshalb in diesem
Zusammenhang gar nichts darauf ankommt, inwieweit die Klägerin im Sinne des
Art. 151 ebenfalls schuldig sei und ob hiezu allenfalls auch ein für die
Zerrüttung nicht kausales Verschulden genügen würde (vergl. BGE 55 II 16, 71
II 52
).
Es muss mithin bei der von der Vorinstanz festgesetzten
Frauengutsersatzforderung von Fr. 46000.- sein Bewenden haben.
4.- Auf diese Forderung hat die Vorinstanz der Klägerin die von den Parteien
während der Ehe ausschliesslich mit fremdem Geld zu gesamter Hand erworbene,
Errungenschaft bildende Liegenschaft Bachlettenstrasse 62 zu dem geschätzten
Nettowert von Fr. 26000.- zugewiesen unter Anweisung des Grundbuchamt es zur
Eintragung der Klägerin als Alleineigentümerin nach Eintritt der Rechtskraft
dieses Urteils und erfolgter Entlassung des Beklagten aus der
Mitschuldnerschaft für die Hypotheken. Zur Begründung dieser Realzuweisung
führt die Vorinstanz aus, der Umstand, dass die Liegenschaft nicht Surrogat
für verbrauchtes Frauengut, sondern Errungenschaft darstelle, stehe ihrer
richterlichen Zuweisung an die Klägerin zur teilweisen Deckung ihrer
Ersatzforderung nicht im Wege. Es wäre im höchsten Masse stossend und
unbillig, wenn der Beklagte, durch dessen schuldhaftes Versagen die Klägerin
vor dem wirtschaftlichen Ruin stehe, ihr dieses letzte Aktivum von einem
gewissen Wert entziehen und sie auf eine ungedeckte und höchst wahrscheinlich
uneinbringliche Forderung an ihn verweisen könnte. Vielmehr benötige die
Klägerin die Liegenschaft dringend als Existenzgrundlage für sich und die
Kinder. Eine Versteigerung komme nicht in Frage. Der Verkehrswert lasse sich
ohne weiteres durch Expertise bestimmen.
Diese Zuweisung ficht der Beklagte vor Bundesgericht an mit dem Antrag, die
Liegenschaft sei öffentlich zu

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versteigern, event. ihm im Sinne der Begründung zuzuweisen. Er macht geltend,
die Zuweisung derselben an die Klägerin auf Rechnung ihrer Frauengutsforderung
zu einem angenommenen Schutzungswert sei mit dem Bundesrecht nicht vereinbar.
Die Liegenschaft stehe güterrechtlich, weil Errungenschaft, im Alleineigentum
des Beklagten. Nur im Wege der effektiven Liquidation durch Versteigerung
lasse sich der wirkliche Wert feststellen. Das Urteil könne lediglich den
zahlungspflichtigen Ehegatten zur Zahlung der dem andern nach Auszahlung des
Ganerlöses an ihn verbleibenden Forerungsrestanz verurteilen. Sollte die
öffentliche Versteigerung abgelehnt werden, so wäre die Liegenschaft dem
Beklagten zuzuweisen, der nach Recht und Billigkeit besseren Anspruch darauf
habe als die Klägerin, weil er güterrechtlich intern Eigentümer des Hauses
sei, es ohne Frauengutsmittel erworben und darin das Geschäft gegründet und
geführt habe, das dann von der Klägerin ruiniert worden sei.
a) Die Vorinstanz beruft sieh für die Zuweisung in natura im wesentlichen auf
Billigkeits- und Opportunitätsgründe sowie auf eine bezügliche Basler Praxis
(BLOCHER ZSR, NF 36 (1917) S. 282 ff.). Dem Gesetze lässt sich jedoch für die
Zulässigkeit einer solchen Anordnung nichts entnehmen. Auf das Recht des
Güterstandes verweist Art. 154 nur für die Teilung des Vorschlags. Der Zerfall
des ehelichen Vermögens in die beiden Eigengüter sowie die Tragung des
Rückschlages ist in Art. 154 unabhängig vom Güterstand geordnet. Es besteht
keine Bestimmung, wonach diejenige Partei, deren Eigengut bei der Scheidung
nicht mehr vorhanden ist und die dafür Anspruch auf Ersatz erhält, verlangen
oder gezwungen werden könnte, auf Anrechnung auf diese Forderung eheliches
Vermögen zugewiesen zu erhalten, das dem Ersatzschuldner oder, wie hier,
beiden Ehegatten gemeinsam gehört. Nur für das Zerfallen des ehelichen
Vermögens, soweit es aus noch vorhandenem Eigengut der Parteien bezw. aus
Surrogat von solchem besteht, schreibt

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das Gesetz einen Heim fall in natura vor, wobei es sich aber dort, wo in der
Ehe infolge des Güterstandes ein Eigentumsübergang stattgefunden hatte, nicht
um ein einfaches Zerfallen handelt, sondern eine Rückübereignung nötig ist,
die der Scheidungsrichter verfügen kann (vergl. BLOCHER a.a.O. S. 266 f.). Wo
es sich aber nicht um solchen Rückfall eingebrachten Gutes, sondern um eine
wertmässige, in Geld bestimmte Ersatzforderung für nicht mehr vorhandenes
Eingebrachtes handelt, ist nicht ersichtlich, wieso der Scheidungsrichter,
entgegen der sonst allgemein geltenden Regel, die Möglichkeit haben sollte, in
Form einer Realteilung des nicht eingebrachten ehelichen Vermögens zu
bestimmen, mit was für Vermögenswerten der Ersatzschuldner seine Geldschuld zu
tilgen habe, ja sogar die Übereignung direkt beim Grundbuch anzuordnen. Wo das
Gesetz Auseinandersetzung ohne Versilberung der Vermögenswerte will, schreibt
es dies ausdrücklich vor (vergl. insbesondere Art. 618
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 618 - 1 Können sich die Erben über den Anrechnungswert nicht verständigen, so wird er durch amtlich bestellte Sachverständige geschätzt.538
1    Können sich die Erben über den Anrechnungswert nicht verständigen, so wird er durch amtlich bestellte Sachverständige geschätzt.538
2    ...539
im Gegensatz zu Art.
612 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 612 - 1 Eine Erbschaftssache, die durch Teilung an ihrem Werte wesentlich verlieren würde, soll einem der Erben ungeteilt zugewiesen werden.
1    Eine Erbschaftssache, die durch Teilung an ihrem Werte wesentlich verlieren würde, soll einem der Erben ungeteilt zugewiesen werden.
2    Können die Erben sich über die Teilung oder Zuweisung einer Sache nicht einigen, so ist die Sache zu verkaufen und der Erlös zu teilen.
3    Auf Verlangen eines Erben hat der Verkauf auf dem Wege der Versteigerung stattzufinden, wobei, wenn die Erben sich nicht einigen, die zuständige Behörde entscheidet, ob die Versteigerung öffentlich oder nur unter den Erben stattfinden soll.
ZGB), wobei immer noch dem Zufall überlassen bleibt, wem Vor- oder
Nachteil aus den jeder Schätzung innewohnenden Fehlerquellen zukommen soll
(Mt. 611 Abs. 3), abgesehen von der Sonderregelung des bäuerlichen Erbrechtes.
Die Schätzung als Voraussetzung einer Realzuteilung ist ein Notbehelf, zu dem
nur aus triftigen Gründen gegriffen werden soll. Dem Bedenken, der Ehemann
könnte die Zwangsvollstreckung für die Ersatzforderung der Frau durch
vorherige Veräusserung vorhandener Errungenschaft und Verbrauch des Erlöses
vereiteln (BLOCHER a.a.O. S. 284), kann durch vorsorgliche Massregeln «mit
Bezug auf die güterrechtlichen Verhältnisse» gemäss Art. 145
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 612 - 1 Eine Erbschaftssache, die durch Teilung an ihrem Werte wesentlich verlieren würde, soll einem der Erben ungeteilt zugewiesen werden.
1    Eine Erbschaftssache, die durch Teilung an ihrem Werte wesentlich verlieren würde, soll einem der Erben ungeteilt zugewiesen werden.
2    Können die Erben sich über die Teilung oder Zuweisung einer Sache nicht einigen, so ist die Sache zu verkaufen und der Erlös zu teilen.
3    Auf Verlangen eines Erben hat der Verkauf auf dem Wege der Versteigerung stattzufinden, wobei, wenn die Erben sich nicht einigen, die zuständige Behörde entscheidet, ob die Versteigerung öffentlich oder nur unter den Erben stattfinden soll.
ZGB Rechnung
getragen werden, die sinngemäss ohnehin nicht mit der Rechtskraft des
Scheidungsurteils dahinfallen dürfen, sondern mindestens bis zur Pfändungs-
oder Konkursbeschlagnahme weiter dauern müssen, wenn sie ihren Zweck nicht
verfehlen sollen. Ohne solche vorsorgliche, dem Scheidungsurteil vorausgehende
Massnahmen könnte übrigens der Ehemann häufig auch

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eine Realzuweisung zum voraus, während des Scheidungsprozesses, vereiteln,
indem er eben die Errungenschaftsgegenstände verkauft und den Erlös
verbraucht. Im vorliegenden Falle besteht aber überhaupt die Gefahr solchen
Entzugs der Errungenschaft durch den Ersatzschuldner nicht, weil das einzige
Errungenschaftsstück, die Liegenschaft, im Gesamteigentum beier Eheleute
steht, der Ehemann also nicht allein darüber verfügen kann. Der von der
Vorinstanz in den Vordergrund gestellten Sorge um die Einbringlichkeit von
Ersatzforderungen der Frau trägt das Gesetz insoweit Rechnung, als es ihr den
privilegierten Pfändungsanschluss (Art. 111
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 111 - 1 An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1    An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1  der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners;
2  die Kinder des Schuldners für Forderungen aus dem elterlichen Verhältnis und volljährige Personen für Forderungen aus einem Vorsorgeauftrag (Art. 360-369 ZGB232);
3  die volljährigen Kinder und die Grosskinder des Schuldners für die Forderungen aus den Artikeln 334 und 334bis ZGB;
4  der Pfründer des Schuldners für seine Ersatzforderung nach Artikel 529 OR234.
2    Die Personen nach Absatz 1 Ziffern 1 und 2 können ihr Recht nur geltend machen, wenn die Pfändung während der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft, des elterlichen Verhältnisses oder der Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags oder innert eines Jahres nach deren Ende erfolgt ist; die Dauer eines Prozess- oder Betreibungsverfahrens wird dabei nicht mitgerechnet. Anstelle der Kinder oder einer Person unter einer Massnahme des Erwachsenenschutzes kann auch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Anschlusserklärung abgeben.235
3    Soweit dem Betreibungsamt anschlussberechtigte Personen bekannt sind, teilt es diesen die Pfändung durch uneingeschriebenen Brief mit.
4    Das Betreibungsamt gibt dem Schuldner und den Gläubigern von einem solchen Anspruch Kenntnis und setzt ihnen eine Frist von zehn Tagen zur Bestreitung.
5    Wird der Anspruch bestritten, so findet die Teilnahme nur mit dem Recht einer provisorischen Pfändung statt, und der Ansprecher muss innert 20 Tagen beim Gericht des Betreibungsortes klagen; nutzt er die Frist nicht, so fällt seine Teilnahme dahin. ...236
SchKG) und für die Hälfte das
Konkursprivileg (Art. 211
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 211 - Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögensgegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
ZGB, 219, 146 SchKG) gewährt, aber nicht
weitergehend.
b) Gibt mithin allgemein das Gesetz keine Handhabe zur Realzuweisung von
Errungenschaft auf die Frauengutsforderung, so kommt im vorliegenden Falle
hinzu, dass man es gar nicht mit einer reinen güterrechtlichen
Auseinandersetzung zu tun hat; ist doch die streitige Liegenschaft laut
Grundbucheintrag Gesamteigentum der Parteien, ohne dass freilich das die
Gemeinschaft begründende Rechtsverhältnis (Art. 652
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 652 - Haben mehrere Personen, die durch Gesetzesvorschrift oder Vertrag zu einer Gemeinschaft verbunden sind, eine Sache kraft ihrer Gemeinschaft zu Eigentum, so sind sie Gesamteigentümer, und es geht das Recht eines jeden auf die ganze Sache.
ZGB) angegeben wäre, wie
es Art.:3:3 Abs. 3 Grundbuchverordnung vorschreibt. Die Eile an sich bildet
kein solches; mangels ehevertraglicher Gütergemeinschaft bleibt nur die
Annahme einer einfachen Gesellschaft (Art. 544 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 544 - 1 Sachen, dingliche Rechte oder Forderungen, die an die Gesellschaft übertragen oder für sie erworben sind, gehören den Gesellschaftern gemeinschaftlich nach Massgabe des Gesellschaftsvertrages.
1    Sachen, dingliche Rechte oder Forderungen, die an die Gesellschaft übertragen oder für sie erworben sind, gehören den Gesellschaftern gemeinschaftlich nach Massgabe des Gesellschaftsvertrages.
2    Die Gläubiger eines Gesellschafters können, wo aus dem Gesellschaftsvertrage nichts anderes hervorgeht, zu ihrer Befriedigung nur den Liquidationsanteil ihres Schuldners in Anspruch nehmen.
3    Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich oder durch Stellvertretung einem Dritten gegenüber Verpflichtungen eingegangen, so haften sie ihm solidarisch, unter Vorbehalt anderer Vereinbarung.
OR), deren Begründung
unter den Ehegatten ohne Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zulässig war, da
sie nicht eingebrachtes Frauengut betraf (Art. 177 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 177 - Erfüllt ein Ehegatte seine Unterhaltspflicht gegenüber der Familie nicht, so kann das Gericht dessen Schuldner anweisen, ihre Zahlungen ganz oder teilweise dem andern Ehegatten zu leisten.
ZGB). Für die
Liquidation des Gesamteigentums muss mithin Gesellschaftsrecht massgebend
sein. Diesem aber ist fremd, dass ein Gesellschafter Gesellschaftsgut an sich
ziehen oder einem andern Gesellschafter aufdrängen könnte findet doch nicht
einmal ein Rückfall der eingebrachten Sachen an den Einbringer statt (Art. 548
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 548 - 1 Bei der Auseinandersetzung, die nach der Auflösung die Gesellschafter unter sich vorzunehmen haben, fallen die Sachen, die ein Gesellschafter zu Eigentum eingebracht hat, nicht an ihn zurück.
1    Bei der Auseinandersetzung, die nach der Auflösung die Gesellschafter unter sich vorzunehmen haben, fallen die Sachen, die ein Gesellschafter zu Eigentum eingebracht hat, nicht an ihn zurück.
2    Er hat jedoch Anspruch auf den Wert, für den sie übernommen worden sind.
3    Fehlt es an einer solchen Wertbestimmung, so geht sein Anspruch auf den Wert, den die Sachen zur Zeit des Einbringens hatten.

OR); und Art. 654 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 654 - 1 Die Aufhebung erfolgt mit der Veräusserung der Sache oder dem Ende der Gemeinschaft.
1    Die Aufhebung erfolgt mit der Veräusserung der Sache oder dem Ende der Gemeinschaft.
2    Die Teilung geschieht, wo es nicht anders bestimmt ist, nach den Vorschriften über das Miteigentum.
ZGB verweist für die Teilung von Gesamteigentum auf
die bezügliche Ordnung beim Miteigentum, wonach

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mangels Einigung der Miteigentümer der Richter körperliche Teilung oder, wo
solche nicht möglich ist, öffentliche oder interne Steigerung anzuordnen hat.
Die Scheidung der Ehe schliesst an sich die Fortdauer der einfachen
Gesellschaft unter den gewesenen Ehegatten und des daherigen Gesamteigentumes
derselben nicht aus in casu allerdings entspräche dies offenbar weder dem Sinn
der Gesellschaft noch dem Willen der Parteien.
Die Zuweisung der Liegenschaft an die Klägerin gemäss Dispositiv I lit. a des
angefochtenen Urteils ist demnach als bundesrechtswidrig aufzuheben und die
Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Damit wird
natürlich auch den Disp. I lit. b und c (Forderungsrestanz, Saldoerklärung)
die Grundlage entzogen, weshalb diese Punkte in die Rückweisung einzubeziehen
sind. Bei der Neubeurteilung wird die Vorinstanz zumal in Anwendung des
kantonalen Zivilprozessrechts zu entscheiden haben, ob die
Gesellschaftsliquidation überhaupt in den vorliegenden Scheidungsprozess
einzubeziehen oder ad separatum zu verweisen, bzw. etwa die - freiwillige oder
urteilsgemässe - Liegenschaftssteigerung abzuwarten sei, um unter
Berücksichtigung ihres Ergebnisses die endgültige Ziffer der
Frauengutsersatzforderung festzustellen.